Die Wissenschaft und auch Praktiker, wie der verstorbene v. Kardorfs, verwerfen Umsturzgesetze. Die Moabiter Vorfälle dür­fen in ihrer Gesainterscheinung nicht unterschätzt werden. Sie sind zweifellos mit durch die verhetzende Tätigkeit der Press« veranlaßt worden. Zu ihrer Bestrafung müßte ein beschleunig­tes Verfahren nötig sein, ohne daß eS zu einem Monstrepro- zeß kommt. Die Finanzreform mußte selbstverständlich Mil­lionen bringen; vielleicht wäre sie in der Form nicht gekommen, wenn wir damals den jetzigen Staatssekretär gehabt hätten. Die V e t e r a.n e n f ü r s o r g e ist heute eine absolute Notwen­digkeit. (Sehr richtig.) Eine Wehrsteuer zu ihrer Deck- ring wäre nicht zu verwerfen. Die jetzige Finanzreform wirkt unsozial, wir waren zu einer gerechteren bereit, die das­selbe Ergebnis gehabt und auch die großen Vermögen belastet hätte. Die Kritik, die man heute Steuerhetze nennt, ist aus dem Volke, nicht aus den: Parlament gekommen. Der erfreuliche Auf­schwung der Industrie ist zum Teil auf die jährliche Bevölker- nngszunahme von 900 000 Personen zurnckzuführen. Trotzdem besteht die Tatsache, daß die Industrie unter den neuen Steuern sehr leidet, namentlich die Tabak- und Zündholzfabrikation. Der Mkehr vom Quinquennat im Heereswesen möchte ich wider­raten. Eine Vermehrung der Artillerie.ist nötig angesichts der lieber macht der französischen Artillerie. Leider gehen die Pio­niere ganz leer ans trotz der großen Bedeutung dieser Waffe. Die Heeresvorlage hätte etwas umfangreicher sein kön­nen. Der Verkauf des Tempelhofer Feldes hat lediglich Be­deutung in sozialer Hinsicht. Die Flotte hat sich dank der zielbewußten Arbeit des Staatssekretärs v. Tirpitz gut ent­wickelt, ohne England Berechtigung zur Furcht vor einer In­vasion zu geben. Der Kaiser hat sich in seiner ganzen Ne­gierungszeit als Friedensfürst erwiesen. In der letzten Zeit haben wir in unseren auswärtigen Beziehungen eine Bes­serung zu verzeichnen. In Asien haben wir Interesse an der Bagdadbahn und an einem friedlichen, unabhängigen Per­sien. Bedauerlich bleibt die Anpöbelung des Kaisers von Ruß­land durch die sozialdemokratische Presse, die unsere Bezieh­ungen zu einem großen Volke geradezu stören kann. In Ma­rokko haben stlir glänzende Ergebnisse nicht erzielt. Frankreich macht fortgesetzt neue Vorstöße, auch in solchen Gebieten, wo die Gebrüder Mannesman» Konzessionen haben. Die Erhöhung des Dispositionsfonds des Auswärtigen Amtes sollte, wie der Etat verlangt, vorgenommen werden. Dem Rufe zur Sammlung des Abgeordneten Speck können wir nicht folgen angesichts der Antimodernistenbewegung der letzten Zeit und derartiger Vor­gänge. Die innere Verwaltung steht nicht mehr ans der Höhe. Es muß eine Periode der Reform eintreten. Neue soziale, Schichten drängen empor und verlangen ihr Recht. Wir wollen vorwärts zu'neuen Reformen und Zielen!

