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Erzähler vom Achwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt Mldbad. s - - .m
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-er tigl Forstämter Wildbad, Meistern,
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Nr. S.
Samstag, den 4 Zannar RS 1 S.
Bolkspartei und Weltpolitik.
Bon Dr. Fr. Naumann
Tic gegenwärtige Friedeusvcrhandlurigcu und Kriegs- scrgcn zwingen uns alle zu erneutem Nachdenken, ob die .tzalrmiH unserer Fortschrittlichen Volksparrci gegenüber Ler Wcllpoüttt richtig ist oder nicht. Tas drängt sich uns um jo mehr auf, als wir in unserer Mitte treue und sehr wertvolle Parteifreunde haben, die bis vor etwa « Jahren den Anforderungen der Weltpolitik gegenüber ablehnend gestanden haben. Einzelnen wird es auch heute noch schwer, Sie Zustimmung der Partei zu oen Militär- nnd Flottencnisgaben und zum Kolonialhaushalt zu vertreten, und sie möchten lieber von allen Dingen gar nichts hören. TaS ist menschlich verständlich, aber die Politik ist in« allgemeinen kein so rücksichtsvolles Wesen, Saß sie uns nur dann fragt, wenn wir selber gefragt sein wollen. Wenn eine Vorlage kommt, so müssen Misere Abgeordnete» genau wissen, ob sie mit Ja oder Nein stimmen. Und sie haben in den letzten L Jahren ohne Ausnahme und einmütig mit Ja gestimmt. Tas geschah ohne sogenannten Fraktionszwang, der zwar bei der Sozialdemokratie, aber nicht bei uns üblich ist. Bei uns wird Einheitlichkeit gewünscht, aber nicht erzwungen, !vas öfter unsere Abstimmungen etwas genrischt erscheinen läßch aber im Grunde freier und der Achtung vor der persönlichen Ueberzeiigung entsprechender ist. Obwohl wir also den Fraktionszwang nicht haben und gerade in dieser Haupt und Lebensfrage gar niemand daran gedacht hat, von den Parteigenossen Opfer ihrer Meinung zu verlangen, so Habei' alle unsere Vertreter aus ganz D rutscht o.! d die Wendung zur Weitpolitik mitgemacht. Schon diefe eine Tatsache muß denjenigen Parteigenossen zu denken geben, die dieser Entwicklung zweifelnd gegen- Äberstehen. ES muß eine innere Notwendigkeit sein, die die ganze Parte: dahin geführt hat.
Vielfach wird von unseren Gegnern au E u g e u R i ch lor erinnert,'und er wird als Zeuge gegen feine jetzigen Nachfolger angcrusen. Das aber ist grundfalsch und beruht aus einem Mißverständnis der Richterschen Politik. Richter war immer Oppositionsführer und hatte darum viel öfter Veranlassung, gegen als für die Vorlagen der Negierung zu reden, wer sich aber die Mühe gibt, seine Reden nn Reichstag sorgfältig durchzusehen, wird zu- gebeu wüsten, daß schon er mit Bewußtsein den Kurs angesangeu hat, den die Partei später gegangen ist. So sagt er im Jahre 1900 ber der ersten Lesung der damaligen großen Alottenvorlage: „Wir lehnen auch heute nicht die
Ls ist nicht aenuo, zu wissen: man muh auch an wenden Es ist nicht qenna, ;u wollen; man muß auch tun.
Goethe.
Roman von Erika Riedberg.
18 Nachdruck vellvtsn.
(Fortsetzung.)
„Sachte mein Lieber!" Sidonie umgab sich mit lächelnder Ruhe wie mit einem Panzer. „Ich Hab' dem Fräulein etwas erzählt — na — ein paar kleine Episoden aus deinem Leben, ganz heiter — wirklich — ein bißchen auch über deine Verniögensumstände, ein bißchen auch von uns beiden — alles ganz nett und unterhaltsam — — und daraus machst du jetzt eine Tragödie, führst mir hier eine Szene aus? Pfui, wie geschmacklos!"
Sir hatte immer erregter gesprochen, auch ihre äußere Ruhe war dahin.
„Ick will nicht die Lauferei zu der Ernheim. Verstehst du? Ich hasse daS hochmütige Ding."
