Anzeige erstattet haben, werden sie ersucht, sich Lei der Kri- mnalabteilung der Städt. Polizeidirektion zu melden.

Ein Unfall am Nordostsee-Kanal.

In Brunsbüttelkoog stürzte Freitag morgen beim Abbruch der letzten Stützen der Kabelbahn, welche die neue Nordseeschleuse überspannt, ein Teil der Anlagen ein, als sich ein mit Arbeitern besetzter Laufwagen über der Schleuse befand. Der Wagen mit allen Insassen stürzte ins Wasser. Es sind fünf Mann getötet und drei verletzt worden. Der Unfall entstand dadurch, daß die Arbeiter beim Abmontieren auf der einen Seite des Kranes zuviel Gsenteile svrtgerwmmen hatten, sodaß die nötige Stütze fehlte und der Schwebetran umstürzte.

In den Höhenlagen des Schwarzwaldes ist m den letzten 24 Stunden ergiebiger Schneefall einge- tretem. Der Schnee liegt bis zu zwei Meter hoch, eine zuvor nie erreichte Schneemenge. Auf 'den Bergkämmen müssen die Wege mit den S'ch litten gebahnt werden.

Auf dem Terrain des neuen Bahichofs in Heidel­berg ereignete sich ein schwerer Bauunfall. Ein Teil des Brückengerüstes stürzte aus einer Höhe von 15 Metern herab und riß 9 Arbeiter mit in die Tiefe, von denen einer sofort getötet, 6 schwer verletzt wurden.

Aus Berlin wird berichtet: Ter Hofopernsänger Paul Seidler verübte den (schon gemeldeten) Selbstmordin dem Glaubsn, dadurch die .Menschheit der Gottheit näher zu bringen". Der Unglückliche war zum September 1914 für das Hamburger Stadttheater mit 15000 Mark Einkommen ver­pflichtet und hat auch Vermögen hinterlassen.

In Straßburg gab es bei 6 Grad Celsius ein von Westen kommendes Gewitter mit starkem. Regen und Hagelschlag.

Spiel und Sport und Luftschiffahrt.

Verfolgung eines Hoteldiedes im Aeroplan.

Amerika kann sich rühmen, die erste Tefraudantenver- jolgung im Aeroplan gesehen zu haben. Im Royal Palm Hotel in dem sashionablen Seebade Niamr in Florr'da haben sich in den letzten Tagen geheimnisvolle Diebstähle er­eignet, die erst dann eine Aufklärung fanden, als der Neger­portier des Hotels am 24. d. M. früh verschwunden war und es sich durch eine drahtlose Anfrage herausstellte, daß er an Bord eines Dampfers geflüchtet war, der sich eben von der Küste Floridas entfernte. Das Schiss hielt nach Nassau, Kahama-Jnseln, und es bestand die Gefahr, daß der Dieb, der eine wertvolle Tiamantenbrosche und große Summen Bargeldes erbeutet hatte, dort ungehindert an Land gehen würde. Da entschloß sich der Detektiv Shade, die Ver­folgung im Hydroplan aufzunehmen. Bevor jedoch der Appa­rat und der Pilot zur Stelle waren, war der Dampfer bereits mehr als 80 Kilometer entfernt. Trotzdem machte sich der Detektiv mit einem Polizisten an Bord des von dem Pi­loten gesteuerten Hydroplanes auf den Weg und kaum eine halbe Stunde später hatte er den Dampfer erreicht. Er sprang insMeer und wurde an Bord des Dampfers gezogen, wo er die Verhaftung des Negers vornähm, in Hessen Taschen der ganze Raub gefunden wurde. Der Dieb wurde mit seiner Beute mit Hilfe eines Bootes zum Hydro­plan gebracht und bald daraus ging es im Luftwege nach Niann zurück, wo der siegreiche Detektiv mit seinem Ge­fangenen eine Stunde später wieder eintraf. Sv der Bericht, bei dem hoffentlich die reporterische Phantasie nicht zu stark mitpropellert hat!

