die mit Revolvern auf die Gendarmerie schaffen. Zwei Gefangene wurden getötet, fünf und der Gehilfe des Pristaws getötet.

Württemberg.

Dienstnachrichten.

Der König hat am 29- Okrobcr die Notariatspraktikanlen Kömp, in Tübingen zum Amtsgevichlssekrctär in Lcwgenbnrg, Geck in Schorndorf zum AmtsgcrichtSsekretär in Neuenbürg, Herre in Besigheim znm Amisgerichtsiekretär in «shingen und Schäfer in Heilbronn znm Amtsgerichtssekretär in Crailsheim ernannt; den rit. Eisenbahnbauinspektor Schon bei der Generaldirektinn der Staats­eisenbahnen zum Cchenbahnbauinsvektor des inneren Dienstes bei dieser Generaldirektion befördert, den tit Oberposisekretär Diehl bei dem Bahnpsstamt Stuttgart auf Anstichen zu dem Postamt Nr. l in Stuttgart versetzt, eine gehobene Postsekretärstelle bei dem Postscheck­amt Stuttgart dem Postsekretär Botsch bei diesem Amte übertragen, den Postsekretär Schultheiß in Leutkirch auf Anstichen nach Ochsen­hausen versetzt, sswie die Postpraktikanten 1. Klasse Etzel und Mül- l e r (Erwin) zu Oberpostassistenien bei dem Postamt Nr. 1 in Stutt­gart und Saut er und Einsied ler zu Oberpostassistcnten in Gmünd ernannt.

KeineLebensmittelteirerung Ln Württemberg?

In dew Mitteilungen des Statistischen Landesamtes wird die Frage untersucht, ob zur Zeit in Württemberg eine Lebensmitteltenerung vorhanden ist oder nicht. Das amtliche Organ kommt zu dem Ergebnis,daß von einer derzeitigen allgemeinen und ungewöhnlichen Teuerung, wenn man die fetzigen Preise mit dem Stand im Durch­schnitt der letzten 35 Jahre vergleicht, Wohl nicht gesprochen werden kann." Zur Begründung wird ausge- fnhrt:

