Nr. 6.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
96. Jahrgang.
Seschelilunglmelje: 6 mal wöchentlich. NnzeiftenpreiS: Dl« kleinjpallige Zeile M Psg. Rellllme» 2.— Ml. — Ans Eonimelanjeigen komm» eia Zuschlag von 100°/». — Feruspr. 8.
Montag, de« 10. Januar 1921.
vejuatPrela: In der Stadt mit LrLgerlohn Mk. 13.80 vierteljährlich, Poftbezugspret»
Mk. 12.80 mit Bestellgeld. — Schlug der Anzeigenannahme « Uhr vormittag«.
Zur auswärtigen Lage.
Am den Abstil,rmungslermin in Oberfchlefken.
Christiania, !). Jan. General Lerond hat dem Vertreter von »Dagens Nyheter', der ihn in Beuthen besuchte, u. a. erklärt: Uebcr Kn Avstimmungstcimin kann ich noch nichts sagen. Ich Weih davon nicht mehr als irgend einer in Oberschlcflen. Die Botschasterkonfe- tenz hat eine Entscheidung noch nicht getroffen, aber ich glaube sagen zu können, daß die Abstimmung nach Lage der Dinge nicht früher als im März sein kann. Das Rätselraten der Zeitungen ist 'ächerlich
Die Entente und die Entwaffnung.
Paris, 8. Jan. Der Mitarbeiter des »Exzelsior' will am Quai d'Orsay erfahren haben, datz die englische und die französische Regierung sich über die Art und Weise verständigt haben, wir die Entwaffnung Deutschlands durchgeführt werden soll. Sowohl in England, wie auch in Frankreich sei man fest entschlossen, alle möglichen Mittel anzuwrnven, um die Entwaffnung Deutschlands, diesen wichtigsten Punkt des Vertrags von Versailles, durchzusetzen. Die beiden Ministerpräsidenten würden sich noch über die zu schaffenden Sanktionen verständigen. Immerhin sei es möglich, daß man in Anbetracht von Unruhen in Deutschland einen neuen Aufschub für die Entwaffnung der Truppen weiterhin zugestehcn würde, die unerläßlich sein würden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.
Paris, 8. Jan. Das »Petit Journal' will wissen, daß der Hauptgegensiand der Pariser Zusammenkunft die Entwaffnung Deutschlands sein werde, während die Reparationsfrage grundsätzlich der Brüsseler Konferenz Vorbehalten bleiben soll.
^ Paris, 10 Jan. Dcr^englische General Maurice, der sich gegenwärtig in Deutschland aushält, um die Entwaffnungsfrage zu studieren, schreibt in den »Daily News', eS sei kaum zweifelhaft, daß die deutsche Regierung sich ehrlich bemühe, die Entwaffnung durchzuführen. Frankreich sei zum guten Teil im Recht, wenn es die Auflösung der Einwohnerwehren verlange. Die einzige Differenz zwischen der französischen und der englischen Auffassung liege iin der Wahl der zweckmäßigsten Mittel. Die Franzosen hätten lange Zelt gewünscht, das Ruhrgebiet zu besetzen, wo die Sympathien durchweg nach links gingen. Dies würde eine Strafmaßnähme «egen die Regierung und die Linksparteien sein. Das richtige Verfahren sei, die Stellung der gegenwärtigen deutschen Regierung zu Parken. Wenn das deutsche Volk überzeugt werden könne, daß die Wedcrherstellung der Industrie und die Bekämpfung der Teuerung 'von der genauen Erfüllung der Militärbesiimmungen des Versailler Vertrags abhängen, so werde es die Mittel finden, die geeignet seien, Gcse Bedingungen durchzuführe». Wenn andrerseits di« Engländer ft»d Franzosen durch ihr Vorgehen die Lebensbedingnngen in Deutschland erschwerten, so würden sie direkt in die Karten der Reaktionäre spielen.
Der französische Ministerpräsident
über das Verhältnis zu England.
