Ausland.
Gaillaux über das Marokko-Abkomme«.
Dle französische Deputiertenkammer verhandelt immer noch das M a r o k k o ab kom m en. Am Montag ist Ministerpräsident Laillaux zum Wort gekommen. Er verteidigte den Vertrag indem er u. a. ausführte:
„Der Wert des Abkommens geht aber über unser afrikanisches Reich hinaus. Unsere Freunde und unsere Verbün- deten billigen den Vertrag, weil er Frankreich wie Deutschland zum Vorteil gereicht, und es fehlt bereits nicht an Ereignissen, welche beweisen, daß er Frankreich nicht schädlich ist. Jedesmal, wenn derartige Verträge der Volksvertretung vorgeschlagen werden, stoßen sie auf Widerstand und Tadel; denn die Geschichte eines großen Volkes läßt sich nicht ohne Kritik und ohne Widerstand machen. Der Vertrag über Marokko bringt eine Diskussion zum Abschluß, die sich jahrelang immer wieder zwischen zwei Völkern erhob, welche auf gegenseitige Achtung angewiesen sind und auf ein Einvernehmen zum Wohle der ganzen zivilisiert«, Welt. Frankreich hat eine Aktionsfreiheit erlangt, deren es sich neben seinen Verbündeten und Freunden bedienen kann für die Erhaltung des Friedens und den Fortschritt der Zivilisation in der Welt. Diese Politik des Friedens hat die Regierung im Namen Frankreichs zu ihrer Richt- chnur genommen, und Frankreich wird sie auch weiter sort- etzen, gestützt auf eine starke militärisch« Macht und auf einen oliden Kredit. Diese Friedenspolitik ist die moralische Stärke Frankreichs wie die jedes großen Volkes, das eine große Ge- chichte besitzt. Die äußere Politik des Landes bedarf einer esten Einigkeit und der Konsequenz, und das französische Volk 'sat uns durch seine bewundernswerte Haltung während dieses Sommers darin bestärkt, der leitenden Idee unserer auswärtigen Politik zu folgen. Diese Haltung des Volkes war unsere ftsteste Stütze und sicherster Führer."
Die Kammer hatte die große Rede mit gespanntester Aufmerksamkeit angehört; die letzten Wendungen wurden von stürmischem Beifall begleitet.
Iaures sprach gestern. Er sieht zwischen dem marokkanischen Traum und dem erzielten Ergebnis ein ungeheures Mißverhältnis. Der französischen Diplomatie fehle es an Klugheit und Bescheidenheit. Nichts war besser als die Wiederversöhnung Frankreichs mit Italien und England. Aber es war ungeschickt, daß man die Empfindlichkeit Deutschlands in dieser Beziehung geweckt hat. Deutschland hat das Mißgeschick gehabt, immer eine Großmacht zu sein, die zu spät gekommen ist. Die deutsche Diplomatie ist nicht von Vorwürfen freizusprechen. Sie hat manchmal ein brüskes Verhalten an den Tag gelegt, aber sie hat Mäßigung bewahrt, auf die es ankommt. (Beifall auf der äußersten Linken; lebh. Widerspruch aus zahlreichen Bänken.)
*
England, Italien nnd die Snlnm-Bncht.
