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vom Schwarzwald.
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KrrckiLt^t an allen sSsrktggv«. köonnement tu üerdtMAeMWiTckl. /25 inanall. 4S llt., lls! allen iLürli. lloLlans-slksn unä Koten lM Orts- u. kiaMar- orlsvsrkeür vlertolj. !k. l.55, ausserlialb rlsLseiken i.zs. lügen üeslellgelS 30 Ltg.
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Amtsblatt für die Ltadt Mldbad.
verkündigungsblatt
der rtgl. Forstämter Wildbad, Meistern, Enzklösterle rc. während der Saison mit
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IsIöMMM-üclMZs:
^blliiügi'rlssillLi'
Nr S«7.
Mittwoch, den 4. September IttLÄ
Jahrg.
Das Mißtrauen.
Die „Demokratische Korrespondenz" beschäftigt sich mit den skandalösen Vorgängen auf der Heilbrönner Tagung der Sozialdemokratie und führt dazu aus:
Bekanntlich hat die Sozialdemokratie ein „Schwei- iieglück". Aber sie gleicht dem klugen .Hans im Märchen, der mit dem Glück nichts Rechtes anzufangen weift. Der große „Reichstagswahlsieg, den die Partei mehr ihren konservativ-klerikalen Todfeinden und der Nnklug- heik der Regierung verdankt, als der Werbekraft ihres Programms/ hat, wie sein Vorgänger im Jahre 1903, >vo die Sozialdemokratie auch eine Vermehrung ihrer Sitze bis nahe an die Hundert-Grenze erzielte, allerhand häßj- liche Zänkereien zur Folge, die ihren an hohen Festtagen mit großem Eifer betonten Anspruch, der Menschheit den unfehlbaren Weg zu den höchsten Idealen nicht nur zu zeigen, sondern auch zu eröffnen, stark erschüttern müssen.
Am schlimmsten, wütendsten und häßlichsten sind die Skandale in Schwaben, die, so oft sie auch durch mehr oder minder diplomatische Mittel unterdrückt werden immer aufs neue wie Unkraut aufschießen. Es ist, wie aus der Landesversammlung der Württembergischen Sozialdemokratie, die am Samsatg und Sonntag tagte, offen ausgesprochen wurde, weniger ein sachlicher Gegensatz, als der brutale Kampf um den Futterplatz, der sich in einer Weise austobt, daft ein Redner meinte, man habe den Eindruck, als stehe man vor einer „Schar Betrunkener". Solche Szenen müssen schon an und für sich abstoßend wirken. Aber weit schlimmer noch ist, daß es sich in diesen Parteiskandalen, die in den wütendsten Angriffen aus die Führer gipfeln, nicht nur um vornber- gehenoe Auswüchse handelt, sondern um die Folge des ganzen Systems der deutschen Sozialdemokratie, das sich in der Kritik und der Negation, in der Erregung und Schickung des Mißtrauens der breiten Massen erschöpft.
Das Mißtrauen, diese demokratische Tugend, wird durch Uebertreibung zu einer chronischen Krankheit und zu einem Hilfsmittel für jeden ehrgeizigen Streber, sich die Gunst der Massen zu erwerben. Es ist tragikomisch, daft gerade die Radikalen das kostbare Gut des Vertrauens zu den Führern am meisten vergeuden, das doch die einzige Grundlage der. voll ihnen verheißenen „neuen Ordnung, der Tinge" bildet. Wenn die herrschenden Autoritäten dem „Ansturm der Massen" unterliegen, muß die neue
Demokratie, wenn sie sich nicht mit einem Pyrrhussieg begnüge» will, des frei willigen G e h o r s a m s'u n d des starke n Vertrauens der Mehrheit der Bevölkerung sicher sein. Die Wunderblume des freigewählteu Gehorsams blüht nicht über Nacht; sie ist ein zartes Pflänzchen, das gar leicht zerstört ist, und das, wenn es wachsen und gedeihen soll, der sorgsamsten und wachsamsten Pflege bedarf. Nur eine ständige Erziehung der Massen zur Ächtung uno Duldung kann in jahrzehntelanger Arbeit die Grundlage dieser neuen Art von Autorität schaffen, ohne di? i?der Versuch der Umwälzung zum verderblichsten Wirrwarr, zu einem alles verheerenden Kampf um die Macht und schließlich zum Säbelregiment führen muh. Mit der „Disziplin", der äußeren Unterordnung nach militärischem Vorbild ist es allein nicht getan.