Gestiegen sind im Preise allerdings mehrere wich­tige Nahrungsmittel, namentlich stark die Kartoffeln (Preiserhöhung im Landesdurchschnitt 51 Proz.), welche unter der Henrigen trockenen Witterung besonders gelitten haben; daß aber lediglich die W i t t c r u n g s v e r h ä l t n i s s e diese enorme Preissteigerung veranlaßt haben, ist anö der seitherigen Preis­entwicklung deutlich zu ersehen. Eine erhebliche Preiserhöhung in: Vergleich zu dem Durchschnitt der letzten Jahre weisen ferner Ochsen- Rind- und Kalbfleisch aus; doch ist in den letzten Monaten bei diesen Fleischsorten ei» Rückgang einge- treten. Auch ist, was das Rind- und Kalbsleisch anbelangt, der derzeitige Stand gerade kein außergewöhnlich hoher zu nennen, vielmehr in den früheren Jahren hin und wieder zu beobachten gewesen oder sogar überschritten worden, wogegen allerdings der Preis von Ochsensleisch, welches jedoch zu dein Fleischkonsum den weirans kleineren Teil liefert, im Sommer dieses Jahres eine seither noch nie dagewesene Hohe erreicht hatte. Die Preise von Schweinefleisch sodann, welches für die breiten Volks­schichten die ^nichtigste Fleischgattung bildet, haben derzeit im Vergleich zum Durchschnitt der letzten 5 Jahre in Stuttgart einen niedrigeren, im Landesmittel einen nur uni weniges höheren Stand, und auch im Landesmittel ist in den letzten 5 Jahren öfters ein höherer als der jetzige Preis zu verzeichnen gewesen. Die Schweineschlachtungen haben so stark zugeuom- men, daß die FleischversorgUng im ganzen genommen bis jetzt noch nicht Not gelitten hat. Zu einem wesentlichen Teile sind zweifellos die hohen Preise von Ochsen-, Rind- und Kalbfleisch daraus zurückzusühren, daß wir schon mehrere Jahre keine normalen Futterernten mehr hatten; wiederholt hat die Einbringung des Futters in den letzten Jahren durch un­günstige Witterung notgelitten und in dem heurigen heißen Sommer hat der zweite Futterschnitt (Oehmd) fast völlig ver­sagt. Dazu kommt Heuer das starke Auftreten der Maul- und Klauenseuche, welche durch die notwendig gewordenen Ein­schränkungsmaßnahmen (Marktoerbvte u. a.) ebenfalls zur Fleischteuerung beiträgt. Aehnliche Gründe wie bei der Er­höhung der Fleischpreise von Rindvieh sind es, welche auch zu der erheblichen Preissteigerung von Milch, But­ter und Käse beigetrageu haben. Stärkere Preiserhöhungen haben weiterhin Eier, Erbsen, Grünkernmehl, Kassee, Tee, Zucker, letzterer ebenfalls infolge der durch die heurige Trockenheit ver­ursachten Wenigerernte an Zuckerrüben, erfahren. Andererseits aber sind verschiedene Artikel im Preise annähernd gleich ge­blieben oder sogar gesunken. Das wichtigste menschliche Nahr­ungsmittel, das Brot, ist im Preis teils nur ganz wenig gestiegen, teils sogar (Stuttgart) herabgegangen. Im Preis unverändert blieb Soda. Mehl ist teils gleichgebliebcn, teils zurückgegangen, desgleichen Linsen, Reis und Gerste zum Ko­chen, Haserslocken, Malzkaffee, Erdöl, Stärke, gesunken im Preis sind wichtige Bedarfsartikel, wie Spiritus, Koks, Braunkohlen. Bei anderen Artikeln endlich ist keine gleichmäßige Preisbeweg­ung nach oben oder nach unten, vielmehr an den einen Orten eine Preissteigerung, an anderen keinerlei Preisveräudecung, und wiederum an anderen Orten ein Preisrückgang zu beobachten, so bei Essig, Makkaroni, Sago."

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Herbstversammlung des Schwab. Albvereins.

Dbernvorf, 30. Okt

Nachdem bereits am Samstag abend im Hotel König Wil­helm eine Ausschußsitzung des Gesamtvereins zwecks Vorbereit­ung der von der Mitgliederversammlung zu beratenden Gegen­stände, sowie darauf folgend zwangloses Beisammensein mit den Mitgliedern der hiesigen Ortsgruppe startgcsunden hatte, begann gestern vormittag 11 Uhr im Rathaussaal die Mit­gliederversammlung, die von hiesigen und auswärtigen Alb- vereinlern stark besucht war. Der Vereinsvorstand, Rechtsan­walt C a m m e r e r - Eßlingen eröffnet« und leitete die Ver­sammlung. Stadtschnlthetß >L> u l z m a n n - Oberndorf begrüßte die Erschienenen im Namen der Stadt, Rechtsanwalt Gutheinz- Oberndorf überbrachte die Grüße des Schwarzwaldvereins. Auf Antrag von Gauobmann Singer wurden zunächst die Wahlen mündlich vorgenommen und die Vorsiandschast wiedergeivählt. Rechtsanwalt Eammerec-Eßlingen Vorsitzender, Professor Nägele Schriftleiter und Rechnungsrat Ströhmseld Rechner. Als Schrift­führer des Ausschusses wurde Reallehrer Eisele-Göppingen wie­der bestellt. Bon den 15 Ausschußmitgliedern wurden die ersten 14 wieder einstimmig gewählt, für den 15., Rechnungsrat Sprandel, der zurückgetreten war, wurde Oberförster Schultz- Geislingen gewählt. Als Ersatzmänner wurden neu gewählt: Dr. Hagel-Ulm uud Fabrikant C. Arstold-Oehringen.

