Stuttgart die ordentliche Jahresversammlung unseres Ver­eins statt. Aus der Tagesordnung steht der Bericht über die Vereinstätigkeit im abgelaufenen Jahr, erstattet vom Vor- stsnd, ferner ein Bericht des Vorstands über die Auslös­ung des deutschen Weinbauvereins und die Neu­gründung eines deutschen Weinbauverbands, ein Bortrag des Weinbauinspettors Mährlen über:Die Auswahl des Setzholzes zur Pflanzung", und die Entgegennahme der Be­richte über den Stand der Weinberge in den verschiedenen Gegenden des Landes nebst Besprechung der durch den har­ten Frostschaden entstandenen Lage unseres Weinbaus. Das Urbansscsiessen" fällt in diesem Jahr in Anbetracht der Zeit- vechältnisse aus: dagegen wird die Weingabe (3 Flaschen) in der üblichen Weise an diejenigen Mitglieder, welche 6 M. Jahresbeitrag entrichten, verabreicht.

Ansschutz sür innere Verwaltung. In Anwesenheit des Ministers von Fleischhauer beriet der Ausschuß für innere Ber- waltung über die zweite Lesung des Körperschaftspensionsgesetzes. Berichterstatter war der Abg. Roth-Leonberg. Die Frage, ob man statt Witaenpension Witwengeld sagen soll, wie cs in der ersten Lesung beschlossen worden war, wurde verneint. Ber der Untergrenze von M 4Ol. bezw. M 700 verbleibt es, ebenso bei der Einräumung der fakultativen Kassenzugehörigkeit sür die Beamten und Unrcrbeamten der Innungen. Verschiedene kleinere; Milderungen wurden vorgenommen. Der Rest des Gesetzes wurde meist nach dem Beschluß Ber ersten Lesung genehmigt.

Schillerverein. In Stuttgart fand die 17. Mit­gliederversammlung des Schwäb. Schiller Vereins, die schr gut besucht war, statt. Freiherr von Soden hieß die Anwesenden willkommen. Wie alljährlich habe der König dem stellvertretenden Vorsitzenden eine besondere Audienz er­teilt, um sich über den .Bestand des Vereins, speziell des Marbacher Schillermuseums, zu orientieren. Das zeige deut­lich das rege Interesse, das der König dem Verein ent­gegenbringe. Er hoffe daher auch, daß sich alle redlich Mühe geben, allen Anforderungen, die der König als Pro­tektor des Vereins an die .Mitglieder seit der Gründung desselben gestellt habe, nachzukommen. Da der Verein seine Lebenskraft aus dem Mitwirken aller schöpfe, so möchten die Mitglieder dem Verein auch fernerbin ihr Interesse da­durch bewahren, daß sie ihm neue Gönner und Freunde er­werben. AnS dem Geschäftsbericht, den der stellver­tretende Vorsitzende, Professor Günther, erstattete, sei her­vorgehoben, daß 2 Mitglieder d es Vereins, Dr. W. Lang und Staatsrat Tr. v. Schönhardt, .in diesem Jahre ihren 80. Geburtstag feiern. Die Sammlungen, besonders die literarischen (MörikesamMung im Schillermuseum) haben her­vorragenden Zuwachs erfahren. Das Archiv habe eine Ver­mehrung von 1200 Handschriften aufzuweisen, so daß es jetzt über 38000 Nummern sind. Der Besuch des Mu­seums war sehr rege; aus allen Ländern haben sich Interes­senten in die Liste eingezeichnet. Da in diesem Jahre wieder mehrere Sonderausstellungen zum Andenken an berühmte Männer stattsinden, so muß an die Erweiterung der Räume gedacht werden. Tie Mitglieder mögen daher an den Be­strebungen des Vereins Mitwirken und das fördern, was für jeden Freund der Literatur.Ehrenpflicht sein muß. Aus dem von Schatzmeister Müller erstatteten Kassenbericht ist zu entnehmen, daß der Verein zurzeit 2997 ordentliche Mit­glieder zählt. Tie Einnahmen betragen 27 984 Mark gegen 25 965 Mark im Vorjahr, die Ausgaben 34 800 gegen 34 837 Mark im vorigen Jahr. Der Vermögensstand stellt sich auf aus 56 900 Mark neben dem Wert des Museums und der Sammlungen.

