Erzähler vom Schwarzwald
Amtsblatt für dis LLadL Mldbad
Verkundigungsblatt der ttgl. ForsLämLer Wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. während der Saison mit
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Nr. S78.
Dienstag, de« L6. November IS1L
LS. Jahrg.
Zwischen Krieg und Friedeu.
Das große Säbelgeraffel.
Irr Wiener unterrichteten Kreisen werden Gerüchte bestätigt, die von einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen Rußland und Oesterreich sprechen. E-s hat die Wiener Regierung an RnUand eine Anfrage wegen der dort stattfindenden Truppenver- schie düngen gerichtet. Das Petersburger Kabinett antwortete, diese erfolgten aus inneren Gründen. Die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Oesterreich und Rußland hat, nach einer Darstellung im B. T., ihren Grund nicht in der serbischen Frage, sondern in der rumänischen Forderung, die bulgarische Grenz feste Silistria zu erhalten. Rußland unterstützt nach Informationen aus diesen Meisen den bulgarische Widerstand gegen die rumänischen Kompensations- sordennigen. In rumänischen Regierungskreisen und in de: rumänischen Presse macht sich deshalb wachsende Gereiztheit gegen Oesterreich geltend. Die diplomatische Borgeschichte des Balkankrieges gibt hierfür die Erklärung: Rumänien war anfangs Oktober bereit, Lurch eine gemeinsame militärische Demonstration mit Oesterreich den Krieg zu verhindern, ist aber von Oesterreich und Deutschland aufgehalten worden. Jetzt geht die rumänische Argumentation dahin, daß Oesterreich die Rumänier erst vertröstet habe, und heute nicht nachdrücklich genug unterstütze. Diese Stimmung machen sich die immer stärker werdenden russischen Bemühungen um Rumänien zunutze. Oesterreichs diplomatische Situation ist sehr schlecht. W braucht Bulgariens Sympathien wegen der serbisch-albanischen Frage, und muß andererseits Rumänien unterstütze«, da es sonst vor der Gefahr steht, den Mionalpolitisch und militärisch wichtigen rumänischen Bundesgenossen abzustoßM. Da die albanische Frage so ziemlich als arrangiert gelten kann, sind jetzt die rumänischen Forderungen das wichtigste M oment der diplomatischen Situation, weil sie Lurch die bisherige Anlehnung Rumäniens an den Dreibund, und mit Rücksicht auf eine mögliche Abschwenk- »ng auch eine europäische Gleichgewichtsfrage darstellen.
Auch deutsche Kreise sind in Erregung gekommen, r.l,s man hörte, daß am Samstag vormittag, während die Berliner Hofgesellschaft der Ankunft des österreichischen Thronfolgers harrte, eine Stunde vorher m aller Stille der österreichisch-ungarische Generalstabschef Generalleutnant v. Sohemua in Begleitung seines Adjutanten
Um wirklich o.lncklich zu sein, ist uur cios erforderlich: k!«de gegen alle. Gute wie Asse. Betätige d ine Liebe Irlich, so wirst du nuaufichrüch alücklick sein.
Gras Leo T olir o i.
Liebe,
unanl-
Das Tor des Lebens.
Roman von Anny Wothe.
1910 rz- Boll und Pjck.ardt, Lettin.)
(Fortsetzung.)
Als das Haus dicht vor ihnen lag, blieb Hemttke «inen Moment stehen, und mühselig kam es von ihren Lippen:
„Eigentlich hätte ich dieses Haus hier nie wieder be- llktm dürfen, hier, wo man meine Ehre, mein innerstes, öligstes Selbst in den Staub zwang, wo man mich und fsäne Liebe achtlos zertreten hat, da ist kein Play mehr st mich."
„Heinrike!" bat Rolf in angstvoller Besorgnis und doch M heimlichen, unterdrückten Jubels. „Wäre cs möglich. Men Sie denn Mut, sich von dieser unwürdigen Fessel MM,nachen?"
Er verstummte erschreckt. Ein Blick in ihr: Augen sagte W, daß es für ihn keine Hoffnung gab, daß sie d;n Kelch ^ zur Hefe leeren würde, wenn auch ihr eigenes Wün- istn sie drängte, die Fessel abzustreisen, die sie erdrückte.