Sodann erstattete Vorstand Cammerer den allgemeinen Bericht. Einleitend gedachte er der am 7. September 1911 verstorbenen Witwe des Dr. Salznianu (Sohn des Gründers des Albvereins), die den Albverein durch Stiftungen reich unterstützte. Znm ehrenden Andenken erhoben sich die Anwesen­den von den Sitzen. Der Verein ist auch in diesem Jahre wieder stark gewachsen. Größere Arbeiten hat er geleistet auf der Teck (Orieutierungsriug sertlggcstellt), am Kastell Köngen, Roßberg- und Römersteintnrm u. a. Die Ausstellung des Alb­vereins habe bei der Internationalen Reiseausstellnng in Ber­lin gute Anerkennung gefunden. Die von vielen längst er­wartete Wegkarte könne in diesem Jahre leider nicht mehr zur Ausgabe gelangen wegen des Streiks der Steindrucker. Red­ner verlas sodann die verwilligten Gelder für Bauten und andere Vereinsbestrebungen: 1000 Mark für Altertumsforschung, für Ruine Staussenberg im Eutinger Tal 200 Mark, für den Oberhohenberg 100 Mark, geologische Pyramide in Oberndorf 200 Mark u. a. Professor Nägele erstattete den Bericht der Scbristleitung. Die Zahl der Neueintretenden in diesem Jahr betrug 3000. Die Vereinsblätter, die im lausenden Jahre in einer Auflage von 39 000 herauskamen, werden im kommen­den Jahre in 40 000 Exemplaren hergestellt. Redner bemerkte ferner, daß die Albvercinsblätter ebenso wie die des Schwar:- waldvereins dem Landesausschuß sür Natur- uud Heimatschutz ihre Spalten* geöffnet haben, was seitens des Albvereins ßin

großes Entgegenkommei: bedeute, da er mit guten Beiträge:: reichlich versehen sei.

Rechnuugsrat Ströhmseld erstattete den Rechnnngsbe- richt. Es seien 639 zahlende Ortsgruppen vorhanden. Bon den 639 Vertrauensmännern entfallen beruflich auf Land- und Forstwirtschaft 5,48 Proz., Industrie 10 Proz., Handel und Ver­kehr 20 Proz., Militär, kirchliche und staatliche Beamte, Lehrer w. 64 Proz. (Lehrer allein 32 Proz.), ohne Beruf 0,78 Proz. Im Jahre 1910 hat der Verein um 6,52 Proz. an Mitglie­dert zugenommeu. In den 23 Jahren seines Bestehens habe der Verein rund 1 Million Mark eingenommen. Entsprechend sind auch die Ausgaben: für die Albvereinsblätter 331000 Mark, sür Karten 157 000 Mark, für Weganlagen 61500 Mark/ sür Wegbezeichnungen 50 000 Mark, für Aussichtstürme rc. 63 000 Mark, für Schutzhütten 18 000 Mark, für schütz alter Denk­mäler 15 000 Mark.

Professor Nägele erstattete dann Bericht über die Haupt­versammlung des Vereins deutscher Gebirgs- und Wanderver- einc in Witduugen, an der sieben' Schwaben tellnahmen. lieber die Schülerherbergen sagte er, daß deren Besuch im letzten Jahr sich unheimlich gesteigert habe und von 797 im Vorjahr auf 1581 Personen gestiegen sei, sich also verdoppelt habe. Die Schülerherbergskarten werden deshalb künftig nur noch gegen eine Gebühr von 2 Mark verabfolgt. Im weiteren Verlause der Versammlung wurde beschlossen, nächstes Jahr, außer der Wegkarte eine IlmgebungSkarte auszugeben und zwar Blatt Gam- mertingen-Trochtelfingen, hierfür wurden 7000 Mark bewilligt. Die Frühjahrsversammlung soll wieder in Plochingen statt­finden und dort Zeit und Ort der nächsten Herbstoersammlung festgesetzt werde::. Für die Ausstellung,' die i:n April 1912 in Stuttgart beginnt (Ableger der Intern. Reiseausstellung in Berlin), werden 800 Mark genehmigt. Weiter wird unter Bewilligung der nötigen ltzredite der Ausschuß ermächtigt, das Kastell Köngen weiter auszubanen, das Vereinszeichen weiter schützen zu lassen und neue diesbezügliche Lizenzverträge abzu­schließen, den Mietvertrag mit Professur Nägele (Wohnung) zu erneuern uud mit der Druckerei Schnürlen-Tübiugeu weiteren Vertrag zu schließen. Der Schneeschuhabteilung des Schwäb. Albvereins wird erlaubt, au dem Albvercinszeichen ein Emblem des Schneeschuhlanfs anzubringen. Die Frage der Aufnahme von Körperschaften (Studentenverbindungen) in den Verein rief eine lebhafte Debatte hervor, wurde aber schließlich von der Tagesordnung abgesetzt. Schließlich sprach Professor Nägele noch über Ortsgruppeuzwang und Ströhmseld über Jugendwandern, woraus nach einem Dankwort des Oberndorfer Vertrauens­mannes die Sitzung geschlossen wurde.