Pari», 1l>. Jan. Wie der »Temps" aus London meldet, führte Ministerpräsident Leyguer in einer Unterredung mit einem Verirrter der „Sunday Times' u. a. aus: Das englische und daS französische Volk erwarten mit Ungeduld die Entscheidung der Alliierten ln der Orientfrage, aber die Aufmerksamkeit der beiden Länder ist stuf die wichtigste Frage, aus die Frage de» Entwaffnung Deutsch- kands und die Ausführung der Bestimmungen des Friedensvertrags gelenkt. Der Ministerpräsident sprach dann von den guten Be- Eichungen zwischen England und Frankreich. Es sei notwendig, Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden und die auseinandergehen- den Ansichten auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die beiden Länder hätten sich soeben wieder über dir wichtigsten Punkte und über dir allgemeinen Linien ihrer Politik geeinigt, weil jeder von den beiden Maaten ein sehr lebhaftes Gefühl für Realitäten bei der Prüfung Aller Probleme gezeigt habe. Schließlich bemerkte Lcygurs, Lloyd George sei der einzige an der Ausarbeitung des Friedens beteiligt »eweseue Ministerpräsident, der sich noch im Amt befinde. Deshalb habe er eine starke Stellung Er habe gezeigt, daß er die Interessen DroßbritannicnS mit den Lösungen der Probleme, die Frankreich »md anderen Ländern durch den Krieg gestellt wurden, in Einklang »u bringen suche. Das Einverständnis zwischen den beiden Völkern und den Alliierten sei unerläßlich für ihre Sicherheit und ihre Entwickelung, aber auch für das Werk des Wiederaufbaus, das die Grundlage des europäischen Friedens bilde
unsere Rheinflotte soll französisch werde
Parts, 10. Jan. Nach einer HavaS-Meldung wird zu dem v »er „Associated Preß' verbreiteten Schiedsspruch des Amerika»! «>YneS über die Ablieferung eines großen Teils der Rhetnfkotte n Wttgetetlt: Di« Verteilung der deutschen RhrinschtffahrtSflotti Dvstchen Frankreich und Deutschland bildet keinen Bestandteil l Mieftimmungen des FriedenSvertragS über die Reparationen und d ^em Teil der Schiffahrtsflottillen verwechselt werden. I xn die Alliierten als Ersatz für den während der Kriegs verloren
FlußschiffahrtSraum geliefert werden muß. HyneS fordert, daß Deutschland Frankreich rin Aufsichtsrecht über die Aktien gewisser Rheinschiffahrtsgesellschaften gewährt.
Pari», 9. Jan. Der .Associated Preß' wird au- Washington gemeldet, datz deo gemäß dem Versailler Friedensvertrag mit der Verteilung der Binnenschiffe in den verschiedenen internationalen Gewässern betraute Schiedsrichter Walter D. Hines seinen ersten Spruch gefällt hat. durch den etwa 253 000 Tonnen Schiffsraum an Kähnen und ferner Schleppschiffe mit einer Leistungsfähigkeit von insgesamt 24 000 Pferdekrästen Frankreich zuhewiesen werden, was ungefähr 1314 Prozent der Grsamtt-nnage der deutschen Rhein- flott« bedeutet. >
Die bedingte Freigabe deutschen Privateigentums in England.
Berlin, 7. Jan. Wie bereits durch die Presse auf Grund Londoner Meldungen bekanntgegeben, ist am 31. Dezember 1920 in London ein Abkommen zur Regelung der Fragen, die sich aus den Bestimmungen des Friedensvertrags über die Liquidation von Privateigentum ergeben, unterzeichnet worden. Für die deutsche Oesfentlichkeit find vor allem die Bestimmungen von Interesse, di« sich mit der Freigabe des deutschen Eigentums in England befassen. Darnach werden auf Antrag des für die Regelung der Privatgüterrechte und Interessen in London einzurichtenden deutschen Bureaus seitens der britischen Regierung Hausrat, persönliche Eebrauchsgegenstände, Familienandenken und Handrorrkzeuge deMschor Staatsangehöriger bis zum Betrage von 500 Tons KWMeden, sofern die zuständige deutsche Behörde bescheinigt, dckß das Einkommen des Antragstellers den Betrag von 400 Pfund nach dem jeweiligen Wechselkurse nicht übersteigt. Freigabeanträge müssen innerhalb 6 Monaten nach der Ratifikation des Abkommens gestellt werden. Eine weitere Bestimmung besagt, das deutsche Staatsangehörige grundsätzlich auf Antrag zum Mitbieten bei der Versteigerung ihres Eigentums zugelassen werden sollen. Das Abkommen, das mit seiner Ratifikation in Kraft tritt, wird, wie wir hören, den gesetzgebenden Körperschaften zur Genehmigung vorgelegt werden.
