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Nr. 12.

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Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

96. Jahrgang.

Srlchrinung«-vetse: 0mal wöchentlich. Anzeigenprel»: Tl« klelnspaltlgeZelle 00Psg. Aellamc» 2. Mk. «ns Sammelanjelgcu k»mm> eln Zuschlag von IÜO>/^ gernspr.«.

Montag, den 17. Januar 1921.

»ez»««pre>r: In der Stad, mit rrLqerlohn Mk. I2.«> llleneljährlich, Postve.ugiprel«

Mk. lS.vtt mir «estellgelü. Schl», der Anzeigenannahme Ä Uhr

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Paris, 15. Jan. 12 Uhr mittags. Wie HavaS soeben bekannt gibt, bat Kammerpräsident Peretsich heute zwischen 11 und 12 Uhr inS Elps« begeben und dem Präsidenten Millerand mitgetrilt, daß er die Bildung des Ministeriums nicht übernehmen könne.

Pari». 16. Jan. Um 6 Uhr abends unterbreitete Briand dem Präsidenten der Republik die Liste des neuen Ministeriums Dieses setzt sich folgendermaßen zusammen: Ministerpräsident und Minister des Aeußern: Briand; Justizminiftcr: Bonnen«; Minister des Innern: Morrand; Kriegsminister: Bartho»; Marineminister: Gnist-Ha«; Finanzminister: Paul Doumer; Minister für die befreiten Gebiete: Loucheur; Kolonialminister: Earraut; Minister für öffentliche Arbeiten: Le Trocquer; Mi­nister für Pensionen: Maginot; Handelsminister: Lucie» Dior; Bckerbauminister: Lefebre du Prä; Eesundheitsmintster: Le- ttdu; Minister für Wissenschaft und Künste: Verarad. Briand degab sich darauf ins Ministerium der öffentlichen Arbeiten, wo ein Ministerrat in Anwesenheit aller Minister pattfand. Heute abend um 9 Uhr wurden die neuen Minister dem Prä­sidenten der Republik vorgestöllt. Die offiziellen Dekrete über i die Zusammensetzung des neuen Kabinetts erscheinen morgen stütz im Amtsblatt. Im Ministerrat fand ein Meinungsaus­tausch statt, der morgen früh in einer neuen Zusammenkunft, die für 8 Uhr angesetzt ist, fortgesetzt werden soll. Zn diesem Ministerrat werden die Unterstaatssekretäre ernannt werden.

Eine englische Stimme über Frankreichs Pläne.

London, 16. Jan. Gardiner schreibt in den .Daily News" zur französischen Krisis, England habe de» Anfichten der Foch', Lle- «e«k<a«, Millerand und Leygnes vorab zugestimmt, daß dir poli­tische» Parteien beinahe aufgrhört haben zu funktionieren. Dt« schlimmsten Feinde der Entente sind di«, dir aus Loyalität zu ^ Frankreich vergessen, daß sie auch gewissermaßen zur Loyalität gegen l wirkliche Tatsachen verpflichtet sind. Frankreich hat bisher Deutsch­land politisch zu Boden drücken wollen. Wirtschaftlich will es die Zahlung einer Entschädigung, die nur von einem aufrechtstrhenden Deutschland geleistet werden kann. Eines von diesen beide« Zielen ! muh geopfert werden. Gardiner befürchtet, daß eine Wiederbelr- ^ düng der französischen Pläne bezüglich dek Ruhrgebiets bevorstrh«. Dies spiele als Pfandobjekt in einem weitgehenden politischen Plan eine Rolle. Wenn Frankreich das Kohlengebiet besetzt, so wird das wirtschaftliche Hindernis seiner Politik beseitigt. Frankreich wird dann im Stande sein, Bayern zu sagen, daß der Weg zum Aus­tritt ans dem Reiche frei ist. Bayern soll Frankreichs Freund wer­den. und Frankreich wird dafür sorgen, daß es Kohlen erhält. Aber dir Besetzung des RuhrgebirtS würde die Auflösung Europas be- strgeln, dessen Bau nur standhaft erhalten werden kann, wenn das Mittelstück des (tzewölbcs nicht einstürzt. Gardiner ist et« so ziemlich einflußloser linksliberaler Politiker in England.

Um Oestreichs Existenz.