Die türkische Regierung hat, wie gestern gemeldet wurde, den an der ägyptisch-tripolitanischen Grenze gelegenen HasenvonSolum in aller Form an Aegypten abgetreten, und die ägyptische Regierung hat bereits durch Entsendung von Truppen nach dresem wichtigen Platze, der einen der ausgezeichnetsten Häfen des Mnrel- meers darsteilt, die Besitzergreifung vollzogen. In englischen Blättern wird offen zugegeben, daß die Abtretung aus Veranlassung Englands geschehen sei; England wolle dort, nicht weit von dem vortrefflichen Hasen Tobruk, in der Cyrenaika, dem künftigen italienischen Bizerta, eine neue starke en g l i s ch e F l o t t e nb äs i s errichten. Wie diese Nachricht in Italien gewirkt hat, darüber läßt sich der allerdings englandfeindliche „Eclair" aus Rom berichten: Die Nachricht wird in Italien wahrscheinlich einen Ausbruch lebhafter Entrüstungge- gen England Hervorrufen, da sich die englische Regierung hinter der ägyptischen befindet. Das Gebiet von Solum umfaßt 300 Kilometer der Küste von Cyrenaika. Jene, die aus einen demnächstigen Eintritt Italiens in die Triple-Entente gehofft hatten, haben eine neue schmerzliche EnttäNschung erlitten. In gewissen römischen Kreisen verlautet allerdings, daß die Besetzung Solums durch die Engländer aus Grund eines Geheimver- trages zwischen England und Italien vollzogen worden sei. Diese Angabe stützt sich offenbar aus die Bereit-
„Frauensie g"
IS) Roman von Ludw ig Birü
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Sie liebkoste innig seinen Kopf, preßte sein Gesicht an ihre Brust und flüsterte ihm ins Ohr :
„Wenn Du das willst, wenn es so sein wird, so gebe ich Dir ern Versprechen. Zu Deiner Beruhigung .... verspreche ich Dir, daß .... wenn es doch nicht so geht .... wenn ich dieses Leben noch nicht zu ertragen vermöchte .... wenn ich Dir nicht genügend Freude und Liebe geben könnte, wenn .... wenn es doch irgendwie nicht sein könnte und Du fühlen solltest, daß es nicht weiter geht .... wenn Du Dich wirklich davon überzeugt hast, daß ... . wenn Du mir nach ruhiger, sehr ruhiger Neberlegung sagen wirst: es geht nicht länger, dann werde ich Dir Helsen, ich werde es Dir ermöglichen, daß .... daß Du gehen kannst, daß .... wir dann em Ende machen .... beide .... daß wir dann beide zusammen gehen .... ohne zu zaudern .... ohne ein Wort, odne Widerrede .... ohne Weinen und Jammern, ruhig, ernsach, schlicht .... das verspreche ich Dir heilig."
Adam atmete schwer, krampfhaft klammerte er sich an seine Frau.
„Erst aber mußt Du leben", sagte sie. „Erst mußt Du es versuchen, so zu leben. Mit mir. Ich verstehe Dich ;a ... . mir sollst Du leben .... mich sollst Du Heben .... sollst Dich von mir lieben lassen. Lieben! .... Leben, leben, leben! . . . ."
Adam legte seinen Kopf wieder in den Schoß! seiner Frau. Ein lautes Schluchzen brach von seinen Lippen. Edith streichelte und liebkoste ihn mit weichen Händen, und er schluchzte lange, im dunkeln stillen Zimmer, aus den Knien der Frau gebettet.
XI.
„Kornel", fragte Edith am nächsten Tage, „hast Du schon darüber nachgedacht. was wir tun müssen?"
„Nein, mem Herz."
Willigkeit, mit der Italien zu Anfang des Tripoliskrieges seine offizielle Blockadeerklärung aus englisches Betreiben dahin korrigierte, daß die tripvlitanisch- ägyptische Grenze an der Solumbucht eine erhebliche Verschiebung nach Westen hin erflchr.
Chicago, 20. Dez. Beim Brande eines großen Bürogebäudes wurden die umliegenden Hotels vom Feuer gefährdet. Aus dem „Kaiserhof" flohen 1000 Menschen in wilder Panik.
Newyork, 20. Dez. Der Schriftsteller und Diplomat John Bigelow ist im Alter von 94 Jahren gestorben.
Newhork, 19. Dez. Das neue Gerichtshaus in Je ring ton (Nevada) ist in letzter Nacht durch ein Dynamitattentat vollständig zerstört worden. Wahrscheinlich ist dies neue Verbrechen derselben Arbeiterorganisation zuzuschreiben, die das Verbrechen in Los Angelos beging. Zahlreiche andere Dynamitattentate gegen mißliebige Arbeitgeber verursachten merkwürdigerweise trotz furchtbarer Gewalt der nächtlichen Explosion keine Opfer an Menschenleben.
Württemberg.