So betrachtet, haben die Kämpfe in der deutschen Sozialdemokratie cine über das Interesse des Tages hinaus- gehendc Bedeutung. Die Sozialdemokratie steht vor der Wahl, ob sie im Sinne ihrer weltumgestaltenden Idee der Sozialisierung und Demokratisierung aller menschlichen Verhältnisse eine langsame, mühsame, auf Augenblickserfolge verzichtende Erziehungsarbeit leisten oder ob sie sich mit der Zersetzung und Zerstörung der herrschenden Autoritäten und Ideale begnügen will, ohne das Vermögen und den ernsten Versuch, an ihre Stelle etwas Neues und Besseres zu setzen.
Deutsches Reich
Der aus -er Rotte gefallene Rosenkavalrer.
Ter Komponist Dr. Richard Strauß hat einen Ausflug auf politisches Gebiet gewagt. In einem Brief arc das Hamburger Fremdenblatt über die P ar s l v a l fr a g e erzählt er, er habe seinerzeit den achttägigen Verhandlungen des Deutschen Reichstages persönlich beigewohnt, wo die Vertreter des deutschen Volkes,
„mit ganz wenigen Ausnahmen, in beneidenswerter Unkenntnis der Materie über Urheberrecht und Schutzfrist debattierten. Ich habe selbst gehört, daß ein Herr Eugen Richter in unverschämte st en Lügen die Rechte von armseligen zweihundert deutschen Komponisten — die Erben Richard Wagners miteingeschlossen — zugunsten von zweihunderttausend deutschen Gastwirten zu Boden trat. Dies wird auch nicht anders werden, solange das blöde allgemeine Wahlrecht bestehen bleibt, und solange die Stimmen
gezählt und nicht gewogen werden, solange nicht beispielsweise die Stimme eines einzigen Richard Wagner hunderttausend und ungefähr zehntausend Hausknechte zusammen eine Stimme bedeuten usw."
Es scheint in der Natur des Herrn Dr. Strauß zu liegen, mit Miß tönen zu arbeiten. Da wollen wir es ihn: nicht weiter verübeln, wenn er Eugen Richter den u u verschä m testenLügne r-nennt und Richard Wagner lOOOOO, zehntausend Hausknechten aber nur eine Stimme zubilligeu will, um so „das blöde allgemeine Wahlrecht" zu verbessern. Noch besser wäre es allerdings, wenn mau wieder in jene Zeiten zurückkehrte, wo überhaupt nicht gewählt wurde, sondern die Fürsten ihre Untertanen bis aufs Blut aussaugten und an fremde Staaten als Kanonenfutter verkauften, um ihren persönlichen un- künstlerischen Liebhabereien nachgehen zu können. Zu ;e- nen Zeiten hätte auch Herr Richard Strauß nicht zu fürchten brauchen, daß seine Opern noch einmal als Bolksvor- stellungen für 50 Pfg. gegeben werden könnten. Es wäre jetzt nur noch interessant zu wissen, auf wie viel Wahlstimmen Herr Tr. Richard Strauß sich selbst einschätzt.! Auf seinen „politischen" Brief hin, könnte man sich versucht fühlen, ihm auch die eine, die er jetzt noch hat, abzusprecheu.
Ein Mitarbeiter der Kl. Pr. widmet diesem trägi- komischen Erguß des wildgewordenen Komponisten die folgende Kritik:
Ter falsche Klang.
Richard Strauft'ens jüngstes Opus —
Das die Runde um den Globus Machen wird — ist keins von denen,
Wie wir es von ihm ersehnen,
Sondern ein politisch Lied. ^
Trotz der stolzen Kennermiene Fehlt es Richard an Routine In politischen Bereichen,
Und das Opus — das er streichen Sollte — ist ein garstig Lied!
Das erste Kaufmannserholungshcim.
Am 6. Oktober wird das erste von der Deutschen Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime erbaute Heim, das Prinz Ludwig-Heim in Traunstein (Oberbayern) eröffnet werden. Das Heim gewährt männlichen und weiblichen Angestellten, sowie technischen Beamten in kaufmännischen und industriellen Betrieben und weniger bemittelten selbständigen
Wan muß geliiien baden um gut zu sein; aber vielleicht muß man Leiden verursacht haben, um besser zu werden.
