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mkt Erzähler vom Schwarzwal-.
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Amtsblatt für die Stadt Wildbad.
Verkündigungsblatt
der ttgl. Forltämter lvildbad, Meistern, Enzklösterle rc. während der Saison «it
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Nr. 253
Mittwoch, den SS. Oktober 1S»3
30. Jahrg.
Der Grotzblork in Bade».
Tie badischen Wahlen haben gezeigt, daß es auch beim direbicn, gleichen und geheimen Wahlrecht möglich ist, mit einigem Erfolg den Willen der Wähler zu fälschen. Mail braucht dazu nur ein hohes Maß von Skrupellosigkeit und einen zum blinden Gehorsam geschulten Anhang. Tic Mehrheit des badischen Volks l>at sich bekanntlich am 21. Oktober für die Parteien der Linken ausgesprochen. Nach den endgültigen Ziffern erhielten Nationalliberale, Bolkspartei und Sozialdemokraten zi*- zusammen 185184 Stimmen; das Zentrum und seine SMrvPttäger 148127. Tie Mehrheit der Linken betrug also 37 000 Stimmen, wozu sich die beträchtliche Zahl von Wahlsäumigen freiheitlicher Richtung gesellt, die zu Hanse geblieben sind, iveil sie die Gefahr eines reaktionären Erfolgs unterschützten. Trotz dieser starken Mehrheit der Linken konnte das Zentrum hoffen, die Herrschaft im Landtag und im Land zu erlangen, wenn es gelang, den sogenannten Groß block für den zweiten Wnhlgan g zu verhindern. Bei dem ersten Mahlgang war es ja auch so schön geglückt, durch Erregung van Eifersüchteleien und durch einen gut gemimten Sozialistenkoller da und dort Absplitterungen zu erzielen und einen Keil in die Reihen der Linken zu treiben. Noch ein paar kräftige Hammerschläge und Herr Wacker, Marschall Rückwärts von Baden, durfte hoffen, dem badischen Volk, dessen große Mehrheit auf freiheitlichem Boden steht, das reaktionäre Joch! aufzuzwingen.
Aber gerade der verhältnismäßig große Erfolg der Waäier-Taktik des Auseinanderlvbens der Gegner hat dazu geführt, daß für den zweiten Wahlgang ein Zusammengehen der Linken erreicht wurde, das die Aussicht eröffnet, Sag die Linke eine wenn auch schwache Mehrheit im Landtag erhält. Nur in drei Wahlkreisen soll der Kampf zwischen den Parteien der Linken durchgefochten werden, veil dort eine Gefahr nicht besteht, daß ein reaktionärer Kandidat gewählt wird. Es handelt sich um Mrlsruhe- Üand und Weinheim-Mannheim, wo die Rechte den Ausschlag zwischen Nationalliberalen und Sozialdemokraten zu geben hat. Es wird sich zeigen, ob die Zentrumsparoke. daß die Nativnalliberalen gegen die Sozialdemokraten zu unterstützen seien, auch jetzt noch, wo die Spekulation ani die Zerstörung des Blocks zunichte wurde, aufrecht erhalten wird oder ob es das Zentrum wieder einmal inil der Unterstützung der Sozialdemokraten versucht. Das Zentrum würde das Gebäude skrupelloser Staats-
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kirnst, die alles für die Macht gibt und nichts für Grund
sätze, krönen, wenn cs nach einem Wahlkampf terroristischer Sozralistenhetze und prahlerischer Staatsretterei die Zahl der sozialdemokratischen Sitze vermehren Hülse. Ter dritte Wahlkreis, der nicht in das Abkommen einbezogen ist, Mannheim HI, wurde bisher von dem volksparteilichen Stadtrat Vogel vertreten, der an Stimmenzahl etwas hinter dem Nationalliberalen zurücksteht, aber gute Aussicht hat, gewählt zu werden, da ihm voraussichtlich die sozialdemokratischen Stimmen Zufällen werden. Man hat anscheinend den Mannheimer Nationalliberalen den Rücktritt von der Kandidatur nicht znmuten wollen, weil sie ihr bisheriges Mannheimer Mandat verloren haben und im Fall der Wahl Vogels unvertreten blieben.
