HR Anti-Los» von Rom-Bewegung. Anschließend daran fand «rotze Prozession mit dem Gnadenbilde statt, geführt unter Assistenz von Erzabt Schober. Unter den kirchlichen Würden­trägern tn der Prozession befanden sich Bischof Benzler-Metz und ein brasilianischer Bischof. Auch Pater Kornelius Kniel vom «erg« Sion in Jerusalem weilte zum Feste hier. Wends 9 Uhr traf Erzbischof Dr. Nörber aus Freiburg ein. Als der Zug tn den Bahnhof einlief, krachten die Böller, die Musik spielte und der ganze Ort wurde beleuchtet, es brannten 10000 Lichter und m den Hauptstraßen Hunderte von weißen, gelben und roten Kugellampions, auf den Höhen brannte bengalisches Licht. Mär­chenhaft lagen 'das Donautal uns der schmucke Wallfahrtsort ha. Mehrere Extrazüge, brachten die vielen Fremden abends heim, Hunderte konnten hier schon vor 10 Tagen kein Quartier mehr bekommen. Um'versrtätsprofeisor Dr. Schäfer schrieb eine ge­diegene Festschrift, die im Verlag desZoller" in Hechingen erscheint nnd'20 Pfennig kostet. Die Witterung war günstig, die Benron, 2. Jurn. Den höchsten Punkt der Festlichkeiten . »üb Anlaß des 50i'ährlgen Beuroner Klosterjnbi- LKums bildete heute das feierliche Potifikalamt, das der Erz­bischof "Dr N ör ö er-Freiburg Br. unter großer Assistenz ab- shielt. Ihm wohnten Fürst Wilhelm von Hohenzollern, der.Pro­tektor des Beuroner Klosters, ferner der Regierungspräsident von Hohenzollern, Graf von Brühl, Vertreter des Wels ans dem benachbarten Baden und Württemberg und die höhere Beamten­schaft von Siomnringen bei. In der Prozession vom Kloster in die Kirche besau den sich fünf Erzbischöfe bezw. Bischöfe und »lebte. Während des Pontifikalamts hielt der Bischof von Porten bürg die Festpredigt über die Bedeutung des Beuroner Klosters auf dem Gebiete des Ordenslebens, der Kunst Md Wissenschaft. Nach dem, mit der Erteilung des päpstlichen Segens beendeten Pontifikalamts, bei dem aller kirchliche Pomp !ch sie Erscheinung trar'und daS durch das kunstvolle Orgelspiel des bekannten Paters Gregor, des Gründers der Beuroner Musik­schule verherrlicht wurde, fand im schön geschmückten Refektorium de? Klosters ein Festmahl statt. Reden wurden gehalten vom jErzabt Schober, dem Fürsten Wilhelm von Hohen­zollern, und vom Erzbischof Dr. Nörber. Der Kaiser verlieh dem Erzabt Schober den Roten Udlerorden II. Kl. Hörst Wilhelm schenkte ern mit kostbaren Juwelen besetztes Brust­kreuz. Vom Kardinalstaatssekretär wurden in einem längeren Telegramm die Glückwünsche und der Segen des Papstes übermittelt.

Nab und Fern.

Der -Wirbelsturm in Plochingen. Bericht eines Augenzeugen.