Der genossenschaftliche Absatz von Getreide in Württemberg im Jahre 1S1V/11
Rach den von der K- Zentralstelle für die Landwirtschaft vorgenommenen Erhebungen haben im Jahre 1910—11 von den tn Württemberg vorhandenen 36 Getreideverkcmfsgenossrnschaf- ten 23 einen genossenschaftlichen Verkauf von Getreide und sonstigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen vorgenommen. Die Ver- kaufsmeuge an Getreide betrug 71102 Dz., an sonstigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Kartoffeln, Reps, Ackerbohnen, auch gelbe Rüben, Butter) 2803 Dz. Im vorhergehenden Jahre 1909—10 betrug die Zahl der Getreideverkaussgenossenschaften, welche einen Verkauf vorgenommen haben, 25 . auch die Menge des Verkaufs war größer (Getreide 85 586 Dz., sonstige lanbw. Erzeugnisse 5406 Dz.)» Die Ursache des geringeren genossenschaftlichen Verkaufs im Jahre 1910—11 ist darin zu suchen, daß vielfach die Qualität des Getreides infolge der feuchten Witterung im Sommer 1910 notlttt, was den Getreideabsatz beeinträchtigte. Bon der verkauften Menge an Getreide mit 71102 Dz. entfallen auf Gerste 36 652 (51,5 Proz.), Weizen 17 912 (25,2 Proz.), Haber 12 043 (16,9 Proz.), Dinkel und Kernen 4046 (5,7 Proz.), Roggen 445 (0,7 Proz.). Ferner sind, nach Kreisen unterschieden, an dem Getreideverkauf be- beieiligt, der Neckarkreis 4 Genossenschaften mit 2644 Dz. (3,7 Proz.), der Schwarzwaldkreis 1 Genossenschaft mit 135 Dz. (0,2 Proz.), der Jagstkreis 7 Genossenschaften mit 62 560 Dz. (88 Proz.), der Donankreis 11 Genossenschaften mit 6754 Dz. (8,1 Proz.). Die fünf größten Getreideverkaufsgenossenschaften, nämlich die Fränkische in Mergentheim, die Hohenlohische in Kupferzell) die Fränkisch-Hohenlohischen in Niederstetten, die Taubergründer in Weikersheim und diejenige in Laudenbach OA. Mergentheim hätten im Jahre 1910—11 zusammen einen Ge- treideverkans von 62 007 Dz., d. i. 87,2 Porz, des Getreideverkaufs sämtlicher 23 Genossenschaften, zu verzeichnen. Die Preise, die von den Genossenschaften nach Abzug sämtlicher Unkosten von den erzielten Verkaufspreisen an die Mitglieder für die abgelieferten Erzeugnisse ausbezahlt wurden, waren wie in den Vorjahren fast durchweg höher als vie von den Händlern in den betr. Gemeinden bezahlten oder gebotenen Preise und zwar zumeist um Beträge von 20—40 Psg., vereinzelt bis zu 1 Mark für den Zentner. Die Erlangung höherer Preise ist vorzugsweise darauf znrückzuführen, daß die Mitglieder der Derkaufsgenossenschaften gehalten sind, die Waren in sorgfältig gereinigtem Zustand zu liefern. Abnehmer waren hauptsächlich Bierbrauereien, Malzfabrikanten, die Proviantämter des Landes, ferner Mühlen, Getreidegroßhandlungen, auch Anstalten. Mit dem gemeinschaftlichen Einkauf von Bedarfsartikeln haben sich im Jahre 1910—11 22 Getreideverkaufsgenossenschaften abgegeben, darunter 5, die im Jahre 1910—11 einen genossenschaftlichen Verkauf überhaupt nicht vorgenommen haben. Bezogen wurden: 21107 Dz. Düngemittel, 13 360 Dz. Futtermittel, 3533 Dz. Saatgetreide und Sämereien, 4600 Dz. Brennmaterialien, 1745 Dz. Kartoffeln, 205 Dz. Obst, 400 Dz. Mehl, ferner Maschinen und Geräte u. dergl. insgesamt tm Werts von ca. 500 000 Mark. Der Wert des gemeinschaftlichen Ankaufs von Waren hat gegenüber dem Vorjahr, wo er 276 000 Mark betrug, sehr bedeutend zugenommen.
»
Westmeyers Notschrei.
Der aus seiner Stuttgarter Parteitätigkeit bekannte Redakteur Westmeyer, der aus dem radikalen Flügel der
,FZch habe darüber nachgedacht. Willst Du mit mir darüber sprechen?" , >!'. ! O
„Ja."
es Dir nicht peinlich?"
„Nein."
„Dann werde ich also reden. Vor allem werden wir diese' Wohnung aufgeben."
