Worten der Begrüßung an die aus allen Landesteilen zahl- , ,reich Erschienenen. Die Referate lagen in den .Händen

! hes Landtagsabgeordneten Löchner und des General­sekretärs Roth. Die Lage der Pensionäre und die zur Messerung einzuschlagenden Wege fanden dabei eingehende Beleuchtung. Tlbg. Löchner schilderte insbesondere auch has, was 1907 zu Gunsten der Pensionäre im Landtag pls erster und vorbildlicher Schritt auf diesem Gebiet ge­schehen sei. Das Ergebnis der Besprechung, die sich durch >eine anregende Diskussion besonders interessant gestaltete, jvar die einmütige Annahme folgender Resolution: ^,Die heute in Stuttgart zahlreich versammelten staat­lichen Unterbeamtenpensionäre und Rentenempfänger er­mächtigen die Ständige Kommission der württ. Staats- jlmterbeamten, in einer sachlichen und wohlbegründeten i Denkschrift an Regierung und Landstände mit der Bitte , iheranzutreten, es möchte der auch schon bei der Aufbes-

i Gerung von 1911 dringend erwünschte allgemeine Grund­

satz ins Beamtengesetz ausgenommen werden, daß bei künf­tigen Gehaltsaufbesserungen die Pensionäre sowie die Wit­wen und Waisen mitberücksichtigt werden. Des ferneren ^oll für die vor 1907 bezw. vor 1901 pensionierten Staats- ! dimer eine besondere Fürsorge eintreten, weil ihre Ver- Hältnisse besonders dürftige sind. Die Rentenempfänger betonen die unaufschiebliche Notwendigkeit einer besseren ! Versorgung für die nicht in etatmäßigem Anstellungs- Verhältnis Stehenden." Im Anschluß daran wurde die Frag« einer ständigen Organisation der staatlichen Nnter- i ! beamtenpensionäre und Rentenempfänger erörtert und be- c schlossen, einen Verein der staatlichen Pensionäre usw. ins

- Leben zu rufen, der Sitz und Stimme in der Ständigen

'z Kommission der württembergischen Staatsunterbeamten ha-

r ben soll. Dem Verein traten alsbald eine große Anzahl

r Pensionäre bei. Es wurde zur Erledigung der Vorarbeiten

h bis zu der in Bälde stattfindenden konstituierenden Ver-

>i sammlung ein provisorisches Komitee gebildet, in welches

gewählt wurden: Lokomotivführer a. D. Laier-Tübin- h gm, als Vorsitzender, Haltevorsteher a. D. Döffinge r- Nagold, Postunterbeamter a. D. H o f a ck e r - Stuttgart, ß Zugführer a. D. S t a r k - Stuttgart und Hilfsschreiber n Worlok-Zuffenhausen, als Beisitzer. Es soll in näch- r Per Zeit eine rege Propaganda entfaltet werden.

:n

er

in

In

r-

>st

ic

eu

IS-

m,

ir-

en

'S'

te-

is!.

ir-

en,

rtt.

en

Die Kniffe" der Verteidiger.

Rach Zeitungsmeldungen hat ein Stuttgarter Staats­anwalt bei den Beratungen des 2. deutschen Jugend-gerichts- itages am 30. September 1910 in München den Antrag befürwortet, jugendliche Angeklagte während der Schluß- Vorträge aus dem Sitzungssaal zu entfernen, und zur Begründung geltend gemacht, der jugendliche Angeklagte solle nicht die prozessualen Kniffe und dialektischen Kunst­stücke seines Verteidigers hören. In der Sitzung des Korstandsder Württemberg. Anwaltkammer vom 1. Oktober ds. Js. gelangte diese Nachricht der Presse zur Besprechung. Hiebei ergab sich llebereinstimm- !ung darüber, daß auch, wenn tatsächlich der vorerwähnte, Nach Inhalt und Begründung gleich ungeeignete Antrag gestellt worden sein sollte, für den Vorstand kein Anlaß zum Einschreiten gegeben sei. Denn einerseits wäre die Aeußerung des betr. Redners als eine private aufzu- sassen, wegen der eine Vorstellung des Vorstands bei der Justizverwaltung kaum in Frage käme. Andererseits habe die württ. Justizverwaltung eigene Kenntnis darüber, daß die Tätigkeit der Verteidiger bei den Stuttgarter Gerichten dm Vorwurf ungeeigneter Berufsausübung in keiner Weise zu rechtfertigen vermöge.

echr

mg,

,ds-

ze-

nde

und

egte

ich!-

»Il-

ich

on>

ung

d-r

de»

wa­

chte

che»

ge"

»p

lln»

auch

st'le«

Stuttgart, 1l. Okt. Der Staatsanzeiger veröffent­licht eine Königliche Verordnung, betreffend die Ermäch­tigung der Staatseisenbahnverwaltung zur Erwerbung des für den Bau eines zweiten Geleises auf der Bahnstrecke An­tendorf-Ravensburg erforderlichen Grundeigentums im Wege der Zwangsenteignnng.