Gerichtssaal.

Stuttgart, 27. März. (Streikvergehen.) Während des Cchneiderstreiks hat der Schneider Karl Dischinger einen Ar­beitswilligen durch Anwendung verschiedener Mittel zur Ar­beitsniederlegung zu bestimmen versucht. Er lauerte diesem auf und hielt ihm vor, wie das Brot schmecke, das er den Streikenden aus der Tasche stehle und drohte ihm, er verliere seine Stelle, wenn der Streik beendigt sei. Das Schöffenge­richt verurteilte den Angeklagten Dischinger wegen Ver­ziehens gegen Z 159 der Gewerbeordnung zu 4 Tagen Gefäng­nis.

Heilbrvtt«, 26. März. (Strafkammer). Der 30 Jahre alte verheiratete Kaufmann Otto Michaelis von Wies­baden, wohnhaft in Heilbronn, hatte sich wegen eines Ver­gehens des unlauteren Wettbewerbs zu verantworten. Der Angeklagte, der Geschäftsführer bei der Firma Sandgruber in der Schellengasse hier war, hat im November v. I. in den hiesigen Tageszeitungen eine Reihe von Annoncen ver­öffentlicht, in welchen er in seiner Privatwohnung einzelne Gegenstände zum Verkauf anbot. Diese Annoncen waren geeignet, bei dem Publikum den Anschein zu erwecken, als ob es sich hier um einen billigen Privat-Gelegenheitskauf handle. Der Angeklagte wurde wegen eines Vergehens des 8 4 Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbe­werb zu eiyer Geldstrafe von 40 Mark, im Uneinbringlich- nitsfall zu einer Gefängnisstrafe von 8 Tagen und zu den Kosten des Verfahrens verurteilt.

Mm, 27. März. (Ein interessanter Fischwasserstreit). Eine wichtige Entscheidung hat die Zivilkammer des K. Landgerichts Ulm getroffen. In einer Prozeßsache wurde du Fischwassergercchtigkeit an zwei Nebenbächen den In­habern des Fischwassers im Hauptfluß zugesprochen. Die 4M und 1000 Meter langen Bäche sind als Fischwasser be­zeichnet worden, die nicht den Charakter selbständiger Fisch­wasser haben, sondern Bestandteile des Fischwassers im Hauptfluß seien. Sie bilden nach dem Gutachten der Sach­verständigen eine wirtschaftliche Einheit mit dem Haupt- baß. Die Sachverständigen bekundeten weiter, landauf landab bestehe die Uebung, daß solche Nebenbäche, dir bei Beginn und Ende in den Hauptfluß münden, in Beziehung auf das Fischereirecht als Zubehör zum Hauptbach angesehen werden, wenn kein besonderes Fischereirecht an ihnen be­stehe. Die Bezeichnung der Nebenbäche mit besonderer Num- ^ Ammt dabei nicht in Betracht.

Metz, 27. März. Das Oberkriegsgericht des 16. Ar­meekorps hat heute adelnd um 8 Uhr das Urteil in dem Prozeß gegen den Leutnant Tiegs vom Jnfanterie- Mment Nr. 16 in Diebenhofen gesprochen, der wegen Tot- Mags am dem Fahnenjunker Fester vom Kriegsgericht zu M Jahren Zuchthaus und Entfernung aus dem Heere verurteilt worden war. Das Oberkriegsgericht hob das kriegs­gerichtliche Urteil hinsichtlich des Strafmaßes auf und ver­urteilte dem Angeklagten wegen Totschlags zu einer Zucht­hausstrafe von acht Jahren, Entfernung aus dem Heere und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 10 Jahren. 3 'Monate der Untersuchungshaft werden Mkttchnet. Im übrigen wurde die von Tiegs eingelegte Prüfung verworfen. Die Urteilsbegründung erfolgte aus «mtärdümstlichem Interesse in nichtöffentlicher Schung.

Vermischtes.

Der Brunnen von Abydos.

