LokaleS.
* Wildbad, 21. Juli.
G v d öeb en.
Der Sonntag, über dessen regenlos verlaufenen Vormittag sich die Menschheit freute und der frohe Hoffnungen auf einen unverhofften schönen Nachmittag in Sicht stellte, brachte in der Effsnsstunde eine böse Ueberraschung. Um 1 Uhr 7 Minuten wurde im ganzen Württembergs Lande ein mehr oder weniger heftiges Erdbeben verspürt, das an den Stoß in der Vormitternachtsstunde vom 16. November 1911 erinnerte. Ruckweise folgten in zunehmender Heftigkeit nacheinander rasch drei bedeutende Erschütterungen, die von einem lauten unterirdischen Rollen, etwa wie wenn am Horizont ein Eisenbahnzug über eine große Brücke oder ein schwer beladener Bierwagen vorbeifährt, verbunden war, von manchen auch wie Donnerrollen empfunden wurde. Ein bis 2 Sekunden dauerte die peinliche Wahrnehmung die zugleich von einem Schwanken der Häuser und einer lauten Erschütterung der Möbel begleitet war. Die vielen Menschen, die gerade bei Tisch saßen, sprangen erschreckt von den Stühlen auf, denn die Suppe schwankte in der Schüssel, als wenn der berühmte Sturm im Wafferglase tobte, daS Geschirr klirrte und der Wein spritzte aus dem vollen Glas. Es war ein übler Zwischengang, der da serviert wurde und haufenweise eine jähe Unterbrechung der Mahlzeit herbeiführte. Andere, die sich schon zum Tonntagnachmittagsschläfchen hingelegt hatten, wurden von dem plötzlich ächzenden und schaukelnden Lager jäh emvor gejagt. Man eilte auf die Straße, wartet bestürzt auf einen weiteren Stoß und dachte an Flucht. Andere aßen wohl auch ruhig weiter oder drehten sich auf die andere Seite, je nach Temperament. Im Tal war bei uns diesmal die Schwankung stärker als auf dem Berge.
Nach einem bei uns gestern mittag eingegangenen Telegramm ist der Hauptherd des Erdbebens wieder Tübingen Hechingen und Ebingen, doch ist auch dort kein nennenswerter Schaden zu verzeichnen. In Stuttgart wurde vom Hostheater aus Großfeuer gemeldet, durch die Erschütterung lösten sich die Feuermelder, es war also ein blinder Alarm.
Wohltätigkeits-Konzert im Kursaal. Heute abend findet im Kursaal ein Sinfonie-Konzert zugunsten des hiesigen Kinderheims „Herrnhilfe" unter Mitwirkung einer bedeutenden Gesangskrast, Konzertsängerin Adele Werner ans Berlin statt. Nicht nur das auserlesene Programm, worunter Arian aus Tosca (Puccini), Margarete (Gounod), Mignon (Thomas), Lieder von Beethoven und Grieg. macht einen Besuch der heutigen Veranstaltung empfehlenswert, sondern insbesondere der damit verbundene charitative, hilfsbereite Zweck zum Besten der armen Kin
der. Wer also nicht nur einen musikalisch und gesanglich sehr viel versprechenden Abend verleben will, sondern auch der Wohltätigkeit seinen ObuluS zu zollen bereit ist und damit zugleich ein gutes Werk vollbringen will, der besuche heute abend das Sinfonie-Konzert im Kursaal.
Zum Gedächtnis des SO. Geburtstages von Hermann Bahr wurde gestern im Kgl. Kurtheater „Das Konzert", ein originelles Lustspiel dieses Dichters, aufgeführt.
Zn demselben begegnen uns 2 durchaus charakteristische Gestalten: Gustav Heink, Pianist und Dr. Franz Jura, erster? der Typ eines mit allen Vorzügen und Schwächen eines modernen Musik-Künstlers ausgestatteten Menschen, letztere eine Gelehrtennatur durch und durch, eine Natur, die uns in ihrer tiefgehenden Ehrlichkeit und in gewissem Sinne weisen Selbstlosigkeit recht angenehm berührt. Beiden ist im tiefsten Herzensgründe eine fast kindliche Art und redliche Anerkennung der Vorzüge anderer eigen, Züge, die uns gefallen und anmuten. Der eheliche Konflikt, in welchen Künstler und Gelehrter geraten, löst sich zuletzt in schönste Harmonie auf.
