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Nr. 101.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

86. Jahrgang.

"«r,,i ,lll >1 aswetl -: « mol wöchentlich. Anzeigenpretk: Die tleinspaltige Zeile so Pjg.

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Dienstag, 3. Mai 1921.

I LczugLpreis: In der Stabt mit Driigerlobn Mk. IL.M vierteljährlich. Postbezug«»

I preis Mk. 12. niit Bestellgeld. Schluß »er Anzeigenannahme S Uhr vormittags.

Das neue

Zwang unter allen Umstünden.

Len neuesten Nachrichten der Entmtepreste aus London zufolge ist jetzt der Oberste Rat zu dem Ergebnis gekommen, daß im Falle der Weigerung Deutschlands, die Forderungen der Entente anzuneh­men, zu Gewaltmaßnahmen geschritten werden soll. Die englische Presse gab sich, wie sie das immer macht, den Anschein, als sei die englische Regierung für Mäßigung gewesen, und habe sich nur durch den Druck Frankreichs bestimmen lasten, dessen Wünsche zu unter­stützen, wir haben dieses Doppelspiel der Engländer jetzt zu gut durchschaut, um nicht zu wissen, daß alles nur Stimmungsmache ist, uni das Ansehen Englands in der Welt nicht zu gefährden. Nachdem wir nun durch unfern letzten Vorschlag den Pariser Forderungen aufs weiteste entgegengekommen sind, wir haben gegenüber 226 Milliarden 200 geboten, allerdings nicht in festen Jahresraten, son­dern im Verhältnis zu unserer Leistungsfähigkeit, wird die Summe auf einmal auf 270 Milliarden hinufgeschraubt. Wir sehen daraus, daß man gar keine Verständigung will. Das geht schon daraus her- dor, daß man außerdem nicht nur unerfüllbare .Sicherungen" durch Kontrolle über unsere Steuern, durch Erhebung von Zöllen und Zu­schlägen auf unsere Ausfuhr verlangt, daß man unsere Entwaffnung für ungenügend erklärt, daß man uns des bösen Willens bezüglich der Verurteilung der deutschen Kriegsbeschuldigten bezichtigt, man will «ich fordern, daß wir vor aller Welt die Schuld Deutschlands am Kriege bclmnen, und das angesichts der hundertfachen Beweise über die Kricgsvorbereitungen der Entente gegen Deutschland und der Tat­sache, daß Rußland selbstverständlich im Einverständnis mit Frank­reich und England zuerst mit der Gesamtmobilisation Teilmobi- lifationen hatten schon im März (!) stattgefunden begonnen hatte, und daß England schon im Juni seine gesamte Hochseeflotte in der Nordsee konzentriert hatte.

Es scheint uns auch nicht von ungefähr, daß in demselben Augen­blick, in dem der neue Gewaltschritt gegen uns vorbereitet wird, die Polen in Oberschlcficn einen Aufstand zu inszenieren beabsichtigen, um gleichzeitig auch im Osten einen Druck auf Deutschland ausüben zu können. Die beiden Aktionen stehen zweifellos in ursächlichem Zu­sammenhang und unterstehen der Regie des Obersten Rats. WaS wir im Falle der Ablehnung des Ultimatums zu gewärtigen haben, und welche schweren Folgen sich daraus entwickeln können, das können wir im Augenblick nur ahnen, das aber scheint aus den Beschlüsten in London hervmzugchen, daß die Entente uns noch weiter zu fesseln beabsichtigt, um uns nicht nur militärisch, sondern auch volkswirt­schaftlich und moralisch vollständig zu erledigen. Wir dürfen nicht glauben, daß es sich hier nur umSiegerübermut" handelt, wenn die Entente tatsächlich zu neuen Willkürakten schreitet denn ein Recht gu derartigen Maßnahmen hat sie nicht dann sind das lünglich Vorbereitungen zu noch größeren Aktionen, deren Charakter und Ziel Mir erst Wer erkennen werden. O. 8.

Havas Uber den Charakter

des bevorstehenden Ultimatum!

