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95. Jahrgang.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

Nr. 305.

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Dou«er»taz, de« 3«. Dezember 1930.

I« der L,od> «it Lritg-rlohn M«. >2.00 »inlkiiiihrlich. PostdejiigSprei« Mi. lLSÜ mit »«NrSgeld. Schlitz drr »nj«Ig-n-u»«b»» » Uhr

Zur Wem kW.

Die Einwohnerwehren.

Berlin, 29. Dez. DieNeue B. Z." weih zu berichten:In hiesige» Ententekreisen werden weitere Einzelheiten über die Verhandlungen der Botschafterkonferenz in Paris in der An- glegenheit der Einwohnerwehren in Bayern und Ostpreußen bekannt. Wie verlautet, beabsichtigt die Entente zu Pressions­mitteln zu greifen. Unter diesen Nötigungsmitteln wollen Ber­liner Ententekreis« nicht nur die Besetzung de» Ruhrgebiets, sondern auch gegebenenfalls den Einmarsch in Bayern ver­standen wissen. In den ersten Januartagen trifft, wie schon be­richtet, General Rollet aus Paris in Berlin ein, um auf münd­lichem Wege der deutschen Regierung die letzten und endgülti­gen Beschlüsse der alliierten Regierungen zu übermitteln. Die Entente will angeblich «inen längeren Aufschub ihrer Forde­rungen nach Entwaffnung der Einwohnerwehren nicht mehr dulden und ihrer Entschlossenheit durch di« Ueberreichung eines Ultimatums Ausdruck verleihen." (Schwab. Merkur.)

Pari», 29. Dezember. In einer Meldung unseres Mitarbeiters heißt es:Der Botschafter hat sich, wie schon be­richtet, mit der Entwaffnung Deutschlands befaßt, den gegen­wärtigen Stand dieser Frage geprüft und bekanntlich den Be­schluß gefaßt, die Prüfung der Frage den alliierten Regierungen zu überlasten. Um die Tragweite dieses Beschlusses ermessen zu können, müsse man dies ist der Standpunkt des Botschafter­rats daran denken, daß die alliierten Häupter, sowie der deutsch« Reichskanzler und das Haupt der deutschen Reichswehr. General v. Seeckt es waren, di« in Spa das Entwaffnungs- Protokoll unterzeichnet haften, wonach vte Einwohnerwehren und die Sicherheitspolizei aufgelöst werden müssen. Es sei also Sache der gleichen Regierungschefs, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die für die Nichtinnehaltung der eingegangenen Ver­pflichtungen in Betracht kommen. Man darf nicht vergessen, daß Zwangsmaßnahmen militärischer Natur vorgesehen worden find, z. B. die Besetzung des Ruhrgebiets oder anderer deutscher Ge­biete. (Schwab. Merkur.)

Staarsverlriige.

Sens, 3V. Dez. Die lettische Regierung hat dem Völkerbund den Text der zwischen Litauen, Esthland und Deutschland und der Eowjetregierung abgeschlossenen Verträge übermittelt. Die Verträge mit den beiden ersten Ländern find Schiedsgerichts- Verträge zur Festsetzung der Finanzen. Das mit Deutschland abgeschlossene provisorische Abkommen regelt dt« Wiederauf­nahme der Beziehungen zwischen beiden Staaten und steht ein« Entschädigung für die von den deutschen Truppen in Lettland verursachten Schäden vor. Der Vertrag mit Eowjetrußland ent­hält Bestimmungen für die Festsetzung der Grenzen, den Gefan­genenaustausch usw. Der Vertrag wird gembtzl Art. 18 des Völkerbundpaktes vom Sekretariat registriert und vom Völker- Hund veröffentlicht werden.

3« Fiume.

Rom, 29. Dez. Nach einer der Agence Havas aus Rom -ugegan- genen Meldung ist General Caviglla in Fiume eingedrungea, nach­dem er den Hafen besetzt hatte. Auf beiden Seiten soll es einige Verletzte gegeben haben.

