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mit Erzähler vom Achwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt wildbad.
Verkündigungsblatt
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Freitag den 5. September 1Sl3.
»0. Jahrg.
Krautjunker und Schlotbarone.
Sie haben sich wieder gefunden, die Krautjunker und die Schlotbarone, wie jedesmal, wenn es auf die Bewilligung von Zöllen und den Abschluß neuer Handelsverträge zugeht. Seit langem haben Schwerindustrie und Großgrundbes itz eine Versicherung auf Gegenseitigkeit, bei der die Konsumenten im Deutschen Reich jahraus, jahrein die Versicherungsprämie bezahlen. -Sind dann die Zölle und die Handelsverträge wieder auf eure Reihe von Jahren in der gewünschten Form sestgelegt, dann kann man sich ja auch wieder in aller Freundschaft ein bischen befehden, bis zur nächsten Zolltarifvorlage. Das Kuppelauartier, in dem sich Großindustrie und Groß?- grundbesitz diesmal fanden, stellte die Reichsdeutsche M i t t e l fta n d L v e r e i n i g u n g auf ihrer diesjährigen Leivziger Jabresverfammlung zur Verfügung. Diese Reichsdeutsche Miltelflandsvereinigung ist nichts anderes als eine Filiale der konservativen Partei für reaktionär gesinnte Handwerker und Gewerbetreibende und cs ist deshalb nicht verwunderlich, daß gerade da je ein Vertreter des Bundes der Landwirte und des Zentralverbandes Deutscher Industrieller ihre Interessengemeinschaft für Zolltarif und Handelsverträge proklamierten. Das Band zwischen beiden stellt aber nicht die reichsdeutsche Mittelstandsvereiniguug dar, dazu ist ihr wirtschaftlicher und politischer Einfluß zu unbedeutend, sie ist, wie gesagt, nur die Gelegenheitsmacherin für die beiden ,.Großen", mitzureden hat sie dann nicht mehr. Es ist eine elementare Gewalt, die Großindustrie und Großgrundbesitz Fu einander zieht: das gemeinsame Interesse au der Ausbeutung des gesamten übrigen deutschen Volkes, dem sie zur Bekräftigung des Schlagworts vom Schütz der nationalen Arbeit ihre Produkte teurer als dem Auslande verkaufen.
Das Erbärmlichste bei dieser Jnteressenpolitik ist, daß ihre Vertreter sich nicht offen zu ihr bekennen. Wie schon der Name „Zentralverbaud Deutscher Industrieller" besagt, bestrebt sich dieser Verband, die ganze deutsche Industrie in ferner Organisation zu vereinigen. Früher galt auch der Zentralverbaud der Regierung gegenüber als die Vertretung der gesamten deutschen Industrie, allerdings s ehr^ zum Schaden der verarbeitenden Industrie, die auf den Export angewiesen ist. Ihr verteuerte man durch Zölle die Rohmaterialien und die Lebensbedürfnisse für die Arbeiter, so daß diese durch
höhere Lohnforderungen wieder die Exportmöglichkeiten verminderten, ganz abgesehen von den direkten Repressalien, die das Ausland infolge der fortwährenden deutschen Zollsteigerungen übte. Gegen diese Politik des „Zentralverbands Deutscher Industrieller" lehnten sich immer weitere Kreise der Industrie auf und schließlich kam es zu einem großen Abfall vom Zentralverband und zur Gründung des „Bundes Deutscher Industrieller", der sich wirklich der Vertretung der industriellen Interessen gegen das Großgrundbcsitzertum annahm. Auch der Han- fab und machte dann den Versuch, Gewerbe, Industrie und Handel züsammenzufassen. Anfangs taten die im Zentralverband' organisierten Herren der Schwerindustrie mit, als aber dieser allen Ernstes gegen das agrarische Junkertum Front machte und nicht bloß Spiegelfechterei trieb, da taten die Schlotbarone nicht mehr mit und traten aus dem Hansabund aus. Nachdem sie sich jetzt dem Junkertum wieder in die Arme geworfen haben, weiß man, warum sie das getan haben. Viele Industrielle, die innerlich nichts mit der Politik des Zentralverbands gemein haben wollten, sind diesem aus alter Anhänglichkeit treu geblieben. Wenn ihnen das neueste Verhallen seiner Leitung nicht die Augen geöffnet hat, dann dürfen sie sich auch später nicht beschweren, wenn sie mit der Zeche bezahlen müssen, falls es den Machern des Zentralverbauds und des Bundes der Landwirte gelingen sollte, die Zollschraube abermals fester anzuziehen. Dasselbe gilt auch für jene kleinen und mittleren Landwirte, Handwerker und Gewerbetreibende, die sich vom Bund der Landwirte und den Konservativen ködern lassen. Auch sie dürfen sich nicht beschweren, wenn sie der Reaktion Vorschub leisten und dann von dieser enttäuscht werden. Wem jetzt noch nicht durch die Politik der Krautjunker und Schlotbarone die Augen geöffnet wurden, dem ist einfach nicht mehr zu helfen.