^ Maurice Maeterlinck.
Ski
Was die Liebe vermag.
Roman von Victor B lülhg n.
Nachdruck verboten.
(Fortsetzung. >
Bellas Plan ging dahin, eine Gesellschaft junges Volk mitzunehmen, um das Vergnügen lebendig zu machen: außerdem Kollmann, Alice und Bessy. Was die letzteren zwei betrisst, so hatte sie kein Glück: Alice erklärte sehr bestimmt, nicht voni Kinde Weggehen zu können, was Bella ckotz eingehendster Begründung „pimplig" fand, während der Gedanke, Bessy dabei zu beteiligen, Kitty dermaßen empörte, daß diese schwur, lieber in Ewigkeit ledig zu bleiben, als Jim Mährend de: ganzen Hochzeit von diesem koketten Affen an- astgen zu lassen, wofür sich Bessy rächte, indem sie Bella mü boshaften Studien aus den unteren Räumen amüsierte.
Eines Tags fuhr Bella mit Bessy nach Agathopolis. Es hatte kurz zuvor ein paar schwere Gewitter gegeben, und ms beide von der eine Stunde weit obliegenden Eisenbahnstation aus in einem gemieteten zweisitzigen Wägelchen durch Wach fuhren, gab -es ein Abenteuer: man mußte einen Bach passieren, der gegen seine sonstige Gewohnheit ziemlich weit über die Ufer getreten war.
, „Um Gottes willen!" ries Bella. „Halt, halt — da fahre ich nicht durch!"
Vergebens versicherte der schwarze Wollkopf, der den Kutscher machte, es sei keine Gefahr dabei. Er stieg ab, W Schuhe und Strümpfe aus und lrämpelte die Unaus- Mechnchen so hoch wie möglich, worauf er zur Probe hin- urchwatete. Allein, das beruhigte Bella nicht. Endlich
stdh der Schwarze, die Frauen hindurchzutragen, und j/suber wurden sie einig. Als Bella drüben vom Rücken es Trägers sprang, setzte sie sich ins Gras, um Bessys Ritt beobachten. Die schrie vor Angst, als der Mann in das
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„ hinabgelangte, und verlangte zappelnd zurück. Bella änk vor Lachen, so komisä)
den öbm schwarzen Reitpferde.
„Wie ein Kakerlack,
"^zwischen den Fingern hält!"
AiZ>i ^ Sergen kam anstandslos durch das nur bis zu den ^wfen reichende Wasser, und man fuhr weiter, durch weite i^^bEstlder, auf denen geerntet wurde. Scharen von Märzen Arbeitern beiderlei Geschlechts waren in der Welt
blendender Flocken tätig, „wie eine Herde Schornsteinfeger, die Schnee schippt," sagte Bella. Sie ließ halten, ging zwischen die Leute, neugierig wie ein rechtes Kind, brach sich Proben ab und warf sie unterwegs wieder fort. In Agathopolis besprach sie sich mit der Frau des Methodistenprcdigcrs, die eine Garküche für die Feste der Gläubigen unterhielt; und cstS sie hörte, daß auch ein schwarzer Prediger existierte, der zurzeit in der. Baumwollernte beschäftigt war, gab sie Auftrag, diesen mit der Eheschließung zu betrauen. Auch Kittys Verwandte waren nicht aufzutreiben, und sie mußte sich begnügen, ihnen die Einladung von Gemeindewegen zn- kommen zu lassen.
Sie kehrten auf dem Wege zurück, den sie gekommen, und diesmal wagten sie die Fahrt durch den Bach, wobei es freilich im kritischen Moment nicht ohne Schreien, halb ängstlich, halb belustigt, abging.
