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Nr. 8Ü.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
SS. Jahrgang.
SrlchtinungSwelse: 6 mal wöchentlich. Anzeigenpreis Rellame« Mt. 2.— Auf Sammelanzeigen kommt ' " '
igcnpreiS: Di« kleinspaltige Zelle SOPfg, rt ein Zuschlag von 100"/^ — Fernlpr.9.
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Freitag, 8. April 1921.
Bezugspreis: In der Stadt mit Drilgerlohn Mk. >2.90 viertel iihrlich. Postbezug». preiS P.k. 12.90 mit Bestellgeld. — Schluß der Anzeigenannahme 0 llir vormittag«.
Zur auswärtigen Lage
Diolanis erledigte Mission.
London, 7. April. „Morning Post" meldet aus Washington, die Resolution Knox werde, einem Mitglied des Senatsausschusses-für auswärtige Angelegenheiten zufolge, die Erklärung einer neutralen Politik Amerikas in den Angelegenheiten der Welt bedeuten. Sie finde ihre Parallele in der Monroe- Doktrin. — Wie die „Morning Post" weiter meldet, habe Vi- »iani aus sein Ersuchen, in der Resolution Knox einen besonderen Bezug auf Deutschland zu nehmen, und zu erklären, daß die Vereinigen Staaten sich verpflichten, Frankreich zu Hilfe zu kommen, wenn es von Deutschland angegriffen werde, zu verstehen gegeben, auch Frankreich habe einen Napoleon gehabt und es könne w'oder einen Napoleon bekommen und dann wurde die Zivilisation nicht von Deutschland, sondern von Frankreich bedroht werden. In diesem Falle könnten die Vereinigten Staaten sich auf Seiten Deutschlands stellen gegen Frankreich, um die Zivilisation vor der Vernichtung zu bewahre». Es sei daher licht ratsam, irgend eine Nation mit Namen zu nennen, und die Erklärung muffe daher vage sein. Die Bereinigten Staaten mutzten ihre vollkommene Handlungsfreiheit bewahren, um ihre materiellen und moralischen Kräfte dahin zu schassen, wo sie gebracht werden. Als Viviani sich dann zum letztenmal für die Ratifizierung des englisch-sranzösisch-ameri- kanischen llnterstützungsvertrags einsetzte, wurde ihm unzweideutig erklärt, daß daran nicht zu denken sei.
Die Daumenschraube in Tätigkeit.
London, 8. April. Reuter er ährt, datz an den britischen Vertreter in der Rheinlandskommission telegraphische Instruktionen ergangen sind, sofort die wirtschaftliche» Zwangsmaßnahmen bezüglich des Zollregimes in der vom Votschafterrat beschlossenen Weise in Tätigkeit treten zu lasten.
Die Streikkrise i» England.
London, 8. April. (Reuter.) Die Verhandlungen der Bergarbeiter mit der Regierung sind abgebrochen worden infolge der Weigerung der Bergarbeiter, den Pumpmannschaften zu gestatten, die Arbeit wieder aufzunehmen, es sei denn, datz das Lohn- Wem den Bergleuten im Hinblick auf ihre jetzige außerordentlich schwierige Lage Garantien schafft. Sowohl die Eisenbahner als auch die Transportarbeiter erwarten die Streikparole für heute. Das Land steht infolgedessen vor der gewaltigsten Industriellen Bewegung seiner Geschichte.
London, 8. April. Gestern Nachmittag verkündete Lloyd George im Unterhaus die Weigerung des Bergarbeiterver- lands, zuzulassen, datz die mit den Arbeiten an den Pumpen betrauten Arbeiter ihre Tätigkeit wieder aufnehmen, bevor nwn nicht ein allgemeines nationales Arbeitssystem angenommen habe und bevor nicht die Gewinne der Bergwerke kommunalisiert werden. Da es feststeht fügte Lloyd George hinzu, datz der Bergarbeiterverband keine Regelung gutheitzen wird, di« nicht alle Forderungen der Arbeiter erfüllt, so wird die Regierung alle Mittel ergreifen indem sie auf die Hilf« der groben Matz rechnet, um der so geschaffenen Lage Herr zu werden.