Die neue» Steuern.
Im „Hansabund" hat der Abg. Payer zwei Artikel veröffentlicht, in denen er die Wirkung der neuen Reichs steuern auf Handel und Industrie erörtert. Er äußert sich darin über die Vorteile und Nachteile der einzelnen Steuern und teilt die Gründe mit, die die Kompromißparteieu ber ihrem Vorgehen bestimmt haben.
Speziell die Vermögenszuwachssteuer nimmt er gegen manche Vorwürfe in Schutz; er meint, die Steuer sei nicht ungerechter, als es Besitzsteuern im allgemeinen sind, und der Trost bleibe immer: „Sollten sich ernstliche Mißstände bei ihrer Erhebung Herausstellen, oder wären von neuem größere Steuerbcträge aufuzbringen, so wäre es formell eine Kleinigkeit, aus die allgemeine Reichsvermögenssteuer überzugehen." Besonderen Wert legt Payer mit Recht auf die Aufhebung des Scheckstempels, an der lediglich das eine zu bedauern ist, daß das Gesetz sie erst kür den 31. Dezember 1616 vorsieht. „Ob die sofortige Abschaffung des Stempels", so meint er, „im kommenden Winter, namentlich mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Ertrages, nicht doch noch nachträglich durchzusetzen wäre, wird wohl davon abhängen, welche Erträge der Wehrbeitrag ergeben wird, aber auch davon, ob die Handelskammern und sonstigen offiziellen Vertretungen sich entschließen könnten, planmäßig für die sofortige Aufhebung einzutreteu." Ueberhaupt hofft Payer, daß die Lehren der letzten Monate an Handel und Industrie nicht ohne Eindruck Vorubergehen werden:
Handel und Industrie müssen sich darüber klar sein, daß in großen und einflußreichen Kreisen der Bevölkerung und Volksvertretung die Neigung besteht, womöglich jede Steuer, anstatt sie gerecht zu machen, einseitig zu Gunsten des Großgrundbesitzers wrd zum Nachteil von Handel und Industrie zu gestalten. Es ist diesmal nicht ganz gelungen, das zu verhindern. Ob es nicht doch möglich gewesen wäre, wenn Handel und Industrie sich rechtzeitig ünd offiziell z. B. gegen die Sonderbesteuerung der Aktiengesellschaften scharf zur Wehr gesetzt hätten, ist nicht mehr festzustellen. Unwahrscheinlich ist es nicht; denn die lebhafter einsetzende Agitation gegen die Gestaltung der Gesetze im einzelnen, namentlich gegen die fehlgehenden Kommissionsbeschlüsse über die Kapitalisierung des Einkom- kommens, über die Bewertung des Grundbesitzes und über die Strafen ha: auf Volksvertretung und Regierung zweifellos Eindruck gemacht und gewirkt.
„Im übrigen sollte man", damit schließt Payer, „über der Kritik einzelner Bestimmungen und über der Verstimmung darüber, daß die Tinge nicht gerade so gegangen sind, wie man es sich 'vorgestellt hatte, die Hauptsache nicht vergessen: zum erstenmal haben wir eine Reichssteuer geschaffen, die trotz mancher Fehler im einzelnen aus gerechter Grundlage den Besitz unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des einzelnen erfaßt, und zum er-
Ein Rekrut von Nuuo 13.