,Marmn?" ' ,
„Mein Geliebter .... ich glaube nicht, daß wir
genug Geld dazu haben werden.Wir werden aus-
ziehen, die Möbel verkaufen. dafür bekommen
wir wenigstens tausend Gulden. Dann mieten wir irgendwo ern Zimmer, ich werde schon ein schönes, großes, sauberes Zimmer aussuchen, und."
„Und_"
„Und dann werde ich irgendwie Geld verdienen."
„Wie das?"
„Das weiß ich noch nicht genau. Ich glaube, ich » werde ein Geschäft aufmachen. Eine Trafik."
I „Nein", sagte Adam herb, „das Null ich nicht."
! „Also werde ich Schreibmaschine lernen, werde mir dann eine Stellung suchen; ich werde schon eine bekommen; und ich kann auch hier zu Hause noch nebenher arbeiten. Vielleicht kann auch die Redaktion mir Ueber- setzungen in Auftrag gegeben. Du hast mir das immer versprochen; jetzt könnten wir es tun."
Adam senkte den Kopf und schwieg.
„Warum sagst Du nichts dazu"? fragte sie.
„Du wirst arbeiten", sagte Adam leise. „W tut mir weh, daß Du arbeiten wirst."
,Ds wird mir eine Wonne sein, zu arbeiten, Körnet. UNb wenn ich selbst scheuern müßte, würde ich mit Freude scheuern. Deshalb, weil ich mit Dir sein kann und die Deine sein kann."
Adam küßte sie innig.
„Du sprichst nur immer davon", sagte er dann, „was Du arbeiten wirst. Wer ich, was wert« ich arbeiten ?"
Sie ward verlegen und verwirrt.
„Du . . . Geliebter," fragte sie, „üaS, woran Du
Sozialdemokraten steht, flüchtete sich mit einem Notschrei m die neugegründete sozialdemokratische ,Möp- prnger Volkszeitung", nachdem die Stuttgarter „Tagwacht", für die er Jahre lang gearbeitet hat, ihn verließ in seiner Not. Westmeyer stellt dort fest, daß das Stuttgarter Parteiorgan, die „Schwäb. Tagwacht", die Ausnahme seiner Entgegnung auf „infame Verleumdungen, verübt durch ein Mitglied der Freien Gewerkschaften", aus „giftige Lügen" abgelehnt und es auch sorgsam unterlassen hat, die „Schuftereien" von sich aus zurückzuweisen. Trotzdem würde er — immer seine eigenen Worte! — auch zu diesem neuesten Streich der „Schwäb. Tagwacht" geschwiegen haben, wenn die Mahnung an die Verleumderklique gefruchtet hätte, die Schustereien eingestellt worden wären. Dem sei aber nicht so. Es werde munter weiterverleumdet; damit nicht genug, werde auch noch mit anonymen Briefen gearbeitet, die in der Stadt massenhaft verbreitet werden. Schon lange seien unbequeme Genossen mit Kübeln voll Schmutz übergossen, ihre Ehre in bübischer Weise in den Kot getreten worden. Die Schuftereien seien naturgemäß unter dem Deckmantel der Anonymität verübt worden, denn Schuftigkeit und Feigheit wachsen bekanntlich auf einem Holz. Die „Schwäb. Tagwacht" habe alle Schuftereien durch beharrliches Schweigen unterstützt, sie habe sich auch unter nichtigen Vorwänden geweigert, eine Bekanntmachung der Parteileitung gegen den zweiten sozialdem. Wahlzettel („Wahlbetrug" nennt ihn Westmeyer) auf der ersten Seite des Blattes aufzunehmen, so daß die Parteileitung gezwungen gewesen sei, den Inseratenteil in Anspruch zu nehmen. Auch nach der Wahl werde die Verleumd ungs- kampagne fortgesetzt, die Antwort darauf habe die „Tagwacht" nicht ausgenommen. Durch Versendung anonymer Briese werde nun die Infamie aus die Spitze getrieben. Die Erklärung schließt mit folgenden Sätzen:
„Nach meiner Maßregelung durch die Mehrheit der Landes- versammluug jubelte mau: „Nun muß der Westmeyer aus Stuttgart hinaus!" Durch die Zertrümmerung meiner Existenz tn Stuttgart glaubte mau das heiß ersehnte Ziel erreicht zu haben. Meine Gegner jubelten zu früh. Nach dem wohlgelungenen Wahlschwindel bei der Gemetnderatswahl schäumte die Freude hoch auf: „Nun muß er fort!" 'Das Rezept, mich mit Weib und Kind in Stuttgart auszuyun gern, schien endlich sicher zu wirken. Um ganz sicher zu gehen, setzte man auch noch die ungeheuerlichsten Beschuldigungen tn die Welt, um mir bas letzte, den guten Namen, zu zerfetzen. Pamphlete mit den schuftigsten Lügen werden tn Massen hergestellt und versandt, Briefe mtt Menschenkot, offene Postkarten mit den tollsten Schmähungen mir zugesandt. Oie anonymen Schufte können zufrieden sein. Ich bin müde geworden des Kampfes mit unsäglicher Niedertracht und Gemeinheit. Hart war es, als mir im Gefängnis zu Hechingen die Nachricht wurde, daß meine beiden Kinder todkrank darniederliegen, während der Vater hinter eisernem Gitter büßte für sein Eintreten für die Arbeiterschaft. Aber bitterer noch ist die Erfahrung, daß Arbeiter, arme Teufel wie ich, dieser planmäßigen Ausbungerung und Ehrabschneidcrei zujubeln. Das hat mich gebrochen."