Bon den übrigen volksparteilichen Kandidaten erhalten die Unterstützung der gesamten Linken: Venedey, dessen Wahl i'n Konstanz gesichert ist, Hummel, der voraussichtlich in Triberg wieder gewählt wird, Massa, dessen Wahl in Lahr-Stadt ohne Gegenkandidaten erfolgen wird, und Gönner, der den vierten Karlsruher Wahlkreis ohne ernsten Gegenkandidaten gewinnt, da die Sozialdemokraten ihre Kandidatur zurückziehen. Die Bolks- partn dart danach hoffen, durch sechs Abgeordnete im Karlsruher Ständehaus vertreten zu sein.
Tie Sozialdemokraten werden von den Liberalen unterstützt: im zweiten Freiburger Wahlkreis, in dem das Zentrum einen beträchtlichen Vorsprung hat, der aber leicht emzuholen ist, in Bruchsal-Tnrlach, das der bisherige sozialdemokratische Abg. Kurz behalten wird, in Schwetzingen, wo der Sozialdemokrat Kahn sicher wieder gewählt wird und in Mannheim-Land, das dem Sozialdemokraten Bechtold zufällt. Lörrach-Stadt wird der Sozialdemokrat Rösch ohne Gegenkandidaten erhalten. Mit den im ersten Wahlgarrg 9 gewählten Sozialdemokraten wird die Partei voraussichtlich auf 14 Mann kommen. Tie Nationalliberalen, die im ersten Wahlgang 9 Mandate erhielten, werden mit Hilfe der Sozialdemokraten die Wahlkreise Schopfheim-Schönau, Freiburg III, Baden-Stadt und Heidelberg-Stadt be- hanpten'ftind können, wenn energisch gearbeitet wird, auch aus Donaueschingen, Freiburg-Land, Bretten-Bruchsal und Sinsheim rechnen, sodaß sie auf 19 Mandate kämen falls Karlsruhe-Land und Weinheim ihnen zufallen.
Tie kurze Zeit, die noch! bis zu den Stichwahlen vergeht, muh dazu ausgenutzt werden, der Wählerschaft die Gefahr einer reaktionären Mehrheit und die bedenkenlose Unehrlichkeit der Wacker-Taktik, die von Wahl zu Wahl ihre Mittel wechselt und nur in dem Ziel
der Etablierung einer klerikal-reaktionären Herrschaft konsequent bleibt, eindringlich zu schildern. Wenn das geschieht, wird der Großblock zum dritten Mal seine Schuldigkeit tun.
Die Erledigung der -raunschweigischen Frage.
ckt. Berlin, 27. Oktober.
Gestern nachmittag ist der Bund es rat zur Erledigung der braunschweigischen Frage zusammengetreten, nachdem am Vormittag bereits der zuständige Ausschuß getagt batte. Äls in der Plenarsitzung der Vertreter der braunschweigisch-lüneburgischen Regierung, Staats minister Hartwig, unter Vorlegung der Verzicht urkunde davon Mitteilung gemacht hatte, daß der Herzog von Cu mb erlaub aus den Thron Braunschweig verzichtet habe, beschloß der Bundesrat einstimmig, den: Antrag Preußen wegen der Thronfolge Braunschweigs zuzustimmen Tiefer Antrag geht dahin, auszusprechen, „daß die Regierung Seiner königlichen Hwh-eit des Prinzen Ernst August, Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg in Braunschweig im Hinblick auf die inzwischen eingetretene Veränderung der Sach- und Rechtslage mit den Grundprinzipien der Bündnisverträge und der Reichs- versassung vereinbar sein würde."
Tamit ist die definitive Entscheidung in der braunschweigischen Frage gefallen; denn nach der Reichsverfassung steht dem Reichstag ein Mitwirkungsrecht aus diesem Gebier nicht zu. Sie ist so gefallen, wie zu erwarten war; nack-dem die in erster Linie beteiligte preußische Regierung ihren Widerstand gegen die Zulassung eines Welfen zur Regierung in Braunschweig aufgegeben hatte, wäre es für die übrigen Bundesregierungen schwer gewesen, preußischer zu sein als Preußen. Ganz abgesehen aber von dem hier sich wieder einmal offenbarenden Schwergewicht des preußischen Einflusses im Bundesrat hatte sich auch in der Oeffentlichkeit in der letzten Zeit das Gefühl mehr und mehr verbreitet, daß nach der Entwicklung der Tinge kaum etwas anderes als die Zulassung des Prinzen übrig blieb, und dies Gefühl war auch in hie Kreise derer gedrungen, die noch vor kurzem eine aktivere Opposition versucht hatten. Aufgabe des neuen Herzogs wird es jetzt sein, die vielfachen Besorgnisse, die sich an die Aushebung des Bundesratsbeschlüsses von 1907 knüpfen, durch sein praktisches Verhalten zu zerstreuen.
