mkt Erzähler vom Schwarzwald.

Amtsblatt für die Ltadt Lvildbad

Verkündigungsblatt

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Lelslo» Nr. 4L

»i. J«hrg.

Dienstag den SR März 1814

Nr. 7L

Kaiser Wilhelm und der Katholizismus

Des Kaisers Brief an die Landgräfin von Hessen.

Briefe sind ein- unangenehme Sache, wenn sie in der Erregung geschrieben und abgesandt, in Unrechte Hände ge­raten und nach Jahren veröffentlicht werden. Diese Er­wägung wird Wohl auch die Reise des Kaisers nach Korfu un­angenehm beeinflussen, wenn er die Erörterungen zu Ge­sicht bekommt, die jetzt die Presse über den Brief anstellt, den er vor mehr als zwölf Jahren an seine Großtante, die verwitwete Landgräfin Anna von Hessen geschrie­ben hat, als diese zum Katholizismus übergetre­ten war. Es war. das am 9. Oktober 1901 und der Kaiser fühlte sich als Chef des preußischen Königshauses veranlaßt, der Landgräfin, einer geborenen Prinzessin von Preußen, die eine Tochter des Prinzen Karl, des Bruders Kaisers Wilhelms I. war, Vorhaltungen über ihren Ueber- tritt zu machen. Darüber wäre ja wohl von seinem Starw- punkt, als Chef der Familie nichts einzuwenden gewesen, wenn der Kaiser in dem Briefe nicht Wendungen gebraucht hätte, die verletzend gegen die katholische Kirche sind und bei ihrer Veröffentlichung unfehlbar Mißstimmung gegen den deutschen Kaiser in katholischen Kreisen erregen muß­ten Nach der ersten Version soll der Brief die Stelle enthalten haben:Die Religion, zu der Du über- zetreten bist, hasse ich", und nach der jetzt in der ucrikalenAllgemeinen Rundschau" mitgeteilten Lesart stand, in dem Brief:Du trittst also jenem Aberglau­ben bei, den auszurotten ich mir zur Lebens­aufgabe gesetzt habe." Man braucht sich natürlich nicht darüber zu verwundern, wenn jetzt in der Zentrums-- presse diese Aeußerungen des Kaisers kritisiert werden, und noch mehr wird das im engeren Kreise der Fall sein.

Auch dieser kaiserliche Brief ist ein Ausfluß des kai­serlichen Temperaments, das ihm schon so manchen Streich gcspillt hat, und er war ja auch kein junger Mann mehr, als er den Brief schrieb. Er stand damals bereits im 43. Lebensjahr. Natürlich wäre es besser gewesen, der Brief wäre nicht abgesandt worden, andererseits aber ist es ebenso entschieden zu tadeln, daß der vom Kaiser in der ersten Aufregung geschriebene private Brief, der nur dadurch eine weiter tragende Bedeutung erlangen konnte, wenn er als Brief des Kaisers der großen Öffentlichkeit unterbreitet wurde, von der Empfängerin aus der Hand gegeben wurde, und des weiteren auch, daß Kardinal KoPP ihn an­scheinend nicht so gut verwahrte, daß nicht andere Per­sonen davon Kenntnis erhielten. So lange Kardinal Kopp selbst lebte, hat er allerdings anscheinend seinen Einfluß dahin geltend gemacht, daß der Brief nicht veröffentlicht wurde; aber kaum hat er die Augen geschlossen, so dringt

(durch einen Artikel des Zentrumsabgeordneten Jäger in derAllgemeinen Rundschau") auch schon die Kunde von dem Brief in die Öffentlichkeit. Hoffentlich ivird auch dieses Vorkommnis von neuem den Kaiser darin bestär­ken, dem seit einigen Jahren befolgten Grundsatz größerer persönlicher Zurückhaltung in seinen Meinungsäußerungen treu zu bleiben.