Von Erckmann Chatrian.
Autorisierte Uebersetzung von Ludwig Pfau.
26) sNachdruck verboten.)
Fast im nämlichen Augenblicke erschienen mehrere Offiziere, welche dem Hauptmann lachend die Hand drückten: nachdem sie uns betrachtet, wurde Appell gehalten, und jeder von uns bekam ein Stück Brot und einen Quartierzettel. Dann kündigte man uns an, daß am nächsten Morgen um acht Uhr Appel zur Austeilung der Waffen stattfände, und kommandierte: , Einaerückt!" woraus die Offiziere mit einander in rin großes Cafe gingen, zu welchem, gleich in der Straße links, eine hohe Steintreppe emporsührte.
Aber wohin sollten nun wir uns mit unfern Zetteln wenden, mitten in einer solchen Stadt: zumal die Italiener, welche weder deutsch noch französisch kannten?
Mein erster Gedanke war, bei der Marketenderin unter dem Schirm vorzusprechen. Es war eine alte, dicke Elsässerin, und als ich sie fragte, wo die Kapuzinergas sc zu finden sei, antwortete sie:
„Was bezahlst du?"
Ich war genötigt, ein Gläschen Branntwein mit ihr zu nehmen, worauf sie mir sagte:
„Schau, gerade uns gegenüber, um die xechte Ecke herum, findest du die Kapuzinergasse. Gute Nacht, Rekrut."
Und sie lachte.
Ter große Fürst wie auch Zebcdäus hatten gleichfalls Zettel für diese Straße, und wir begannen zusammen unsere Wanderung in der fremden Stadt.
Fürst fand, sein Haus zuerst, aber die Türe war geschlossen, und während er noch klopfte, fand ich auch das weinige, dessen beide Fenster hell erleuchtet waren. Ich drückte an die Türe, sie ging ans, und ich trat in einen Amklen Gang, in dem es recht erfreulich nach frischem Brote roch. Zebedäns mußte noch weiter.
„Ist niemand da?" rief ich in den Gang.
In demselben Augenblick erschien eine alte Frau, oben aus einer hölzernen Treppe, die Hand vor's Licht haltend.
„Was wünschen Sie?" fragte sie mich.
Ich antwortete, daß ich einen Quartierzettel für dieses .Haus habe. Sie kam herunter, sah mein Billet an und sagte aus deutsch:
„Kommen Sie!"
. Ich stieg hinter ihr die Treppe hinauf, und sah, durch klue offene Türe, zwei Männer in kurzen Hosen, nackt brs, an den Gürtel, welche vor zwei Mulden standen und
Teig kneteten. Ich war also bei einem Bäcker, und Wohl deshalb war die Alte noch nicht zur Ruhe gegangen. Si; hatte eine Haube mit schwarzen Bändern, nackte Arme bis an die Eltbogen, einen blauwollenen Rock mit Trägern; schien übrigens sehr betrübt zu sein. Sie führte mich in ein geräumiges Zimmer mit einem guten Porzellanofen und einem Bett im Hintergrund.
„Sie sind spät eingetroffen," redete die Frau mich an.
„Ja, wir sind den ganzen Tag marschiert," antwortete ich ihr mit Mühe; „ich falle vor Hunger und Müdigkeit um."
Sie richtete ihre traurigen Angen auf mich und murmelte :
„Armer Junge! Armer Junge!"
Dann mußte ich mich an den Ofen setzen, und sie fragte mich:
„Tie Füße tun Ihnen weh?"
„Ach, ja! seit drei Tagen."
„Sv ziehen Sie Ihr; Schuhe aus und fahren Si: in diese Holzpantoffel. Ich komme gleich wieder."
Sie stellte das Licht auf den Tisch und ging die Treppe hinab. Sofort warf ich Sack und Schuhe von mir; ich hatte die Füße voller Blasen und dachte: „Großer Gott, wie soll man das aushalten! Es wär' wahrhaftig besser, man wäre schon tot."