Um halb 6 Uhr zogen mit Eilzugsgeschwindigkeit zwei kakifarbene Wolkeuballen auf fahlem Hintergrund, der sie begleitete, einander entgegen; die eine kam das Neckartal herauf, die andere scheinbar vom Neckartal (Köngen) herab. In dem dreigeteilten Talkessel von Plochingen, wo den Tag -über eine unverrückbare Hitzewelle gelagert hatte, stießen die gewitterschwecen Wolkenmasfen aufein­de r. Sie entluden sich unter Blitz und Donnerschlägen in gewaltigen Wassergüssen und gleichzeitig entfesselte sich «in Wirbelsturm von einer Wucht, wie sie sich der phantajievollste Naturschilderer nicht vorgestellt hätte. Von unserem Beobachtungsp-osten aus im Waldhornsaale sahen wir Ziegelplatten wie federleichte Papierschnipfel in der Luft umhersliegen; dazwischenhinein kam gelegentlich ein umfang­reicherer Gegenstand dahergeschwirrt. Dazu erfüllte die Lust ein unbeschreibliches Getöse, wie es der mit klatschendem Regen vermischte Sturm, der durch Kassen, Hof­räume und Baumgeäste heulend dahinbrauste, hervovbringt. Fast so schauerlich als der Sturm selbst hörte sich das Sturm­läuten und das Signalblasen der Feuerwehr an. Drunten aus dem öffentlichen Platz vor unserem Ausguck im Wald­hornsaale hatte eine wandernde Menagerie ihren Wagen­park, der sich mit seinen zwei Käsigwagen hinter dem um­sengreichen Zuschauerzelt barg, aufgeschlagen. Ein Ruck, ein Riß, und das gesamte Zrlt samt seinen Stützen und Ver­ankerungen lag am Boden. Händeringend standen Besitzer, Tierbändigerinnen und Wartepersonal vor den Fetzen ihres Cchutzzeltes. Mit Bangen sahen wir aus sicherem Zufluchts­ort dem Augenblick entgegen, da die Tierwagen Umstürzen und die Bestien in verzweifelter Wut ihrem Käfig entrinnen möchten. Da plötzlich ließ, die .Gewalt des Zyklons jäh­lings nach und freundlich, wie wenn nichts Böses geschehen, schaute sich die Sonne das..Trümmerfeld an.

Jetzt aber rasch hinaus, um mit eigenen Augen zu prü­fen, ob die inzwischen zu uns gedrungenen beängstigenden Ge­rüchte auf Wahrheit beruhen. Es war inzwischen L Uhr Ptvorden. Unser Gang führte uns vom Waldhorn, vor dem «ine Anzahl zerschmetterter Dachziegel lag, ortseinwärts. Je weiter wir vordrangen, desto schrecklicher ward der Anblick. Wie nach einer Beschießung sahen sich Häuserzei­len und Straßen an. Kein Haus, das nicht dem Sturm sein Opfer hätte mehr oder weniger lassen müssen. An dem einen Haus hatte die.Gewalt des Luftdrucks das ganze Dach abgedeckt und den Dachstuhl schief und krumm gedrückt, an einem andern waren nur einzelne Stellen ziegelfrei ge­worden. Tie Straßen waren dick übersät mit Trümmern von Dachziegeln und von Backsteinen heruntergestürzter Kamine. Auch zwei Fabrikschlöte in der Nähe der Äahnlinie (Braun'- sche Werkzeugfabrik) waren umgeworfen worden. Ueberall hingen abgerissene Telephondrähte herunter und lagen abge­hackte, entwurzelte oder zerschmetterte Bäume in den Stra­ßen und Gärten. Am Ausgang des Ortes in der Richtung Eßlingen zu sperrte ein quer Mer die Straße geworfener mächtiger Pappelstamm den Weg. Morgen wäre der un­mittelbar daneben stehende kränkelnde Pappelbaum gefällt Morden; heute hat der unaufhaltsame Sturm rücksichtslos das Dasein des gesunden zerstört. Wirtshaus- und Ladenschil­der sahen im echten Sinn des Worts windschief in die Straße Mein. An einem stattlichen neuen Eckhaus ist seitlich ein Gewächshaus angebaut. Daß dessen Scheiben in Atome zer­splittert, zwischen den wildumhergeworsenen Blumentöpfen la­ßen, erscheint natürlich, daß aber von den zwei Pilastern, die den Garteneingang flankieren, Zentners chwereQua- der von der Stoß- und Hebekraft des Wirbelsturms hätten herabgerissen werden können, wie wirs gesehen, würde M niemand öhne weiteres sagen lassen. Vom Wellblechdach des obersten Stockwerkes dieses Hauses hatte der Sturm ein umfangreiches Stück losgewuchtet und als Wurfgeschoß ziel­gerecht in den herabgelassenen Rolladen eines gegenüberliegen­den Kaufgeschäfts hineingeschleudert. Das Bahnhof- und Kel­terviertel scheint von dem Taifun am schwersten mitgenommen Morden zu sein. ^

Tie zum Bahnhof gehörenden Gebäude und Anlagen Aren ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen worden, wiederum trat das Bergleichsbild eines wilden Bom­bardements dem Beschauer in die Erinnerung. Tie- Ar und Fenster wiesen klaffende und schwere Lücken auf. Am Alpfangsgebäude des Bahnhofs hatte es die Giebelwand oberhalb den Wohn.räumen des Bahnhofwirts Kirchgeorg iaber den Wartsälen der 3. und 4. Klasse) fast auf ihre ganze Breite herausgerissen. Tie herabstürzenden Stein- Assen durchschlugen das Wellblech des SchuAachs über dem Ahnsteig, rissen die Streben,aus dem Mauerwerk heraus N verbogen die starken 1»Eisenbalken wie Zündhölzchen. Gin AMftz, wie rasch alles sich entwickelte, zeigt folgendes Be- Ein Gast, der in dem Bahnsteig-Gärtchen" der

