Ter billige Jakob und der wahre Jakob.

Aus Zuffenhausen wird berichtet: Als der In­haber des hiesigen Bazars, zum billigen Jakob, sich mit brr Bahn nach Stuttgart begeben wollte, bemerkte er beim Schalter einen früheren Angestellten, den 22 Jahre Mn Kaufmann Nathan Rothmann aus Galizien, wie er gerade im Begriffe war, eine Handtasche, die er 4 Tage zuvor als Handgepäck aufgegeben hatte, wieder in Empfang zu nehmen. Da er den Rothmann bestimmt >,rianute und ihn schon lange wegen eines Einbruchdieb­stahls, den er in seinem Stuttgarter Geschäft begangen bat der Polizei überantworten wollte, versicherte er sich brz'Verdächtigen kurzerhand und ließ ihn von der Polizei sestnehmen. Als man die verdächtige Handtasche öffnete, fand sich folgendes vor: 690 M bares Geld in Papier md Gold, mehrere goldene Ringe, zwei Brillantringe Md sonstige Wertsachen. Ueber diesen Besitz konnte sich Rothmann nicht ausweisen. In die Enge getrieben, gab or an, die Sachen gehörten seiner Braut, mit der er vor kurzem aus Nürnberg nach Stuttgart gekommen sei. Die Erhebungen brachten ans Tageslicht, daß die Lebe­dame in Nürnberg eine.m Herrn bei einem Zärtlichen Beisammensein 2800 M entwendet hatte und daß davon die bei dem Rothmann gefundene Summe herrührte. Man hat demnach in Rothmann den wahren Jakob erwischt.

Zu der Bluttat in Lauffen.

Zu dem Mord und Selbstmord des Arbeiters Käst wird weiter berichtet, daß Käst schon als 18jähriger Bursche wegen schwerer Körperverletzung zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war. Er hatte sich dann dem Trünke ergeben und war als jähzornig bekannt. Der Anlaß zu der Tat war, daß seine 15jährige Tochter, die, wie ihre Mut­ter häufig mißhandelt worden war, gestern ihre Sonntags­kleider anziehen wollte, was der Vater nicht duldete, andern­falls er sie zerschneiden werde. Das Mädchen ging darauf­hin zu ihrem Onkel und bat ihn um Hilfe. Als sie nun miteinander die Treppe heraufkamen, griff der Trunken­bold kurzerhand zum Revolver und schoß, ohne ein Wort zu sagen, seinen Bruder über den Haufen. Sich selbst brachte er drei Schüsse bei.

Betrüger.

Ein über die Dauer der Wirtsausstellung in Schorndorf angestellter Kassierer hat unter Mitnahme einer beträchtlichen Summe Geldes das Weite gesucht. Wie verlautet, soll man seiner bereits habhaft geworden sein. W

Auto-Unfälle.

> Aus Marbach wird berichtet: Ein Zuffenhausencr, mit vier jungen Leuten besetztes Auto fuhr in rasender Fahrt die Strahx bei der Bugmühle herab. Bei der Kurve verlor der Ehauffcur die Herrschaft über den Wagen. Das Auto stürzte die Böschung hinab und überschlug sich. Tie vier Insassen wurden herausgeschleudert und kamen, dank des hohen Graswuchses, mit ganz geringen Schürfungen davon. Das Automobil wurde völlig zertrümmert.

In Dettenhausen wurde ein Ojähriges Kind des Steinbrechers Schmid von dem Auto eines Stuttgarter Fabrikanten niedergcfahren und getötet. Dem Führer des Wagens soll keine Schuld beizumessen sein.

In Schwenningen, wurde der 22 Jahre alte Uhrmacher Reinhold Würthner in der vorderen Neckar- straßje von dem Automobil des Fabrikanten Kienzle über­fahren und so schwer verletzt, daß der Tod bald darauf eintrat. Den Ehauffeur soll keine Schuld treffen.

Beim Bahnhof Landeck sind zwei Automobile zu­sammen ge stoßen. Die Frau des Fabrikbesitzers Becker aus Wartha ist den dabei erhaltenen Verletzungen er­legen.

Seine Ehefrau erschaffe«.