Auch Statten verzichtet auf den Raub des kleineren deutschen Privateigentums.
Rom, 8. Jan. Wie die „Agenzia Stefan!" mitteilt, ist ein Dekret veröfentlicht worden, demzufolge die italienische Regierung die von der deutschen Regierung mit Bezug auf italienisches Eigentum ergriffenen Maßnahmen begrüßt und auf das Italien nach dem Vertrag von Versailles zustehende Recht der Beschlagnahme deutschen Eigentums verzichtet, soweit dessen nach der gegenwärtigen Marktlage zu bemessender Wert die Summe von SV vvv Lire nicht übersteigt. Die Vewertung^umfaßt lediglich das Eigentum deutscher Staatsangehöriger in Italien und dessen Kolonien. Falls jedoch der deutsche Staatsangehörige über nicht unbeträchtliches Eigentum im Ausland verfüge, so soll der in Italien befindliche Kleinbcsitz nicht sreigcgeben werden. Die Bewertung geschieht ausschließlich durch den italienischen Staat, ohne daß ein Rechtsmittel zulässig ist. Bei der Freigabe sollen die Rechte Driter geschützt werden. Sie kann an Bedingungen geknüpft sein, wobei unter besonderer Berücksichtigung der gegenwärtigen Wohnungsnot an die im Eigentum Deutscher befindlichen Häuser und dergleichen gedacht wird.
DieStrafe Griechenlands für seinen „Ungehorsam-.
Athen, 8. Jan tHavaS.) Ter griechische Finanzminister erklärte, daß nach den vorliegenden Nachrichten keine Hoffnung vorhanden sei, daß Griechenland eine finanzielle Unterstützung von beiten der Alliierten erhalten werde >
Eine bolschewistische Erklärung über die Truppenanfammlungen an derrumiinischen Grenze.
Paris, 9. Jan. Das „Rumänische Pressebureau' in Paris veröffentlicht durch HavaS eine Erklärung, wonach die Konzentration der roten Truppen an der rumänischen Grenze einzig zu dem Zweck erfolgte, günstige Winterquartiere, sowie eine leichte Ernährungs Möglichkeit zu haben
Der Grund der japanischen Flottenrüstnngen.
Tokio» 8. Jan. Das japanische Flotienbauprograinin soll, so erklärt ein hoher japanischer Marineoffizier, eine Warnung an die anderen Nationen sein, sich in Japans Politik einzumischen. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Amerika und Japan ; c Okkupation Sibiriens und der Insel Sachalin machen «ine Erhöhung der Zahl der Schlachtschiffe erforderlich. Jeder vernünftige Japaner weiß, daß Japan seine Flott« vergrößern Miß, um seine im Krieg gewonnenen Besitzungen und jseine« Handel ,« schützen. Folgende vier Punkt« seien bestimmend: Eine machtvolle Flotte ist eine Notwendigkeit ftjr Japan, M
eine Erneuerung der englisch-japanischen Allianz zu ermöglichen, denn Japan würde sich für diesen Vertrag nicht für würdig halten, wenn seine Flotte nicht im Verhältnis zur englischen stehe. Japan hat nach dem Mandat Einfluß auf die Marschallinseln in der Südsee gewonnen, daher ist eine Flott« nötig, die der damit übernommenen Verantwortung entspricht. Die ja- panische Handelsflotte, welche alle Meere befährt, braucht einen genügenden Schutz. Japan befürchtet eine Einmischung Chinas in Sibirien, daher muß es auf alle Eventualitäten gefaßt sein. Die japanischen Zeitungen unterstützen die Politik in Sibirien. Wenn die Bereinigten Staaten 7000 Soldaten dorthin schicken, um es zu schützen, habe Japan ein Recht, die gleiche Truppenzahl zu entsenden. Es hat aber 50 000 dorthin geschickt. Wenn Japan sich auf das Bündnis mit England verlassen würde, dann könnte es dieselbe Enttäuschung erleben wie wir mit Italien. Das alte schon bewilligte und das neue Flottenbauprogramm sieht vor: Linienschiffe, altes Programm vier, neues vier, im Bau z. Zr. vier,* Schlachtkreuzer altes Programm vier, neues M/ier, im Vau keiner, Nein« Kreuzer, altes Programm elf, neues zwölf, im Bau fünf, Zerstörer, altes Programm 41, neues 30—40, im Bau acht.
