zinse der jungen Tome Kenntnis erlangt haben, denn er lieh diese schon von Warschau an nicht -aus den Angen. Rn der deutschen Grenze in Alexandrowo gelang es ihm durch Vermittelung der Wartefrau des Abteils 1. Klasse Re Bekanntschaft des Fräulein N. zu machen. Er nannte ,-jch Torry van Hastings und gab sich als reicher Amerikaner aus San Franzisko aus. Kurz bevor der Zug Berlin erreicht hatte, bot ihr der Amerikaner schon geschnittenen Kuchen und ein Glas Wein an, das sie ohne Arg annahm. Wie sich ergab, war der Wein mit einem Betäubungsmittel versetzt, das die Eigenschaft hatte, einen Zustand der völligen Willenlosigkeit herbeizuführen. In Berlin verschleppte der Angeklagte die N. in ein Hotel, W er ihr den Brustbeutel mit etwa 1100 Rubeg in Papier und Gold und einen Perlenkollier abnahm. Am ochsten Tage brachte er dann den Koffer der N., der fiir 18 000 Mark Schmuckfachen enthielt, an sich. Schließe gch verstand er es sogar, die völlig willenlose N- dazu zu veranlassen, ihr auf einer schweizerischen Bank deponiertes Vermögen von 5500 Mark auf telegraphischem Wege M die Deutsche Bank überweisen zu lassen, von der er es dann abhob. Er wurde später auf Grund eines Steckbriefes in Bremen verhaftet, nachdem er in der Zwischenzeit mehrere ähnliche Verbrechen verübt hatte, wegen deren er kürzlich in Frankfurt a. M. verurteilt worden war. Nachträglich ergab es sich noch, daß der Angeklagte in Hamburg ein Fräulein R., dem er sich als reicher Amerikaner aus Boston vorgestellt hatte, um Zchmucksachen und andere Tinge bestohlen hatte. Ferner hatte er ein Fräulein S., die er Unter den Linden kennen gelernt hatte, in der Wohnung ihrer Mutter mit Hilfe von Portwein, den er selbst mitgebracht, betäubt und während ihrer Betäubung ausgeraubt. — Staatsanwalt Gysan beantragte gegen den Angeklagten eine Gefängnisstrafe von acht Jahren. Tas Gericht erkannte jedoch mit Rücksicht auf die überaus raffinierte und niederträchtige Art und Weise, in der der Angeklagte sich seinen Opfern genähert hatte, auf zehn Jahre Gefängnis und fünf Jahre Ehrverlust unter Airrechnung von zwei Monaten der erlittenen Untersuchungshaft.
Osfenbach, 31. Okt. Das Disziplinarverfahren gegen den Volksschullehrer Peter, der für das hiesige sozialdemokratische Organ Musikrezensionen geschrieben hatte, endete mit einem Freispruch. Es wurde Peter jedoch nahegclegt, seine Mitarbeit bei dem Blatt einz ust e ll e n. Weil er eine Schülerin zu Botengängen während der Schulzeit verwendet hatte, wurde er in eine Geldstrafe von 10 Mark genommen.
Gotha, 31. Okt. Die als Mannweib bekannt gewordene Doppelmörderin Karoline Hopf (alias Karl Hopf), die wegen der Ermordung der Hebamme Pflügner in Schwarzwald und der Ehefrau Bochröder in Ohrdruf zum Tode verurteilt wurde, ist vom Herzoge zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt worden. In der letzten Zeit war sie auch noch wegen mehrfacher Einbruchsdiebstähle und Sittlichkeitsverbrechen zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
Hirschberg i. Schl., 31. Okt. Im Hofe des Ge- richtsgefängnisses wurde heute früh der 26 Jahre alte Schneider Johann Maatz aus Birngrütz hingerichtet. Mäatz hat am 7. Februar die Handelsfrau Siebeneicher und eine Frau Menzel in deren Wohnung in Langwasser auf bestalische Weise ermordet und beraubt. Tr war am 20. Juni vom Schwurgericht zweimal zum Tode verurteilt worden und hatte auf ein Gnadengesuch verzichtet.
Vermischtes.
Die Kriegsfurie in Tripolitanien.