InPforzheim hat der Goldarbeiter Philipp Krim- mrl, Vater von 4 Kindern, seine 37jährige Ehefrau er­schossen. Zwischen den Ehegatten war es zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf die stark angetrunkene Frau ihren Mann zu erstechen versuchte, worauf dieser sie er­schoß. Krimmel hat sich dann selbst der Polizei gestellt.

Erschaffen.

Bei einer Felddienstübung wurde in der Nähe des Bahnhofes Eberstadt (bei Darmstadt) ein Gefreiter des Dragoner-Regiments Nr. 23 durch Unvorsichtigkeit er­schossen. Das mit einer Platzpatrone geladene Ge­wehr eines Unteroffiziers entlud sich und traf den hinter diesem reitenden Mann tödlich. Der Unteroffizier wurde w Haft genommen.

Auch ein Grnnd znm Selbstmord.

In Freiburg erschoß sich in einer Mannschafts- Hube der 2. Kompagnie des Infanterieregiments Nr. 113 der Musketier Enninger. Er hinterließ einen Zettel, auf oem^r mitteilte, daß er sich das Leben nehme, weil er Sozialdemokrat sei und seine Persönlichkeit nicht dem Dienste des Staates zur Verfügung stellen wolle.

Ter Mörder der Frieda Bester verhaftet.

Der Mörder des Dienstmädchens Frieda Bester in Frankfurt ^ Elmehr in der Person des 19 Jahre alten Weißbinders chupp ermittelt und festgenommen worden. Rupp hat die g Er gibt folgende Schilderung der Tat: Am

^ ss , Hobe ich bei dem Professor als Weißbinder gearbeitet, ssft lF»te ich die Bester kennen und unterhielt mich mit ihr.

^ ob sie mit mir ansgehen wolle, was sie bejahte. gi,sE^"i>redeten am Nachmittag des zweiten Pfingstfeiertags ein Die Bester forderte mich auf, sie von der abzuholen. So ging ich denn, ohne inzwischen von ibr m öu lassen, am Pfingstmontag um ^2 Uhr direkt zu Mansarde hinauf. Ihre Tür stand auf; die Bester ilirm, batte die Halskette um und wollte sich eben

Ma, .'i^T^.äumachen. Ich ging hinein und begrüßte sie.- Sie Wort« ^fschfinen sehr erfreut und sprach init mir einige

kion!, kniete ich mich daneben, faßte mit der linken

vanv an die Wand und

hackte" dann mit dem Messer auf sie

Mansarde .PMrch, ohne zu stehlen, aus der

Hände die Tur zu r

v nve und den Dolch von dem Blut.

die Tur zu und wusch im Klosett die Wik an,- 7 ?"^ uvn dem Blut. Meine Kleider waren

bestin, Darnach stürzte ich aus dein Hause und

der Allee-Thüringerstraße einen Wagen

hier an« ^Eahnlmie Z und fuhr nach der Hauptwache. Von begab ich mich nach dein Ostbahnhof, wo ich in einer

«in-^ ../fish. Packte sie von vorn an die Arme und machte tztzr äinae ni»/"^?' Antrag. Sie stieß mich zurück, sagte, das komm- '"Ä' rief mir zu, ich solle machen, daß ich heraus- geriet ich so in Wut, daß ich meinen Dolch ibr «in,» D??-schr^ sie laut auf, und ich oersetzte tanm^li» i " ben Leib. Sie schrie nochmals laut,

Fußboden" Nui^^ sa"k dort ^ heckender Stellung auf den

H°nd an die Wan olmdlmgs herein.