Mbnis:

Bahnhofwirtschast 2. Kl. sein Bier trank, wollte, als er di« Verwüstungen im Walde vor sich gehen sah, sich ins Innere begeben und sein Bierglas zum .Mitnehmen ergreifen, als auch dieses schon von einem Windstoß an die Wand geschleu­dert ward. Auf dem Bahnhof hauste das Wetter auch sonst schwer. Auf die Hauptgleise warf der Sturm einen Personen­wagen, der den Verkehr eine Zeitlang sperrte. Von einem seitlich drüben stehenden Leerzug wurden ein Dutzend Wagen samt der Maschine umgestürzt. . Telegraphen­mastenpaare lagen, nur noch von den ineinander verwirrten Drähten gehalten, halb zu Boden. . Auch einen Möbeltrans­portwagen hatte der Sturm umgestürzt. Der herrliche Laub­wald überm Neckar drüben zeigte zerschlitzte und gedrückte Bäume in Menge. An Leib und Leben soll, soweit Erkundigungen zutreffen, niemand ernstlich be- sch-Ängt worden sein. Dagegen zeigte der Rundgang allent­halben bekümmerte Gesichter.

Ter Ortsvorsteher hatte an die Staatsbehörde um staat­liche Hilfe telegraphiert. Zunächst waren alle verfügbaren Kräfte des Ortes selbst mit Aufräumungs- und Ordnungs­dienst in Anspruch genommen. Tie .Feuerwehr- und Bahnhosmannschaft leisteten ausgezeichnete Dienste. Rasch wa­ren auch Hilss Mannschaften von den. Gsenbahnwerk- stätten in Eßlingen und Cannstatt zur Stelle. Ter Eisen­bahnbetrieb erlitt daher nur kurze Zeit Störung, eine ganz hervorragende Leistung des Personals. Welcher Arbeit aber bedarf es, bis die Schäden an den Häusern notdürftig be­seitigt sind. Welche Gefahren drohen von Regen und Feuer und vielleicht aufs neue von.Sturmgebraus. Tie Elemente hassen das Gebild der Menschenhand. . ^

Das Gebiet des Wirbelsturms läßt sich deutlich verfolgen. Es geht vom Waldhorn aus bis an das neckarabwärts ge­legene Bahnhosviertel. Tie Hauptstoßkraft dürfte von der linken Neckarseite aus Westen gekommen sein. Als der Sturm weggefegt war, die Sonne wieder sich hinter Wolkenschleiern hervorwagte und nur ein leises .Abendlüftchen die Blätter zum Lispeln brachte, flatterte munter und unzerfetzt das Fähn­lein auf dem Altan des Plochinger Aussichtsturms, in den Weinberghalden aber ein weißes Betttuch, das der wilde West von einer Veranda entführt haben mochte. (Sw. M.)

*

Ter Minister des Innern von Fleischhauer weilte Montag vormittag in Plochingen. Er wurde vom Schultheiß Eitel, dem Oberamtmann Regierungsrat Pommer und dem Eßlingec Oberbürgermeister Tr. v. Müiberger empfangen und durch das verwüstete Gebiet geleitet. Ter Minister überzeugte sich von der Größe des Unglücks und versicherte, die Betrosseuen des Wohlwollens der Staatsregierung. Zur Beschleunigung der Hilfsaktion ist ferner die Einleitung einer öffentlichen Sammlung im Bezirk Eßlingen beabsichtigt. . Ueber die wirkliche Höhe des Schadens gehen die Schätzungen immer noch stark auseinander. Es kann noch Wochen dauern, bis die Feststellungen abgeschlossen sind, aber alles in allem wird die bereits mitgeteilte halbe Million wohl nicht zu hoch gerissen ein. ,

Ein Wirdelsturm im Taunus.