Bevorstehender Sympathiestreik der englischen Eisenbahn- und Transportarbeiter.
London, 8. April. Den Blättern zufolge ist ein kombinierter btreik der Eisenbahner und Transportarbeiter zur Unterstüt- zung der Bergarbeiter höchst wahrscheinlich. Die Transportarbeiter beschlossen, einen Presjefeldzug zu unternehmen datz, ">enn der Arbeiterdreibund den Besehl zu einem gemeinsamen streik gibt, Vorbereitungen für jede Streikeventualität getroffen werden.
Englands Vorsichtsmaßregeln.
Paris, 8. April. Nach einer Havas-Meldung aus Malta Md vorgestern zwei englische Regimenter plötzlich nach England befördert worden.
Zeichen der Handgranaten und Knüppeln.
Der „Star" meldet, datz es in verschiedenen Dergwerks- bezirken zu Zusammenstößen zwischen streikenden Bergarbeitern und Arbeitswilligen kam. In Schottland warfen Bergarbeiter Handgranaten, um Arbeitswillige, die die Pumpen bedienten, -u terrorisiere». In Walliser und schottischen Kohlenbergwer- en wird ein heftiger Einschüchterungsfeldzug zur Einstellung Mer Pumparbekten geführt. In Wattstown marschierten 5000 Bergarbeiter mit Musik zu den Bergwerken und zwangen die
rtigen Arbeitswilligen zum Verlassen der Bergwerke. Sie entfalteten eine rote Fahne und sangen das Lied „The red e ug . In Cowdenbeath ging die Polizei die mit Stöcken und tauben beworfen wurde, mit Knüppeln gegen die Menge vor
und zerstreute sie. Es wurde beträchtlicher Sachschaden angerichtet.
Der wirtschaftliche Anschluß der Tschechoslowakei an Rußland.
Prag, 7. April. Vertreter des russischen Genoffenschaftswesens organisieren In Prag gemeinsam mit der Zentralvereinigung tschechischer Wirtschaftsgcnoffenschaften eine Slawische Genossenschaftsbank mit einem Aktienkapital von drei Millionen Kronen. Zwei Millionen werden von den Genossenschaften, eine Million von Privatunternehmern gezeichnet. Die Bank beabsichtigt, einen regelmäßigen Warenaustausch zwischen der Tschechoslowakei und Rußland zu organisieren und wird eine Erportabteilung einrichten, um tschechische Erzeugnisse zu verbreiten und russische Rohstoffe zu verkaufen.
Zum griechisch-türkischen Krieg.
Athen, 8. April. Die Offiziere und Unteroffiziere der Kavallerie der Jahrgänge 1919 bis 1913 werden zu den Waffen gerufen. Die Kriegsberichterstater erklären die griechische mili- rärische Lage für befriedigend.
Ausland.
Gin schlechter Willkommgrutz.
Bern, 7. April. Zur Rückkehr des Exkaisers Karl in die Schweiz schreibt die „Neue Zürcher Zeitung": Um dem Exkaiser die Meinung des Schweizer Volks nicht vorzuenthalten, sei bemerkt, daß eS ihn nach dieser ungarischen Reise mit seltener Einmütigkeit in di« Kategorie der Unerwünschten rinreiht.
Friedrich Adler zur politischen Lage.
Wien, 7. April. Wie die Arbeiterzeitung meldet, erstattete Friedrich Adler in der gestrigen Sitzung des Wiener Kreisarbeiterrats Bericht über die politische Lage. Die Haltung der Exekutive des Kreisarbeiterrats während der Vorgänge der letzten Woche habe sich als richtig erwiesen. Das Abenteuer des Habsburger bestätige die alte Lehre, datz verfehlte Offensiven den Gegner stärken. Das Abenteuer habe die Arbeiterklasse in eine viel günstigere Situation gebracht als vorher. Umgekehrt erzeuge die Offensive der Kommunisten Mitteldeutschlands eine Schwächung der Arbeiterklaffe.