Poris, 2. Mai. In einer Havasnieldung aus London heißt es ic Sitzung des Redaktionsausschustes, der aus Briand, Lord Cu im, Graf Sforza und Jaspar gebildet war, wurde um 12.50 Ul M tags beendet. Es kam eine Verständigung über den Wortlaut zi mmde, der dem Obersten Rat unterbreitet werden wird und beste «ahme wohl nicht zweifelhaft ist. Der Entwurf ermöglicht es Fran unverzüglich die militärischen Maßnahmen cinznlcitcn, die fi m ^gesehene Besetzung notwendig sind, in erster Linie also die Eii «ufung der Jahrcsklaste 1919. Während der nötigen Vorbereitung!

^ Rcparntioiiskommisswn an Deutschland eine Zustellnn Le i ^ ^uhlungswcisc mid bie Sicherheit für die Zahlungen z» g «ichung seiner Schuld ergehen lasten. Wen» Deutschland bis zu Beien ^seine Zustimmung nicht gegeben hat, so wird d l»n Ruhrgebiets unverzüglich beginne». Was die Za!

betrifft, so wird Deutschland W Jahresraten i Äinsk b" ö Prozent seiner Schuld leisten müsse». Bis 1926 ist ei «tnlÄi an»" ^ Proz. vorgesehen, der in der Folge auf 5 Proze, Mird d - M Valins erhöht wird. Die Reparationskommissio Milli» d*' ^Einigen von Bonds aufstellen, eine erste Rate von 1 iimii/«»". G°^mark, die innerhalb eines Jahres zahlbar ist, en geoeb-n ^ Milliarden Goldmark, die am 1. November aui

die ie L M Eine dritte Rate von 80 Milliarden Goldmar der Ausnahinefähigkcit des internationalen Geldmarktes un Rot c Deutschlands ausgegeben wird. Der Obers

sendet nachmittags und war bereits kurz vor 2 Ul

Voßen A" * ^"dwurf des Redaktionsausschustes wurde in seine ngen gut geheißen. Die Finanzsachverständigen sind noci

Ultimatum.

mals uni 3 Uhr zusammengekommen, um die Zahlungsbedingungen Mtd die Sicherheiten endgültig fcstzustellen, die dazu bestimmt sind, an die Stelle des territorialen Unterpfands zu treten. Die Besetzung würbe nämlich nicht stattsiirben, falls Deutschland die von der Repa- rationskomnnssion ausgegebenen Bedingungen «»nehmen sollte Die Zustellung wird innerhalb einer Frist von 4 Tagen erjolgen und die deiktsch« Regierung wird innerhalb einer Frist von 5K Tagen ant­worten müssen. Auf diese Weise werden die Verbandsregierungen über die endgültigen Absichten Deutschlands bis zu dem Augenblick der Beendigung der Vorbereitungen zur Besetzung genau unterrichtet sein. Infolgedessen wird das militärische Vorgehen in dein wahr­scheinlichen Fall einer Weigerung Deutschlands keine Verzögerung er­leiden. Der Oberste Rat wird um 5 Uhr Nachmittags nochmals zu­sammentreten und zweifellos dann in der Lage sein, einen endgültigen Beschluß zu fasten, trotz der Meinungsverschiedenheiten, die zu Tage getreten waren. Diese Lösung soll die Fortdauer der Solidarität zwischen den Verbandsregierungen sichern und es ist gar nicht aus­geschlossen, daß die englische Flotte au der Durchführung der Zwaugs- umßnahmcn teitnehmen wird, es müßte denn gerade sein, daß es in­folge des Bergarbeiterstrecks unmöglich würde.

Die englische Darstellung.

London 2. Mai. WieEvening Standard" ersährt, werden Deutschland 12 Tage zu gestanden werden, innerhalb deren es sich zu entscheiden hat, ob etSVie Bedingungen der Alliierten ablehnen oder annehmen will. Wenn Deutschland ablehnt, werden die Alliierten sofort handeln. Deutschland wird aus­gefordert werden, den von der Reparationskommission festge­setzten Betrag in über 37 Zahre verteilten Raten zu bezahlen. Der Gesamtbetrag der Zahlungen wird die in den Pariser Vor­schlägen medergelegte Summe von 11300 Millionen Pfund Sterling um ein geringes übersteigen.

Einberufung der Zahresklaffe 1919 in Frankreichs

Paris, 3. Mai. Rach einer Havasmcldung aus London hat Briand gestern sogleich nach seiner Rückkehr um SX Uhr abends den Krtegsministcr Barthou telegraphisch angewiesen, unverzüglich den Einberufungsbefehl für die Jahresllaste 1919 zu erlasten.