Im westlichen Taunus ging am .Sonntag abend ein furchtbares Unwetter nieder, das namentlich in der Nähe von Engenhahn und Selbach verheerend wirkte. Ein Blitzschlag steckte die in Touristenkreisen bekannte Lenzenmähle in Brand und äscherte Scheune und Stallungen ein. Das Vieh konnte nur zum Teil gerettet werden. Ter Besitzer ist nicht versichert. In Heftrich wurde ein Sängerfest abge­halten. Ter Sturm riß die Fe st Halle vollständig zusammen. Der Blitz schlug mehrfach ein. Zwei Scheu­nen wurden eingeäschert. Schwer betroffen wurde das im vorderen Taunus gelegene Arnold ha in. Dort entlud sich das Gewitter ,mit furchtbarer Gewalt. Sämtliche Tacke r wurden abgedeckt, die Schörnsteine zu Bo­den gerissen. Mehrere Personen erlitten dabei Verletzungen. Die Obstbäume wurden ausgerissen, die Turnhalle vollstän­dig weggeweht. Auch von den Turngeräten findet man keine Spur mehr. Sechs Hektar Wald sind vollständig vernichtet. Die Bäume liegen in den Straßen des Ortes umher. Meh­rere Familien sind obdachlos und fanden Unterkunft im Pfarrhaus. Ter Schaden, von dem meistens ganz arme Leute betroffen worden sind, soll sehr bedeutend sein, .

Familiendramas.

Der Landwirt Friedrich Schlegel in Oetisheim ÖÄ. Maulbronn, früher Besitzer des Gasthauses zum Lamm, schnitt seiner 40jährigen Ehefrau (geb. Münchinger) mit einem Ra- sierme, fer den Hais durch, so daß sie an Verblut­ung starb. Hieran, legte sich der Mörder auf die Eisen­bahnschienen und ließ sich vom Schnellzug überfahren. Der Kop, wurde vom Rumpfe getrennt, auch ein Arm und Bein abgefahren. Der erst 39 Jahre alte Mann war zum zweitenmal verheiratet. Eheliche Zerwürfnisse scheinen den Grund zu dieser Tat gegeben zu haben, durch die 4 Kinder im Mter von 3 bis 13 Jahren plötzlich zu Waisen geworden sind.

Der hcchbetagte Rnteshetmer Bürger Bauer hat Montag mittag Uhr au, seinen 40 Jahre alten verheirateten Sohn meuchlings einen Schuß abgefeuert, als dieser ans dem Hose beschäftigt war, Der Schuß ging in die Herz­gegend. Der Getroffene dürfte kaum mit dein Leben davon kommen. Den Anlaß zu der furchtbaren Tat sollen pkamilien- zerwürfnisse und das Raaebedürfnis des Vaters gegeben haben. Die Frau des Getroffenen ist eine geborene Französin, die mit ihm vor noch nicht langer Zeit in dessen Heimat znrückgekehrt war.

Der Bergmann Jakob Bernarding in Trier ver­letzte sein 5 Monate altes Töchterchen durch einen Schuß, er, chol/dann feine Frau und sich selbst. Familienzwistig- leiten sollen der Grünt zur Tat sein.

Au; der Feldmark Friedland erschlug der Arbeiter S ch rode r seine von ihm getrennt lebende Frau mir einer R ü - den hacke. Der Mörder ist verschwunden. Man vermutet, daß er Selbstmord begangen hat.

Ern Zngszusammenstotz.

Montag Nachmittag ist ans der Station Dilbeck in der Nähe von Gent der Personenzug Brüssel-Courtrai mit einer Ma­schine znjainmenge,tosten. Dreißig Personen, darunter sw beiden Lokomotivführer sind zum Teil schwer verletzt worden.

Wieder eineLourdesheilung".

Man ist auch bei uns in Württemberg in gewissen Krei­sen, trotz der schlimmen Erfahrungen des letzten Lourdes- prozesses, nicht geheilt, das zeigt die Tatsache, daß der in Rottweil erscheinendeSchwarzwälder Bolksfreund" seinen Lesern nachfolgende, demMessager des Lourdes" entnom­mene Geschichte, vorsetzen darf:Irma Tettwiller von Odern bei Mühlhausen i. E. war seit mehreren Jahren von einer Unterleibskrankhcit befallen und konnte seit 2 Jahren nicht mehr gehen. Nach dem ersten Bad im Bassin verspürte sie eine leichte Besserung. Nachdem sie abends 4 Uhr von neuem gebadet hatte, erhob sie sich und konnte gehen. Nach der eucharistischen Prozession wurde sie in das Büro für Feststellungen geführt. Hier erklärte sie, sie habe von ihrer Krankheit nichts mehr zu leiden; sie stand ausrecht, solange Fragen an sie gerichtet wurden, Frl. Tettwiller hatte ein Zeugnis des sie behandelnden Arztes vorgelegt. Die begeisterte Menge erwartete mit Ungeduld das Wiedererscheinen der Ge- ^ heilten und begrüßte sie aufs wärmste."