Nach den Worten des Abgeordneten Bassermann ergreift der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg zum zweiten Mal das Wort, um einige Fragen über die auswärtige Politik zu be­antworten. Der Reichskai,zler dankte zunächst den Staats­männern der verbündeten Reiche für die warmen Worte, die sie in ihrem Parlament über unsere gegenseitigen Beziehungen gesprochen haben und schließt sich seinerseits diesen Erklärungen gerne an. Das Vorgehen eines französischen Schiffes nach Agadir hat. noch keine amtliche Aufklärung gefunden; wir werden aber unsere Rechte und die Interessen der deutschen Untertanen mit Nachdruck schützen. Das Zustandekommen der türki­schen Anleihe durch ein deutsch-österreich-ungarisches Kon­sortium hat die Regierung mit ihrer Sympathie begleitet aus der politischen Erwägung - heraus, daß Deutschland durch ein Entgegenkommen gegenüber den finanziellen Bedürfnissen der Türkei gleichzeitig seinen Bestrebungen um Aufrechterhaltnng des Friedens und des Status guo einen wesentlichen Dienst leistet. Der Reichskanzler ging sodann auf die deutsch-englischen Beziehungen ein und die angeblichen Verhandlungen über eine Beschränkung der Seerüstnngen und führte ans, Deutschland begegne sich mit Engländern dem Wunsche, jede Rivalität in Beziehung auf die Rüstungen zu vermeiden und betrachte eine offene und vertrauensvolle Aussprache und eine darauf folgende Verständigung über die gegenwärtigen wirtschaft­lichen Interessen der beiden Länder als das sicherste Mittel zur Beseitigung jeglichen Mißtrauens. Dann ging der Reichskanz­ler auf die Entrevuen des Kaisers mit dem Kaiser von Ruß­land über, die einen befriedigenden und harmonischen Verlauf genommen haben. Die deutsche und die russische Regierung wer­den sich in keinerlei Kombinationen einlassen, die eine agressive Spitze gegen den anderen Teil haben könnten. In Persien müssen wir wünschen, daß unser Handel nicht gestört wird und sich weiterentwickelt. Rußland hat den gleichen Wunsch für seinen Handel, außerdem aber noch besondere Wünsche be­züglich der Sicherung in dem persischen Gebiet, das an Ruß­land grenzt. Desgleichen geben wir gerne zu, daß Rußland hier einen besonderen Einfluß haben muß. Die Unterredungen während der Potsdamer Entrevue haben da und dort scheinbare Mißverständnisse beseitigt und das alte vertrauens­volle Verhältnis zwischen Rußland und uns bestätlgt. (Beifall).

Wiemer (Fortschr. Vp.): Wir werden gerne zum Wohl des Vaterlandes uns an der praktischen Arbeit beteiligen. Diese kann aber nicht die Erinnerung an die Sünden der Ver­gangenheit verwischen. Für die landwirtschaftliche» Ar­beiter kommt nichts zustande. Die Verfassung für die Reichs­lande erscheint unzulänglich, nicht einmal das Reichstagswahl­recht will man bewilligen. Die Wirtschaftspolitik hat die Kehrseite der Verteuerung der Lebensmittel und Rohma­terialien. Wo bleibt die konstitutionelle Sicherung unseres Staatslebens. Der Reichskanzler Fürst von Bethmann Holl­weg (andauernde Heiterkeit) ist hierin weit hinter Fürst Bülow zurückgeblieben. Verwundern muß es, daß der Reichskanzler derartig in das schwebende Verfahren in Moabit eingegrifsen hat. Der Sturm im Lande und das Anwachsen der roten Flut ist hurch die jals che Politik hervorgerufeu worden. Die selbstlosePolitik" der Konservativen und klerikalen Ag­rarier hat den Fürsten Bülow von seinem Posten getrieben. Dem Grundgedanken der Wertzuwachs st euer stimmen wir zu, lehnen aber eine Verquickung mit der Veteranenbeihilfe ab. Bei dem Verkauf des TeMPelhofer Feldes hätte der Reichstag gehört werden müssen. Bei der Militärvorlage kommt das dicke Ende nach In den kommenden Jahren wer­den di« Ausgaben erheblicher werden. Wir hoffen, daß Staats­sekretär v. Lindequist die Politik seines Vorgängers sortsührt und der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes mehr Ent­schlußfähigkeit zeigen wird als sein Vorgänger. Die Erledig­ung der Borrom äusenzyklika^Angelegenheit ist kein voller Erfolg. Wir" Freisinnigen sind stets Gegner der Sozial­demokratie gewesen. (Beifall links..

Abg. Frhr. v. Gamp (ReichSP.): Ohne das Zustandekommen der Finanzreform hätten wir heute eine viel größere Schulden­last. Der Militärvortage stimmen wir zu. Bezüglich der el­saß-lothringischen Verfassung haben wir beim Wahlrecht ernste Bedenken. Wir wollen den sozialdemokratischen Terror unter allen Umständen brechen. Ein Mrücken von' der Schntzpolitik ist nicht angängig. Sie bedeutet ein geschlossenes Ganzes. Daß Deutschland den Frieden will, hat es vierzig Jahre hindurch bekundet. Die Marineverwaltung verdiene die ihr gezollte An­erkennung. An einen Krieg mit England sei nicht zu denken. Gute Finanzen, die wir dein jetzigen Staatssekretär verdanken, dienen ebenso sehr dem Frieden wie ein gutes Heer. Wir wollen dafür sorgen, daß sie unS erhalten bleibe».