Was die Kinder nicht tun sollen. Tie Heilbronner Sektion des Württembergischen Automobilklubs ersucht um Aufnahme folgender Zuschrift: Leider kamen uns in der letzten Zeit öfters Klagen darüber zu Ohren, daß auf ein Auto mit Steinen geworfen wurde. . Kinder und jugend­liche Personen sind meistens die Täter. Tie Eltern und die Lchrherren lassen es leider an der nötigen Ueberwachung und Verwarnung fehlen. Daß durch einen Steinwurf In­sassen eines Kraftfahrzeuges schwer verletzt werden können, daß ein führerloses Auto, wenn der Lenker durch einen Stcin- wurs verletzt wird, namenloses Unglück anrichten kann, das ist wohl keinem zweifelhaft. Es ist eine Roheit, auf wehr­lose Menschen Plötzlich und aus dem Hinterhalt mit Stei­nen zu werfen. Zuweilen haben wohl schon Lehrer und Orts­behörden ans das Ungezogene solchen Steinwersens hinge­wiesen, aber wir möchten hier ausdrücklich betonen, daß die Eltern und auch die sonstigen gesetzlichen Vertreter der ju­gendlichen Täter nicht nur sür den entstandenen Schaden finanziell hasten und einen recht fühlbaren Vermögensnach­teil erleiden können, sondern daß sie auch strafrechtlich in Anspruch genommen werden können wegen mangelnder Ueber­wachung und sogar wegen Beihilfe. Lehrern, Lehrherren und Eltern legen wir darum dringend nahe, daß sie die Jugend warnen mögen, Radfahrer, Motorradfahrer und Automobi­listen mit Steinen zu bewerfen. . Bei dieser Gelegenheit sei aber auch an Eltern und Lehrer, ebenso aber auch an die Straßenpolizei, die ernstliche Bitte dahingehend gerichtet, die Jugend auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die dadurch entstehen, daß die Kinder oft tun es aber auch Erwach­sene!! noch im letzten .Moment vor dem Herannahen eines Motorfahrzeugs über die Straße springen. Dadurch sind leider schon sehr viele Unglückssälle geschehen, und cs würde noch viel mehr Unglück geben, wenn die Wagenlenker nicht mit vollster Aufmerksamkeit die Vorgänge auf der Straße beobachten würden. Nur unter Aufbietung der äußersten Gei­stesgegenwart ist cs oft noch in der letzten Sekunde möglich, dm Wagen abzubremsen und auf die Seite zu leiten, was aber jedesmal eine Gefahr für das Auto und die Insassen bÄmtet! Mögen diese Zeilen dazu beitragen, daß den so viel gehaßten Radlern und Automobilisten seitens der ver­nünftigen Leute ein gewisser Schutz gegen den oben geschil­derten Leichtsinn geboten wird, andererseits aber mögen Rad­ler und Automobilisten auch Rücksicht auf ihre Mitmenschen nehmen und nicht nur in der Stadt die vorgeschriebenc Ge­schwindigkeit nicht überschreiten, sondern auch in Rücksicht aus die Staubplage außerhalb der Stadtgrenzen beson­ders an viel begangenen Spazierwegen . kein allzutolles Fahren veranstalten.

.. Stuttgart, 27. April. Tie Stuttgarter Stadtverwalt­ung bringt dem 25. Württ. Landes- und Jubi­läums schießen (15.17. Juni d. I.) das wärmste In­teresse entgegen und hat dieses.zunächst dadurck gezeigt, daß sie dm Rathaussaal für die feierliche Uebergabe der Fahne des Landesschützcnvereins an die das Fest veranstaltende Neue Schützengesetlschast zur Verfügung stellt. In diesem Saal sindet auch die Prcisverteilung statt. Zugleich wird die Stadtverwaltung den bei der Fahnenübergabe üblichen Ehren­trunk spenden. Auch hat sie zwei schöne Ehrengaben als Schicßpreise bewilligt. An werteren Ehrengaben sind außer von seiten einer ganzen Reihe.hiesiger Privatpersonen und Vereinen eingegangen zwei Pokale vom Deutschen Schützen­bund und drei Ehrengaben vom Württembergischen Landcs- rchützcnverein.