Wien, 16. Jan. An di« Mitglieder des Nationalrats und ändere hervorragenden politischen Persönlichkeiten wurde gestern «ine Flugschrift verteilt, worin erklärt wird, daß für Oesterreich bi« einzige Rettung vor dem Untergang die Stellung unter das Protektorat Amerikas und die Bildung eines Weltbundes un­ter der Leitung Amerikas sei, die den kürzesten Weg zur Vereini­gung mit Deutschland bedeute. Die Flugschrift legt dar, daß Oesterreich dann einen großen staatlichen Kredit erhalten werde, «ic ist unterzeichnet vom Welt-Lhartiftenbund Atlantic-Pacific in Men. Das ist natürlich ein angelsächsisches Gewächs.

Sine Schweizer Stimme.

Bern, IS. Jan. In ihrem heutigen Leitartikel schreiben di« -Baseler Nachrichten" zum österreichischen Hilferuf nach Paris: Frankreich ist es, das, um Deutschland für alle Zukunst r nen Bundesgenossen zu nehmen, di« Vernichtung des östcrreichisch- rmgarische» Staatsivesens erzwungen hat. Diese Vernichtung be- eute aber nicht nur die politische Terrorisierung eincS großen Teils 'an Mitteleuropa, sondern auch die völlige Desorganisation des To- äaugebicts. Auch die Katastrophe in Deutschland kan» kommen, wenn di- Handhabe, die der Versailler Vertrag zu der Vernichtung Au<lchl«mbs bietet, recht ausgiebig benutzt wird. Es ist ln dieser Hinsicht schon recht viel geschehen, und die Wirtschaftslage ist dem- il»ö ^ Hoffnungen ans Stabilisierung der Verhältnisse

i>ic üble Laune der französischen Kammer und di« fran-

^ ^H"isicrkrise wieder über den Haufen geworfen worden, und

Europa, ja die ganze Welt wird dafür zu büßen haben.

ine offiziöse englische Stimme über Oestreichs . - verzweifelte Lage.

Mab« r. 2an. Das Reutersche Bureau erfährt, daß

Mbende englische Kreise keine Bestätigung der Absicht der

österreichischen Regierung erhalten haben, die Verwaltung des Laudes auszugebe». Rach den letzten in englischen Kreisen ein- getrofsenen Nachrichten sei jedoch die Lage in Oesterreich ver­zweifelt. Ein im erwähnten Sinn gehaltener Schritt der öster­reichischen Regierung könne daher jeden Augenblick erfolgen. Die Gewährung eines großen Kredits durch die Alliierten ein­schließlich der Vereinigten Staaten an Oesterreich durch Ueder- nahme verschiedener Regierungsmonopole in Oesterreich würde große Schwierigkeiten sowohl hinsichtlich der Geld,rage als auch bezüglich der Verantwortung mit sich bringen. Ein« Schätzung gehe dahin, daß es 60 Millionen Pfund Sterling erfordern würde, um Oesterreich noch einmal aus di« Beine zu Helsen. Die Lage sei daher äußerst ernst.

Ausland.

Der Wiener PostarigestelUenstrrik beendet.

Wien, 16. Jan. Die Verhandlungen zwischen der Regierung und den streikenden Postangestellten haben gestern spät abends zu einer Einigung geführt. Die Telephon- und Telegraphenbrtriebe wurden heute in früher Morgenstunde wieder ausgenommen.

Wien, 16. Jan. Ueber den Poststrrik wird noch gemeldet: Wien war gestern tatsächlich ohne Verbindung mit der Außenwelt. We­der innerhalb des Staates noch über di« Grenzen hinaus, ja nicht einmal innerhalb Wiens war ein« Verständigung mittels der staat­lichen Verkehrsmittel möglich. Bet einigen Postämtern, in denen Beamte sich bemühten, unter polizeilichem Schutz den Dienst aufrecht zu erhalten, kam es zu kleinen Zusammenstößen; desgleichen bei den Postämtern auf den Bahnhöfen. Ernster gestaltete sich die Lage beim Hauptpostamt. Dort war «S den Streikenden gelungen, in das Gebäude einzudringen und das Haupttor zu öffnen. Eine groß« Menge stürzte nach und verteilte sich auf den Gängen und in den Büros, wo sie Zerstörung anrichtete. Schließlich gelang cs der Po­lizeiwache, das Postgebäude wieder zu rämnen, wobei einige Per­sonen verletzt wurden.

Englisch-Irisches.