Je mehr sie die Haltung verlor, desto gelassener wurde er. Spöttisch sah er ihr in die funkelnden Augen: „So? Warum eigentlich? Tu kennst sie ja gar nicht- Wo solltest du je Gelegenheit dazu gehabt haben?"
Es lag etwas in der Betonung des Wortes „du", das sie wie ein Hieb traf. Sie wollte ausfahren, mit einer ihrer gleitenden Bewegungen stand sie plötzlich vor ihm — das Bild einer schönen Furie, offene Rachsucht im Blick, unverhüllt aus den Zügen — wer weiß, welche Flut von Anklagen und Schmähungen über die farblosen Lippen gewollt - mit bewundernswerter Anstrengung nahm sie sich zusammen.
„Hü:' dich!" — weiter kein Wort. Aber nun rann ihm ihr Ton wie ein jäher Schreck durch die Nerven.
E wußtt- auch, daß er sie vorhin tödlich gekränkt hatte. Tie spöttische Hinweisung auf die ihr verschlossene Gesellschaftssphäre war unedel, grausam gewesen. Tenn Sidonie Zeuren stammte selbst aus guter Familie.
Ihre ungewöhnliche Schönheit, Anmut, heißer Lebensdrang, unstillbare Sehnsucht nach der bunten, gefahrvollen Welt da draußen hatten sie aus der Bahn des still bürger
lichen Hinlcbens gerissen — Eine von jenen, denen alles zur Gefahr wird: jeder Zug ihres Antlitzes, jeder Schlag ihres heißen Herzens, jede Regung der Sinne — bis sic, ihr Schicksal erfüllend, die Enge hinter sich lassen und sich genußdürstend, glühend in den Strudel jener Welt würzen, die sie mit allen Kräften begehrten.
Ein tieferer Menschenkenner als Felix Hoffner hätte wohl nicht gefragt: „Weshalb hassest du Ruth Ernheim eigentlich?" Er würde begriffen haben: Ties vornehme hochmütige Mädchen ist ihr die Verkörperung dessen, was sie selbst hätte sein können — — Und aus diesem Verständnis heraus würde Schonung erwachsen — — er aber gedachte nur da empfindlich zu strafen, wo er am empfindlichsten verletzt war.
Ties tonlose „Hüte dich?" eröfsnetc jedoch die schauderhaftesten Möglichkeiten. Mit einem Schlage war er sich bewußt, daß er in der Hand der Frau war, die er durch naive Keckheit und größere Herzenskälte zu beherrschen glaubte.
Er sagte nichts mehr. Die Zigarette war ihm ausgegangen, mechanisch warf er den Rest in die Aschanschale.
Tüster starrte er auf das zarte Blumenmuster des Teppichs, und im tollen Zickzack tanzten die Bilder der nächsten Zukunft vor seinem aufgescheuchten Geist.
Wenn es ihm nicht gelang, Geld, Geld zu schaffen - wenigstens sich hier frei zu machen —
„Offizier bist du gewesen —!"
Nicht mehr allein von Sidoniens Stimme hörte er das LLort, hundert scheußlich lachende Kobolde schienen cs zu flüstern, aus allen Ecken und Winkeln hörte er's.
Als Richter war er gekommen — nun saß er hier, ein schmählich Bedrohter.
Etwas von der Unumstößlichkeit unserer Handlungen kam ihm zum Bewußtsein. Ein Sichbesinnen mitten im tollen Tanz seines Lebens — nicht aus Reue — aus nackter, elender Angst.
Nnd dann kam die. Wut auf den Menschen, der in sein eitteS, leichtsinniges Herz die Furcht gesenkt hatte.
Der Haß des Besiegten glomm in seinen Augen. Ein völliges Ernüchterrsein von der Götterschönheit dieses Weibes, das, wie ein Kind das Spielzeug, seine Existenz in ihrer launigen Hand hielt.
Verdammt! dieser beklemmende Truck! Wie ein Sack lag's über ihm dick und dunkel.
Tas hielt er nicht aus. Er mußte die Arme wieder frei kriegen. Rücksichtslos um sich schlagen, zurückstoßen, was nicht wollte wie er — lieber alles — als hier vor
Jahrg.