Allmählich folgen den „offiziellen" italienischen Berichten über die jüngsten Kämpfe um Tripolis genauere Schilderungen, die erkennen lassen, daß das Ringen der Gegner einen Charakter beispielloser Grausamkeit anzunehmen beginnt. Ein Volkskrieg ist im Werden, bei dem alle Waffen, Pistole, Messer und Dolch ihre Rolle spielen, ja sogar die Frauen der Araber und die Knaben haben zur Flinte gegriffen, um die Eindringlinge zu vertreiben. Beim Angriff auf die am äußersten linken Flügel der italienischen Stellung liegenden Bersaglieri ist aus dem Kampf zweier Parteien eine Orgie menschenmörderischer Wut cmporgc- slammt und hier, wo die Italiener auch im Rücken angegriffen wurden, hat der entfesselte Haß der Araber furchtbare Opfer gefordert. Alle Erzählungen der Verwundeten entrollen das gleiche schaudervolle Bild von diesem „Kampf bis aufs Messer". „Von drei Seiten iwur- den wir angegriffen," so berichtete ein im Hospital liegender verwundeter junger LZersaglieri dem Kriegskorrespondenten der „Stampa". „Tie Wut der Araber kannte keine Grenzen. Frauen und Knaben erschienen mit den Waffen in der Hand inmitten der Kämpfer^warfen sich den Feinden entgegen und versuchten, den Soldaten die Waffen zu entreißen. Wir verteidigten uns wie (Löwen, aber unserer waren so wenige und ihrer so viele, so viele. Wie Tiger sprangen sie auf uns los, die Mündungen der Gewehre blitzten dicht vor unseren Gesichtern ans." Und als der Besucher des Hospitals den jungen Verwundeten fragte, wieviel Italiener gefallen sein mögen, füllten sich die Augen des kleinen Soldaten mit Tränen und seine Stimme zitterte: „Oh, eine ganze Menge." Und er begann eine lange Liste der Kameraden und Freunde aufzuzählen, Pie nie mehr heimkehven werden.
In langen Zügen wurden die Verwundeten herbeigetragen. Auch die Soldaten des Sanitätskorps haben m der W.ut des Kampfes, trotz des roten Kreuzes auf ihrem Arme, zur Waffe greifen müssen. Nun schleppen sie die verwundeten Kameraden herbei. Da liegt ein römischer Bersaglieri drei Dolchstöhje in der Brust, den Unterkiefer von einer Kugel zerschmettert. Aber in seinen Augen glüht noch die wilde Wut des Kampfes. > „Eine Kugel hat mir das Gewehr entzwei geschlagen", gurgelt
mühsam aus blutgefükltem Munde, „sonst hätte ich noch mehr von diesen Händen zerschmettert!" Neben ihm
E-U. .E
Zvch'o/A
Vom Bau des Völkerschlachtdenkmals.
Tas mächtige Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig geht jetzt seiner Vollendung entgegen. Im Jahr« 1898 ' wurde der ersten Spatenstich getan und 1913 soll das Monument enthüllt werden. Die Schöpfer sind die - bekannten Künstler Prof. Bruno Schmitz als Architekt und Pros. Franz Metzner, der den bildnerischen Schmuck entwarf. Auf dem von der Stadt Leipzig geschenkten Thonberge steht der gewaltige Bau au« Granit. In einer riesigen Kuppelhalle werden Figuren ausgestellt, die sitzend noch 9 Meter hoch sind, während sich an den Außenseiten zwölf kolossale über 11 Meter hohe Kriegergestalten erheben.
liegt ein junger hübscher Bursche, der Schenkel ist ihm zermalmt, die schrecklichen Schmerzen entstellen sein Gesicht; die blutleeren Lippen flüstern stöhnend: „Mutter, liebe Mutter." Beispiele schöner Soldaten treue werden berichtet: Ein kleiner Florentiner Bersaglieri schleppt mühsam seinen verwundeten Leutnant aus der Kampslinie, keucht unter seiner Last einher; als er endlich feinen Offizier in Sicherheit wähnt und die Bürde behutsam zu Boden legt, muß er sehen, daß er einen Toten geschleppt Hatz die Kugel ist dem blutjungen Leutnant mitten durch die Stirn gegangen.