„Soll ich mit Ihnen gehen?" fragte er leise.
„Nein, Rolf! Das, was ich Sibo zu sagen habe, das Kuß unter uns beiden ausgemacht werden."
Noch einmal nickte sie dem Doktor zu, dann verschwand
im Innern des Hauses.
.Er sah ihr lange nach. Der todeStrcmrige ^Blick, mit Vs sie zu ihm zurücksah, brannte in seiner Seele. Er stlte, das war ein Abschied für immer.
, Als Heinrike durch die verödete» Räume ihres Hau- ^ schritt, die, ui wüster Unordnung von den Gästen vcr- Wn, ihr wie ein Todesrachen entgegengähnten, lies doch Mm Augenblick ein Zittern durch ihre Gestalt.
^ Alles deutete auf einen schleunigen Aufbruch der 'Näsle. A Diener hatten cs nicht einmal für nötig gehalten, nur Ordnung in das wüste Chaos zu schaffen.
> <>retzt liefen sie, hier und da Hand anlegeud, scheu bei st vorüber.
Heinrike trat über abgerissene Blumengirlanden und hin- Morsene Servietten, als sie festen Schrattes dem Arbeits-
v. Pohl u, Berlin eingctroffen ivar. Im Laufe des Tages hatte v. Sohemua mit seinem deutschen Kollegen v. Mcltle eine längere Unterredung. Bald nach dieser Unterredung kehrte der österreichische Feldmarschall auffallend schnell nach Wien zurück.
Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!
In einem anscheinend offiziös inspirierten Artikel gießt der „Berliner Lokalanzeiger" Oel auf die unruhigen Wogen der öffentlichen Meinung. Nachdem er erst von einer „Flut sensationeller Meldungen im Laufe der letzter, 2-1 Stunden" gesprochen hat, erklärt er, auf Grund eingezogener Informationen feststellen zu können, daß die allgemeine politische Lage seit gestern Nachmittag eine gewisse Besserung im Sinne einer weiteren Entspannung auszuweisen habe, und, daß. Inan in politischen Kreisen der ferneren Entwicklung gewisser Fragen, die vielleicht noch vor langer Zeit problematisch erschienen, mit größter Zuversicht entgegen sieht. Serbien beabsichtigt „unter dem mäßigenden Einfluß Rußlands" einzulenken, womit alle Gerüchte über einen Umschwung der russischen äußeren Politik unbegründet erscheinen. Allerdings stehe Rußland aus dem Standpunkt, daß hen Serben der Wunsch nach dein Adriahafen auf eigenem Gebiet schwerlich werde bestritten werden können, wenn auch mit der Einschränkung, daß: dieser Platz nur kommerziellen Zwecken zu dienen und daher unbefestigt zu bleiben habe. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, sei diese Auffassung inzwischen Gegenstand von Verhandlungen, zu denen sich Oesterreich-Ungarn bereit erklärt habe. Bis zu welchem Grade man geneigt sei, diesen Wünschen Rechnung, zu tragen, dürften die nächsten Tage ergeben.
Interessant ist, daß während hier der Lokal-Anzeiger von „unbeglaubigten Gerüchen über umfangreiche Mobilisationen diesseits und jenseits der österreichisch-ungar- ischcn Grenze" spricht, er zwei Spalten später selber die folgende fettgedruckte Meldung bringt: „Um 1 Uhr nachmittags grng von Budapest die erste Do- nauflotille, bestehend aus zwei Monitoren zwei Torpedobooten und vier kleineren Kriegsschiffen der Bestimmung nach Senil in a v. Großes Ansiehen erregte es am Samstag vormittag, als bei den Angestellten der elektrischen Straßenbahn im Depot städtische Organe erschienen, die den dort anwesenden Schaffnern und Motorführern die Einberufungsorder einhändigten, mit der Verpflichtung, sich morgen bei ihren Trnvpenteilen einzufinden."
Nach demselben Blatte ging auch der Besuch des öfter- ,
zimmer ihres Mannes zuging, das man dem Mummenschanz des Festes nicht preisgegeben hatte.
Sie öffnete schnell die Tür.' Da sah sie Sibo, lang hingestreckt, in einem hohen Ledersessel friedlich schlafen. Eine geleerte Sektslasche stand neben ihm ans dem Teppich.