Warum der Abgeordnete Jäger, dem doch auch be­kannt ist, daß der Kaiser mit katholischen Kirchenfürsten immer auf gutem Fuße stand, glaubt, daß gerade jetzt die passende Gelegenheit zur Veröffentlichung des kaiser­lichen Briefes gekommen sei, geht aus seinem Artikel nicht klar hervor, man kann es nur mutmaßen. Vielleicht spielt die Absicht mit, in der Jesuitenfrage einen Druck auszuüben; die Hauptursache aber ist wohl die allgemeine politische Lage. DerErnst der Zeiten", von dem Herr Jäger spricht, ist in nichts anderem zu sehen, als in der politischenZurückdrängungderReaktion. Soll nun der Kaiser scharf gemacht werden zur Bekämpfung des Zuges nach links, der die Konservativen und das Zentrum von der Futterkrippe zu verdrängen droht? Dabei be­gegnete sich die Politik des Zentrums mit der der Kon­servativen. . Vielleicht hat aber die Veröffentlichung des Briefes gerade die umgekehrte Wirkung auf den Kaiser als man beabsichtigt. Oder glaubt das Zentrum etwas Kulturkampfstimmung nötig zu haben, um die Mas­sen bei der Fahne zu halten und greift, da die anderen Kulturkampfgeschichten nicht mehr ziehen, zum Graulich­machen mit dem Kulturkampf von oben? Die Zeit wird auch hier Aufklärung bringen.

Vaterlose Kinder "

Aus eine Eingabe an den Bundesrat über die Angabe unehelicher Kinder rn der Angestelltenversicherung hat, wie man uns schreibt, der Reichskanzler (Reichsamt des Innern) eine Antwort erteilt. In der Eingabe wurde gebeten, den Vordruck für dre Eintragung in die Aufnahmekarten der Angestelltenversicherung dahin abzuändern, daß die Ver­pflichtung zur Angabe etwa vorhandener unehelicher Kinder weiblicher Angestellter auf den Karten selbst fortfalle. Dagegen soll in den Karten ein Vermerk ausgenommen werden, daß die weibliche Angestellte verpflichtet sei, etwa vorhandene un­eheliche Kinder sofort der Versicherungsbehörde selbst anzu­geben, unter Hinweis auf die durch Nichtbefolgung der Vor­schrift entstehende Straffälligkeit und die wirtschaftlichen Nachteile der Unterlassung. Die Antwort lautet:In dem Vordruck für die Verfichernngskarte findet sich keine Spalte, in welcher Familienangehörige, insbesonders uneheliche Kin­der von weiblichen Versicherten nachzuweisen wären. Wenn eine solche Eintragung tm Vordruck der Aufnahmekarte vorge­

sehen ist, so sind diese Angaben unbedingt notwendig, damit die Versicherungsanstalt für Angestellte von vornherein die Höhe ihrer Belastung übersieht. Diese Angaben sind aber für die Versicherten um deswillen unbedenklich, weil dem Ar­beitgeber oder irgendeinem anderen Dritten, ein Einblick in die Aufnahmekarte nicht gewährt zu werden braucht; nach! 8 188 des Versicherungsgesetzes für Angestellte hat in erster Lrnie der Versicherte selbst ohne Vermittlung des Arbeit­gebers die Ausstellung der Versicherungskarte mittels Aufnahmekarte bei der Ausgabestelle zu beantragen. Di« Reichsversicherungsanstalt hat die gedruckte Belehrung über Ausfüllung der Aufnahmekarte dahin geändert, daß statt der Worteferner uneheliche" Kinder gesagt wirdund alle vaterlosen Kinder."

Die Brauereiarbeiter Berlins und Umgegend haben in einer Versammlung mit 2 563 gegen 1230 Stimmen das letzte Angebot der Arbeitgeber abgelehnt und den Streik be­schlossen. Sie fordern achtstündige Arbeitszeit und dreijährig« Tarifdauer, während die Arbeitgeber jede Verkürzung den Arbeitszeit ablehnten und eine Vertragsdaucr von 6 Jahren erreichen wollten.

Berlin, 30. März. Der hier versammelte Zentral Vorstand der Nationalliberalen Partei beschloß, mit den Jungliberalen und den Alt-Nationalliberalen Verbänden we­gen deren unverzüglichen Auslösung in Verbindung zu tre­ten. Mit diesem allerdings energischen Beschluß wird die Krisis innerhalb der Nationalliberalen Partei gewalt­sam auf einen Höhepunkt getrieben. Denn es ist zu er­warten, daß sich weder die nach links strebenden Junglibera­len, noch die konservativ angehauchten Alt-Nationalliberalen freiwillig aufgeben.