Wirtschaft zu Mittag. Abends war ich dann noch' in einer Wirtschaft der Graubcngasse und ging dann um 9 Uhr nach Hause in mein Logis. Diese Darstellung wird nicht für glaub­haft gehalten. Zunächst ist es nicht wahrscheinlich, daß sich die 26 Jahre alte Bester mit einem blutjungen 19 Jahre alten, bartlosen Menschen zu einem Ausflug an Pfingsten verabredet hat. Mit keinem Wort hat sie davon zu ihrer Freundin, dein Dienstmädchen aus dem benachbarten Spezereigeschäft, gesprochen. Sie wollte mit ihr um 2 Uhr einen Ausflug unternehmen. Rupp war völlig mittellos, seit sieben Wochen war er das Lo- gisgeld schuldig geblieben. Sehr verdächtig ist nach Ansicht der Polizei ferner, daß Sperrhaken und einige Messer im Besitz des Rupp gefunden wurden! In letzter Zeit sind viele Mansarden­einbrüche verübt worden, und es ist nicht ausgeschlossen, daß Rupp sich als Einbrecher versucht hat. Die Polizei hält es für ausfallend, daß der Mörder nach der Tat mehrere Wirtschaften ausgesucht Und dabei für seine Verhältnisse ziemlich viel gebraucht hat. Unter seinen Sachen fand man, in einen Tuchlappen eingewickelt, eine silberne Damenuhr, deren Herkunft noch nicht ermittelt ist.

Verhaftet.

Ans Berlin wird gemeldet: Wegen Wechselfälsch­ungen ist der Direktor Harßfeld bei dem Boese-Akkumu- latoren- und Elektrizitätswerk in Untersuchungshaft ge­nommen worden.

Schiffsunfälle auf dem Rhein.

Gestern vormittag fuhr das BootTriton" Mann- 'jeim mit dem SchiffRaab Karcher Nr. 12" zu Berg. Die Backsteinnachen der Schiffer Siwl-Leimersheim und Brande-Speycr trieben bei Altlußheim vor das Schiff und sanken sofort. Zwei Mann der Besatzung der Nachen retteten sich durch Schwimmen an das Land, fünf Perso­nen wurden durch das Schiffspersonal gerettet, während zwei Mann ertranken. Der Schleppzng blieb bis zum Eintreffen der Behörde oberhalb der Unglücksstelle liegen.

Deckeneinsturz im Schwimmbad.

In der mit einem Kostenaufwand von über 1 Mil­lion Mark errichteten und erst kürzlich eingerichteten Badeanstalt im Kölner Vorort Ehrenfeld kürzte im Schwimmraum am Freitag Nachmittag die Deckd ein. Beigeordneter Dr. Wirsel gab in der Stadt­verordnetensitzung folgendes darüber bekannt: Die Be­tondecke des Bades, das erst am 1. April eröffnet worden ist, stürzte um 51/2 Uhr zum Teil ein. Das Schwimm­bassin war vorzugsweise von Schülern und zwar Gym­nasiasten besetzt. Ein 17jähriger Gymnasiast wurde getötet aus dem Bassin gezogen, drei weitere schwer verletzt in das israelitische Asyl geschafft. Die übrigen Kinder stoben fast nackt oder nur mit Badean­zügen bekleidet aus die Straß,e und das war ihr Glück, denn nach zehn Minuten stürzte auch der übrige Teil der Decke ein. Ueber die Ursache ist bis jetzt noch nichts sestgestellt. Die Badeanstalt ist vorläufig gesperrt. Es ist eine genaue Untersuchung angeordnet worden. Nach Mitteilungen derK. Z." über die Katastrophe waren im Augenblick des Unfalls 20 bis 25 Leute im Bad. An der Betondecke, die bereits seit anderthalb Jahren'vollständig fertiggestellt ist, haben sich seit einigen Tagen Risse ge­zeigt, die von den Badewärtern bemerkt, sofort an die Badeverwaltung und die Bauleitung gemeldet worden sind, welche sofort eine Untersuchung durch den Bauunterneh­mer veranlaßt haben. Man hat die Risse anscheinend für harmlos gehalten, wollte sie jedoch ansbessern. Der Unternehmer ist noch eine Stunde vor dem Einsturz mit seinem Polier aus dem Dach über der Decke anwesend gewesen. Der tödlich verunglückte Schüler, dessen Leiche schwere Schädelverletzungen zeigt, war Obersekundaner.

Bukkan-Ausvrnch.

Aus Seward (Alaska) wird berichtet: Der Dam­pferDora" kam am Sonntag Nachmittag vollständig mit Asche bedeckt an. Die Besatzung und die Passagiere hatten den Ausbruch des Vulkans Katmai auf den Aleut- ischen Inseln beobachtet. Sie glauben, daß mehrere Fi­scherdörfer an der Meneng? von Schebikow zerstört wor­den sind. Nach der furchtbaren Explosion fielen Felsstücke und Asche auf das Land und verdunkelten die Sonne. Obwohl der Dampfer 70 Meilen von dem Orte der Ex­plosion entfernt war, herrschte um vier Uhr nachmittags völlige Finsternis. Ein Aschenregen ging nieder und be­deckte das Deck des Schiffes in dichten Mengen. Tie Passagiere sind infolge der erstickenden Atmosphäre er­krankt.