Ein neuer Fund aus dem ältesten Aegypten

Nachdem vor einiger Zeit die Ausgrabungen der Deut­schem Orientgesellschaft der Teil el Armana so reiche Er­folge gezeitigt haben, deren Krone die Freilegung der größ­ten, bis jetzt bekannten altägyptischen Bildhauerwerkstatt, m der derKönigliche Oberbildhauer Thutmes" gewirkt hat, war, ist es jetzt der Englischen Archäologischen Gesell­schaft gelungen, einen Fund von ähnlicher Bedeutung zu machen. Der Leiter der englischen Ausgrabungen, der be­kannte Aegyptologe Professor Naville läßt sich darüber rn eng­lischem Blättern wie folgt aus: Es handelt sich um ein unter­irdisches Bauwerk im der Nähe des Grabes des Osiris zu Abydos, das bekanntlich eines der Haupt-Heiligtümer des alten Aegyptens war. Professor Naville ist der Ansicht, daß er den von Strabo erwähntenBrunnen von Abydos" entdeckt habe.Unter dem Memnoniumdem von Sethos I. errich­teten Erinnerungstempel)", schreibt der griechische Geograph des Altertums hierüber,gibt es eine Quelle, die durch aus einem einzigen Stein herausgehauene Gewölbegänge er­reichbar ist. Die Gewölbegänge zeichnen sich sowohl 'durch ihren Umfang als auch durch die Art und Weise ihres Baues aus. Die Quelle steht durch einen Kanal, der durch einen dem Apollo geweihten Hain ägyptischer Dornakazien fließt, mit dem Niel in Verbindung." Das riesige unterirdische Ge­bäude, auf das man bei den Ausgrabungen zuerst am 13. Februar d. I. stieß, läßt sich als ein großes Sammelbecken ansprechen. Es ist ungefähr 30 Meter lang und einige zwanzig Meter breit. Eine Mauer von fast sechs Meter Dicke schließt das Becken ab. Die Konstruktion des Bauwerks ist völlig zyklopenhast. Steinblöcke von riesenhafter Größe sind wahl­los auseinander getürmt. Ein Kanal umläuft das ganze, Gebäude. Er ist überdacht von einem Gewölbe, das riesige Granitpfeiler stützen. Zu beiden Seiten des Kanals laufen zwei Pfade entlang, die sich Wohl mit den Leinpfaden an unseren Flüssen vergleichen lassen. Der Mittelpunkt des Bauwerkes bietet sich somit als eine Art Insel dar, die mög­licherweise durch eine hölzerne Brücke über den Kanal erreich­bar war. lieber die Zeit der Entstehung des Gebäudes kann Professor Naville vorläufig noch keine genauen Angaben machen. Aber der ganze Stil, die Größe der verwandten Ma­terialien und der gänzliche Mangel jeglicher Ornamentik lassen den Schluß aus ein sehr hohes Alter zu. Bis jetzt gabt der Tempel der Sphinx ber Ghrzeh als das älteste Gebäude aus der altägyptischen Zeit. Das Becken von Abydos ist fast analoger Konstruktion. Aber es ist aus weit mächtigerem Material errichtet, was mit Wahrscheinlichkeit auf ein noch höheres Alter zurückzuführen ist. Nach den gegenwärtigen Ergebnissen schon möchte Professor Naville den Brunnen von Abydos als das älteste ägyptische Gebäude ansprechen, von dem wir bislang Kunde haben. Die Pyramiden sind mög­licherweise Von gleichem Alter. Aber man darf Nicht ver­gessen, daß die Pyramiden schließlich nur eine geordnete Steinmasse sind und ihnen kein solch' komplizierter Plan zugrunde liegt wie dem Brunnen von Abydos.Wenn wir wirklich hier das älteste erhaltene ägyptische Gebäude vor uns haben", meint Professor Naville,so ist es gewiß seltsam, daß es weder ein Tempel noch ein Grabmal ist, sondern ein Becken, ein Wasserkunstwerk. Das zeigt jedenfalls, daß die «lten Aeghpter mit. dem Wesen des unterirdischen Wasser Wohl vertraut waren, und di« Gesetze genau kannten, die sein Stei­gen und Fallen begründeten." Es ist anzunehmen, daß dieses Wasserbecken in irgend einem Zusammenhang mit dem Kult des Orisis, desHerrn der Westlichen" stand. Die Zellen zu seinen beiden Seiten sind wahrscheinlich jene, die sich in dem Buch der Toten finden. Es ist also möglich, daß den Wassern ein Brunnen von Abydos Heilkraft zuge­schrieben wurde und daß gläubige Kranke von allen Teilen des Landes ihre Schritte hicrherlenkten, um Heilung zu suchen. Es ist auch anzunehmen, daß das Boot des Orisis zu Zeiten auf der Oberfläche des Beckens trieb, indem die Priester es auf den Leinpfaden durch Taue vorwärtszogen. Denn die S-onnrnbarke, wie sie in den Gräbern der Könige darge­stellt ist, treibt immer 'am Ende eines Taues.