So die Rosen in Sommertagen Wie das Herze im engen Schrein:
Beide brauchen zum Rnospeniragen Sergende Hand und Sonnenschein.
Helene von Goetzendorsf-Grabowski.
Ein Rekrut von Anno 13.
Bon Erckmann Chatrian.
Autorisierte llebersetznng von Ludwig Pfau.
62 ^Nachdruck verboten.;
Ich konnte mir nicht denken, daß er von dem alten Wirte zu den „drei Rosen", gegenüber von der Jnfanterie- kaserne, spreche, und ich fragte ihn:
„War das ein Priester, Herr Gulden?"
„Nein, nein," erwiderte er lächelnd, „ich rede vom alten M>in. Im Jahre 1792, als wir den Klub in der Kirche Wien, konnte jedermann predigen, aber Lolin sprach am «esten. Er hatte eine prächtige Stimme und sagte starke, aber wahre Dinge; man kam von Zabern, Saarburg und elbst Wetter her, um ihn zu hören; die Frauen und Frauen — Bürgerinnen hießen sie damals — füllten den ^hor, dtt Emporkirche und die Bänke; sie hatten kleine «»tarden an den Mützen und sangen die Marseillaise, um bie Jugend anzufeuern. Du hast nie so etwas gesehen. Md Anne Klein, die Mutter Baltzer, alle welche da vor Ms hergehen mit ihren Gebetbüchern, waren die ersten; aber harten damals noch Zähne und Haare; sie liebten, die Vielheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Ha! Ha! Ha! Arme Bbeh armes Anneli — jetzt reut sicks; es waren üLvi- zens Me Patriotinnen, und ich glaube, der gute Gott >°>rd s ihnen verzeihen . . ."
Er lachte beim Gedanken an diese alten Geschichten.
OM auf dm Kirchstaffel wurde er traurig und sagte. ,^."Ja, ja, — alles verändert sich ... alles verändert N'. IG weiß noch, daß an dem Tage, an welchem Co- Vaterland in Gefahr erklärte, anno 1793, drei- junge Männer aus unserer Gegend zu Hoche's . abgingen; er zog mit und wurde ihr Kommandant, -wk' war schrecklich anzusehen inmitten seiner Gre-
l MMe, Er verweigerte seine Unterschrift, als es sich da- "belte, Bonaparte zum Kaiser zu ernennen. Jetzt Merm er Schnaps am Schenktisch ein."
"".sah er mich an, wie erstaunt über leine eigenen Aorre, und sagte:
„Laß uns hineingehen, Joseph."
Wir traten unter die großen Pfeiler der Orgel- Wir standen hart aneinander. Er sagte nichts mHr. Einige Lichter strahlten im Hintergrund des Chors, über den Köpfen Das Auf- und Niederklappen der Bänke unterbrach allein die Stille. Das dauerte wohl zehn Minuten, fortwährend kamen Leute hinter uns herein. Endlich hörte man Sirou's Hellebarde aus dem Steinboden rasseln, und Herr Gulden sagte zu mir:
„Da ist er."
Ein Licht über dem Weihkessel gab uns ein wenig Helle. Zu gleicher Zeit bestieg eine dunkle Gestalt die Kanzel zur Linken und Kökli zündete mit einer Stange zwei oder drei Wachskerzen zur Beleuchtung derselben an. — Ter Predige: mochte ungefähr fünfundzwanzig bis dreißig Jahre alt sein; er hatte ein angenehm rosiges Gesicht und langes blondes Haar um die Tonsur, welches ihm in Locken aus den Nacken fiel.