Vergrößerung oer Kriegsmarine ab." „Ergibt sich für die
Folgezeit das neue Bedürfnis von Schiffen, so werden auch wir diesem Bedürfnis gerecht werden."
Was er abgelehnt hat, ist die langjährige Bindung durch ein Flottengesetz, und darin hat ihm der Gang der Ercignisie recht gegeben. Man kann solche Tinge nicht aus Jahrzehnte regeln. Richter hat sich 1897 günstig zur Artillerievorlage und 1898 günstig zur Pachtung von Kmutschou geäußert. Tas waren erste Anzeigen einer anders gewordenen Zeit. Mit Bismarck war viel alter Streit ms Grab gegangen, und es wäre falsch gewesen, nach seinem Tode noch immer mit ihm zu streiten. Deutschlands Wirtschaft war groß geworden, seine Finanzkräfte wuchsen, und vor allem seine Weltlage war verwickelter als jemals. Wenn der deutsche Liberalismus jemals wieder zur Führung der 'Nation kommen will, muß: er das ein- sehen und danach handeln. Tas ist es, was inzwischen geschehen ist.
Kein alter Fortschrittlicher oder Kolksparteiler hat jemals in der Art der Sozialdemokratie gegen die deutsche Mach: im ganzen gestimmt, und auch die Sozialdemokratie ist au, dem Wege zur besseren Einsicht, wie man ans der Rede von Tr. Tavid im Reichstag sehen konnte. Die deutsche Linke kann gar nichts anders als die Militär- Pstitik und Marinepolitik in ihre Hände nehmen, wenn sie jemals die Schwarzblauen aus der Herrschaft verdrängen will. Ta nun die Fortschrittliche Volkspartei ihren Platz m der Mitte der deutschen Linken hat, so muß sie darauf bedacht sein, ihre Haltung so einzurichteu, wie eS für eine Partei nötig ist, die im nächsten Menschenalter auS der Opposition in die Verantwortlichkeit übergehen will. Wir rechnen dabei daraus, daß uns im Laufe der Zeit ans sachlichen Gründen auch die Sozialdemokraten folgen müssen, wenn sie einsehcn, daß sie durch ihr Nein- sagen nur den Schwarzblauen Helsen, sich als die wahren Vertreter Les Deutschtums auszuspielen.
Natürlich soll mit dieser allgemeinen Zustimmung zur nationalen Macht kein Freibrief für gefährliche und törichte Experimente ausgestellt werden. Wer unter „Weltpolitik" Friedensstörung versteht, gehört nicht zu uns. Aber man m u ßz ug < ben, daß die gegenwärtige Haltung der deutschen Regierung maßvoll und sried- l:ebend rft. Bei uns wird nicht zur Probe mobil gemacht, bei uns wird nach allen Seiten hin beruhigt. Tas ist wichtig und entspricht zweifellos dem Willen des ganzen Volkes. Wir sichern den Frieden, indem wir ein Schutz unserer Bundesgenossen sind und uns nicht anstecken lassen von der allgemeinen Aufgeregtheit des Erdteils. Nur
einer Politik, die mit Festigkett Ruhe verbindet, gehört: das Zutrauen unserer Partei, und wir Westen alte jene Vorwürie ab, als seien wir urttvermrtwortlich, wenn d« und dort e:n m'edensstörendes Wort fällt. GZ war Herr v. Hepdevraud, der konservative Führer, der den Gegensatz zu England vcrschärn har. Ans unserer Sette haben alle Bemühungen ihren Platz, die Verständigung zwischen den Grauten zu vermehren. Für Vaterland und Frieden! Tas ist die Parole der Fortschrittlichen Volksoartei.
Die Beisetzung von Kiderlen Machtet .
Stuttgart, 2. Jan.
Schon von l Uhr ab war alles was in Stuttgart irgend wre Zeit erübrigen konnte, aus den Beinen und ströuttc reils zu dein an der Peripherie gelegenen Prag-- jriodhos. teils sammelte» sie sich" vor dem Hotel Mar- quard. mo oer Reichskanzler als Vertreter des Kaisers, Minister v. Heuling als Vertreter des Prinzrcgenrcu, sowie die meisten anderen hervorragenden Trauprgäste abge- sticgen waren. Auch in der Umgebung des Trauerhaujcs in der Friedrichs!ratzL, vor dem sich das Offizierkorps der Garnison Stuttgart, die Beamtenschaft usw. von zwei Uhr ab versammelten, staute sich eine große Menschenmenge und Tausende standen von hier bis zum Friedhof auH
dem
ganzen Weg Kops an Kopf Spalier.