Der neue amerikanische Präsident für eine Abrüstungskonferenz.
Paris» 8. Jan. Me der „Chicago Tribüne" aus Washington gemeldet wird, beabsichtigt Präsident Harding bald nach Ueber- nahme seines Amtes am 4. März eine internationale Konferenz zur Beratung der Entwaffnungsfrage nach Washington einzuberufen. Zu dieser Konferenz würden alle Mächte eingeladen werden. — Das ist natürlich nichts als amerikanischer Bluff.
Ausland.
Die Seuatswahleu in Frankreich.
Paris, 10. Jan. Bei den Nachwahlen zum Senat wurden im ersten Wahlgang 72 Senatoren endgültig gewühlt. In 24 Wahlbezirken haben Stichwahlen stattzufinden, die im Gange sind. Es wurden gewählt: 3 Liberale, 13 Progressisten, 19 Linksrepublikaner, 82 Radikale und Sozialistisch-Radikale und 5 Sozialistisch-Republikaner. Die Konservativen gewinnen keinen Sitz, verlieren vier. Die Liberalen gewinnen zwei Sitze, verlieren keinen, dir Progressisten gewinnen 2 Sitze und verlieren einen Sitz. Die Linksrepublikaner gewinnen 0 Sitze und verlieren einen, die Radikalen und Sozialistisch-Radikalen gewinnen 2 Sitze und verlieren 9 Sitze, die Sozialistisch-Republikaner gewinnen 3 Sitze und verlieren keinen Sitz. In der Stichwahl wurden noch gewählt, 3 Linksrepublikaner, 8 Sozialistisch- Radikale und 3 Sozialistisch-Republikaner. Elf Stichwahlen haben noch stattzufinden. Der ehemalige Präsident der Republik, Deschanel, ist in seinem alten Wahlkreis Eare-ei-Loire gewählt worden. Von den Ministern find bis jetzt gewählt: Justizminister L'Hopiteau, Finanzminister Marsal und der Minister für Kunst und Wissenschaft Honnorat.
Vermählung einer italienischen Prinzessin mit einem bayrischen Prinzen.
Rom, 8. Jan. Agenzia Stefani. Heute vormittag wurde auf. dem Schloß Aglie (Piemont) im engsten Familienkreise die Vermählung der Prinzessin Bona von Savoyen mit dem Prinzen Konrad von Bayern vollzogen. Der König und die Königin- Mutter, sowie alle Prinzen des Hauses Savoyen, und di« Angehörigen des Prinzen Konrad wohnten der Feier bei. — Die Verbindung wird wohl Sensation erregen, nicht nur in Deutsch, land, sondern auch im Auslande, denn es ist doch immerhin ungewöhnlich, wenn eine italienische Prinzessin den Angebö- rigen einer abgesetzten Fürstendynastie heiratet, abgesehen von dem bisherigen Verhältnis der Völler zu einander.
Der neue Bizekönig von Indien.
Paris, 10. Jan. Wie HavaS aus London meldet, ist laut amt« licher Mitteilung Lord Reading zum Vizekönig von Indien ernannt
Deutschland.
Wieder einmal eine Friedenskonserenz.
Berlin, 8. Jan. Zn Mailand beginnt, wie die deutsch« Liga für Völkerbund mitteilt, am 12. Januar eine von der italienischen Liga für Völkerbund veranlaßte Konferenz, auf der Deutschland, Oesterreich, Bulgarien, Frankreich und England vertreten sind. Al» Vertreter der deutschen Liga für Völkerbund gehen Reichsminister a. D. Dr. Dernburg, Professor Dr. Iäckh und Johannes Tiedje nach Mailand. — Von Dernburg und Jäckh können wir wenigstens hoffen, datz sie nicht wie Förster und Genossen die Ehre des deutsche Volke» lAädigen,