Kleine Nachrichten.

Beim Scheibenschießen der Zimmerschntzengesqllschaft tn Mühlacker schoß'ein Mitglied aus Fahrlässigkeit ein anderes aus nächster Nähe in die rechte Schalter. Die Kugel drang 6 Zentim. tief in den Körper ein und verursachte eine ziemlich schwere Wunde. Dem Arzr gelang es, die Kugel zu entferne«.

Beim Baden tm Neckar oberhalb der Brücke bei Fis ch ingeu (Snlz), ist der 1/ Jahre alte Schüler der Ackerbanschule au, der Staatsdomäne Kirchberg OA. Sulz Karl Geiger von Eybach OA. Geislingen ertrunken.

Der ber verschiedenen Kinotheatern in Moabit be­schäftigt gewesene 28 Jahre alte Wilke wurde wegen Litt- lichkertsvergehens verhaftet. Die Straftaten sind bei verdun­keltem Saal während der Kindervorstellungen begangen worden.

Gerichtssaal.

Berlin, 2 . Juni. Wegen Vergehens gegen das Wern ge setz und wegen Nahrungsmittelsälschung wurde der Weinhändler Salo Schweitzer zu 700 Mark Geld st rase, Einzrehung und Vernichtung der beschlagnahmten Weine und Publikation des Urteils in Berliner Blättern verurteilt. Wie die Beweisaufnahme ergab, hatte der Angeklagte aus billigem Tarragcna-Wein und Heidelbeersaft ein Mischmasch hergestellt und bald alsroten Dessertwein"/ bald alsBlutwein"zur Kräftigung von Kranken und Rekonvaleszenten" in den Ver­kehr gebrächt. Ferner harte er., aus Tarragona-Wein, Wasser, Sprit und Weinsternsäure ein Getränk hergestellt, das alsTar- ragona",Blutroter Medizinalwein" usw. verkauft wurde. In ähnlicher' Weise wurden andere Weine durch den Zusatz von Wasser, Sprit und sonstigen Ingredienzienveredelt". Als Maitrank" brachte der Angeklagte ein Gemisch aus Wein, Aepfel- wein und großen Quantitäten Zuckerwasser jn den Handel. Um seine Panschereien zu verdecken, hatte der Angeklagte die vor- geschricbenen Bücher absichtlich falsch geführt.

Berlin, 1. Juni. Das Oberkriegsgericht ver­urteilte ben Musketier Kannewurf vom,24. Jnsanterie- Regiment in Neu-Ruppin wegen schwerer Urkundenfälschung, Betrugs, Unterschlagung und Fahnenflucht zu einer Gesamt­strafe von 7 Jahren Zuchthaus, 900 Mark Geldstrafe evtl. 40 weiteren Tagen Gefängnis, 6 Jahren Ehrverlust, Aus­stoßung aus dem Heere und Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes. Ter Angeklagte war von seinem Re­giment desertiert, hatte ganz Europa durchreist und eine große Zahl von Damen, der besseren Gesellschaft, mit denen er sich verlobte, wahrend er sich als Ingenieur der Siemens- Schuckertwerke ausgab, um große Summen geschädigt. Das Divisionsgericht hatte Kannewurf zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Oberkriegsgericht kam zu der Hohen Strafe, indem es ausführte, die menschliche Gesellschaft müsse so lange wie möglich, und so .lange, wie derartige Leute noch nicht in besonderen Anstalten interniert werden.könnten, vor ihnen geschützt werden.

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Spiel und Sport und Luftschiffahrt.