Auß VoloSca wird der ,Jdca Nationale" gemeldet, daß sich die Zahl der beim Sturm auf Fiume gelöteten regulären Soldaten auf etwa 400 beläuft. Die Zahl der Verwundeten sei so groß, daß sie in Eisenbahnwagen fortgeschafft werden müßten. Auch Zivilisten und Frauen hätten an der Verteidigung Fiumes teilgenommen.

Rom 29. Dez. (Stefani.) Nach der gestern nachmittag von den Fiumer Unterhändlern dem General Ferraris gegenüber abgegebe­nen Erklärung hat d'Annunzio, dem Wunsche des RegentschaftzratS von Fiume folgend, jeden Widerstand aufgegeben und der Entwaff­nung der Legionäre zugestimmt. Wie General Caviglla durch Fer­raris mitteilen ließ, sei er nur unter der Bedingung zur Entgegen­nahme der Erklärung der Unterhändler bereit, Daß man Gewißheit über die Absichten d'Annunzios habe. Er verlangte deshalb, daß d'Annunzio die Erklärung unterzeichn«. Di« Antwort wird morgen früh erwartet.

Argentinien «nd der Völkerbund.

Basel. 28. Dez. (Tel.) DerNewyork Herald" meldet lautNat. Zeitung" aus Buenos Aires: Der argentinische Se­nat hat einstimmig die Erklärung seine» Gesandten auf der Genfer Völkerbundstagung und di« dazu im Senat abgegebe­nen Erläuterungen der Regierung gebilligt.

Ausland.

Klara Zetkin in Tours.

Tour«, 29. Dez. Der sozialistisch« Parteitag setzt« heute die Er­örterung über dir Frag« der Anschlusses an die 3. Internationale fort. Lebas erklärte, bevor von einer Diktatur des Proletariats ge­sprochen werden dürfe, müsse das Proletariat erzogen erden. Sur, vor Beendigung der Bormtttagssitzung traf «in Telegramm Klara Zetkins ein, das sich für die 3. Internationale ausfpricht. In der Nachmittagssitzung erschien Klara Zetkin wider Erwarten persönlich im Sitzungssaale. Sie erklärte in einer heftigen Red«, daß die fran­zösischen Sozialisten eine Trennung vornehmen müßten, trat für eine Revision des Vertrags von Versailles ein und empfahl eine geistige Union zwischen den deutschen und französischen Arbeitern. Di« Aus­führungen der Rednerin wurden auf der Linken mit großem Bei­fall ausgenommen. Ais Klara Zetkin stch zurückzog, durfte niemand das HauS verkästen und der Kongreß tagte eine halbe Stunde lang hinter »erschlossenen Türen, um eine Denunziation zu verhindern.

Anordnungen in Irland.

London, 29. Dez. WieDaily Chronicle* meldet, haben die Militärbehörden im Bezirk von Eork weitere auf den Belagerungs­zustand bezügliche Anordnungen erlösten. Vom 1. Januar an haben alle Hausbefitzer an der Innenseite der Haustüre ein genaues Ver­zeichnis sämtlicher Hausbewohner mit Angabe d«S Alters, des Ge­schlechts usw. anzubringen. Die Besitzer von Hotels und Pensionen müssen jeden Morgen bei der nächsten Polizeistation eine ähnliche Liste einreichen.

Die Arbeitslosigkeit der Bereinigten Staaten.

London, 29. Dez. Nach einer Meldung desDaily Ehro- nicle" aus Newyork schätzt man die Zahl der Arbeitslosen in den Vereinigten Staaten aus 2)5 Millionen.

RaMenkümpse in Australien.

London, 28. Dez.Daily News" meiden aus Melbourne, daß fast die gesamte weiße Bevölkerung von Broom (West- australien) bewaffnet und in die Loudespolizei eingcjchworen worden ist und jetzt die Entwaffnung der Japaner vornimmt, deren Rastenkämpfe mit den Malayen in Australien zu erbit­terten und blutigen Zwischenfällen geführt haben. Auf beiden Seiten find zahlreiche Parteigänger getötet worden. Alle Ho­tels und Restaurants in her Aufruhrzone wurden geschlossen, Polizei und Truppen wurden verstärkt.

Kleine politische Nachrichten.