Wie Westmeyer mit den Revisionisten umsprang, hat uns nie gefallen. Aber auch die Behandlung Westmeyers entspricht nicht den Grundsätzen der Gleichberechtig !Mg. Von „Brüderlichkeit" wollen wir gar' nicht reden.
Sozialdemokratie u«d Urieg.
In der Göppinger „Freien VolkSzeit- ung", dem Organ der Vertreter der scharfen Tonarr in der Sozialdemokratie, wendet sich der sozialdemokratische Schriftsteller Dr. Dunk er gegen die Haltung, die die Abgeordneten Bebel und Fischer im Reichstag anläßlich der Marokko-Erörterung eingenommen haben. Die. sozialdemokratischen Grundsätze gegenüber kriegerischen Verwicklungen seien bei diesen Auseinandersetzungen im Reichstag nicht mit genügender Deutlichkeit betont worden. Eine radikale Absage an jeden Krieg und die Androhung jedes denkbaren Mittels gegen einen solchen wäre bei jenen Reichstagsverhand-
chenlsft ) ' Wir werden schon sehen,'das werden wir
schon sehen."
„Artikel kann ich so auch schreiben."
,FZa, mein Lieb."
„Und von der Pensionsanstalt werde ich auch etwas» bekommen. . . Eine Invalidenrente."
„Du wirst etwas bekommen? Wieviel?"
„Wenig; erbärmlich wenig! 50 Gulden pro Mo-, nat"
„Wirklich?"
„Wirklich!"
Sie jauchzte auf:
„Aber das ist ja wundervoll! Siehst Du, das habe ich nicht einmal gewußt. Ich habe geglaubt, daß wir gar nichts haben werden, und sah dennoch vertrauensvoll in die Zukunft und wagte dennoch alles! Dann ist es ja schon sicher und gewiß, daß wir nicht Hungers sterben werden . . . dann ist es ja ganz sicher, daß das Leben schön sein wird!"
Adam umarmte sie.
,Fzn der Redaktion werde ich auch etliche hundert Gulden Abfindung erhalten", sagte er, schon fast selbstzufrieden.
„Prächtig! Dann werden wir ja sogar einen Reservefonds haben."
„Ich muß nur in die Pensionsanstalt gehen und zum alten Boronas, unserem Herausgeber."
„Du wirst schon hingehen."
„Ja."
Dre ersten Tage vergingen verhältnismäßig gut. Adams Augenlicht wurde immer schwächer, aber die mörderisch würgende Verzweiflung war vergangen. Sei« Gang ward unsicher, er versuchte die Dinge nach denk Gefühl, durch den Tastsinn zu erkennen, er schloß die Augen und fuhr so seiner Frau streichelnd über das Gesicht, das Kleid, den Nacken, die Arme, um sich schon jetzt die junge Schönheit Ediths fest ins Gedächtnis z« prägen; manchmal war er verzweifelt über seine Ungeschicklichkeit, aber sterben wollte er jetzt schon nicht mehr.
Fortsetzung folgt.)