Unsere wackere Künstlerschar bemühte sich mit reichem Erfolg, den Intentionen des Dichters gerecht zu werden. Die Verehrerinnen des „Meisters" (Pianist), die in ihrer überreizten Art sich eifersüchtig um den verheirateten Künstler schare», stellten die an diesem Abend mitwirkenden Bühnenkünstlerinnen (Frl. Wollmann. Jocobi, Nube, Paul usw) recht gut dar. Frl. Baschke war eine würdige Vertreterin ihrer Rolle. Als Frau Marie Heink wußte sie die Leiden und Mühsalen einer Künstlerfrau trefflich zum Ausdruck zu bringen, sie zeigte uns aber auch, daß tief, gründige Frauenliebe auch in den Miseren der Ehe Treue und Stand hält. In gleicher Weise gelang es Frl. Wollman den Unterschied zwischen vorübergehendem Aufwrllen de§ Herzens und echter, tiefer Frauenliebe zum Äusdruck zu bringen. Köstlich waren Herr Gildemeister als Pianist Gustav Heink und Herr Barg als Dr. Franz Jura. Auch das Ehepaar Pollinger machte uns viel Spaß (ß. O. Thieme und Frau Peppler) Alles in allem: man freute sich an diesem Abend über die Darbietungen so recht von Herzen. Sie haben uns Sonnenschein ins Gemüt gebracht, ein willkonmener Ersatz für die sonnenlosen Stunden des gestrigen, unguten Regentages.
Letzte Nachrichten.
Tübingen, 20. Juli. Der »Tchwarzwälder-Bote" meldet: Ein geriebener Gauner, der sich in Wildbad als Hauptmann ausgab und einem Juwelier, um gegen 2000 Mark Brillanten gbschwindelte, ist nach der Verhandlung vor der Strafkammer aus dem Gerichtsgebäude entflohen. Der Flüchtige isteinZahnarztTommerr u. Ha13 Jahrs abzubüßen.
Konstantinopel, SO. Juti. Die Regierung hat der Armee befohlen, Thrazien und Adrianopel zu besetzen.
Koustautinopel, 20. Juli. Die Pforte kündigt offiziell an, daß sie beschlossen habe, die Linie Mariha— Adrianopel zu besetzen.
Lissabon, 20. Juli. Die Polizei war seit mehreren Tagen davon unterrichtet worden, daß für eine der nächsten Nächte ein Angriff mit Bomben auf verschiedene Punkte Lissabons vorbereitet wurde. Heute früh begannen in der Tat einige verdächtige Automobile herumzufahren, welche angehalten wurden; in denselben fand man Körbe mit Bomben.
Soft«, 20. Juli. Zwei Divisionen türkischer Kavallerie und eine Division türkischer Infanterie sind in Lüle-BurgaS angekommen.
TonLsrl-kroKrAmm
KontNK, <!«n 2l. lnU, nüviimittNK« 4—5 tllir (-Vnlaxen)
1. Vsni, vicii, vivi, Narsok klon
2. Ouvertüre „k»näitvvstrvivbv" Nupps
3. Nein I-iebssster», Hazurk» Heins
4. Vivnsr Volksmusik, kotpourri 8obr»wM«l
5. ksimliobs Visbs, V»lrsr 8»b»tkis1
6. Kleiner 8ob»oksr, kolk» kaust
»bvncks '/'6—v»7 tlkr (Knlpiktrr)
1. öe^rsutber ke»tm»rsob Kistler
2 Ouvertüre ,,lä»rit»n»" V»I»vs
3. Vaguns»-V»Izsr 8tr»uss
4. Kbepsväis. Knwpkert
5. 8iogsrisä's kksiok»brt. Vsgnsr
^bonäs 8'/z—10 vkr im Knr-8»»l.
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/,nm Kesten ckee kerrvnlli ke. vienstnx, cken 22. luli vorm. 8—9 vbr (IrinkbLllv)
1. Ober»!: Ver nur äs» liodvn Oott lasst walten. RookIonburg-ZtrsIi/.'-mds R»tio»»Ikzrmn«.
2. Ouvertüre „Vis 4bvoesi'»gsn" Okvrubinl
3. Visnvr kresoon, V»I/.sr 8tr«u»s
4. Kseit. u. Vivä au äs» 4bsnä»tsr» aus "
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5. 8esuen aus „vor Korästern" blv^srbesr
6. vio 8vblv«sbsrrin, U»/.urIc» kaust
Druck und Verlag der Beruh. Hafmauuschen Buchdruckerei in Wildbad. — Verantwortlich: E. Reinhardt daselbst.
Wildbod.
Morgen Dienstag den 22. ds. vorm. 11 Uhr
werden im Rathaus hier 18 Rtr.
^^cltirinben
öffentlich verkauft.
Wildbad, den 21. Juli 19l3
Die Ttadtpflege.
Kcms-
Wsrkauf
Infolge Uebernahme meines elterlichen Hauses sehe ich mein in der Rathausgaffe gelegenes Wohnhaus den Verkauf aus.
Albert Bott, Dienstmann.
Eine eiserne
Uinderbettlade
mit oder ohne Rost sucht zu kaufen.
Wer? s. d. Exp, d. Bl. 108
MiMrs Mthatkr
Heute abend:
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