Um Lhtt Uhr setzte sich der Trauerzug umer den Klängen des Walch'schen Trauermarsches mit der Kapelle des Jnfanreue-Regunents Kaiser Friedrich an der Svitze in Bewegung. Ter Musik folgten Vertreter der Technischen Hochschule und Vertreter der Tübinger Normannir :m Wichs mit umflorten Fahnen. Hierauf nahte der Leichenwagen, überdeckt mit Blumen und Kränzen mit Schleifen in allen Farben. Hinter dem Sarg schritt dev Reichskanzler, begleitet von dem Vertreter der Familie Netz Verstorbenen, Frhr. v. Pal m. Ihnen folgte der bayerische Ministerpräsident Frhr. v. Hcrtli n g, die .Vertreter der anderen deutschen Fürstlichkeiten, der fremden Regierungen, und der Stadt Stuttgart.
In der Kapelle des Pragsricdhofes, die mit Palmen schlicht dekoriert war, erwartete Obewhosprediger Prälar v. Koiv den Trauerzug. Unter den Klängen von „Jesus meine Zuversicht" wurde der Sarg aufgebahrt, um de« herum sich die Trauergäste an ihrer Spitze der König, die Herzöge des königlichen Hauses, die Staatsminister, OBM. Lantenschlagey, Konrad Haußmann, sowie die zahl-
einem Weibe festgenagelt sitzen, wie ein Schulbub, den man zur Strafe in die Ecke stellen will.
In einem knabenhaften Trotz und Ingrimm die Foiigew über den Haufen werfend, wollte er jetzt nur um irden Preis ein gewisses Ucbcrgewicht gewinnen.
Innerlich und äußerlich riß er sich zusammen.
Sehr gelassen, ein spottgetränktes Lächeln auf den Lippen, nahm er seinen Hut. Dicht au der Tür stehend, setzte er ihn schon leicht und ein bißchen schief aus den Kops, um sich in größter, allerdings gemachter Gemütsruhe eine Zigarette anzusteckcn.
Nun hielt er das weiße, kleine Lüftchen zwischen den Zähnen, nahm den Hut Wiede: ab und sagte nachlässig: „Also
„Also adio, schöne Sidonie! Uebrigens" — er tat ein paar kräftige Züge, die sein Gesicht für Sekundcndaurr in eine bläuliche Rauchwolke hüllten -- „weshalb du die Ruth Ernheim haßt, das ist wahrhaftig nicht schleierhaft - du haßt eben die Anständigkeit in ihr —."
„Felix —!" Sie stürzte auf ihn zu es sah aus, als sollten ihre erhobenen Hände ihn packen, an sich reißen, zurückstoßen - dann wies sie stumm auf die Tür —.
Als Hoffner die Treppe hinunterging, überwog das billige, kleinliche Gefühl gestillter Rachsucht nur kurze Zeit die erschreckende Erkenntnis, daß da oben, hinter ihm ei» Weib zurückgeblieben, die von Stund an seine erbarmungsloseste Feindin sein würde.
*
Heiße Sommersonne brütete über den Feidern von Hoss- ncrsholm.
Alle Hände mühten sich mit einem Erntesegen ohnegleichen. Kaum faßt? Scheune und Speicher all de» Reichtum.
Bertram Hoffner stand an dem hohen, fast bis zuc Erde gehenden Fenster seines Arbeitszimmers.
Fuder auf Fuder goldenen Kornes sah er im Tor der Scheune verschwinden.
Ein gutes Jahr, wahrlich! Woh: das gesegnetste, taS er als Herr hier erlebt.
Ailks klappte. Wohlgeschulte Leute, solange sie seine» Blick über sich wußten —
Ja — so lange —!
Wie am Schnürchen ging auch jetzt die Arbeit — und doch war des Herrn Stirn umwölkt, und die scharfen graue» Augen blickten mit kalter Gleichgültigkeit.
(Fortsetzung folgt.)