Maulbronn, 26. April. In der an Regierung und Landstände ein gereichten Bitte um Erbauung einer Bahn m dm Oberämtern Leonberg und Maulbronn Renningen- Weüderstadt-Mühlacker H hervorgehoben, daß das an

der Bahn gelegene Dürrmenz-Mühlacker seine Einwohnerzahl verdoppeln konnte, während das früher bedeutende qltwürt- tembergische Schleglerstädtchen Heimsheim von 1346 ans 1163 und der Zentralpunkt der Platte: Wiernsheim, von 1122 Einwohner auf 957 sank. In Vaihingen a. E. dagegen ist auch nach der Bahnerösfnung, sowohl der Haupt- als Neben­bahn, keine Zunahme der Einwohnerzahl zu verzeichnen. Die Nebenbahn kam eben zu spät und konnte nicht mehr aus- gleichen, was beim Bau der Hauptbahn versäumt wurde.

Mundelsheim, 27. April. Ein frecher Diebstahl wurde bei Gemeindepfleger Tränkte hier am vergangenen Samstag ausgesühtt. Nachmittags, als der Gemeindepfleger auf ganz kurze Zeit von seiner Wohnung abwesend war, stahl ein Gauner etwa 1200 Mark ans dem Kassenschrank. Allem nach hatte sich der freche Eindringling ins Haus eingeschli­chen und dann in Abwesenheit des Hausbesitzers den Dieb­stahl ausgeführt. Es war natürlich für dm verdienten Mann, der sein Amt mit großer Gewissenhaftigkeit und Trme schon Jahrzehnte lang versieht, ein großer Schrecken, als er den Diebstahl entdeckte. Ein schleunigst herbeigernfenec Polizei­hund aus Stuttgart fand zwar eine Spur, konnte dieselbe aber nicht weiter verfolgen. (P.)

Sontheim a. N-, 26. April. . Die Mechanische Schuh­fabrik Sontheim-Heilbronn, Wolf und Co., die anfangs März von so großem Brandunglück heimgesucht wurde, ersteht wieder neu. Die umfangreichen Bauarbeiten wurden dem Baurat P. I. Manz-^Stuttgart übertragen.

Schorndorf, 26. April. Das Stadtschultheißmamt Schorndorf schreibt: Seit etwa 10 Tagen empfiehlt sich der 28 Jahre alte ledige Gipser .Wilhelm Mattes aus Duß­lingen. Tübingen dem Publikum als :gewerbsmäßigec Phrenolcg aus Stuttgart". Er preist in den Tagesblättern seine Kunst im Deuten der Vergangenheit und Zukunft des Menschen an und setzt hinzu:Kein Schwindel. Mn schon in den größten Städten Deutschlands ausgetreten usw." Nach dm angestcllten Erhebungen handelt es sich hier um einen Schwindel plumpster Art, dem täglich Hunderte von Personen männlichen und weiblichen Geschlechts zum Opfer fallen. Der Andrang aus Stadt und Land ist derartig, daß vorgestern eine Person, die um 6 Uhr nachmittags zur Audienz beim Herrn Phrenologm erschienen war, erst nachts gegen 12 Uhr an­kommen konnte. Mattes hat seit .1898 großenteils in den Strafanstalten zugebracht. Er ist eine wegen Diebstahls, Be­trugs und Verbrechens wider die Sittlichkeit vielfach und schtver vorbestrafte Person Und ein solcher Mann ist im Stande, täglich ungeahnt große Betrage aus der Tasche des sein Geld sauer verdienenden Volkes zu ziehen. Schwind­ler, Gaukler, Kurpfuscher usw. kommen immer noch auf ihre Rechnung, wenn das Publikum nicht endlich einmal geschei­ter wird.

Sigmarrngen, 28. April. Freifrau Mand von Wan­genheim, die Gemahlin des Hofmarschalls des Fürsten von Hohenzollern, ist nach der Geburt eines Sohnes infolge von Herzlahmung plötzlich verschieden.