Daraus wird Vertagung beschlossen. Weiterberatnng Mon­tag 2 Uhr. Schluß gegen 5 Uhr.

Berlin, 9. Tez. Ter Zimmermann Met Hel, der sich demnächst wegen Teilnahme an den Ntoabiter Kra­wallen wegen Landsriedensbruchs vor dem Schwurgericht zu verantworten hatte, hat gestern in seiner Zelle im Un­tersuchungsgefängnis durch Erhängen seinem Leben ein Ende gemacht.

Berlin, 11. Dez. Heute mittag wurde am Grabe des Hofpredigers Stöcker seine Büste enthüllt. Um 9 Uhr abends ist seine Gattin nach langem Leiden hier gestorben.

Berlin, 11. Dez. Für den verstorbenen Maler Pro­fessor Ludwig Knaus fand in der Kgl. Akademie der Künste eine Tranerfeier statt. Jan Aufträge des Kai­sers war dazu der Chef des Zivilkabinetts von Balentini erschienen.

Berlin, . 12. Dez. Tie I u b i l ä u m s ta g n ng (XXV) der Deutschen L a n d wi r t s ch a f t s g e s e l l- schaft vereinigten sich gestern Nachmittag, nachdem vor­mittags ans dem Grundstück des Geschäftshauses die Ent­hüllung der Portraitreliefs von Heinrich von Nathusius, A. Schultz-Lupitz und B. Woelfling stattgefnnden hatte, die Teilnehmer zu einem Festmahl im Landcsausstcllungspark. Anwesend waren n. a. Minister Frhr. v. Schorlemer und Staatssekretär Dr. Delbrück, Unterstaatssekretär v. Linde- qnist, Gesandte und Parlamentarier.

Breslau, 9. Dez. TerBreslauer Zeitung" zufolge hob der Reichskanzler die einstweilige Verfügung über die Zollbehandlung von Kleie auf, die für Handel und Landwirtschaft eine schwere Schädigung bedeutete.

Ausland.

Rio de Janeiro, 12. Dez. Gestern früh ü Uhr ertönte Kanonendonner; die Stadt wurde von dem KreuzerRio grando Tul" beschossen. Aus dem Martt haben die Geschosse großen Schaden angerichtet und die Bevölkerung in große Aufregung ver­setzt. Das Bombardement ist noch nicht zu Ende.

Württemberg.

Dienstnachrichten.

Der König hat die evangelische Pfarrei Oberbrüden, Dekanats Backnang, dem Pfarrverweser Richard Beyerin Plattenhardt, Amts­dekanats Stuttgart, übertragen, den Gerichtsnotar Egererin Forchten- berg seinem Ansuchen gemäß an das Bezirksnotariat Heilbromi mit Beschränkung auf die Verrichtungen eines Grundbnchbcamten versetzt, den Obersekretär Ochs in Ulm zum Expeditor bei dem Landgericht Ellwangen ernannt, dem Amtsgerichtssekretär Schlenker in Waib­lingen den Titel Obersekretär verliehen- Vom Evangelischen Ober­schulrat ist je eine ständige Lehrstelle in Sülzbach, Bez. Gellmersbach (Weinsberg), dem Unterlehrer Gottlieb Beßler in Snlzbach, Bez. Backnang, in Hößlinsülz, Bez. Gellmersbach (Weinsbery), dem Haupt­lehrer Velinin Beltersrot, Bez. Ernsbach (Oehringen), in Münchingen, Bez. Ludwigsburg, dem Hauptlehrer Schock in Neubronn, Bez. Vor- bachziiiimcrn (Mergentheim), unter Enthebung von der ihm übertragenen Lehrstelle in Kiiittliiigen, in Kochersteinsfeld, Bez. Neckarsulm, dem Untcrlehrer Karl Tott in Heilbromi, in Schönmünz, Bez. Dornstetten (Freudenstadt), dem Unterlehrer Ludwig Schenk in Altburg, Bez. Calw, in Giengen a- Br., Bez. Giengen, der Hauptlehierin Weick in Steiiieiibcrg, Bez. Aichelberg (Schorndorf), übertragen worden-

Die Lage im 14. württembergischen Reichslagswahlkreis.

Es wird uns geschrieben:

Es ist erwünscht, gegenüber den widersprechenden Dar­stellungen über die Kandidatur im 14. Reichstagswahl­kreis volle Klarheit zu erhalten.