Haag, 29. Dez. Nach einer Pariser Meldung hat laut R. B. Z." die Wiedergutmachungskommrsfion bestimmt, daß Deutschland SS 900 Tonnen Benzol an die EntentestaatKi zu liefern hat.

Paris, 39. Dez. Die Kammer hat gestern mittag den Ge­setzentwurf angenommen, durch den die Zurückzahlung von drei Milliarden Banknoten an die Bank von Frankreich, die erfolgen sollte, bis auf weiteres aufgeschoben wird. Der Maximal­betrag de« Notenumlaufs der Bank von Frankreich Lleibk des­halb bi» auf weiteres auf 27 Milliarden festgesetzt. Ab 1921 soll eine jährliche Amortisterung von zwei Milliarden statt­finden.

Keine allgemeine Preiserhöhung der Kohlen.

Berlin, 29. Dez. In einer Sitzung des großen Ausschusses des Reichskohlenrater und des Rrichskohlenverbandrs wurde über die seit einiger Zeit wiederholt beantragten Kohlcnprriserhöhungen bera­ten. Staatssekretär Hirsch erklärte tm Aufträge der Regierung, daß die Stellungnahme der Ncichsregienmg den Forderungen aus Koh- lenpreiserhöhung grgrünber tm Grundsatz unverändert sei. Es werde nicht verkannt, daß die gesamte Rentabilität des Bergbaus nicht all­gemein günstig sei, doch laste die allgemeine Wirtschaftslage eine all­gemein« KohlenpreiSrrhöhung nicht mehr erträglich erscheinen. Eine Aenderung der Preispolitik sei auch deshalb nicht zweckmässig, iveil die gesamte Weltmarktlage durch Absatzstockung beeinflußt sei Die in Brüste! geführten Verhandlungen könnten Aenderungen der ge­samten Wirtschaftslage herbriführen, insbesondere vielleicht die Fol­ge haben, daß auch Deutschland an dem Preisabbau in der ganzen Welt teilnehme» werde. Auch aus diesem Grunde erscheine der gegen­wärtige Augenblick nicht geeignet, di« Kohlenpreise zu verändern. Wenn trotzdem für einige der Nebenreviere Preiserhöhungen nicht be­anstandet würden, so bedeute das kein« Durchbrechung der allgemei­ne» Preispolitik der Regierung. Demzufolge beanstande die Regie­rung die PreiSerhöhungSbrschlüstr für Rheinland-Westfalen. Nieder­sachsen. Mitteldeutschland und Ostrlbien. Hingegen erfolgte -um Aus­

gleich bereits zurückliegender, die Selbstkosten stark belastender Aus­gaben eine Beanstandung nicht oder nur teilweise für di« sächsische Steinkohlenreviere und für Braunkohlen aus den Revieren Frankfurt- Oder, Görlitz, Kassel, für bayerisch« Fettkohle und für rheinische Braunkohlenbriketts.

Zugeständnisse an die Beamten.

Betti«, 28. Dez. Heute nachmittag sollte der SechzehnerauSschuß der wer Eisenbahnerverbände zusammentreten, um die BefoldungS- frage der Eisenbahner nochmals zu erörtern und weitere Schritte zur Durchsetzung der Beamtensorderungen zu beschließen. Vormittag- faßten di« Staatssekretäre sämtlicher Reichsminifierien in einer Be­sprechung über die Besoldungsfrage den Beschluß, die Vorauszah­lung der Gehälter zu einer ständigen Einrichtung zu machen, oder, wenn formale Gründe dagegen vorliegen sollten, di« Auszahlung, di« am 15. Dezember erfolgte, als eine Art Weihnachtsgratifikation zu statuieren. In diesen« Fall sei die Regierung bereit, den Beamte« in irgend einer Form Zugeständnisse zu machen

Das deutsche Kinder-Slend.

Dresden, 28. Dez. Von 173780 ärztlich untersuchten Kchulkindem Sachsens ist die Hälfte als unterernährt, körperlich zurückgeblieben, rachitisch und blutarm befunden worden.

Aus Oberschleste«.