Paris, 16. Jan. Rach einer Meldung des .Petit Parisieu" aus London wurden gestern Nachmittag in der Nähe der großen Depots der Bacuum Oil Company, unwett der Wandswort-Brücke, drei Personen verscheucht, die die Abficht hatten, die Oellager in Brand zu stecken. Eine Besichtigung der Oellager hat ergeben, daß alle Vorbereitungen zur Brandstiftung bereits getroffen gewesen sind. Man glaubt, daß es sich mn einen Anschlag der Sinn-Feiner handelt. Natürlich!

Parts, 16. Jan. Rach einer Havas-Meldung aus Cork fanden gestern in den Straßen Von Cork wieder Schießereien statt. Zwei Polizribeamte und zwei Zivilisten wurden verwundet. Es wurden ungefähr SS Verhaftungen vorgrnommen.

Bolschewistische Schreckensherrschaft in der Ukraine?

Paris, 16. Ja». Dem Journal des Debats" wird aus Lem­berg gemeldet, die dortigen Blätter teilten mit, daß in Tarnopol und in mehreren Städten OstgalizimS mehr als 6000 Flüchtlinge aus der Sowjetukraine angckormnen seien, die erzählten, daß die Bol­schewisten daselbst Pogrome organisiert hätten und daß überall der rot« Terror herrsche.

Benizelos verzichtet.

Athe«, 14. Jan. DiePatris" veröffentlicht einen Blies von Benizelos. worin er erklärt, daß er sich endgültig vom politischen Leben zurückzieh«.

Abdankung des Schah» von Perfien.

Parts, 16. Jan. Wie .Jntransigeant" berichtet, hat der Schah von Persien abgedankt. Auch der .Temps" verzeichnet das Ge­rücht, bemerkt aber dazu, daß die bei der französischen Regierung eingegangenrn Telegramm« noch keine Bestätigung dieser Nach­richt enthalten, sondern nur melden, daß das persische Kabinett zu­rückgetreten sei.

Deutschland.

Reichs-Konferenz der Erniihrungsmimster.

Dresden, 15. Jan. Heute vormittag wurde hier ein Kon­ferenz der deutschen Ernährungsminister in Gegenwart von Ver­tretern aller Länder, darunter des sächsischen Ministerpräsiden­ten Buck und de» sächsischen Wirtschaftsministers Schwarz unter dem Borfitz de« Reichsernährungsministers Dr. Hermes mit einigen Pegrüßungsworten der Ministers Schwarz eröffnet. Zi? Beginn der Erörterungen ergriff Reicheminister Herme» das Wort. Er verwies darauf, daß die Festsetzung der Mindestpreise für die Getreideernte 1821 bald erjolgen müsse. Ueber die Form der Getreidewirtschaft schwebten noch Erwägungen, doch besteh« Gewißheit, daß die öffentliche Bewirtschaftung aufrecht erhalten werben müsse. Aber »ine andere Form per Bewirt­

schaftung sei notwendig. Der Reichsminister knüpft« daran einige wichtige Ausführungen über die DLngemitteljrage.

Berlin, 16. Jan. Den Morgenblättern zufolge erklärte der ReichLcrnührungsminister Dr. Hermes gestern in Dresden bei einer Unterredung mit Pressevertretern über den Ernährungsplan für das Jahr 1921, di« nächste Zusammenkunft der Ernährungsminister in München werde sich mit der Abänderung des «lte» Systems der Ge» treidewirtschaft beschäftigen. Der von der Entente gezahlte Vorschuß und die Goldprömie müßten dem Reiche erhalten bleiben. Die Brotration müsse aufrecht erhalten werden. Geplant sei dle Erhöhung der Kochmehlratio». Zunächst solle sowohl die Brot- als auch die Kochmehlratton bis zum Ende dieses Jahres erhalten werden. Aufrechterhaltung des Verbots vo« Gründungsfeier»» im besetzten Gebiet.

Mainz. 15. Jan. Wie dem .Echo du Rhin" berichtet wiro, hat die interalliierte Rheinlandskominisston den Einspruch des Reichs­kommissars für die besetzten rheinischen Gebiete gegen das i» der französischen Zone erlassene Verbot der Abhaltung jeder öffentlichen Gedenkfeier aus Anlaß des 50. Jahrestages der Reichsgründung am 18. Januar einstimmig verworfen. Sie hat überdies beschlossen, daS Verbot auf das gesamte von den Alliierten besetzte Gebiet auS- zudehnrn. Auch der amerikanische Oberbefehlshaber habe eine gleiche Entscheidung für dir amerikanische Besatzungszone getroffen.