Auch England will militärisch Mitwirken.

London, 2. Mai. DieTimes" erfahren, im Falle einer Aktion im Ruhrgebiet sei eine Mitwirkung Englands zur Sec gegen Deutsch­land wahrscheinlich. DerMorning Post" zufolge werden auch bri­tische Truppen an der Besetzung des Ruhrgebiets teilnehmen.

Paris, 3. Mai. Nach demPetit Pariflen" bestehen die von der französischen Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen zur See nicht in einer Blockade der Häfen, sondern in der Beschlagnahme gewisser Zölle in Bremen und Hamburg.

Das besetzte Gebiet unter dem Druck der Vorbereitungen.

Berlin, 3. Mai. Wie derBerliner Lokalanzeiger" meldet, ivur- den in Düsseldorf für die Truppen, die ins Ruhrgebtet marschieren, Wegweiser angebracht. Auch werden bereits etwa 10V Wohnungen für die auf dem Durchmarsch befindlichen französischen Offizier« mit Be­schlag belegt. Ferner erhielt bie Stadt Düsseldorf den Befehl, für die französischen Besatzungsmannschaften sofort den Bau einer neuen Ka­serne in Angriff zu nehmen.

Die belgischen Sozialisten für die Gewaltschritte.

Brüstet, 2. Mai. (Agence Belgc.) Der Generalrat der sozialisti­sche» Partei erklärte sich in seiner Mehrheit als Anhänger der Sank­tionen. Eine neue Sitzung wird einberufen werden, sobald die Lon­doner Beschlüsse bekannt find.

Dieinternationalen- Gewerkschaften

gegen die Gemaltmatznahmeu.

London, 30. April. Das Büro des Internationalen Gewcrkschafts- bundcs erklärt nach Kenntnisnahme der neuen deutschen Reparations­vorschläge, daß sie geeignet sind, den Gegenstand neuer Verhandlun­gen zwischen den Eiüenteregierungen und Deutschland zu bilden. In Erwägung der Erklärung der in Amsterdam anwesenden Vertreter der Arbeiterorganisationen Deutschlands, daß diese bereit find, alle? aufzubietcn, uni die aus den neuen Vorschlägen resultierenden Verein­barungen durchführbar zu machen, erklärt der Internationale Gewerk schaftsbund, daß unter diesen Bedingungen und angesichts derartiger Garantien der Weg gebahnt sei für eine friedliche Lösung.

Der Internationale Gewcrkschastsbund erklärt aufs neue, daß die Zuflucht zu einer Politik der Gewalt nur geeignet ist, den eben erst wieder erwachenden Frieden in der Welt zu stören und den alten Ruinen neue hinzuzufügen.

Der Internationale Gewerkschaftsbund gibt den Gefühlen der. organisierten Arbeiterklassen Ausdruck, indem er die Regtemngcn der Entente auffordert, Verhandlungen anzubahnen, ohne zu neuen Sank­

tionen, die immer unwirksam bleiben werden, Zuflucht zu nehme» und andererseits die Regierung Deutschlands auffordert, das gegeben« Wort zu respektieren, indem sie das äußerste Maß an Bereitwillig­keit zeigt und hinsichtlich der Militaristen des Landes, die immer noch eine Bedrohung der deutschen Republik und durch die rückwirkenden Folgen eine Bedrohung des europäischen Friedens darstellen, die ge­botenen Maßnahmen anwendet. Die letzten Sätze zeigen deutlich den Charakter der Stilisierung durch Ententegewerkschaftler.

Ein englisches Blatt über die wahren Ursache» der wahnsinnigen Forderungen.