Drei Tage darauf war eine große Gesellschaft im Fest- pntz unterwegs, und alles verlief zu Bellas Zufriedenheit, abgerechnet, daß Kollmann „zu nichts zu gebrauchen war," nicht einmal zu einer Festrede, die Bella selber hielt. So wortkarg war er, so wie im Traume, daß sie ihn ordentlich ausschalt, ihn einmal stehen ließ und einen der iungcn Männer an ihre Seite rief. Kitty sah von der Rückseite wie eine Konfirmandin in Weiß aus, die man gegen die Moskitos geschützt — sie hatte sich den größten Schleier ausgesucht, der zu finden gewesen: vorn schaute ihr robustes Gesicht so gelb wie eine gewaschene Kartoffel heraus, sauertöpfischer denn je, nur zuweiten, wenn jemand sie ermunternd ansprach, lies ein flüchtiges Schmunzeln darüber. In der Erwartung, daß ihre Verwandten sich ärgern würden, sah sie sich getäuscht: die begrüßten sie verlegen, aber scheinbar sehr befriedigt, kümmerten sich nachher "gar nicht um sie und aßen und tranken desto eifriger. Den Wein hatte man aus dem Koltmannschen Keller in Körben mitgebracht: die Methodisten von Agathopolis gehörten zur Temperen;, aber ein ansehnliches Geldgeschenk an die Kirche hatte bewirkt, daß die fremden Gäste Dispens erhielten. Daß man nachher zum Klavier tanzte, gehörte zu den gewöhnlichen Dingen in diesem kirchlichen Festraum.
Höchst würdig trat der schwarze geistlicke Herr auf. Er konnte zwar weder lesen noch schreiben, nichtsdestoweniger las er aus einem Gebetbuch, indem er alle Augenblicke ein Blatt umwendete. Wenn er es aus Versehen in de: Hand sinken ließ, bemerkte nian, daß er es verkehrt hielt. Jim hörte scheinbar sehr bewegt zu, aber als er ja sagen sollte, rührte er sich nicht, weil er tatsächlich nicht zugehört hatte; er grinste, von der entstehenden Pause verblüfft, um sich,
woraus ihn einer der jungen Männer anstieß und ihm zu- flüstertc: „Narr du, sage doch ja!" Nun sagte er verlegen ja, und gleich hinterher Kitty, der das Blut ins Gesicht gestiegen war, ungefragt und höchst energisch: „Ja, ja, ja, ich nehme ihn!"
Bella kniff Kollmann in den Arm und drückte diesen, — sie kämpste mit einem Lachkrampf.
Die ganze Nacht hindurch währte das Vergnügen. Auch der schwarze Pastor beteiligte sich dabei, und nach Mitternacht gelang es Bellas koketten Bemühungen, den würdigen Gentleman zum Trinken zu bewegen, was er, nachdem er sein Gewissen einmal damit geschädigt hatte, so ausgiebig besorgte, daß er zwei Stunden darauf die groteskesten Solotänze ausführte. Als man abbrach, um mit den Wagen den Frühzug zu erreichen, saß er in einem Stuhl und brach in ein schreckliches Geheul aus, hämmerte mit beiden Fäusten auf seinen Schädel und auf die Brust und klagte sich an, daß er sich den Klauen des Satans Überliefert. Er hörte auf keinen Zuspruch, so daß man ihn schließlich seiner Verzweiflung überlassen mußte. Das gute Herz Bellas empfand Reue, die indes sehr bald in ausgelassene Heiterkeit nm- schlüg, als ein junger Mann, der abstieg, um den liegengebliebenen Fächer Bellas zu holen, die überraschende Nachricht zurückbrachte, der betrübte schwarze Sünder sei bei der Arbeit gewesen, die Schafe von den Böcken, das heißt, die leeren Flaschen von den noch Rester enthaltenden zu sondern.
Bella verschlief den angebrochenen Tag, nur daß sie zwischendurch einmal etwas zu sich nahm. Sie fragte Bessy nach ihrem Mann, und diese berichtete, daß er fortgegangen.
Gegen Abend kleidete sie sich mit Bessys Hilfe an, erzählte ihr dabei von den gestrigen Erlebnissen. Sie war noch so angenehni schlaff und hatte ein so nettes Nachgeftihl von Vergnügtheit dabei. Bessy berichtete die neuesten Grobheiten, die ihr Kitty auf ihre Erkundigung nach ihrem Befinden hin an den Kopf geworfen.
Als die Zofe sie verlassen, mitten im Ueberlegen, was sie vornehmen wollte, üsterkam Bella ein wunderliches Gefühl von Sehnsucht nach ihrem Mann. Sie ries sich in Gedanken zurück, wie verstört er gestern ausgesehen und wie schlecht sie ihn behandelt hatte, und er tat ihr auf einmal unsäglich leid.
Ein so guter und braver Mensch, wie er ist!
Er quält sich, damit sie sorglos nach ihrem Wunsch leben kann. So anspruchslos kommt und geht er. Wahrhaftig, er hat Wort gehalten, er trägt sie auf Händen.
Fortsetzung folgt.