Lustschiffahrt.

Baden-Baden» 10. Juni- Das LuftschiffSchwaben" unternahm heute früh eine Ausfahrt, die nach Karlsruhe und Lauterburg ging. An Bord befanden sich die Königin von Schweden und Prinz Rangsit von Siam. Auf der Rückfahrt kreuzte dieSchwaben" längere Zeit über Baden-Baden. Als sich das Schiff gerade über dem Schloß befand, warf die Kö­nigin von Schweden Rosen herab, als Gruß für ihre dort woh­nende Dtutter, die Großherzogin-Witwe Louise von Baden. Das Luftschiff wandte sich dann zwischen Iburg und Fremersberg der Halle zu, vor der es 10 Uhr 20 Min. eine glatte Landung vollzog. Die Königin sprach sich in höchsten Worten des Lo­bes über die unvergeßlichen Eindrücke der Fahrt ans. Sie sandte an den Grafen Zeppelin ein Telegramm and versprach mich, den König von Schweden für eine demnächstige Fahrt be­wegen zu wollen.

Vom Fernflug Berlin-Wien.

Wien, 10. Juni. Hirth.,der 3 Uhr 7 in Breslau auf­gestiegen und 6.3 Uhr auf dem Flugfeld Aspern ge.landet war, hat demnach die Strecke Breslau-Wien in 2 Stunden 54 Mi­nuten znrückgelegt. Ueber die Fahrt erzählen die beiden Flie­ger, es sei ihr Bestreben gewesen, sich möglichst hoch über den Wolken halten, um so von allen Windströmungen und an- deren Zufälligkeiten unabhängig zu sein. Sie flogen deshalb im allgemeinen in einer Höhe von 2100 Meter. Hierbei orien­tierten sie sich nach der Sonne, später nach dem Altoalcrgebirge und dann nach den Tälern der Flüsse, die sie passierten. Das Marchfeld ließen sie links liegen und gegen ^6 Uhr glaubten sie i»b er Nähe von Aspern zu sein. Sie gingen auf 600 Meter herunter, kamen jedoch über Gänserndorf hinaus und gewannen dann erst die Richtung wieder, als sie sich nach den Gleisen der Nordbahn richteten. Der 'Motor ging ausgezeich­net und ist vollkommen in Ordnung. Beide Aviatiker befin­den sich in vorzüglicher Verfassung. Spater erschienen die offi­ziellen Persönlichkeiten, darunter Graf Kageneck von der deut­schen Botschaft. Alle übrigen Flieger hatte» unterwegs Defekte zu verzeichnen und mußten wiederholt landen.

Breslau, 10. Juni. Czaskay ist mit Oberleutnant Nietner um 5.28 Uhr zum Weiterflug nach Wien aufgestiegea.

Guben, 10. Juni. Krieger ^ der mit Oberleutnant Bertram um 4s/t Uhr in Groß-Breesen aufgestiegen war, ist nach kurzem Flug in Kanig, Kreis Guben, wieder gelandet.

Gerichtsaal.

Stuttgart, 7. Juni. Wilhelm Hummel von Hausen, seines Zeichens ein Schneider, wurde am 15. April in einem Hause der Charlottenstraße unter verdächtigen Umständen betroffen. Mau sah ihn als des Diebstahls verdächtig an, nahm hei ihm eine Durchsuchung vor und fand eine Uhr und eine Halskette, die ani 13. April in Cannstatt einem Dienstmädchen aus ihrer Kammer gestohlen worden waren. Nun behauptete er, daß er die Sachen schon vor drei Jahren gekauft habe. Das Mäd­chen kann aber mit Bestimmtheit sagen, daß die Uhr und dis Halskette ihr Eigentum sind. Am 6. Mai hat er weiter in Cannstatt in einer Kammer zwei Koffer geöffnet, ohne darin stehlenswertc Gegenstände zu finden. In diesem Fall will er> da er schwermütig gewesen sei, nur «ine Pistole gesucht haben, um sich damit zu entleiben. Er ist ein vielfach vorbestrafter Dieb. Am 18. Februar ist er ans dem Zuchthaus entlassen worden, in das er nun wieder nach dem Spruch der Straf­kammer auf 21/2 Jahre abgeht.