Alm, 27. April. Die Vergebung ber Schreiner- und Schlosserarbeiten für die neue Kreisirrenanstalt in der bayer­ischen Nachbarstadt Günzburg hat geradezu unglaubliche Sub­missionsblüten getrieben. Beide Arten von Arbeiten waren in vier Lose geteilt. Bei den Schreinerarbeiten betrugen die Höchstforderungen 4622, 3474, 2712 und 6594 Mark, die Mndestforderungen 3104, 2384, 1040 und .1744 Mark; des­gleichen bei den Schlosserarbeiten 2138, .1824, 2430 und 3094 Mark gegen 973, 921, .640 und 1309 Mark. Man vergleiche nur 2430 Mark Höchstforderung .mit dem nied­rigsten Gebot von 640 Mark bei Los 3 und man wird begreifen, welche Rechenkünstler hier am Werke gewesen sind.

Ulm, 28. April. Das Programm für die große Jubi­läumsfachausstellung für das. Hotel- und .Wirtschastswesen wie für den 28. Berbandstag des Landesverbands der Wirte Württembergs und für das 80jährige .Jubiläum des Ulmer iVirtsrcreins ist nun erschienen. Die Eröffnung ber Aus­stellung findet am 3. Mai durch den Ehrenvorsitzenden Ober­bürgermeister v. Wagner statt. Am .6. Mai beginnt der Delegiertentag, am 7. Mai der Berbandstag. Am 9. Mai lvird die Ulmer Königsparade besucht. . Die übrigen Tage sind der Besichtigung von Ulm und Ausflügen in die Um­gebung, sowie Konzerten und Volksbelustigungen im Aus­stellungspark Vorbehalten. Nach' den seitherigen Anmeld­ungen verspricht der Besuch der .Ausstellung, die für den Fachmann wie für den Laien viel Sehenswertes beitet, sehr gut zu werden.

Leutkirch, 28. April. Einem früheren Gutsbesitzer in Oberschwaben mußte zufolge eines landwirtschaftlichen Un­falls im Sommer 1911 der linke Vorderarm abgenommen werden. Der Verunglückte ist zurzeit Pfründner, Veteran und 66 Jahre alt. Anfangs wurde er in eine monatliche Rente von 21.70 Mark eingewiesen und durch Bescheid der Land­wirtschaftlichen Berussgenossenschaft vom 24. Februar ü. I. auf 13 Marl pro Monat herabgesetzt mit dem Ansügen, daß nach der neuerdings vorgenommenen Untersuchung eine we­sentlich« Besserung eingetretcn sei. Es witt> sich doch sehr fragen, welche Besserung eintreten kann, wenn einem der Arm in der Ellenbogengegend abgcnommen werden muß. Die Erwerbstätigkeit bleibt doch lebenslang dieselbe, wenn man nur einen Arm hat. .Eine Rente von 13 Mark für einen solchen Unfall in einer .so teuren Zeit ist keine so­ziale Fürsorge.

Nah und Fern.

Blitzschläge.

Aus Wildbad wird berichtet: Bei dem Gewitter am Sonntag traf dsr Blitz auf der Landstraße zwischen Calm­bach und hier die 17jährige Tochter des Bauunternehmers Kiefer von Calmbach. Der Blitz fuhr an dem Schirm her­unter und betäubte das Mädchen. Die Kleider wuüien ihr verbrannt. Durch ärztliche Hilfe kam sie wieder zu sich. In Engelsband schlug der Blitz in das Wohnhaus des Goldarbeiters CH. Förtschler und zündete. Das Haus ist zum Teil abgebrannt. In Enzberg schlug der Blitz in das Haus des Etuiemachers August Tumm. Die Fa­milie war gerade im Hausflur, so daß sie dem Unglück ent­ging. Die Wohnung war voll Rauch und die Zimmerdecke zerrissen.

In der Gegend um Ulm ist gestern ein schweresGe- witter, verbunden mit Hagelschlag, niedergegangen.

Beli, Ochsenhausen schlug der Blitz in das Gefährt des Anwalts Härle von Hattenberg. Zwei Pfettw wuttien getötet, der Sohn Härles, der das Fuhrwerk leitete, kam mit dem Schrecken davon.

Bei Berlin wurde der Gutsbesitzer Lcmkuhl, wäh­rend er sein Gefährt zum Pferderennen lenkte, vom Blitz erschlagen. Seine Frau und drei Kinder haben das Un­glück mit angeschen.

Kleine Nachrichten.