Solche Gedanken waren mir bereits auf dem Marsch gekommen; und jetzt, neben diesem guten Feuer, fühlte ich mich so elend und unglückselig, daß ich am liebsten für immer eingeschlafen wäre, trotz Kathrinens, trotz der Tanle Gretel, des Herrn Gulden, und aller, die mir wohl wollten Mein Schicksal schien mir gar zu unerträglich.
Während ich diesen Gedanken nachging, öffnete sich die Türe, und ein großer, starker Mann trat herein, der bereits anfing grau zu werden. Es war das einer von den beiden, die ich unten bei der Arbeit bemerkt hatte, nur hatte er ein Hemd angezogen und hielt einen Krug nebst zwei Gläsern in der Hand.
„Guten Abend," sagte er, indem er mich rrnst anblickte.
Tic Alte folgte ihm; sie trug einen Zuber und stellte ihn neben meinen Stuhl.
„Nehmen Sie ein Fußbad," sagte sie, „das wird Ihnen wohl tun."
So viel Güte rührte mich, und ich dachte, es gibt doch noch brave Leute in der Welt. Ich zog meine Strümpfe aus. Ta die Blasen aufgegangen waren, bluteten sie, und die gute Alte sagte wiederholt:
„Armer Junge! Armer Junge!" , , .
Der Mann fragte mich:
,,Wr sind Sie her?"
„Aus Pfalzburg in Lothringen."
„So, schön!" sagte er.
Nach einer Weile wandte er sich zu seiner Frau.
„Hol' doch einen von unfern Kuchen. Ter junge Mann soll zuerst ein Glas Mein trinken, dann mag er in Frieden schlafen, denn er ist der Ruhe bedürftig."
Dabei rückte er den Tisch zu mir her, so daß ich dis Füße in der Badewanne behielt, während ich den Krug vor mir hatte. Tann füllte er unsere Gläser mit einem guten weißen Wein und sagte:
„Aus Ihre Gesundheit!"
Die Mutter war inzwischen hinansgegangen. Sie kehrte mit einem großen, noch heißen Kuchen zurück, auf dem geschmolzen: Butter schwamm. Erst jetzt spürte ich, was für einen Hunger ich hatte; fast wurde mir unwohl. Tie guten Leute schienen es zu merken, denn die Frau sagte:
„Bevor Sie essen, müssen Sie aber die Füße aus dem Wasser tun."
Und ehe ich ihre Absicht verstand, bückte sie sich unv trocknete mir die Füße mit ihrer Schürze ab.
„Mein Gott!" rief ich, fest erschrocken, „Sie behandeln mich ja wie Ihr eigenes Kind!"
Nach einem Augenblick antwortete sie:
„Wir haben einen Sohn bei her Armee."
Ich hörte, daß ihre Stimme zitterte, als sie das sagte, und mein Herz schluchzte innerlich: ich gedachte Kathrinens, der Tante Gretel, und ich konnte kein Wort Hervorbringen.
„Essen ^ie und trinken Sie," fiel der Mann ein, indem er den Kuchen zerschnitt.
Das tat ich denn auch mit einer Befriedigung, wie ich sie in meinem Leben nicht empfunden hatte. Als ich fertig war, stand der Mann auf und sagte:
„Ja, wir haben einen Sohn bei der Armee; er ist im vorigen Jahre mit nach Rußland gezogen, und seit jener Zeit haben wir keine Nachricht mehr von ihm . . . Diese Kriege sind schrecklich!"
Er sprach wie mit sich selbst, indem er die Atube aus und ab ging, die Hände aus dem Rücken. Mir fielen dir Augen zu.
„Guie Nacht!" sagte der Mann plötzlich, indem er hinausging.
Ti Frau folgte ihm, indem sie die Badewanne wegrrug.
„Schönen Tank", rief ich ihnen nach, „und möge der Himmel Ihnen den Sohn wiedergebcn."
Worauf ich mich auszog, zu Bett ging und alsbgM in einen totenähnlichen Schlaf fiel. ^