Mannheim, 30. März. Der hier verhaftete bayer­ische Landtagsabgeordnete Ab re sch ist aus der Haft ent­lassen worden. Wie man hört, ist die Entlassung nicht aus Gründen der Immunität des Abgeordneten erfolgt, sondern weil sich die gegen Abresch erhobenen Anschuldig­ungen hätten nicht aufrecht erhalten lassen.

Dresden, 30. März. Tie Fortschrittlich eVolkS- Partei Sachsens hat dem mit der Nationalliberalen! Partei abgeschlossenen Wahlabkommen für die kommenden Üandtagswahlen zugestimmt unter der Voraussetzung, daß der volksparteiliche Besitzstand gewahrt und gewisse Wünsche der Fortschrittlichen Volkspartei Berücksichtigung finden.

Dortmund, 30. März. Dem Pfarrer Fuchs von Rüsselsheim, den die Reinoldigemeinde in Dortmund zu ihrem Seelsorger (als Nachfolger Traubs) gewählt hatttz ist die Bestätigung von der Oberkirchenbehörd« versagt worden.

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Mit beiden Füßen fest auf der Erde: mit beiden Händen in jeder Werkschicht; mit dem Haupt in den Wolken.

Emil Gött.

Ich liebe vlcb r

Roman von Guido Kreutzer.

(Nachdruck verboten.)

Jedenfalls brauchten die Gastgeber um das^ Gelingen ihres Gartenfestes nicht besorgt zu sein; der äußere Rah­men befriedigte alle Erwartungen.

Dementsprechend äußerte sich auch die Landrätin von Burlach, die mit der Hausfrau Arm in Arm die Kieswege entlang schleuderte und sie auf einer letzten Jnspektions- tour begleitete.

Als sie an einem freien Rasenviereck vorbeikamen, wo die lange Tafel in Hufeisenform gedeckt war, blieb sie überrascht stehen.

Welch' eine reizende Idee, liebste Freundin, im Freien tu speisen! Sie entzücken Ihre Gäste doch jedesmal aufs »cue!"

Sie war eine noch junge Frau; nicht schön, aber von einer Liebenswürdigkeit, der sich willig alle Herzen beug­ten. Ein kleines zierliches Persönchen, an dem groß und bedeutend einzig die Augen waren.

Die Baronin hatte sich im Weiterpromenieren eingehakt.

Die letzten Jahre ist es hier auf Margenthin ein Aenig still geworden. Wir zwei alten Leute . . . und mein Sohn so weit fort! Aber jetzt, wo er wieder in Deutsch-

- ist, werden wir die Geselligkeit natürlich in größerem umfange aufnehmen."

Also Ihr Günter gefällt mir!" lachte die kleine Frau offenherzig.Famos denke ich mir das, solchen Afrikaner m der Familie zu haben!"

Die Baronin nahm ihr Kleid auf, da die Wege noch uoch immer feuchte Stellen aufwiesen.

Was hat man denn schon von den Kindern, wenn w größer werden?" ... es klang resigniert . . .Sehen d«, liebe gnädige Frau, nun ist er nach drei Jahren «srika glücklich ein paar Wochen hier gewesen. Und kaum, » ich meines Glückes ein bischen froh geworden bin, er schon wieder nach Berlin zurück."

Laus».

Und dann kommt eine Zeit, wo ich Wohl nie mehr eine ruhige Minute haben werde!"

Eine Liebesgesrchichteü" witterte das Rokokofigürchen. Bitte bitte erzählen, liebste Baronin! Ich verspreche Ihnen, ich bin verschwiegener als das ganze Landrats­amt!"

Dabei funkelten ihre Augen in so strahlender Erwart­ung, daß Frau von Ostheeren unwillkürlich lächeln mußte.

Aber dieses Lächeln erlosch bald wieder.

Das ist es nicht, sondern er will in den Rxnnsattel steigen. Schon auf dem Kadettenkorps träumte er immer von diesem seinem höchsten Wunsch. Und jetzt soll er in der Tat umgesetzt werden. Ich habe vergebens versucht, ihn davon zurückzubringen oder ihn wenigstens zu ver­anlassen, seine Absicht bis zum nächsten Frühjahr auf­zuschieben. Aber ich bin wieder einmal nicht durchge­drungen; umsomehr, als mein Mann ihn noch in seinem Vorhaben unterstützt und ihm zuredet, die Sommer- urH Herbstlampagne auszunutzen."