Breslau, 29. Dez. Die Hauptgeschäftsführung der vereinigten Verbände heimattreuer Oberschlcsicr in Breslau erläßt zum Jahres­wechsel einen Aufruf der Heimattreuen Oberschlcster, der über di« nahende Eittscheiduirg über die Heimat hin weist und ihre Geschlossen­heit, ihre tiefe, wahre pflichtbewußte Hrimatttebe und ihr gules Recht betont. Sie brauchen vor Lorfanths Zorn und leeren Drohungen nicht erschrecken, di« nur ein Ausfluß der Arrgft vor der Entschlossen­heit der Oüerschlesier seien. De» Oberschlefier» tm Reiche «erde ein Glückauf zur siegreichen Fahrt in die harrend« Heimat zugernfm. wo sie Hand in Hand und zu gleicher Stund« mit den Getreuen in Oberschlesicn zum beglückende» Endkampf schreiten würden. Die Losung sei: Treu der Heimat in zäher Entschlossenheit zum Sieg! Hie gut Heimat treue allewege!

Französische Willkür.

Berti», 2S. Dez. Am 7. Dezember wurden «mst Bermllochung de» Vorsitzenden der JnteraUterten SchiffahrtSkommifsion i» Köln, d«S frmtzösischen Obersten Dumont, 2 Polizeiboote der Rheinstrom Ver­waltung von de» Franzose« requiriert mit der Begründung. Oberst Dumont habe de» Auftrag, die gesamte SchissahrtS- und Strompolizet sowie die kriminelle Polizei ans dem Rhein innerhalb der französi­schen Zone zu übernehmen Mit der Polizeiaufsicht zu Laube und zn Wasser würden französisch« Offizier« beauftragt. Di« Wasserbau-- brhörden müßten unter völlig« Kontrolle der mteralliertr» Schiff fahrtskonnnisstou ihren Dienst »errichten. Im Fall« der Weigerung soll ihre Auflösung erfolgen. Anscheinend ist eS dem französisches Einfluß gelrmgen, di« interalliierte SchiffahrtLkommiffion z» ent­sprechenden Beschlüssen zu veranlassen. Wie wir hören, find von den deutschen «untlichen Stellen energische Schritte unternommen worden, um eine Zurücknahme der getroffenen Anordnungen zn «r- rkichen, weiteren Maßnahmen ähnlicher Art oorzubeugen und den beteiligten Beamten der RheinstromüauVerwaltung gegenüber etwai­gen Willkürakten der Besatzungsbehörden einen wirksamen Schutz zu teil «erden zu lassen.

Forderungen der Gewerkschaften

Saarbrücken, 29. Dez Sämtlich« Gewerkschaften der Saargebiet» haben an die RegierrmgSkommission des Saargebiet« erneut ein Schreiben gerichtet, in dem die Einführung des BetriebSrätegesetzes sowie der Verordnung über SchlichtungSauSschüff« gefordert wird

Einschränkung des Bersammlungsrechts

München, 28 Dez Die sozialdemokratische Presse veröffentlicht eine Verfügung der Staatskoimnissare für den Regierungsbezirk Mittelftanken, wonach sämtliche bayerischen StaatSkommissare Über­einkommen find, das VersammlungSrccht noch weiter einzuschrän- ken, als eS bisher durch die anSnahmercchtlichc Regelung der bahr rischen vereinsrechtlichen Verhältnisse geschehen ist.

Zur Feier des 18. Januar.

Berlins 28. Dez. Zur Frag« der Feier des 18. Januar 1921 hat sich die Reichsregicrung dahin schlüssig gemacht, von der Bestimmung diese« Tages als eines gesetzlich anerkannten Feiertages im Wege der Gesetzgebung abzusehen. Sie erachtet e« al» wünschenswert, daß an diesem Tage tn den Schulen der Einigung der deutsche» Stämme durch die Gründung der Reiches und seine« nunmehr Sv- jährigen Bestehen» in angemessener Weise gedacht wird. In einem Rundschreiben an die Landesregierungen spricht der Reichsminister der Innern die Bitte aus, in dieser Richtung alsbald da« Weitere veranlassen zu wollen.