Die Rote-Kreuz-Wagen mit den aufgelesenen Toten kommen angerollt. Hoch übereinander getürmt liegen die .Leichen der Bersaglieri; über dem Haufen sieht man den Körper eines jungen Soldaten, dem die Feinde fn der Wut die Kleider vom Leibe rissen. Der ganze Körper ist von Dolchstößen zerfetzt. Auf die Italiener wirkt dieser gräßliche Anblick wie ein Signal. Der Rachedurst übermannt sie, sie stürzen sich auf die endlos einander folgenden Zügen gefundener Gefangener, wollen Rache nehmen und können nur mit Mühe zurückgehalten werden. In den Reihen der Gefangenen stolpern schwache Greise, Frauen und Kinder einher. Tie Mehrzahl ist völlig ent kl ei de t,. denn man hat ihnen die Hüllen abgenommen, unter denen man immer Waffen und Patronen fand. Den Fragen der -Offiziere und Soldaten setzen diese „Rebellen" ein starrsinniges Schweigen.entgegen, sie seufzen nicht, sie starren gerade aus und erwarten ihr Schicksal. Hier und da bittet einer mit stoischer Gelassenheit um eine Zigarette. Ter Befehl, sie zu entkleiden, war ihnen die schwerste Heimsuchung. Sie haben ein starkes Schamgefühl und sie zittern mehr saus Scham als aus Furcht. Me Rassen sind in diesem Zug der Todeskandidaten vertreten, Beduinen, Berber, Araber, Sudanesen. Unter den wütenden Zurufen der italienischen Soldaten werden sie in die Kaserne geschleppt. Es ist wohl ihre letzte Nacht, mit Sonnenaufgang werden sie vor der Mauer stehen und erschossen werden.
Endlich kommt dann die Nacht und bedeckt all diese düsteren und tragischen Bilder mit ihrem dunklen Mantel. Tie letzten Schüsse verhallen, die letzten Kämpfe ersticken, im Dunkel geht selbst der Haß schlafen. Nun blitzen rings die kleinen Flammen flackernder Laternen aus, ihr Widerschein schlägt zurück von funkelnden Bajonetten. Die gehören der Eskorte eines neuen Gefangenentransports: 2 00 nackte Menschen, die bereits zum Tode verurteilt sind und nun im unsicheren .Laternenschimmer durch die Stadt zum türkischen Hospital geführt werden, wo sie ihre letzte Nacht verbringen. Indem sie vorbeiziehen, beginnen plötzlich die Scheinwerfer der Panzerschiffe auszuleuchten, gleiten hin über die dunkle Landschaft und treffen auch die Prozession dieser dem Tode Geweihten. Kein Wort fällt in dieser Kette von Gefangenen, die ihr Schicksal -bereits kennen; stumm ziehen sie inmitten ihrer Wächter ihres Weges, nur hin und wieder dringt ein unterdrücktes Schluchzen aus den Reihen. Es ist zehn Uhr abends, die Ruhe ist eingekehrt und sie wird dauern, bis .im Morgengrauen die Schüsse krachen, die den Hunderten an der Kirchhossmauer Tod und Vergeltung bringen werden."
Obdachlos wegen Kindersegens.
Aus Paris wird geschrieben: Eine zwölf Köpfe starke Familie suchte ins Elysee, in den Präsidentschaftspolast, einzuziehen, da sie nirgends eine Wohnung hatte finden können. Ter Taglöhner Uhl and ist, wie sein Name, in der Auffassung des Familienbcgrisfs sehr wenig französisch — er ließ sich von seiner Frau, die nebenbei noch Schneiderei betreibt, mit acht Buben und zwei Mädchen beschenken. Mit diesen lärmenden Rangen bewohnte er eine Zweizimmerwohnung in der Rue des Haies, in der Vorstadt Charonne. Trotzdem er sein armseliges Logis stets regelmäßig bezahlte, wies ihn der Hausbesitzer aus, da er kein Interesse an der Wiederbevölkerung der Republik, aber ein um so größeres an seiner ungestörten Ruhe hatte. Vergeblich durchwanderten Uhland und Frau alle Pariser Stadtviertel — überall befragte man ihn um die Zahl seiner Kinder und lachte
ihn aus, keil er, sich einbildete, daß man mit zehn Sprossen in der Häüptstadt ein Unterkommen finden könne. Als die Uhlands ihr Heim räumen mußten, wußten sie nicht, wohin mit ihrem Mobiliar, der Hausherr duldete es glücklicherweise, daß sie noch eine Woche lang im Dach- flnr verweilten. Tie schon berühmte „Gesellschaft der Mieter", die jüngst so vielen Hauswirten durch „Auszug ohne Bezahlt»lg der Miete" ein Schnippchen geschlagen (die Mitglieder tragen gratis die Möbel der Gesinnungsgenossen davon), erfuhr von der Misere der Uhlands. 300 Mann stark zog der Mieterverein auf einem Handwagen die paar Möbel der Obdachlosen nach dem Elysee .und um ein Haar Hätte Herr Fallieres die acht Buben und die zwei Mädchen nebst ihren Erzeugern zu beherbergen gehabt — die Polizei schritt ein, als das Wägelchen in den präsidentiellen Vorhof einfuhr. Schließlich wurde die arme Familie in einer wohltätigen Anstalt provisorisch einqnartiert.