London, 2. Mai» DerObscrver" schreibt: Die Frage, über die augenblicklich in »London verhandelt wird, ist eine der ernstesten, die je Europa und die Welt berührt haben. Bei der augenblicklichen sranzösischen Politik, die sowohl Reparation als auch Auslösung will, ist eine wirkliche Lösung für immer unmöglich. Die augenblicklich verfolgte Politik bedeutet Selbstmord für Englands Handel, Schiff­fahrt und Erwerb. Lloyd George muß wissen, daß weder die Regie­rund noch die Entente die Fortsetzung dieser selbstmörderischen Poli­tik weitere 12 Monate überleben kann. Das Blatt sagt weiter: Wir verstehen Frankreich, wenn es erklärt, es gehe für Frankreich um Leben und Tod. Wir wissen cs, wir haben Verständnis dafür. Wir haben aber auch Verständnis dafür, daß cs bei uns um Leben und Tod geht. Entweder findet eine Regelung und ein Kompromiß zwi­schen beiden Ländern statt, oder es kommt zu einem Bruch, herbei- geführt durch die wirtschaftliche Notwendigkeit. Was auch konven­tionelle Politiker und Diplomaten sagen mögen, Lloyd George steht bei der gegenwärtigen Tagung des Obersten Rats vor einem schwie­rigen Problem und kein Staatsmann kann ihn um seine Aufgabe be­neiden. Es besteht kein Zweifel, daß Deutschland diesmal eine Grundlage anbietet, auf der eine Regelung erzielt werden kann, wem» die Reparationen die einzig wirkliche Grundlage wären und «8 sich nicht noch um die Frage der Loslösung deutschen Gebiets handeln würde. Der britische Botschafter in Berlin, Lord d'Abernon, ist zwei­fellos in der Lage, der britischen Regierung mitzuteilen, daß Deutsch­land jetzt sogar die Pariser Forderungen so gut wie anerkennen will, vorausgesetzt, daß das Deutschland noch verbliebene Gebiet unberührt gelassen wird. Frankreich will jedoch nach Bewilligung seiner äußer­ste« finanziellen Forderungen immer noch ans einer Verstümmelung durch Zuteilung der wertvollsten Teile Oberschlesicns an Polen im glatten Widerspruch zu dem Abstimmungsergebnis bestehen. Der Observer" erklärt, es handle sich in Wirklichkeit um eine territoriale und nicht um eine finanzielle Frage, mm die Auflösung Deutschlands und nicht um Reparationen. Mit Oberschlesien könne Deutschland bezahlen, ohne Oberschlefien nicht. Das Blatt tritt dafür ein, daß Frankreich volle finanzielle Genugtuung erreicht, daß aber ganz Ober- schlefien wie seit tausend Jahren ein unberührter Teil des Deutschen Reiches bleibt. Es handelt sich für Frankreich also in erster Linie um die Abtrennung weiteren wertvollen deutschen Bodens, deshalb stellt man unerfüllbare Forderungen.

Erweiterte Anslegung der deutschen Vorschläge in Washington.

Berlin, 3. Mai. DerBerliner Lokalanzeiger" hört, daß von deutscher Seite am Sonnabend eine erweiterte Auslegung der deut­schen Vorschläge nach Washington abgegangen sein soll, dte sich mit der Höhe der angebotenen Summe in Annuitäten und der Art der Diskontierung befaßt.

Englische Stimmen über die Haltung Amerikas.

London, 2. Mat.Daily Expreß" schreibt, es sei unmöglich, daß während der Zeit, die das Ultimatum Deutschland ge­währen werde, Amerika von kwn Alliierten ersucht werde, di« Vermittlerrolle zu übernehmen.Daily News" zufolge sollen inoffizielle Berichte vorltegrn, nach denen di« Washington« Regierung die Rückkehr zur vollen Mitarbeit mit den Alliier­ten einschließlich der Wicderteilnahme an der Reparationskom­mission erwäge.

Paris, 1. Mai.Chicago Tribüne" meldet, daß sich außer den republikanischen zwei demokratische Senatoren gegen die Resolution Knox ausgesprochen haben. Der republikanische Senator Sperling hat einen Zusatzantrag eingebracht, die Wiederherstellung des Frie- denSzustaudes mit Deutschland sei dem Borgehe« der Alliierten i« der Reparationsangelegenheit nicht hinderlich. Nach derChicago Tri­büne" wird über die Resolution am Montag abgestimmt werden. Na also, mehr können die Alliierten wirklich nicht verlangen.

Reue Mime Gemininen in Skerschlefie«.

Oppeln, 3. Mai. Die oberschlesischen Vertreter des Allge­meinen Deutschen Eewerkschaftsbunds der Hirsch-Dunckerschen Eewerkvereine und der Christlichen Gewerkschaften haben fol­gendes Telegramm an das Eeneralsekretariat des Internatio­nalen Eewerkschaftsbunds in Amsterdam und an den Präsiden­ten des Internationalen Gewerkschastsbundes, Thomas, abge-