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Die Landtagsersützwahl in Crailsheim

ist auf Mittwoch den 29. November anberanmt worden. Die Fortschrittliche Volkspartei hat, wie wir hören, den Crailsheimer Gemeinderat, Gerbsrmeister Schaffer, als Kandidaten aufgestellt. Schaffer genießt in Stadt und Land allgemeines Ansehen, nicht zuletzt auch durch die umsichtige Leitung der Stadtverwaltung bis zur Wiederbesetzung des Stadtvorstandpostens in Crailsheim.

Nürtingen, 30. Okt. Eine aus allen 4 Oberänl- tern des 5. Reichstagswahlkreises zahlreich be­suchte Vertrauensmännerversammlung der Konservativen Partei und des Bundes der Landwirte faßte den Beschluß die Kandidatur zum Reichstag dem Landtags­abgeordneten Hiller in Stuttgart anzutragen.

Stuttgart, 3l. Okt. Der König ist zum Besuch der Familie seiner Tochter nach Neuwied abgereist.

Stuttgart, 30. Okt. Am 7. November tritt der Evangelische Syndikus zu seinen Beratungen zu­sammen, die sich Heuer namentlich auf den Entwurf eines Gesangbuches für die evangelische Landeskirche erstrecken werden.

Stuttgart, 30. Okt. Ingenieur Edward Richter wird am Sonntag den 26. November über seine Erleb- .nisse während seiner Gefangenschaft in der Türkei einen öffentlichen Vortrag mit Lichtbildern halten. Auf Ver­anlassung des unter dem Protektorat der Herzogin von Urach stehenden Elisabethenvereins hält am kommenden Sonntag Prinz Max von Sachsen einen Vor­tragsabend.

Metzingen, 30. Okt. Bei der 2. Ortsvorsteherwahl in Ried er ich wurde Verwaltungspraktikant und Schult- heißenamtsassistenten Schund mit 133 Stimmen gewählt. Tie erste Wahl wurde nicht bestätigt, weil der Gewählte das porgeschriebene Alter noch nicht erreicht hatte. Dies ist übrigens auch jetzt noch nicht der Fall.

Tuttlingen, 30. Okt. Schultheiß Köhler von Gnnningen tritt ans 1. Dezember von seinen: Amte zu­rück. Die Neuwahl wurde ans den 21. November festgesetzt.

Geislingen a. St-, 30. Oct. Zur Abfindung des Schultheißen Schneider von Altenstadt, der we­gen der Vereinigung der beiden Gemeinden Geislingen und Altenstadt von seinem Amte zurücktritt, beschlossen die bürgerlichen Kollegien eine in fünf Jahren zurückzahl­bare Schuld in Höhe von 25 000 M aufzunehmen. Die Gemeinde Altenstädt hat für sich weitere 5000 M aufzu­bringen.

Nah mW Fern.

TerNene".

Aus Pforzheim wird berichtet: Ganz unheimliche Wirk­ungen hatte derNeue" bei einen: Einwohner der Vorstadt Brötzingen. Nach einer schweren Sitzung entledigte er sich um Mitternacht mitten in der Stadt auf der Straße seiner sämtlichen .Kleider einschließlich Hemd und lief splitternackt, wie ihn der Herrgott geschossen, eine halbe Stunde weit nach Brö­tzingen nach Hause, wo man ihn mit sehr gemischten Gefühlen empfing. Ais'Leutc in Pforzheim die Kleider unweit des Wassers fanden, glaubte man an einen Selbstmord. Erst später klärte sich die betrunkene Geschichte auf.

