Luftschiff ahrt.

> Mannheim, 4. April. Ns LuftschiffSchwa- L-von Oos und dieViktoria Luis e" von Frank- infolqe Verabredung heute mittag über Mann- Lim zusammen. Die Luftschiffe, die mit Fahrgästen beseht waren kreuzten über Mannheim und Heidelberg und. sich- , dann an ihren Ansgangsort zurück. NeSchwaben" E- um 10 Uhr, dieViktoria Luise" um 10.15 aufge- Sieaeu, erstere war um 1.40 wieder in Oos, letztere um zM in Frankurt.

Vermischtes.

^cr Liebesroman des Prinzen Hohenlohe.

Vor einigen Tagen wurde berichtet, daß der Prinz

Lohmlohe-Schillingsfürst sich mit der geschiedenen Gattin des Rechtsanwalts Freund in Prag vermählen werde. Mer Viesen Vorgang, der in Prag das Tagesgespräch Mdet, wird demBerl. Lokalanz." aus Prag geschrieben:

Vor einigen Jahren erschien der Fregattenlentnant Prinz Egon Hohenlohe-Schillingsfürst in einer Parterre- hae des Deutschen Theaters und seine Blicke fielen auf eine in den Fauteuilreihen sitzende elegante Dame, die den in der schmucken Marineuniform gekleideten jungen Prin­zen so anziehend fand, daß sich vorerst gegenseitig ein Spiel Mt den Operngläsern entwickelte. Es dauerte nicht lange, M die elegante junge Frau lernte den Prinzen Hohen­lohe kennen und machte ihn mit ihrem Gatten, dem Prä­ger Rechtsanwalt Freund, bekannt. Der Prinz, ein char­manter. weitgereister junger Mann, verkehrte bald daraus im Hause des Rechtsanwalts, und man sali ihn und das Ehepaar im Theater, bei Konzerten, Vergnügungen stets beisammen, was natürlich! Lästerzmrgen Stoff zu ein­gehender Beschäftigung bot. All die offenen und versteck­en Malicen und Klatschereien vermochten jedoch in den schönen T-reiklang keinen Mißton zu bringen, der Prinz verkehrte im Haufe des Rechtsanwalts wie zum Hause gehörig, begleitete im Winter die schöne Frau zu den Eislausplätzen, spielte im Sommer Tennis znit ihr und entwickelte sich! zu einem Hausfreunde, auf den man unter Mm Umständen zu rechnen vermochte.

Von seinen Kreisen hatte sich der Prinz fast völlig zurückgezogen und beschränkte seinen Verkehr auf das heim des Rechtsanwalts und jedes bei Angelo Neumann, in dessen Proszeniumsloge im Theater und bei dessen Routs er zu sehen war; sonst befand er sich stets in Begleitung der schönen Frau, und die Lästerzungen kümmerten ihn nach wie vor nicht im geringsten.

Mit der Zeit wurde aus der Freundschaft Liebe, die daraus bedacht war, die hindernden Schranken auf gesetz­lichem Wege zu beseitigen. Es kam zu einer Aussprache cht dem Rechtsanwalt. Das Ergebnis war eine Lösung der Ehe, da der Prinz den Entschluß gefaßt hatte, dis Erwäklte seines Herzens zum Traualtar zu führen.

Von da an sah man nicht mehr das harmonische stteieck die gemeinsamen Promenaden unternehmen. Die schöne Frau, die über eine sehr große Mitgift verfügt hatte sie stammt aus einem sehr angesehenen und sehr reichen israelitischen Wiener Hause sicherte pekuniär die Zukunft ihres Sohnes, der bis zu seiner Großjährig­keit i» der Obhut des Vaters bleibt, bezog eine andere Wohnung, und der Prinz hielt sich fortab in der der künftigen Gattin schuldigen respektvollen Entfernung und betrieb die nötigen Schritte zur Trauung, sie natürlich Mch einen Glaubenswechsel der ehemaligen Lldvokaien- zattin bedingen.

Bon seiten der Familie und der Verwandtschaft des Prinzen wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, gm die geplante eheliche Verbindung des Prinzen mit der ge­schiedenen Frau zu Hintertreiben, doch alle Versuche hierzu Miesen sich vergeblich. Ne Mutter des Prinzen stellte sich in dem Herzenskonflikt des Sohnes schließlich auf dessen Seite. So endete schließlich dieser Liebesroman mit einem freundlichen Akkord.