Stuttgart, 7. Juni. Mechaniker Karl Jung, 21 Jahre alt, hat hier im Laufe von drei Monaten gegen 30 Einbruch­diebstähle in Magdkammern und Wohnungen begangen. Recht erhebliche Werte hat er sich zugeeignet. So fielen ihm bei einem Einbruch in eine Wohnung in der Rosenbergstraße 300 Mark und Schmucksachen im Wert von 280 Mark in die Hände. Die Diebsbeute gestattete ihm ein flottes Leben. Die Einbrüche in die Wohnungen hat er meistens nachmittags verübt. Die verschiedensten Stadtteile hat er heimgesucht. Einen großen Teil der gestohlenen Uhren n. Schmucksachen hat er in den Silber­burganlagen und im Hasenbergwald versteckt. Der Polizei hat er die Verstecke gezeigt, aber nur an einem wurde noch ein Paket mit Schmucksachen gefunden. Kameraden von dem Ein­brecher wußten die Verstecke, sie haben ohne Zweifel die übrigen Gegenstände geholt. Von den 30 Diebstählen waren 16 unter Anklage gestellt, in den übrigen Fällen wurde das Perfahren vorläufig eingestellt, da sie bei der Strafbemessung nicht mehr erheb lick in Betracht gekommen wären. Die Strafkammer ver­urteilte den gefährlichen Einbrecher zu 6 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust. Seine Geliebte, die Fabrikarbeiterin Luise Kübler, erhielt wegen Hehlerei 2 Monate Gefängnis, die als durch die Untersuchungshaft verbüßt gelten.

Eine Soldatentragödie.

Dresden, 6. Juni. Eine Soldatentragödie kam vor dem hiesigen Kriegsgericht zur Verhandlung. Der ehemalige Soldat Müller von der 5. Kompagnie des 102. Jrisanterie- Regiments in Zittau wurde, trotz seiner krankhaften Veranlag­ung und obgleich auch der Arzt schwere Neurasthenie fest- gestellt hatte, znm Dienst etngezogen. Dem Hauptmann war lediglich aufmerksame Beobachtung Müllers empfohlen. Na­türlich konnte dieser den Dienst nicht vorschriftsmäßig aus­führen. Er beging allerlei Ungeschicklichkeiten und galt bald als ein widerspenstiger Mann. Wegen einer Kleinigkeit .kam er in Arrest, in dem er die Sprache verlor, die erst langsam wiederkehrte. Die Disziplinwidrigkeiten häuften sich schließlich derart, daß man an her Zurechnungsfähigkeit Müllers zwei­felte; er wurde ärztlich beobachtet und schließlich als dienst­untauglich.entlassen. Hinterher leitete man jedoch noch ein Strafverfahren wegen der während seiner Dienstzeit be­gangenen .Disziplinwidrigkeiten gegen Müller ein und nahm ihn in Haft. Die Verfehlungen des unglücklichen Menschen bestanden darin, daß er einmal trotz Befehls den Schrank nicht geöffnet, die Halsbinde nicht abgenommen, Marschübungeu zmd Ehrenbezeugungen falsch gemacht und dazu gelacht hatte. Ein tätlicher Angriff wurde darin erblickt, daß er einmal einem Unteroffizier einen Leibriemen aus der Hand gerissen hatte. In der Verhandlung machte Miller den Eindruck eines stark Minderwertigen. Zwei ärztliche Sachverständige stellte» schwer«! Neurasthenie fest; ein Stabsarzt bekundete, die Handlungen des Angeklagten seien nicht als Traumhandlnngen anzuseheu, auch liege ausgesprochene Geisteskrankheit nicht vor; Z 51 könnt! also nicht angewendet werden. Doch sei Müller vermindert zurechnungsfähig, hochgradig nervös und schwer neurasthenisch In einigen Fällen sei die ^Verantwortlichkeit zweifelhaft, in an­deren jedoch nicht. Das Kriegsgericht verurteilte den Kranken wegen einfachen Ungehorsams zu fünf Tagen mittleren Arrests und erklärte die Strafe durch die ausgedehnte Untersuchungs­haft für varbüßt.