Lebendig begrabe».

Aus Berlin wird berichtet: Montag nachmittag gegen zwei Uhr fanden spielende Kinder auf den: unbebauten Grund­stück Tristotstraße 11l6 den vierzehn Jahre alten Arbeits­burschen Willi Hensel etwa einen Meter tief eingegra- b e:: vor. Es ist zweifelhaft, ob ein Unglücksfall oder ein Ver­brechen vorliegt. Im Zusammenhang mit der Auffindung der Leiche ist die Mutter des Knaben festgenommen worden.

Armer Schlucker.

Einen eigenartigenSport" treibt der im Gerichts­gefängnis in Dortmund internierte Strafgefangene Dannenberg. Er verschluckte vor einigen Wochen in sei-§ ner Zelle vier Löffelstiele, so daß er dem Krankenhause zngcsührt werden mußte. Als man ihn dieser Tage von dort ins Gefängnis zurückgebracht hatte, fand er wiederum Gelegenheit, zwei der schwer verdaulichen Gegenstände zu

verschlucken. Man schaffte ihn daher abermals nach dem Krankenhause. Hoffentlich bekommt er nun . in Zukunft keine Löffel mehr zu sehen.

Weitere Nachrichten:

In Stuttgart brach ein Fußballspieler beim Spiel einen

Fuß-

In 9ter es he im hat sich in einem Anfall von geistiger Störung der Vorstand des Postamts erschossen.

Bei Besteigung deS Kamer (Berner Alpen, verirrten sich am Sonntag Abend drei Touristen eins Nürnberg. Der 22jühr. Apotheker Börner stürzte dabei tödlich ab. Seine Leiche ist geborgen.

In Tetschen wurde die 2l;ährige Prostituierte Ungar­mann im Zimmer eines össentlichen Hanfes durch Messerstiche ermordet aufgefunden. Der Tat verdächtig ist ein etwa 18jähriger Bursche in Schifserkiridung und reichsdentick.em Dialekt.

Gerichts aal.

Waldsee, 30.» Okt. Vor dem hiesigen Schöffen­gericht wurde dieser Tage ein Fall aus Beamten- kr eisen verhandelt, der allgemeine Beachtung verdient: Zwischen dem 39 Jahre alten Eisenbahnsekretür D. in Aulendorf und seinem Vorgesetzten Bahrrhowerwatter M. trat im Laufe des vorigen Jahres ein gespanntes Verhältnis ein, weil sich D. durch eine vnnstiiche An­ordnung seines Vorgesetzten schikaniert fühlte. T. sam­melte nun das ganze Jahr hindurch Material gegen den Bahnhofvcrwalter,' um ihn Aulendorf unmöglich zu machen. Er richtete seine Tätigkeit auch gegen die Ehefrau des M. Bei dieser Gelegenheit versäumte er nicht, auch das dienstliche und außerdienstliche Tun und Lassen seines früheren Vorgesetzten, der seit etwa drei Jahren nicht mehr in Aulendorf ist und der ihm ebenfalls unbequem war, nachträglich einer strengen Kontrolle zn unterziehen. Meistens vom Hörensagen brachte er gegen die drei Per­sonen ein so umfangreichxs Material zusammen, daß er ca. 60 Folio-Seiten damit ausfüllen konnte. Diese An­klageschrift überreichte er zn Anfang dieses Jahres der K. Gencraldirektion der Staatseisenbahnen und bat um eine gründliche Untersuchung. Diese hat alsbald stattge­funden mit dem Ergebnis, daß seine teils sehr schweren Beschuldigungen fast durchweg ans der Lust gegriffen wa­ren und daß der Beschwerdeführer von der Station Aulen­dorf weg versetzt wurde. Außerdem haben die drei in so frivoler Weise Angegriffenen, Beleidigungsklage gegen D. erhoben. In der Schöffengerichtsverhandlung wurde er zu der Gesamtgeldstrafe von 175 Mark und zur Tragung der nicht unbeträchtlichen Kosten verurteilt.