Die neue Opferwoche »er Srrffragettes.

Bor einiger Zeit hatten wir über eine Qpferwoche der Suffragettes in Newyork berichtet, in der sich die Leitbaren Anhängerinnen des Frauenstimmrechts gewisse Entbehrungen auferlegten, indem sie z. B. während einer Woche auf den Kauf von Toilettengegenständen verzich­teten und das Geld dafür den Kassen der Frauenorgani- fationen zuwandten. Jetzt aber wollen sie durch ein un­erhörtes Opfer beweisen, daß sie für große Ziele auch die Müßten Entbehrungen auf sich nehmen können: sie haben beschlossen, in diesem Jahre auf die Frühlingsfreude eines schönen neuen Osterhutes zu verzichten, um das so ersparte Geld der Parteikasse zuzuwenden. Eine Woche «ng wollen sie dann barhaupt auf den Straßen erschei­nen und die Männer durch dieses Phänomen zum Nach­denken anregen. Zu Gunsten dieses Planes wird auch noch geltend gemacht, daß der große Schaden, den die yutindustrie durch diese Selbstverleugnung der Suffra- Uttcs erleiden wird, sich gleichsam in einen politischen Druck umsetzen werde, denn es werden, so meinen die Frauenrechtlerinnen, auf die Häupter der Senatoren Pro­teste und Beschwerden nur so herabregnen. Wenn man wie tief die Newyorkerin in ihren Beutel zu greifen fttegt, um am Osterfest mit einem schmucken neuen Früh- iahrshut zu erscheinen, so muß man vermuten, daß der Porteikasse der Suffragettes Millionen zufliehen werden.

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Die Rache des Persers.

Bor dem Bezirksgerichte in Baku kam letzter Tage ^Prozeß gegen den fünfzigfachen Millionär, Naphta- tonig und Diktator der Bakuer Börse, Ehrenfriedensrich- . und wirklichen Staatsrat Seinal Abdin Tagijew, min, früheren persischen Lastträger, zum Abschluß. Der Sachverhalt, der dem Prozeß zu Grunde Liegt, ist solgen- ver: Tagijew verdächtigte seinen Ingenieur Bebutow,

er ihn mit seiner Frau betrüge. Er lud ihn eines Ta- dch zu sich ein und lockte ihn in das Schlafzimmer, ^aggew öffnete die Tür, ließ den Ingenieur eintreten "d schloß die Tür dann hinter sich ab, hierauf rief er aus: "Haut den Lumpen ordentlich durch!" Nun traten der husche Prinz Masur Mansur, mehrere Offiziere und Tagixews durch eine Nebentür ein und fielen über Oku sich anfangs zur Wehr fetzenden Ingenieur her, den sie

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Das Herz der Sechs-Tage-Fahrer.

Zur wissenschaftlichen Feststellung des Einflüsse ^ außerordentlicher Körperanstrengungen auf den Herzmuskel eignen sich sportliche Veranstaltungen, wie tagelang dauernde Radrennen, rErziig- lich. Darum wurden auch bei dem jetzt im Berliner Sportpalast zu Ende gegangenen Sechs- Tage-Rennen umfangreiche Vorkehrungen getroffen, diesen Einfluß festzustellen. Es war hierzu ein großes Röntgenlaboratorium aufgestellt, das mit den besten Apparaten ausgestattet ist. Zu Beginn des Rennens wird die Herzgröße bei jedem Fahrer radiologisch bestimmt und dann «erden in angemessenen Zwischenräumen wiederholte Herzaufnahmen gemacht. So hat man für jeden Fahrer die Beeinflussung des Herzens während der sechstägigen Arbeit, die sich durch di« veränderte Herzgröße kundgibt, bildlich festgelegt. Neben diesen Röntgenbildern wird jedesmal auch die Herzgröße zeichnerisch fixiert. Eine solche Herzaufzeichnung des bekannten Rennfahrers Rütt während der Röntgendurchleuchtung ist im Bilde vorgeführt.