In der Verständigung zwischen der Volkspartei und der Nationalliberalen Partei war ausdrücklich bestimmt: Bezüglich des 14. Wahlkreises gilt das Ab­kommen unter der Voraussetzung, daß der bisherige Vertreter eine Kandidatur wie­der an nimmt."

Es war also im Unterschied von allen bisherigen Wahlkreisen im 14. die Verständigung nur aus die Per­son des Abg. Storz erreicht und andernfalls eine Verstän­digung auf eine gemeinsame Kandidatur nicht erzielt worden.

T-ies wurde zum Ueberflnß noch ausdrücklich sestge- stellt durch eine Punktation des Inhalts:Zur Ver­deutlichung des letzten Wsatzes sind sich die Vertreter bei­der Teile über folgendes einig:Die Nationalliberale Par­tei hat ausdrücklich die Voraussetzung ausgesprochen, daß im 14. Wahlkreis toieder der bisherige Abgeordnete kandidieren werde. Falls dies infolge der Nichtannahme oder Nie­derlegung der Kandidatur nicht zntresfen sollte, hält sie sich zu einer Unterstützung eines anderen Kandidaten nicht für verpflichtet und beansprucht die gemeinsame Kandi­datur in diesem Wahlkreis für sich. Die Volkspartei anerkennt für d i e s.e n F a l l die B er echt4 gung derNationalliberalen Parteiauf eine eigene Kandidatur im 14. Wahlkreis, ohne ihrerseits auf eine eigene Kandidatur zu verzichten. Auf die übrigen Wahlkreise hat nach der übereinstimmenden ErUärung beider Teile dieser Vorbehalt, auch wen» er praktisch werden sollte, keine Einwirkung." Auch in der Bestätigung des Gesamtabkommens hat namens der Volks- Partei Hdrr Conrad Haußmann noch ausdrücklich a«f den 14. Wahlkreis unter Wiederholung mündlicher Erklärungen . Bezug genommen, indem er dem Herrn Abgeordneten Kü­

bel, als dem Vertreter der Deutschen Partei, schriftlich er­klärte:Ich bestätige Ihnen, meine »rundliche Erklärung von heute früh und den Inhalt unseres Gesprächs: wo­nach meine politischen Freunde von der Fortschrittlichen Volkspartei in Württemberg mit dem Inhalt des Ueberein- kommens, wie wir es schriftlich niedergelegt haben, ein­verstanden sind, wonach wenn Herr Storz eine Kandidatur ablehnt, vor Aufstellung einer Kandidatur ein e Rücksprache der Parteiver­treter statt finden soll und wonach im übrigen die beste Aussicht besteht, daß Herr Storz im Früh­jahr spätestens eine Entschließung in posi­tiven! Sinn fasse n wird."

Das ist alles klar, offen, ziveckinäßig und lojal. >

Eine coentl. Verständigung aus einen anderen Kandi­daten ist also nicht erzielt worden. Tie Deutsche Par­tei hatte für diesen Fall bei den Verhandlungen gewünscht, daß ans ihren Reihen eine yon der Volkspartei zu unter­stützende Kandidatur ausgestellt werden solle. Tie Volks­partei hatte diesen unbegründeten Anspruch, der den Grund­satz der Wahrung des Besitzstandes verkennt, ausdrücklich nicht anerkannt und den ihr zugemuteten Verzicht- aus die eigene Kandidatur mit deutlichen Worten abgelehm.

- Es ist also für den 14. Wahlkreis im Fall der Nicht­annahme der Kandidatur durch Herrn Storz genau die Lage gegeben, die im Ulmer und in allen übrigen Wahl­kreisen gegeben sein würde, wenn zwischen den beiden Par­teien überhaupt kein Mkommcn getroffen wäre. Dieser vertragslose Zustand beschränkt sich jetzt ausdrücklich aus den 14. Wahlkreis.