Das Deutschtum im Ausland.
In Rio de Janeiro (Hauptstadt von Brasilien) find über 1090 deutsche Auswanderer angekommen, um in die verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete Brasiliens zu gehen. — Das Gebäude des Deutschen Klubs in Buenos Aires, das während des Krieges in Brand gesteckt worden war, ist wieder aufgebaut und die Deutsche Bank neu eingerichtet worden. In der Stadt kommen Ströme von Deutschen an und eine große Anzahl von Deutschen ist in ihre früheren Stellungen wieder eingesetzt worden.
Goldsendungen nach Amerika.
Paris, 5. April. Aach der „Chicago Tribüne" empfängt Amerika als Gläubiger Europas jede Woche eine Goldsendung aus Europa. Seif dem 1. Januar sind ungefähr für 2 Milliarden Franken eingegangen.
Deutschland. -
Eine deutsche Note zur oberschlesischen Frage.
Berlin, 7. April. Wie die Blätter melden, wird die deutsche Regierung der interalliierten Kommission in Oppeln und den alliierten Regierungen eine Not« über den Gesamtkomplex der oberschlesischen Frage überreichen.
Die wirtschaftlichen Beziehungen
zwischen Oberschlesien und Deutschland.
Berlin, 7. April. Die Denkschrift über di« wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Oberschscsien und Deutschland weist nach, daß die oberschlesische Industrie mit dem Deutschen Reich auf das innigste verbunden ist und nicht ohne schwerste Schädigung dieser Industrie losgelöst werden könne. Deutschland sei der Hauptabnehmer für oberschlesische Kohle. Eine Loslösung von Deutschland würde großen Mangel an Grubenholz bewirken. Für die Gießereien und die Rohcisenproduktion sei die Zufuhr von niedcrschleflschem Koks unbedingt erforderlich. Oberschlesien habe keine ausreichenden Erzlager. Die Erze kämen aus Schweden und Westdeutschland. Bei der Abtrennung würde die Erzzufuhr durch den Stand der polnischen Valuta äußerst gehemmt werden. Die Erzzufuhr auS Süd-, Mittel« und Westdeutschland würde wegfallen, weil diese Erze durch den Verlust Lothringens für die jetzt nicht voll auSgenützte deutsche Industrie Verwendung finden müßten. Die polnischen Erze bieten keinen Ausgleich wegen zu geringen Eisengehalts. Das für die Stahlerzeugung in Obcrschlesten erforderliche Alteisen kommt zu öv
Prozent aus Deutschland. Das Zinkerz wird auS Deutschland geliefert, desgleichen Ton und chemische Produfte. Für all das könne Polen keinen Ersatz bieten, ebensowenig für deutsche Maschinen und deren Hilss- und Ersatzmittel. Ein Land wie Oberschlesicn mit seinem großen Ueberschuß an Rohproduften könne nur im Anschluß an ein Land gedeihen, das alles liefern könne, was ihm fehle. Die besten Kräfte der oberschlesischen Industrie würden das Land verlassen. Deutschland andererseits würde durch den Verlust von Ober« Westen einen großen Teil seiner Kohlen- und Eisenbafls, sowie seiner Ainkproduktion verlieren. Gleichzeitig würde ihm eines seiner wertvollsten inländischen Absatzgebiete entzogen. Eine derartig ungeheure Verschiebung seiner Existenzbedingungen.könne Deutschland nicht ertragen.
In einer anderen Anlage wird eingehend die innige Zusammengehörigkeit der in ganz Oberschlesicn zerstreuten Werke dargelegt, di« eine Teilung in keiner Weise zuließsn.
Zur preußischen Regierungsbildung.