Motor Rr. K (Verlag Gustav Braunbeck G. m. b. H. Berlin V/ 85) Preis 1 M. Aus dem Inhalt der höchst interes­santen Nummer: Die Automobile der Berliner Feuerwehr und ihre Entwicklung, (ill.) Von M. Reichel, kgl. Branddirektor, Berlin. Der Automobilist in Spanien (ill/. .Von Berrhold Hagemann. Der Militärflugplatz (ill.). Bon Doll non Korb. Angstmüllers Flngerlebnisse. Von A. H. G. Fokker, Johannis­thal. -- Die Böge! des Todes. Kriegsskizze von Hermann Dreh­te'.', Chemnitz. - Fliegerverfolgnng im Automobil (ill/. Von M. I. Oppenheimer, Fabrikbesitzer, Frankfurt a. M. Deutsche Scblösfer und Burgen' aus der Vogelschau (ill/. Von Dr. H. Elräs und Privatdozent Dr. K. Gerstenberg. Der dritte Prinz Heinrick-Flug (ill/. Die 4. St. Petersburger Automobil- Ausstellung (ill./ Das elegante Automobil (ill.). Patent­schau (ill/-. Neuheiten und Zubehör (ill.) Karbenmar­kierung der internationalen Verbindungsstraßen. .Das Heft Nr. n zeichnet sich vor den voraufgegangenen Heften durch einen besonders reich balligen textlichen Inhalt aus, geeignet das Herz eines Fachmannes sowie des gebildeten Laien zu erfreuen.

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Kunst und Wissenschaft.

Die Bühnenkünstlerin als Hilden,« Künstlerin!

di- chfanift- "Nd geschätzte sn München lebende gastierende Die bcianm. .. "^ Theater ist auch

Echauspteleriii Lucie Bierna vom

in weitesten Kreisen wegen ihrer philanthropischen Be,rl^...,,.. zur Hebung und Besserung der sozialen Lage besonders der Bühnenkünstlerinnen bekannt geworden. Der von ihr begründete Lucie Vierna-Fond, uüter der Verwaltung der Deutschen Bnhnen- Geno/enschaft stehend, -hat bereits eine stattliche Höbe erreicht und wird einstens segensreich wirken! Aber nicht nur auf dem Gebiet der Malerei ist Lucie "Bierna Künstlerin und hat eben ein wohlgelnngenes Selbstbildnis vollendet, das in Münchener Geicllsck.astskreisen Aufsehen und Bewunderung erregt. Bekannt­lich veranstaltete die Künstlerin bereits vor 2 Jahren sahier eins Ausstellung -ihrer Gemälde, deren gesamter Erlös dein von ihr begründeten Fons zugeflofsen ist.

Vermischtes.

Der Ernbrecher unv die Butzpredigerin.

Ein eigenartiges Geschick ist, wie derNational- Zeitnng" aus London mitgeteilt wird, einem Einbrecher wider; ähren, der kürzlich ein Hans heimsuchte, das Eigen­tum der Heilsarmee ist. Kapitän Mary Booth, die Tochter des Generals Bramwell Booth, schlief in einem Zimmer neben dem Raum, in den der Verbrecher gestiegen war. Anstatt die Polizei um Hilfe zu rufen, überraschte die schneidige Kcpitänin den Eindringling und hielt ihm eine Standredk, in der sie ihm die Schlechtigkeit seiner .Handlungsweise vor Augen hielt. Schließlich beichtete ihr der Mann, daß er durch Hunger aus die Verbrecherlanf- bahn getrieben worden sei, woraus ihn die Dame prompt in die Küche führte und ihn bewirtete. Während er , sprach sie zn ihm, und als die Mahlzeit vorüber war, knieten sie beide im Gebete nieder. Er versprach ihr, sich zu bessern, und sie versicherte in ihrer Freund­schaft, wenn er Wort halten würde. Zum Schluß brachte Fräulein Booth ihren Gast bis an die Haustür.

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Schlagfertiger Witz ist eine Gottesgaöe. Mark Twain besaß sie, wie aus zahlreichen, über ihn verbreiteten Anekdoten hervorgeht, in hervorragendem Maße. Line eng­lisch« Zeitschrift erzählt von ihm, er habe einmal bei einem ihm zu Ehren gegebenen Herrendiner eine kurze, aber äu­ßerst amüsante Rede gehalten. Als er fertig war, erhob sich ein Rechtsanwalt und machte, die Hände in den Ta­schen, in etwas überlegenem Tone die Bemerkung:Nicht wahr, meine Herren, es ist etwas ziemlich Ungewöhnliches, daß ein Humorist von Profession witzig ist?" Als sich das Gelächter über diese Bemerkung gelegt hatte, sagte Twain gedehnt:Nicht wahr, meine Herren, es ist etwas ziemliches Ungewöhnliches, daß ein Rechtsanwalt einmal die Hände in seinen eigenen Taschen hat?!"