Es wäre ein Spiel mit Worten, wenn der Wendung beansprucht" die Bedeutung beigelegt werden wollte, als ob die Deutsche Partei gegenüber der Volkspartei einen Rechtsanspruch auf eine Unterstützung ihrer Son­derkandidatur haben würde. Ein solches Recht kann nur aus einer Zusage oder aus dem bestehenden Zustand ab­geleitet werden; eine Zusage aber ist nicht nur nicht ge­geben, sondern ausdrücklich abgelehnt worden und der be­stehende Zustand ist der, daß die Volkspartei das Reichs­tagsmandat seit einer fast unvordenklichen Zeit behauptet und im Besitz hat, nämlich seit der Zeit, da der Abg. Hans Hähnle den Wahlkreis der Volkspartei erobert hat. Man wird auch nicht behaupten können, daß die Strömung der Wählerschaft in Deutschland und im Wahl­kreis Ulm, Geislingen, Heidenheim, nach rechts gehe. Der Abg. Storz, der unlängst seine Anwaltspraxis von dem Amtsgericht Heidenheim an das Landgericht Stuttgart ver­legt hat, könnte die Angelegenheit vereinfachen, wenn er schon heute und nicht erst wie ausdrücklich Vorbehalten im Frühjahr die Annahme der Kandidatur zu erklären in der Lage wäre. Sollte die Volkspartei und die Deutsche Partei gesonderte Kandidaturen ausstellen, so empfiehlt es sich in Versammlungen und Presse dem Wahlkampf keine un­nötige Schärfe zu geben. Beide Parteien haben Grund,- sich in erster Linie gegen andere Gegner zu kehren.

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Zur Lehrstellenvermittlmrg.

Um die öffentliche Lehrstcllenvermittlung zu fördern und wirksamer zu gestalten und dabei sowohl auf die Wünsche des Lehrherrn als aus die zweckmäßige Berufswahl für den schulentlassenen Knaben die größtmöglichste Rück­sicht zu nehmen, haben sich in: vorigen Jahr die be­rufenen Vertreter des Handwerks, der Industrie und des Handels für eine Zentralisierung der Vermittlung ausgesprochen. Die Vermittlung soll durch die an das Stadt. Arbeitsamt angeschlossene Zentralstelle für gewerb­liche und kaufmännische Lehrstellenvermittlung der Stadt Stuttgart bewirkt werden. Zur Unterstützung bei der Ver­mittlung und zur Beratung der Lehrstellesnchenden bezw. deren Eltern und Vormünder wurde mit Zustimmung des Gemeinderats ein Beirat gebildet, der sich aus Ver­tretern der Schulen, der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, der Handwerkskammer, der Handelskammer, der Gewerbevereine, des Handelsvereins, der Vereine für Ju­gendfürsorge und des Arbeitsamts zusammengesetzt. Nach­dem 'die in den Schulen angestellten Erhebungen über die Berufstvahl der zur Entlassung kommenden Schüler abge­schlossen sind, wird mit der Vornahme der Vermittlung baldmöglichst begonnen werden. Tie Herren Handwerks­meister Und Inhaber gewerblicher und kaufmännischer Be­triebe sind dringend ersucht worden, ihre im kommenden Frühjahr zu besetzenden Lehrstellen unter Angabe der Bedingung (Fach, in dem die Ausbildung erfolgt, Tauer der Lehrzeit, Lehrgeld, Vergütung und dergl.) umgehend anzumelden, soweit dies nicht schon durch die Vermittlung der Handwerkskammer geschehen ist. Ter Zeitpunkt, zu welchen! der Beirat seine Tätigkeit ausnehmen wird, wird noch durch besondere Bekanntmachung in den Schulen zur Kenntnis der Eltern der zur Schnl-Entlassung kom­menden Knaben gebracht werden. Es wird sich für sie da­her empfehlen, im Interesse einer besseren Uebersicht über die zu besetzenden Lehrstellen, von Bemühungen, unter der Hand eine Lehrstelle zu finden, vorerst Abstand zu nehmen.

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Volkspartei und Reichstagswahl. Der En­ge re Ausschuß der Fortschrittlichen VolkS- p a r t e i trat inStuttgart in eine erste Besprechung der bevorstehenden Reichstags wählen in den einzelnen Wahlkreisen ein. Zugleich wurde die Tagesordnung der Landesversammlung am 6. Januar festgesetzt. Folgende Referate wurden vorgesehen: Landtag, Wirkung der Par­teiverschmelzung, der bisherige Reichstag, der nächste Reichstag. lieber die beiden letzten Punkte Wertzoll Payer und Konrad Haußmann referieren, die an­deren Referenten sind noch nicht festgesetzt.

Bürgerattsschußwahlert.

Die Stnttgartsr B ü r g e r a us s ch n ß wo h l.

Nach dem jetzt vorliegenden Ergebnis haben bei der Stutt­garter Bürgerausschußwahl Stimmen erhalten: Sozialdemokratie 143 017, Nationalliberale 9t 907, Volkspartei 57831, Kon­servative 26 103, Zentrum 19 284. Von den 14 erledigten Sitzen fallen zu: der Sozialdemokratie 6, den Nationalliberalen 4, der Volkspartei 2, den Konservativen und dem Zentrum je ein