Leipzig, 30. Okt. Das Reichsgericht verwarf die Revision des Taglöhners Joseph Raith, der am 28. Sept. in Regensbnrg wegen vorsätzlicher Ermordung eines Hilfsschutzmanns zum Tode verurteilt worden war.

Leipzig, 30. Okt. In dem Prozeß gegen die 3 Vor­standsmitglieder der Sportive .Lorraine erkannte das Reichsgericht aus Verwerfung der Revi­sion. Der Hausfriedensbruch sei einwandfrei festgestellt und die Angeklagten seien sich der Rechtswidrigkeit ihres Vergehens bewußt gewesen, da der Saal durch ein Vor­hängeschloß gesperrt war.

Vom Fisch und Fleisch.

Die Erörterung der Lebensmittelteuernng und der Mittel ihr abzuhelfen gibt einem sozial-hygienisch in­teressierten Arzt Dr. Laguer-Wiesbaden Veran­lassung imTag" wiederholt ans die Unterschätzung der Fischkost und die Neberschätzung der Fleischgerichte seitens aller Schichten unserer Bevölkerung hinzuweisen. Es ist bekannt, daß die früher als notwendig bezeichncte Eiweiß­menge seit geraumer Zeit von Aerzten als übertrieben bezeichnet wird. Heute werden für einen über 70 Kilo schweren erwachsenen Mann 153 Gramm Eiweiß, also etwa Pfund Schlachtfleisch als genügend bezeichnet. Warum ersetzen wir nun das Fleischeiweiß nicht mehr­mals in der Woche durch das der Fische, insbesondere der Seefische, wie es die Engländer und andere Völker machen?

Die Fischmahlzeit verhält sich im Preise und Eiweiß-

gehalt zu der von Fleisch wie folgende Tabelle zeigt:

man erhält für eine Mark

in Gramm

Eiweiszqebalt

Heizwert

in Gramm (Kalorienmenge)

Schellfisch ....

. 1666

282

1200

geräucherten Schellfisch

. 1430

246

1032

Kabeljau .....

. 1400

224

980

frische Heringe . . .

. 832

194

2395

billiges Rindfleisch .

. 770

119

2149

gutes Rindfleisch . .

. 641

98

1019

Fragen wir nun, warum sich trotzdem die Seefische nicht einbürgcrn, so stehen dem der Salzheringsocr- brauch hat Pro Kopf von 1908 bis 1910 in Deutschland stetig zugenommen zwei in dem Haushalt des Kon­sumenten selbst gelegene Momente entgegen; wir nehmen dabei an, daß durch verbesserte Technik der Zufuhr (Kühl­wagen, rascheste Beförderung ins Binnenland) die in ihr liegenden Hindernisse gehoben werden können.

1. Die Hausfrau und speziell die Arbeiterfrau versteht es nicht oder hat keine Zeit dazu, Seefische schmack­haft und variabel zuzubereiten.

2. Manchen Seefischen fehlt die Sättigungsfähigkeit, dem sie Verzehrenden dasSchlnßgefühl"; es fehlt ihnen das den Magen füllende Volumen; sie sind ferner ausgenommen Heringe fettarm und darum auch in der Heizkraft dem gleichen Oman-

. tum Fleisch, dem sie an Billigkeit und an Eiweiß- näbrwert weit überlegen sind, an Kaloriengehalt ausgenommen wiederum die Heringe unterlegen (siehe Tabelle). Auch fehlen den Seefischen die Extraktivstoffe: letztere sind zwar, in großen Fleisch­mengen genossen, für Herz und Nerven schädlich! in kleinen Quanten aber sind sie ein appentanrege::- des Genußmittel. Seefische verlassen den^Magen in ganz der gleichen Zeit zwei bis drei Stunden wie Fleischgerichte: sie sind also durchaus nicht scknoerverdaulich: auch die Resorption im Darm ist für Fisch und für Fleisch die gleiche. .

Dem Punkt 1 wäre dadurch nachznhelfen, daß. dw