Die Ententen» rllkür im besetzte« Gebiete.

Frankfurt a. M-, 17. Jan. Die .Frankfurter Zeitung" meldet aus Koblenz: Die BesatzungSbehörden gehen in letzter Zeit wieder mit ausgesuchter Strenge gegen die wehrlose deutsch« Bevölkerung der Rheinland« und gegen die vollends ohnmächtigen deutschen Be­hörden vor. Der Landrat Leining von Neuß erhielt sechs Monate Gefängnis und 10 000 Mark Geldstrafe wegen Ungehorsam» gegen den englischen Bevollmächtigten. Er hatte es unterlassen, die von diesem angcordnete Nachweisung über Automobile rechtzeitig zu lie­fern. Hier in Koblenz find vier Beamte der ReichSvermögenSver» waltung ihrer Aemter entsetzt worden, weil sie einer Requisition nicht rechtzeitig «achgekommcn warm.

Der Abstimmnugstermiu für Sberschlefie«?

Paris, 16. Jan. Wied erPetit Parisien" meldet, ver­sicherte man gestern in amtlichen Londoner Kreisen, daß der- IS. März vorläufig als Abstimmungstag für Oberschlesieu in Aussicht genommen sei. Das Blatte erklärt, daß dies« Nach­richt mit den in Paris gegebenen Informationen Lbereinstimm«.

Günstige HeimkehrsoerhSltniffe

sür bie Kriegsgefangenen in Rußlanb.

Berlin, 15. Jan Die Einstellung der Feindseligkeiten zwischen Polen und der Sowjetregierimg ist für das Werk der Heimschaffung der Kriegsgefangenen günstig, welche» Dr. Nansen im Namen des Völkerbunds leitete. Die polnische Regierung teilte, wie das Se­kretariat des Völkerbunds meldet, mit, daß sie bereit sei, den Trans­port von Kriegsgefangenen aus Rußland oder nach Rußland durch ihr Gebiet zu erleichtern. In kurzer Zeit wird «ine Konferenz in Riga oder Danzig zusammentreten, um die Einzelheiten der Durchführung zu regeln.

Ein amerikanischer Sozialist über seine Erlebniye in Rußland.

Berlin, 14. Jan. In der hiesigen Universität hielt der ameri­kanische Sozialist Schwarz aus San FranziSko, der im Auftrag der American Federation of Labour zusammen mit seiner Frau de« zweiten Kongreß der Dritten Internationale beigewohnt hat, einen Vortrag über seine Erlebnisse in Räterußland. Schwarz wurde, wir er berichtet, mit seiner Frau ins Gefängnis geworfen, als die Rätr- rcgicrung erfuhr, daß er sich abfällig über dir russischen Zustände geäußert habe. Schwarz beschuldigt Crispien, Dittmann, Däumig und Stöcker, dir vier brutschen Delegierten, der RSteregierung seine privaten Aeußerungcn hinterbracht zu haben. Schwarz und seine Frau, die im Gefängnis die Nahrungsaufnahme verweigerten, wur­den aus ihren Protest schließlich freigrlaffen, c oer erneut gefangr« genommen, als sie 3000 Dollar amerikanischen Goldes, das ma» ihnen abgenommen hatte, zurückvcrlangten. Auf einen weiteren Pro­test wurden sie dann schließlich mittellos entlassen und nach Reval abtransportiert, wo die Frau des Amerikaners au den Folgen d«S Hungerstreiks starb. Als Schwarz in Reval einen Bortrag vor Ar­beitern halten wollte, wurde er über die Grenze abgeschoben und erhielt von GukowSki im Auftrag TschitscherinS 800 englische Pfund ausbezahlt.

Erneutes Auftreten ber Grippe.

In einzelnen Gegenden Deutschlands ichrint die Grippe wie­der stark aufzutreten. Die Aerzte war, en vor dem vielfach umgehenden Gerücht, daß die bis jetzt vorgekommenen Grippe­fälle besonders schwer gewesen seien und daß man es mit der sogenannten Eehirngrippe zu tun habe. Zu Befürchtungen liege zwar kein Grund vor, da die bis jetzt festgestellten Gripperrkran-