Die chinesische Nationalhymne.
Durch kaiserliches Dekret ist in China eine Nationalhymne verbreitet worden, die ein feierliches Gebet für die goldene Kugel, wie die Chinesen das Reich der Mitte nennen, und für die Ch'ing-Dynastie darstellt. Die Hymne lautet in freier Uebersetzung:
Ewig möge die goldene Kugel erhalten bleiben.
Möge der Himmel uns schützen!
Freuen soll sich der Mensch und alles, was lebt, wie die Enten zwischen den Lilien des Teiches!
Freudig tragen wir alle Aas gleiche Gewand. Wir sind glücklich, in dieser Zeit der Ch'ing-Dynastie wahren Glanz und Ruhm zu sehen.
Schütze der Himmel die kaiserliche Familie!
Hoch ist der Himmel, so hoch!
Unablässig rollen die Wogen der See.
Handel und Volkswirtschaft.
Frachtmärkte.
(Die Preise verstehen sich per Doppelzentner).
Aalen: Haber 18.20 bis 18.80 Marl.
Biberach: Weizen 20.80—21.80 M, Gerste 16.80 bis 20.60 M, Haber 17—19 Mark.
Bop fingen: Gerste 20.40—21 M, Haber 17.60—18.70 Mark.
Ehingen: Gerste 19.60—20.30 Mark.
Langenau: Kernen 22.20—22.80 M, Weizen 22 bis 23 M, Gerste 20—20.40 M, Haber 18.40—18.50 Mark.
Giengen Br.: Weizen 21.20—22 M, Gerste 20—20.80 Mark, Haber 18-18.80 Mark.
Heiden heim: Kernen 22—23.60 M, Gerste 20.10 bis
20.60 M, Haber 17 80—18.40 Mark.
Laupheim: Gerste 19.40—20.20 M, Haber 18.40 bis
18.60 Mark.
Mengen: Kernen 21.80 M, Gerste 20.60—21 M, Haber 18.80—20 M, Weizen 22 Mark.
Nördlingen : Kernen 22.50 M, Weizen 22.20 M, Roggen 23.40 M, Gerste 20.90 M/Haber 19 Mark.
Nagold : Roggen 20..70 24 M, Gerste 19.60—20 Mark, Haber 18—18.60 Mark.
Ravensburg: Weizen 21—22,80 M, Gerste 20—21 M, Haber 18.50-20 M.
Reutlingen: Dinkel 16.80—19.60 M, Haber 18.60 bis
19.60 Mark.
Rottweil: Haber 19—19.70 Mark.
Riedlingen : Gerste 20- 20.80 Mark.
Saulgau: Haber 18.20—19 Mark.
Urach': Haber 18.40-18.80 Mark.
Ulm: Kernen 21.20—22.20 M, Weizen 20.60—22.20 M, Gerste 18-20.60 M, Haber 17.60—19.80 Mark.
Waldsee: Kernen 20.90—22 M, Gerste 20.60—20 80 M, Haber 18.85-19.10 Mark.
Winnenden: Dinkel 16.40—16.80 M, Haber 18.40 bis 18.80 Mark.
Vieh- und Schweinemärkte.
Crailsheim: Milchschweine 14—30 M, Läufer 44 bis 90 Mark.
Sulz: Schafmarkt: Hammel 80 M, Jäbrlinge 77— 82 Dtz Mutterschafe ünd Lämmer 56, Bockschafe 58 Mark.
Tuttlingen: Milchschweine 16—30 M, Läufer 57 M. Rottweil: Milchschweine 18—36 M, Läufer 68—73 M. Offenburg : Milchschweine 14—27 M, Läufer 40—60 M.