Recht hat er!" entschied Frau von Burlach mit ener­gischer Handbewegung.Gönnen Sie ihm doch dieses Ver­gnügen nach den drei Jahren! Denken Sie nur mal, i wenn Ihr Günter dasGroße Karlshorster Handicap" oder ! denSilbernen Schild" oder gar dieArmee" gewinnen I würde und ihm Majestät eigenhändig den Preis über­reichte!"

Sie war eine begeisterte Patriotin. Sie holte ganz tief Atem, als stände sie in diesem Moment vor der Kaiserloge.

Ueberhaupt der grüne Rasen! Ter besitzt für mich so etwas Mystisches, Geheimnisvolles. Ich muß dabei immer an die Turnierplätze aus der Zeit der Hohenstaufen oder Valois denken, wo die Kavaliere ihre Ringstechen aus­fochten. Deshalb Hab' ich auch schon von jeher für alle Rennreiter, soweit sie nicht etwa Professionals sind, eine fanatische Vorliebe gehabt.

Und dann gibt es außerdem noch eine andere Aehn- lichkeit was meinen Hie Wohl, liebste Baronin, wenn Ihr Günter irgend ein klassisches Rennen gewinnt, wie zahllose Frauenherzen ihm zufliegen! Förmlich wühlen wird er in ihnen können und sich das begehrenswerteste aus­suchen!!"

Aber als sie mit dieser effektvollen Perspektiv« geschlos­sen hatte und sich jetzt strahlend der Baronin wieder zu- wandte, erschrak sie.

Die zitternde Blässe, die über das Gesicht der alten Dame rann . . . und wie unsicher, fast hilflos die Erwi­derung kam:

Daran hatte ich ja noch gar nicht gedacht!! . . Ich meinte nur sein Leben ... das er dabei aufs Spiel setzt!"

Es war eine Stille.

Und die kleine Frau glaubte Plötzlich in instinktiver Ahnung zu wissen, daß nicht Ehrgeiz und nicht Begeister­ung allein den famosen jungen Baron vor drei Jahren nach <südwest getrieben.

Sie hatte sich schon immer gewünscht, mal einen recht interessanten" Mann kennen zu lernen.

Und hier ... ein junger Herrenreiter, Gardeoffizier, mit irgend einer romantischen Herzensasfäre, die er na­türlich vergebens! unter den wilden Horden in Afrika, unter Sonnenbrand und Todesnot zu vergessen gesucht hatte .... also wenn das noch nichts Interessantes war!!

Jedenfalls während sie Arm in Arm mit der Gast­geberin dem Herrenhause wieder zuschlenderte, nahm sie sich fest vor, sich für die Folgezeit öfters in Margenthin sehe« zu lassen.

Es war auch wirklich ganz entzückend hier!

*

Als die beiden Damen auf der Terrasse wieder an­langten, hatten sich dort bereits viele neue Gäste einge­funden; und noch immer fuhren Wagen vor.

Die Hausfrau hatte alle Hände voll zu tun, um die Ankommenden zu empfangen und zu begrüßen. Der Baron sekundierte unermüdlich. Und auch Günter, als der Sohq des Hauses, blieb nicht müßig.

Tie meisten Herrschaften kannte er ja schon von seiner Kadcttenzeit und dem ersten Offiziersjahre her.

Natürlich war er überall der Mittelpunkt. Nach so langer Abwesenheit! Und drei Jahre sind eine endlose Zeit doppelt endlos, wenn man sie in ostpreußischer Ab­geschiedenheit verlebt und nur hin und wieder Gelegen­heit und Vorwand findet, nach Berlin auf einenlütten Schuß" Weltstadtluft hinüber zu rutschen.

Der Abend stand im Zeichen Afrikas und Günter von Oflheerens. Und wenn der Artillerist auch im geheimen über die Unbequemlichkeiten seiner Favoritenstellung fluchte . . eine Schwäche verriet er nicht.

Fortsetzung folgt.