(Phot.: Elektrizitätsgesellschaft Sanitas-Berlin.)

bald zu Boden gerungen und gebunden hatten. Während Bebutow aus das grausamste mißhandelt wurde, rief Tagi­jew seine Frau und Frau Bebutow herbei und setzte in ih­rer Gegenwart die Mißhandlungen fort, Tagijew, der den ganzen Vorgang leugnet und ihn als eine Erfindung des überspannten Bebutow hinstellt, ist durch Zeugen­aussagen überführt worden. Das Bezirksgericht verur­teilte den Naphtakönig wegen Mißhandlung und Folterung zu zweieinhalb Jahren Arrestantenkom­panie, die er in dem von ihm selbst erbauten und dem Staat geschenkten Gefängnis verbüßen muß. Alle übrigen an der unmenschlichen Folterung beteiligten Personen, da­runter der persische Prinz Mansur, wurde zu je zwei Jahren Arrestantenkompanie verurteilt.

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zwanzig Jahremitteleuropäische Zeit".

Man schreibt der Fr. Ztg.: Am 1. April waren es zwanzig Jahre her, daß diemitteleuropäische Zeit" eingeführt wurde. Es war ein harter Kampf, bis es dahin kam, bis bei uns die Uhren plötzlich um dreizehn und mehr Minuten weiter gerückt wurden, bis in den Eisen­bahnfahrplänen die Berliner, Münchener-, Prager, Buda- pefler und andere Zeiten verschwanden. Die mitteleuro­päische Zeit basiert, wie bekannt, auf der Zonenzeit, die Zone zu fünfzehn Graden gedacht und dabei die Ein­teilung des Erdkreises in 360 Grade zu Grunde gelegt. Bei der Einteilung ward der Meridian von Green­wich als Null Meridian angenornmen. Alle Orte, die in eine solche Zone fallen, sollten zu gleicher Zeit Mittag haben und überhaupt in ihren Zeitangaben übereinstim­men. Nr Uebergang von einer Zone zur anderen nach der östlichen Richtung setzt danach das Vorrücken der Uhr um eine volle Stunde voraus, cvährend sie nach westlicher Richtung um eine Stunde zurückzustellen ist. Ter N'or- malmeridian für die zweite Zone, d. i. für das ganze Deutsche Reich, für Oesterreich-Ungarn, die Schwerz, Schweden, Norwegen und Dänemark, Italien, Serbien und Griechenland ist der fünfzehnte Grad, der über Stargard geht, sechs Zeitminuten östlich von Berlin, und der die gedachte Route von Bornholm bis Görlitz berührt, dabei östlich von Prag und von Salerno liegt. Man hielt nicht viel von der Neuerung, als sie eingeführt wurde, aber heute nach zwanzig Jahren darf gesagt werden, daß sich die mitteleuropäische Zeit namentlich im Verkehr bewährt hat. Freilich sind jetzt noch nicht alle Schlußfolgerungen aus dieser Zeitrechnung gezogen, und namentlich der Schul- und Bureau-Anfang im Höhepunkte des Winters bebautet für acht Uhr morgens in mitteleuropäischer Zeit einen Arbeitsbeginn vor Sonnenaufgang. Viele Unzuträglich-- keiten verschwanden bei uns mit der Annahme der mittel­europäischen Zeit, nicht zuletzt im Telegraphendienst, der unter Einbezug des telephonischen Verkehrs namentlich in den zwei letzten Dezennien eine gewaltige Ausdehnung angenommen hat. Als der deutsche Reichstag die geplante Neuerung guthieß, da empfahl sie kein Geringerer als der Abgeordnete Graf v. Moltke. Diese Rede cvar die Schwanenrede" des greisen Strategen als Volksvertreter. So mancherlei Vorschläge wegen einer verbesserten Zeit­rechnung man auch in den letzten 20 Jahren gemacht hat, man kam über das Stadium des Vorschlags nicht hinaus. Weder die Rechnung von ein bis vierundzwanzig Stunden Pro Tag, noch das Vorrücken der Zeit im Sommer (nach englischem Vorschläge), noch die Verbesserung des Kalen­ders überhaupt, dazu die Festlegung des Ostertermius, gedieh über die Diskussion Humus, weshalb der 1. April 1892 auch weiterhin der letztegroße Tag" bleckt, an dem inbezug aus Zeitrechnung etwas Entscheidendes in Vollzug gesetzt wurde. Wie bei ähnlichen Reminiszenzen geht es auch bei derjenigen der mitteleuropäischen Zeit man staunt angesichts ihres zwanzigsten Geburtstages, daß sie schon so alt ist und daß es so lange brauchte, bis sie tat­sächlich kam. Das Jubiläum, das wir jetzt feiern, gilt allerdings zunächst nur für Süddeutschland. Im Bereich