Amerikanische Feuerwehrmädchen.

Die weibliche Feuerwehr der Mädchenschule in Wel- lesley (Massachusetts) hat vor einigen Tagen durch ihr tapferes und entschlossenes Eingreifen 410 ihrer Kamera­den das Leben gerettet und großen Schaden glücklich ab- gewendet: In diesem College, das als eine der vornehmsten ,und bekanntesten Mädchenschulen der Vereinigten Staaten gilt, brach am 17. d. M. um halb 6 Uhr früh Plötzlich ein Großfeuer aus, das das Hauptgebäude, ein fünfstöcki­ges Haus von 400 Fuß Länge, zerstörte. 410 der jangen Studentinnen schliefen hier, und viele von ihnen wären wohl nicht zu retten gewesen, hätte nicht die freiwillige Feuerwehr des Instituts, zu der auch viele Millionärs­töchter gehören, ihre Pflicht in vollem Maße getan. Die tapferen Mädchen waren aus ihrem Posten, rüttelten die Gefährtinnen aus dem Schlafe und setzten durch, daß das ganze Gebäude innerhalb drei Minuten geräumt war. Dann hielten sie mit Feuerspritzen das Feuer so im Zaum, daß es nicht weiter um sich greifen konnte, bis die städtische Feuerwehr eingriff. Der Schaden blieb so auf das eine Gebäude, beschränkt, doch wird er immerhin auf vier Mil­lionen Mark geschätzt.

Die Frau Bürgermeister, die ihren Gatten ver­haften läßt

Ein schönes Beispiel von Pflichterfüllung stellte kürz­lich die Stadtmutter von Troutdale im amerikanische« Bundesstaate Oregon auf. Sie darf sich des Vorzugs rüh­men, die einzige Frau des Staates zu sein, die man der Ehre, das hohe Amt des Staatsoberhaupts zu verwalten, für würdig befunden hat. Sie zeigte sich der Auszeichnung auch durchaus wert, indem sie ihren eigenen Gemahl auf die Anklage, daß er durch den Verkauf alkoholischer Ge­tränke die Jugend verderbe, verhaften ließ. Der von seiner besseren Hälfte so schwer geprü le Gatte kann zu seiner Entschuldigung darauf Hinweisen, daß er als Weinhändler in Erfüllung seiner Berufspflicht seine Kunden nicht zum Genüsse von Mineralwasser zwingen kann. Aber Frau Larsen, so heißt die pflichtgetreue Hüterin des Gesetzes im Staate Oregon läßt diesen Einwand nicht gelten, sondern erhebt die Beschuldigung, daß der Gatte nachgewiesener­maßen jungen Leuten von 1520 Jahren Getränke ver­abfolgt und damit für das Familienleben Gefabren her­aufbeschworen hat, die sich in beklagenswerten häuslichen Szenen äußerten und Anlaß zu öffentlichem Aergernis ge­geben haben.