Man fing mit einem Kirchengesang an; die jungen Damen der Stadt sangen: „O welch ein Glück, ein Christ zu sein!" Hierauf sagte der Prediger auf seiner Kanzel, er wolle den Glauben, die Religion, das göttliche Recht Ludwigs XVI. verteidigen und fragte, ob jemand die Kühnheit habe, für das Gegenteil cinzutreten. Niemand aoer hatte Lust, sich steinigen zu lassen; alles schwieg. Ta erhob sich ans der vorderen Bank ein sechs Fuß langer, ma- oerer brauner Mann in schwarzem Mantel und rief:
„Ich — ich behaupte, daß der Glaub«, die Religion, das Recht der Könige und all das reine Märchen sind. — Ich behaupte, die Republik ist das Wahre, der Vernunft glaube steht höher denn alles! . . ."
,So ging's fort. Die Leute waren entrüstet; so etwas war noch nicht vorgekommen. Als er geendigt hatte, sah ich Herrn Gulden an; er lachte still vor sich hin und tagte zu mir:
„Hör doch! hör!"
Narürlich hörte ich zu: der junge Prediger betete zu Gott für den Abtrünnigen; und fing dann an, so gut zu sprechen, Saß die Menge darüber in Entzücken geriet. Ter Lange entgegnete: „Man habe wohl daran getan, Ludwig XVI. zu guillotinieren, samt Marie Antoinette und der ganzen Sippschaft." Tie Entrüstung nahm immer mehr zu, und zuletzt wollten die Söldner vom Eichtvald und besonders ihre Weiber in die Bank hineindringen, um ihn jotzuschlagen. Äber da kam Airou und ries:
„Platz! - Matz!"
Und der alte Kökli in seinem roten Rock stürzte herbei, stellte sich vor den Mann, welcher sich in die Sakristei rettete und mit ausgcstreckten Armen ansrief, er lei bekehrt uno entsage dem Teufel, und all seinen gottlosen Werken und Wesen. Ter andere sprach ein Gebet für die Seele dieses Sünders; es war ein wahrer Triumph für die Religion. Alles verließ gegen elf Uhr die Kirche, und man verkündigte, daß die Prozession am Morgenden Sonntag stattfinden werde.
La wir wegen des großen Gedränges in eine Ecke gedrückt waren, blieben Herr Gulden und ich bis Zuletzt; als wir hinausgingen, waren die Bauern von Vierwinden, von Saint-Jean-des-Choux und von Bigelberg schon zum deutschen Tor hinaus; man hörte nur die Hüben der Stadt- levte schließen und einige alte Weiber me Arsenalstraße hinaufgehen, welche diese außerordentlichen Tinge untereinander besprachen.
Vater Gulden und ich ginge» schweigend unseres Wegs; ec sagte nichts und lächelte vor sich hin. So kamen wir aus unser Zimmer.
Ich zündete das Licht an uyd während er sich auskleidete sagte ich:
„Nun, Herr Gulden, predigen sie gut?"
„Ja, ja doch, Joseph," erwiderte er lächelnd; „für junge Leute, welche noch nichts gesehen haben, ist es nicht übet."
Tann lachte er laut und fuhr fort:
„Aber, wäre es der alte Colin gewesen, der hier den Jakobiner gespielt, glaub ich, der hätte den jungen Mann schrecklich in Verlegenheit gebracht."
Ich war Hierüper sehr erstauitt. Und während ich aus die wettere Auseinandeffetzung Vater Guldens wartete, zog er langsam seine seidene Zipfelkappe über die Ohren und sagte nachdenklich:
„Das ist mir eins . . . das ist mir eins . . . Diese Leute gehen zu rasch vorwärts . . . viel zu rasch! Ich glaube nun und nimmermehr, daß Ludwig XVI. von all dem Kenntnis hat . . . Nein, er hat zu viel in seinem Leben gesehen, um die Menschen nicht besser zu kennen. Gute Nacht, Joseph, gute Nacht! Hoffentlich kommt balo ein Befehl aus Paris, welcher die, jungen Leute in ihr Seminar heimschickt. Gute Nacht!"
Ich ging in mchn Zimmer, legte mich zu Bett und- sachte lange an Kathrine, an den Jako-iner und an die, Prozession, die uns bevorstand.
Fortsetzung folgt.