des Vereins deutscher Eisenbahiwerwaltungen wurde be­reits seit dem 1. Juni 1891 nach dieser Zeit gerechnet, doch nur im inneren Eisenbahndienst. Vom 1. Oktober 1891 ab rechneten Oesterreich-Ungarn, vom 1. April 1892 ab auch Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß-Loth­ringen im äußeren Eisenbahndienst nach mitteleuro­päischer Zeit. Das Reichsgesetz betreffend die Zeitrechnung im bürgerlichen Leben ist vom 12. März 1893 datiert, und speziell auf norddeutschen Eisenbahnen gelangte die M. Z. im äußeren Eisenbahndienst erst am 1. April 1893 zur Einführung. Könnte man außer der Zeitrechnung nicht auch noch gar viel vereinheitlichen und sich dabei die Le­bensverhältnisse vereinfachen?

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Bolkskalender 1849.

In der April-Nummer derSüddeutschen Monats­hefte" veröffentlicht Frieda Port auf Grund ungedrnckter Dokumente einen Aufsatz überHermann Lingg in den Revolutionsjahren". Der Dichter befand sich in dieser Zeit in einer schwierigen Lage, da ihm seine Stellung als bayrischer Militärarzt eine konservative Gesinnung sozusagen zur Pflicht machte, während seine ganze Sym­pathie doch den Männern gehörte, die für Recht und Freiheit kämpften. Lingg mußte gar im Jahre 1849 mit seiner Truppe in das südbadische Aufstandsgebiet ein- rücken und litt unter den standrechtlichen Erschießungen auf den Wällen der Festung derart, daß er schwer gemüts­krank wurde und nach München ins Militärspital ver­bracht werden mußte. Damals entstanden eine Anzahl politischer Gedichte, in denen Lingg seiner Trauer um die Niederlage der Freiheitskämpftr Ausdruck gibt; so« das folgende:

Bolkskalender 1849.

Dein Februar, Frankreich, ist auf und davon, Mpoleon griff nach dem Kaiserthron.

Der März ist erschossen, er dachte zu frei,

Er mordet zu Rastatt auf einer Bastei.

. Fs blühten dafür im April uns schon

Die Disteln und Nesseln der Reaktion.

Aufs schönste prangt Alles in Pulver und Blei Im wunderschönen Monat Mai.

Im Juni, Juli und gar im August Lag's drückend und schwül auf jeder Brust.

September hat tüchtig abgemäht,

Dm Wind kam über die Stoppeln geweht.

Und als das Laub siel blutig rot,

Waren alle Blumen der Freiheit tot.

Die DnrHschnittsohrfeige.

Vor dem Kriegsgericht der 20. Division zu Braun­schweig war ein Unteroffizier vom 17. Husarenregiment der vorschriftswidrigen Behandlung eines Husaren ange­klagt, dem er eine derartige Ohrfeige gegeben hatte, daß dessen Trommelfell sprang. Bei seiner Vernehmung be­hauptete der Angeklagte, im Recht gewesen zu sein, denn der Husar habe einen von ihm gegebenen Beseht nicht erfüllt. Uebrigens habe er denr Mann quch nur eine Durchschnittsohrfeige" gegeben. Auf die erstaunte Frage des Vorsitzenden, was denn eigentlich eine Durch schnitts­ohrfeige, sei, erklärte der Angeklagte den Ausdruck dahin, das sei eine Oehrfeige, bei der man nicht besonders fest Zuschläge. Nr mißhandelte Husar bekundete, daß der An­geklagte ihm nicht freundlich gesinnt gewesen sei und daß er nach dem Schlage längere Zeit Schmerzen gehabt habe. Nach dem Gutachten eines militärischen Sachverständigen hat die Verletzung des Trommelfells für den Geschlagenen keine dauernd nachteiligen Folgen gehabt, der Mann ist vielmehr nach der Überzeugung hes Sachverständigen völlig ausgelMt". Der Gerichtshof zrcchm auf die Er­regung des Angeklagten Rücksicht und verurteilte ihn nur; zu elf Tagen Wittelarrest.