Was die Schweiz au fremde» Automobilisten verdient

Trotz aller Plackereien, denen die die Schweiz be­suchenden Automobilisten in manchen Kantonen ausgesetzt find, ist die Zahl der Auslandsreisenden, die in ihren eig­

enen Kraftwogen die Schweiz besuchen, in stetiger Zunahme begriffen. Nach einer eben veröffentlichten amtlichen Sta­tistik betrug die Zahl der fremden Automobile, die im Jahre 1913 die Schweizer Grenze passierten, 10 542, während die Vergleichszahlen in den beiden vorangegangenen Jahren 8 766 und 7003 ausweisen. Wenn man für jeden Wagen im Durchschnitt eine Besetzung von 5 Personen annimmt, die mindestens 10 Tage im Lande verweilen und pro Tag 20 Mark verbrauchen, so erhält man eine Mtnimalsumme von 2V- Millionen Mark, die von den ausländiichen Auto­mobilisten während der Sommersaison im Lande ausgegeben wild. Aber man macht sich kaum einer Uebertreibung schuldig, wenn man den wirklichen Gewinn, den die Schweiz aus vem Sommerverkehr der ausländischen Automobilbe- sucher emheimst, auf die doppelte Summe veranschlagt.

Wie Roofevelt einen Jndenhetzer behandelte.

Als Theodore Roosevelt noch Polizeikommissar von Neuyork war, kam derberühmte" Antisemit Rektor Ahl- wardt dorthin, um einen Kreuzzug gegen die Juden zu predigen. Viele der Neuyorker Juden gerieten darüber in große Aufregung und ersuchten Roosevelt, ihn am Reden zu verhindern und ihm keinen Polizeischutz zu gewähre«. Das war aber", erzählt Roosevelt in seinen jüngst er­schienenen Lebenserinnerungen,ein Ding der Unmöglich­keit und erschien überdies nicht einmal wünschenswert, weil es ihn zum Märtyrer gemacht hätte. Das einzig Richtige war, ihn lächerlich zu machen. Dementsprechend komman­dierte ich zu seinem Schutz einen jüdischen Wachtmeister und ein paar Dutzend jüdischer Polizisten. Er hielt seine Rede gegen die Juden also unter dem tatsächlichen Schutz von einigen vierzig Polizisten, die alle miteinander Juden waren! Es war die wirkungsvollste Antwort, die unter den Umständen möglich war. Ueberdies war es eine Muster­lektion für unser Volk, das vor allem lernen muß, daß eS keine Trennung durch Klassenhaß geben darf, mag dieser Haß nun der eines Glaubens gegen einen andern, einer Nationalität gegen eine andere, einer Parteigruppe gegen die andere, eines gesellschaftlichen oder industriellen Standes gegen einen andern sein. Immer müssen wir jeden einzel­nen nach seinem Verhalten und seinen Verdiensten beur­teilen und nicht nach seiner Zugehörigkeit zu einem Stande, mag dieser Stand aus sozialen, theologischen oder industri­ellen Erwägungen beruhen."

Alefsaudro Stradellas Liebesabenteuer.