Berlin, 8. April. Auch die gestrigen inerfraftionellen Besprechungen über die Regierungsbildung in Preußen haben zu keinem Ergebnis geführt. Nachdem die Deutsche Volkspartei auf die von den Sozialdemokraten geforderten Garantien überhaupt nicht geantwortet hat, erklärt heute der „Vorwärts", daß die von den Demokraten und dem Zentrum angestrebte große Koalition sich als Illusion her- ausgestellt habe und daß nur noch entweder die Bildung einer RechtsblockS oder die Wiederkehr der alten Koalition übrig bleibe.
3m sächsischen Landtag
wurde gestern über den Antrag der Unabhängigen auf Aufhebung der außerordentlichen Gerichte und über die Amnestiefrage verhandelt. Ministerpräsident Buck gab eine längere Erklärung über den kommunistischen Putsch ab und sagte, di« Errichtung der Sondrrge- richte diene nur zur Entlastung des Reichsgerichts und könne keineswegs für alle sächsischen Landgerichte für notwendig erachtet werden. Die Regierung verkenne nicht, daß wirtschaftliche Nöte, da? steigende Elend und die Beunruhigung durch reaktionäre Bestrebungen eine Stimmung in der Bevölkerung erzeugt haben, die für Gewalttätigkeiten einen fruchtbaren Boden schaffe. Sie sei jedoch davon überzeugt, daß durch Gewalttätigkeiten und Terror Not und Elend nicht beseitigt, sondern verschlimmert werden. Der Antrag ans Aufhebung der Sondergerichte und die Amnesttevorlage wurden abgelehnt.
Modernes Zeitbild.
Das preußische Staatsministerium hat die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Löbejün, die vor wenigen Wochen durch die kommunistische Wirtschaft zahlungsunfähig geworden ist, aufgelöst.
Notlage in den Stadtsamilien.
Freiburg, 7. April. Die Zählung der Kinder, welche ohne genügende Unterkleider die Schule zu besuchen gezwungen sind, hat ergeben, datz über 4009 solcher Kinder vorhanden sind. Vielfach wurde sogar das Fehlen von Hemden und Strümpfen festgestellt. Diese Tatsachen beleuchten am deutlichsten die in manchen Stadtfamilien herrschende Notlage.
Starker Schneesall.
Nach einer Meldung der „Vossischen Zeitung" aus Mün« chen ist dort und in der Umgebung vergangene Nacht starker Schneefall eingetrcten. Der Schnee liegt durchschnittlich 8 bis 10 Zentimeter hoch. Es machen sich vereinzelte Störungen des Telephonverkehrs bemerkbar.
Die Sonne bringt es an den Tag.
Berlin, 7. April. Die Verhaftung des Direktors der Berliner Kleidungsverwertungsgesellschaft ist, laut „B. Z. am Mittag", auf Veranlassung des Wohlfahrtsminisiers Stegerwald erfolgt, an den sich einige Firmen gewandt hatten, di« sich durch das GeschäftS- gebahren des Direktors geschädigt fühlten. Der Minister hatte die Staatsanwaltschaft von diesen Beschwerden unterrichtet. Eine Durchsuchung der Wohnung des Verhafteten führte zur Entdeckung eines versiegelten Pakets, in dem sich eine Million Mark befanden. Diese Summe wurde beschlagnahmt, ebenso eine Anzahl der Geschäftsbücher der Kleiderverwertungsgesellschaft. In den Geschäftsräumen der Gesellschaft hat heute eine Revision des Betriebs und der Geschäftsbücher durch städtische Beamte stattgefunden.
Heber das Grobfeuer in der Zuckerrasfinerie in Tangermünde
meldet die „Magdeburgische Zeitung": Der in dem obersten Stock- werk entstandene Brand entstand während der Arbeit. Die Arbeiter konnten flüchten. Völlig zerstört sind 2 Fabriken. DoS Knochen- filterhauS ist niedergebrannt. Die Entstehungsursache des Brande» wird in der Selbstentzündung von Zucker gesucht. Der Betrieb der Fabrik ruht In der Hauptsache. Die Zuckerraffinerie In Tangrv- münde ist eine der größten Anlagen des europäischen Festlandes und beschäftigt etwa 1400 bi» 1500 Arbeiter.