In Tailfingen wurden heute Dienstag früh 5 Uhr -20 Minuten wieder einige leichte Erdstöße verspürt.

Montag nachmittag drangen 10 Banditen in den Bahrl- hof von Chaville bei Versailles .ein und verwundeten den Stationsvorstand, verließen jedoch den Vahnhvs, als sie jähen, daß dort kein Geld vorhanden war.

Spiel und Sport und Luftschrsfahrt.

Alieger-Leistnnge«.

Duisburg, 27. April. Der Flieger Audemarsz der heut« früh in Paris zum Flug nach Berlin und W«,. >ch au aufgestiegen war, landete heute Vormittag 10.30 Uhr auf dem Dursöurger Rennplatz. Nachdem sich der Flie­ger legitimiert hatte, konnte er um 1 Uhr seinen Flug fort­setzen. Er landete abends 6 Uhr auf der Bahrewalder Heid« bec Hannover. Dort gab er seinen Plan aus und Uetz fein Flugzeug abmvntieren.

Reims, 28. April. Der Ofsiziersflieger Bro- pard hat mit zwei Passagieren auf einem Eindecker eme Höhe von 2300 Metern erreicht und damit einen neuen Weltrekord aufgestellt. Der Flug dauerte 1 Stunde und 36 Minuten.

Haag, 27. April. Der Flieger Guilkeaux, der gestern früh in Biarritz aufgestiegen war, ist heute in Kok- Ium inHolland nach Zurücklegung einer Entfernung vyn 1600 Kilometer gelandet. Er wurde durch das Meer am Weiterflug verhindert. Tr war noch mit Benzin und Oel versehen.

Vermischtes.

Der Hatz der Geschlechter.

Von Hedwig Dohm.

In allen antiseministischen Reden und Schriften wird unentwegt die Feindschaft zwischen Mann u. Krau als ein charakteristisches Merkmal der Zeit, als eine Folge der Frauenbewegung denunziert. Jawohl, der Hexensabbat der Emanzipierten ist's, der mit seinen Theorien den Haß zwischen den Geschlechtern gesät hat.

Ein gern und viel gelesener Scharfmacher des Anti- seminismus hat entdeckt, daß diezwitterhaften Geschöpfe, die heute das große Wort sichren und Anhängerinnen fin­den," die vielen unglücklichen neuzeitlichen Ehen verschulden.

Da ist ein glänzender Essayist, dem graust'svor -er herrschenden, ertötenden Feindseligkeit zwischen Mann und Frau. . . . Mann und Frau spüren sich gegenseitig . die Schwächen des Geschlechts auf und bejubeln mit feindseliger Freude jeden Vorteil des einen über den andern." Müssen leise in sich hinein gejubelt haben. Habe nichts gehört.

Aber lieber Herr Anti, wir Frauen kennen Euch Jupiter­leins mit Euren Schwächen dgch von jeher, vor jeder Bei­hilfe der Frauenbeivegung. Und was das Ausspioniere» weiblicher Schwächen von Seiten der Männer betrifft, sollte der bildungsgesättigte junge Mann die blutigen Epigramme nicht kennen, die bei allen Völkern des Erdkreises seit Me­thusalems Zeiten bis zur Gegenwart das wehrlose Weib an- geteuselt haben, oft in yfcht wiederzugebenden Ausdrücken? Ich erinnere an die Mythe von der Pandorabüchse, ei» Hirngespinst des berühmten griechischen Philosophen Simo- nides. Uralten Datums ist ja auch die Sage von Evas Apfel, die das Weib schwerster Weltschuld bezichtigt.

Wie? Die Frau haßt den Mann? Nie ist die Welt durch einen größeren Unsinn alarmiert worden.

Unser streitbarer Haß gilt doch nicht den Personen, die, in einen fossilen Aberglauben hineingeborcn, voll Ueber- lieferungstreue die uns feindlichen Ideen propagieren. Er gilt den Ideen, die uns den Boden wieder abgraben wol­le», den wir eben erst mühsam erobert. Ideen wollen wir aus der Welt schaffen, ihre Inhaber (wir .kennen die Herren Antis doch persönlich gar nicht) mögen sich ihres Lebens freuen, so lange das Lämpchen noch glüht. Selbst in den großen Mördeveien der Kriege ist es immer eine Idee (Mit Gott für König und Vaterland) nominell we­nigstens an der man die Kriegsfackel entzündet."Das Kreuz gegen den Halbmond" war der Schlachtruf am Balkan. Der Türke, den der Bulgare niederknallte, wäre ihm als Mensch vielleicht wahlverwandter gewesen als der Kampf­genosse an seiner Seite.