Der Sänger, Dichter und Komponist Alessandro Stradella, den Flotow zum Helden seiner bekannten Oper gemacht hat, hatte ein an Abenteuern überreiches Leben, das selbst in dem Italien des 17. Jahrhunderts nicht seines­gleichen findet. Das Unglück dieses Lebensromans ergibt sich aus der Tatsache, daß der vergötterte Komponist gar zu sehr von den Frauen geliebt wurde. Als blutjunger Mann wurde Stradella bereits durch die Verfolgung eines Nebenbuhlers zur Flucht von Neapel nach Rom gezwungen. Aber auch hier war seines Bleibens nicht lange, da er sich den Haß des Kardinals Cibo zugezogen hatte, weil er einen Neffen zur Heirat mit einer Kurtisane beredet hatte. Er entrann den Nachstellungen des Kardinals nach Venedig, wo er bald in jedem Palast eine Geliebte zählte. DaS Unglück brach herein, als ihn der Doge Contarini mit dem Musikunterricht einer seiner Geliebten betraute. Damit hatte er den Bock zum Ziergärtner bestellt, denn Stradella verfehlte nicht, sich auf der Stelle in seine schöne Schülerin zu verlieben. DaS Liebesidyfl wurde von dem Dogen aber nur zu bald entdeckt, und Allessandro Stradella mußte vor den Drohungen des Gewaltigen flüchten. Er nahm seine Schülerin mit aus die Reise, und das Paar stellte sich in Turin unter den Schutz der Herzogin-Regentin. Aber Contarini hatte ihren Schlupfwinkel entdeckt und hetzte seine Sbirren auf sie. Wenige Tage nach der Entdeckung überfielen zwei Bravi des Dogen Stradella in der 'Nähe des Platzes Castello in Turin. Stradella wurde verwundet, vermochte sich aber in den Palast der Herzogin-Regentin zu retten, die den verwundeten Musiker sorgsam pflegte und ihm versprach, ihm Gerechtigkeit zu verschaffen. Da sich der Gesandte Frankreichs weigerte, die beiden Banditen auszuliesern, so wandte sih die Herzogin direkt an Lud­wig XlV. Diese Intervention hatte einen sehr interessan­ten diplomatischen Notenwechsel zur Folge, verlief aber im Sande, denn den beiden Bravi war es inzwischen gelungen, sich in Sicherheit zu bringen. Ohne durch den Schaden klug geworden zu sein, stürzte, sich der Sänger sofort nach der Heilung erneut in den Strudel der Liebesabenteuer, die ihm zwei wettere Mordanschläge eintrugen. Diesen entging er zwar, wurde-aber offenstchllich ein Opfer eines dritten Anschlags. Das muß man wenigstens annehmen, da man seither von dem liebeglühenden Musiker nichts mehr gehört hat.

Hcmder und Volkswirt; Gan.

Zur Kupferung der Reben.

Ter Behauptung von Professor Endriß in Jägers Mo­natsblatt, daß unsere Reben durch die Kupferkalkbrühe vergiftet würden, tritt Professor Dr. Meißner durch folgende Fest­stellung entgegen:Stellt man Blindhölzer verschiedener Rebforten, die aus schon seit Jahrzehnten gekupferten Wein­bergen stammen, m künstliche Nährlösungen, denen man zwer- .prozontige wässrige Kupferkalkbrühe in steigenden Mengen (1/100, 1/50, 1/10, 1/2 und 1 Proz.) hinzugefügt hat, so treiben diese Reven nach einiger Zeit aus und bilden normale junge Trieb«, Gescheine mW grüne Blätter. Stellt mau aber die Reben sogar in eine zweiprozentige wässrige Kupfer- kalkbrühe, wie wir sie zum Spritzen unserer Reben anwen- den, und gibt dieser Kupferkalkbrühe noch Nährsalze in der Art und Menge, wie sie etwa im Bodenwasser des Wein­bergs Vorkommen, so beginnt ebenfalls nach einiger Zeit die Entwicklung der Reben, und es bilden sich auch an ihnen nor­male Triebe, Blätter usw. Wo bleibt da die Giftwirkung der Kupserkalkbrühe? Sv behandelte und gewachsene Reben stehe» petzt an den Fenstern der Versuchsanstalt in Weinsberg und können von jedermann besichtigt werden. Man denke: eine zweiprozentige Kalkbrühe. Das macht aus jeden Kubikmeter Weinbergsbooen 20 Kilo Kupfervitriol! Das reinste Kupfer­bergwerk, und doch das freudig« Wachstum der schon Jahre hindurch gekupferten Reben im Trieb, in den Gescheinen und m den Blättern! Jedes weitere Wort ist überflüssig."

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Herrenberg, 27. März. (Besitzwechsel.) Apotheker Ruost bertaufte feine Apotheke und das chemisch« Laboratorium am Marktplatz an Dr. Giere aus Magdeburg um 173000 M.