Mit fester Hand drückte Heinrike die Tür ins Schloß.
Verstört fuhr Sibo aus dem Schlaf.
„Zum Donnerwetter! Was soll denn das?" brauste er ans. „Wo kommst du denn her, und wie sichst du aus? Schämst du dich nicht, hier des Nachts heimlich davonzu- lanfcn wie eine Dirne?"
Heinrike sah flüchtig an ihrem Weißen Königskleide hinab. Es hatte einen breiten, schmutzigen Saum, weil sie es achtlos durch den Schnee geschleift.
So schmutzig war auch ihr ganzes Dasein durch ihn geworden.
„Warum antwortest du nicht?" schimpfte Sibo, die Sektflasche mit dem Fuße fortstoßend. „Ist das eine Art, heimlich in der Nacht, wenn man das ganze Haus voll Gäste hat, sortzulausen und Anlaß zu allerlei abenteuerlichen Gerüchten zu geben? Zu einer Sterbenden, haben die Diener erzählt, seift du gerufen, und wie eine Lähmung legte es sich aus den frohen .Kreis. Im Umsehen waren alle Gäste fort. Wie gejagt verließen glle das Haus, als ob die Pest bei uns ausgebrochen wäre. Das ganze Fest, das Tausende gekostet, ruiniert durch dein unverantwortliches Benehmen. Schämen müssen wir uns vor den Leuten!"
„Das glaub: ich gern, aber ich hoffe in erster Linie, daß du dich vor dir selber schämst!"
„Was sollen die dummen Redensarten?"
„Die Diener haben ganz recht berichtet. Ich wurde zu einer Sterbenden gerufen. Ich brachte Jrmcle zu ihrer sterbenden Mutter."
„Du bist verrückt!" schrie Sibo seine Frau an, während vlötzlich ei« Krarnps ihm die Kehle zuschnürte. „Ra, da sind wir ja hoffentlich die Göre los!" fuhr er fort, sich mühsam zurechtsiudend, und sich wieder in den Sessel werfend, während sein Auge scheu zu Heinrike hcrüberslackerte, die so hochausgcrichtet und so seltsam entschlossen in dem grauen Morgenlicht vor ihm stand, daß ihm fast vor ihr grauste.
„Ich habe der Sterbenden gelobt, Jrmele wie mein eigenes Kind zu Hallen," sprach Heinrike langsam, und ich ermatte von dir, daß du dem Kinde seinen rechtmäßigen Namen, Jrmele von Eschenbach, gibst!"
„Bist du von Kinrmen, Weib?!" schrie Sibo zornig, ob-
r-iehischen Generalstabschef von Schemua geheimnisvoll vor sich. Im Hotel „Wlon" waren Zimmer bestellt für zwei Herren, deren Namen nicht genannt wurden. Eine Ausnahme der Gäste in die Fremdenliste erfolgte nicht. Ein Angestellter des Hotels erkannte sie zufällig.
Nach einem Wiener Telegramm des „Berliner Tag- blatts" ist schon Samstag früh die telefonische und telegraphische Zensur aller Nachrichten über Truppenbewegungen in Oesterrei ch-U n- garn an geordnet worden.
Berhandlunge« mit Kanonendonner.
Die Pforte veröffentlicht in dem offiziösen „Jküam" einen Bericht über die bisherigen Schritte zum Abschluß eines Waffenstillstandes. Der Bericht bestätigt daß die Verhandlungen noch keinesfalls end- giltig abgebrochen sind. !Lr teilt mit, daß Nasim Pascha den Auftrag erhallen hat, mit den bulgarischen Unterhändlern zu unterhandeln, doch nur unter der Bedingung, daß diese die Vollmacht haben, die hatten Bedingungen zu mildern.
Das stimmt zusammen mit der Pariser Meldung aus Sosru, daß alle Nachrichten von der Wiederaufnahme der Fcinosekgkeiten der Begründung entbehren. Die bulgarischen und türkischen Friedensunterhändler seien bereits in einem unweit Tschataldscha gelegenen Orte, dessen Name vorläufig noch geheim gehalten wird, zusam- meirgetroffen und haben die Verhandlungen zum Abschluß des Waffenstillstandes ausgenommen. Die drei bulgarischen Unterhändler Danew, Sawow und Frischem verfügen über die Vollmacht zum Abschluß eines Waffenstillstandes.