Kurios, diese Identifizierung der Ansicht eines Mensche» über eine bestimmte soziale Zeitfrage mit seinem ganze» Menschentum. Seine Ungunst der Frauenerhebung gegen­über hindert ihn nicht im geringsten, ein lieber, lieber Mensch zu sein, unter Umständen eine Jdealgestalt. Die Pattei, der er angehött, kennzeichnet seinen seelischen Wett nicht. Wissen wir doch nicht, ob reine, edle Motive, ob die Aus­sicht auf materielle Vorteile oder nur überlieferte Tenk- gewohnheiten seine Parteinahme bestimmten.

Diese neumodisch« Prollamation des Geschlechtshasses

ein Märchen, um das Gruseln zu lernen, .oder ein Stoff für Witzblätker ist als ernstes Argument gegen die Frauen­bewegung unanwendbar, denn nicht wahr? hassens­wert sind nur die Bösen.

Wie weil du andere Ansichten hast als ich, sollte ich dich hassen? Ich hasse ja nicht einmal den Stttnd- berg, bewundere ihn sogar als Dichter. Gleicht er -och

wie viel« andere seiner Artung den Kindern, die den Tisch schlagen, an dem sie sich gestoßen haben. Sie haben sich am Weibe überspeist. Davon ist ihnen übel ge­worden, und als Medizin ordiniert ihnen ihr innerer Arzt

nach der leiblichen die geistige Frauenfresjerei.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß ich ungeachtet meines resoluten Feminismus einen franken Antifcmi- nisten von ganzem Herzen liebhaben könnte.

Es ist eine weltläufige Theorie, daß die erotische Anzieh­ung zwischen den Geschlechtern aus ihren entgegengesetzte» Eigenschaften, ihrer grundverschiedenen Psyche beruhe. Meint doch Nietzsche,daß ein Weib ohne Frömmigkeit für einen Lottwsen Mann vollkommen widrig oder lächerlich" sein würde. Müßten nicht die Anhänger dieser Ergänzungs­theorie Tusch blasen, wenn eine rabiate Suffragette sich mit einem Dorfpsarrer paarte? von solcher Paarung Spröß- linge erhoffend, die die goldene Mitte halten würden zwischen ihrer brausenden Wildheit und seiner zahmen Frommheit?

Und es geht die Rede: Die Höllenglut des Hasses zwischen Mann und Frau das Werk der Revoluzzerinnen hat die Himmüsflamme der Liebe ausgeblaseu! Allge­meine Entliebung in Sicht! Nordpol mitten in Deutschland. Weltwehe!

Mir will scheinen, nie ist das Liebesleben üppiger.ins Kraut geschossen als gegenwärtig. Kein Tag ohne Selbst­mord oder Eifersuchtsmord aus Liebesnot.

Eros im Sterben! Mild lächelt der Göttliche in pur­purner Selbstherrlichkeit auf seine Tributpflichtigen nieder. Der kleine Cupido aber lacht aus vollem Halse, und unver­drossen schießt er Pfeil aus Pfeil ab, trifft auch die nu>ri- tatendurstigste Suffragette.

Liebe geht vor Politik. Selbst Liebe ohne Mitgift. Liebe in allen mögliche» Variationen, von den großen Passione» bis zu den kleinen Liebeleien, von der im Hörselberg bis zu den heiligen Chen, die im Himmel geschlossen werden. Wie die Erde sich um die Sonne drehen würde, auch wenn kein Astronom ihre Gesetze entdeckt hätte, so wird der Ster» der Litt« das Herz der Menschen (inklusive das der Rejorm- surien) durchstrahlen, unwandelbar, katurgesetzlich.

Wahrlich kein Nobelpreis ist nötig sür die Friedensstifter Mischen Manu und Weib, dennUeber allem Zauber" Liebe. In Ewigkeit. Amen.

(Aus der WochenschriftZeit im Bild").