Handel und Volkswirtschaft.

Larrdesproduktcnbörse Stuttgart.

Bericht vom 10. Juni 1912.

Die ruhige Stimmung auf dem Getreidemarkt hat fast die ganze Berichtswoche angehalten und erst, in den letzten Tagen trat eine wesentliche Befestigung ein, da einerseits das dringende Angebot von Argentinien und Kanada nachgelassen und Anderer­seits nicht allein Deutschland, sondern auch Frankreich und Eng­land stärker als Käufer auftreten. Die feuchtwarme Witterung ist für den Saatenstand, günstig, jedoch wäre jetzt trockenes Wetter erwünscht, da auch die Heuernte begonnen hat. Auf heutiger Börse, sowie auch unter der Woche zeigten unsere Mühlen etwas mehr Kauflust und kamen mehrfach Abschlüsse hauptsäch­lich in Laplataweizen zustande. Wir notieren per 100 Kilo­gramm: Weizen württ. 24.2524.75 Mark, fränk. 24.2524.75 Mark, Rumäuier 25.2525.75 Mark, Ulka 25.5026 Mark, Sa- xouska 25.5026 Mark, Azima 25.5026 Mark, Laplata 24 bis 25 Mark, Kernen 24.2524.75 Mark, Roggen nom. 22 Mark, Frittergerste 19.5019.75 Marsi.Hafer 22.2522.75 Mark, Laplata 20.5021 Mark, Mais Donau 18.2518.50 Mark-^ Ta- selgries S535.50 Mark, Mehl Nr. 0: 3535.50 Mark. Nr. 1: 3434.60 Mark, Nr. 2: 3333.50 Mark, Nr. 3: 31.5032 Mark, Nr. 4: 2828.50 Mark, Kleie 1313.50 Mark.

* - , Bon -er Imkerei.

Infolge der günstigen Ueberwinterung wären die Bie­nenvölker ziemlich stark und mit wenigen Ausnahmen recht gesund und reich an Futtervorräten in den Frühling ein- getreten. Günstige Flugtage im März und April mit reicher Blütenstaubtracht begünstigten eine frühzeitige Ent­wicklung und wo die Völker im Stocke init lauwarmem Wasser mittels Schwamms durchs Spundloch versehen wur­den, hatte Man auch an ranheu Tagen wenig über Flng- biencnverlust zu klagen, so daß auf.einen baldigen Er- trag an Schwärmen und Honig zu ,hoffen war. Allein! der Mai hat nach der bekannten Wetterregel den Wald verlassen, wie et ihn angetreten hat. Tie ^ersten 4 und die letzten 10 Tage zeichneten sich entweder durch starke Westwinde oder, was ebenso nachteilig ist, durch trockene Ostwinde aus, so daß trotz Tau und anderer' Nieder­schläge alle Honigqnelleil versiegten. Dazu traten noch die Kälterückschläge-, die den Bruteinschilag nicht nur hemmten, sondern sogar lahm legten. Zur Zeit der Zu­nahme vom 5. bis 15. Mai zeigte der Wagstock nur ein­mal, am 11., eine Zunahme von ZOO Gramm, sonst nur je 200 Gramm, Mitte Mai glänzte auf den hintern Wa­ben neuer- Honig und da und dort.fiel ein Maischwarm, von dem gber Heuer nicht der alte Spruch gilt: Ein Schwarm im Mai Ist wert ein Fuder Heu. Die zweite Hälfte des Mai brachte statt Zunahme nur Abnahme- Wo­her sollten die Schwärme das Nötige zum Unterhalt, zunt Bauen und zum Bruteinschlag nehmen? Sie mußten ge-? füttert werden, Hamit sie nicht verhungerten. Aehnlich lvar es bei den Standvslkern. Die neueingetretenen Vor­räte verschwanden fast ganz. Eingehängte Mittelwändo wurden nur unvollkommen und gar nicht ausgebaut.