Im Gegensatz zu diesen Nachrichten steht eine Havas- meldung, nach welcher Nasim Pascha, der türkische Oberbefehlshaber an der Tschataldscha-Linie telegraphiert, daß eine Kanonade an verschiedenen Punkten eingesetzt habe. Eine I n s a nt e r i e s ch lacht fand im Zentrum der Linie statt, „auf einem Gelände von 4 Kilometer fanden unsere vorrückenden Truppen mehrere Tauserst? bulgarischer Soldatenlcichen". — Die Ausnahme der Feindseligkeiten kann zwei Gründe haben, entweder wollen beide Parteien den Worten ihrer Unterhändler mit den Kanonen einigen Nachdruck verleihen oder man bereist beiderseits die nach einem evtl. Abbruch der Friedcusverhandlungen unvermeidliche Schlacht vor.
Das verschwundene Jnngtürkenkomitee.
Ko u stau t in o p e l, 23. Nov. Alle Führer des Jungtürkenkomitees sind von der Konstantinopeler Bildwohl es wie heimliche Angst in seiner Stimme bebte.
Er hatte plötzlich die Gewißheit, daß die Frau da vor ihm alles wußte, daß es nichts mehr zu verbergen gab.
Heinrike lächelte verächtlich.
, ,Es gibt glücklicherweise noch Mittel, dich zu zwinge«, deine ehrlose Handlungsweise, soweit es noch möglich ist, gutzumachen. Wenn es auch vielleicht für Jrmele keine besondere Ehre ist, den Namen des Mannes zu tragen, Ser ihre Muiter ins frühe Grab brachte, so soll dem Kinde doch wenigstens sein Recht geschehen!"
Sibo lachte höhnisch aus.
„Mach dich doch nicht lächerlich mit deinen phantastischen Plänen! Du bist ja gar nicht zurechnungsfähig!"
„Mehr, als du denkst! Aber ich bin nicht gekommen, darüber zu streiten, sondern dir zu sagen, daß Rolf Banden er ein Dokument besitzt, aus dem klipp und klar her- vorgeht, daß du nicht nur der Verführer der Fränze Carsten und Vater ihres Kindes bist, sondern daß du es auch warst, der sie damals zwang, ihrem Vater das Geld zu Kehlen, damit du es verbrauchen konntest. Es steht aber noch weiter in dem Dokument die an Eidesstatl gegebene Aussage der Fränze Carsten, daß du cs warst, der das arme Weib, um dich ihrer zu entledigen, in den Rhein stieß. Der Schiffer Battens ist, wie du ja selber weißt, Zeuge, daß es so gewesen ist. Er wird sich gewiß, wenn er dir gegen- Lbcrgeflcllt wird, erinnern, daß der fortlaufende Bube, nachdem er sich der Fränze entledigt, deine Gestalt hatte und den Weg von diesem Hause aus genommen hat."
„Schweige, du Satansweib! Willst du mich denn verrückt machen?"
„Nein! Ich will dir nur sagen, daß ich dich jetzt kenne, und daß ich mich schäme, in tiefster Seele schäme, irgendwelche Gemeinschaft mit dir zu haben! Du Haft, wie immer. Glück, indem die Sterbende in letzter Stunde Roff Bandener noch bar, dich, ihren Verderber, zu schonen. Er wird auch meinetwegen und der Kinder davon rbsehen, als Ankläger gegen den einstigen Freund vorzugehen, aber deine Tat wird dadurch, daß dich keine öffentliche Strafe trifft, nicht geringer. Sie scheidet uns für immer. Von heute aö trennen sich unsere Wege."
„Oho, mein stolzes SchStzlein," höhnte Sibo, befreit aufatmend daß nach Heinrikens Eröffnungen ihm ja gar keine Gefahr drohte — sie waren doch zu dumm, die beide«, Rolf und Heinrike — „du weißt doch, daß unsere Kirche das Wort Scheidung nicht kennt?"
(Fortsetzung folgt.) , - k
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