Stuttgart, 11. Okt. Tie Ansicht, daß eine be­schleunigte Aufhebung der Tierärztlichen Hoch­schule zu erwarten sei, wird durch die in Aussicht stehende starke Abnahme der Besucherzahl im kommenden Semester erhärtet. In eingeweiten Kreisen rechnet man über den Winter nur auf 50 Studierende. Diese sind ältere Semester, die vor dem Examen stehen und dieses noch in Stuttgart-absolvieren wollen. Für kommenden Sommer erwartet man nur noch einen Besuch von ca. zehn Tier- ar zneischül er n! Daß mit dieser geringen Zahl nichts «nzusangen sein wird, bedarf keiner Begründung.

Stuttgart, 12. Okt. Der Inhaber des hiesigen Süd­deutschen Korrespondenzbureaus Albert Treiber ist ge­stern gestorben.

Eßlingen, 1l. Okt. Von der der Maschinenfa - brik Eßlingen gehörenden Maschinenfabrik in Mett- rngm waren drei Arbeiter entlassen worden. In der Annahme, daß die Entlassung mit der Kündigung an­läßlich der evtl. Aussperrung zusammenhänge, haben heute früh die Arbeiter in der Mettinger Fabrik mit der Arbeit aufgchört. Auf Grund der zwischen der Fabrikleitung und dem Metallarbeiterverband gepflogenen Unterhandlung Wurden di« Arbeiter wieder eingestellt und die Arbeit nach kurzer Zeit wieder ausgenommen. Einer von ihnen wurde 't!" 2-Ä) >U bestraft, weil er während der Arbeitszeit ij gp Christen verteilt hatte.

Linf . Altbach, OA. Eßlingen, 11. Okt. Gestern abend msd hier eine stark besuchte Versammlung der bei den üÄarwerken A.G. beschäftigten Monteure und Hilfsmon- die sich mit der Aufforderung an diese be- c ehk 'Mstigte, dem Metallarbeiterverband nicht beizutreten oder v "v diejenigen, die Mitglieder seien, aus ihm austreten. In W»H ! * Besprechung wurde gesagt, daß es eine Anmaßung der er'tt'- üernchmer sei, wenn der Arbeiter durch derartige Maß- i,e g Mitten gezwungen werden soll, aus seiner Organisation .^utteten, sofern er nicht aus dem Arbeitsverhältnis ^e^lden will. Ein Teil der Arbeiter hat die Arbeit -etzergelegt, während .andere heute die Kündigung schrift- "h mrgereicht haben.

^tkdrichshafen, 11. Okt. In Anwesenheit des - "'"gspaarres, des Grafen Zeppelin, der Gemeiudekolle- Studienkommission, der Geistlichen, der Lehrer, ^beramtmanns Bockshammer-Tettnang, der Baumei-

,ahel

hi»

eV

.Ml

ster und eines zahlreichen Publikums fand heute vormit­tag die Einweihung eines neuen Schulhaüses statt.

Nah und Fern.

Spiel des Zufalls.

Aus Zittau wird vom 10. Oktober berichtet: Als der Bäckermeister Kasper in der Weberstraße heute Mit­tag kurz nach 1 Uhr mit seinem Jagdgewehr herumhan­tierte, entlud sich plötzlich die geladene Waffe. Die Ku­gel ging durch ein Schaufenster und t ra s zwei H err e n, die auf der Plattform eines die Straße passierenden Wa­gens der elektrischen Straßenbahn standen. Beide fielen tödlich getroffen vom Wagen. Tie Kugel war den bei­den in den Kops gegangen und hatte ihren sofortigen Tod herbeigesührt.

Der BaugewerkSschiiler als Mörder.

In Breslau wurde aus der Hildebrandstraße durch Kri­minalbeamte der 24jährige Baugewerksschüler Rudolf Schmidt aus Bieberteich (Kreis Frankfurt a. O.) verhaf­tet, der dort in der Nacht zum 1. Oktober den Briefträger David ermordet hat. Schmidt unterhielt mit der Frau des Ermordeten ein Liebesverhältnis und verübte den Mord aus Eifersucht. Nach Verübung der Tat flüch­tete er nach Breslau, wo er bei Verwandten in der Pose- ner Straße Aufnahme fand. Schmidt bestreitet, mit der Person des Mörders identisch zu sein und die Tat begangen zu haben.

In Ober fisch ach OA. Gaildorf brannte gestern nacht das Oekonomiegebäude und Wohngebäude der Witwe des früheren Ortsrechners Seiger nieder. In kurzer Zeit war das Gebäude ein Raub der Flammen.

In Cannstatt wurde ein verheirateter Kutscher von der Polizei wegen versuchten Mords festgenommen und an das Amtsgericht eingeliefert. Der Verhaftete wird be­schuldigt, seiner Frau in den Kaffe Lysol gegossen zu haben.

« Zu dem Bauern Stitzenberger in Höllenbach bei Kißlegg kam einer und bot ihm sein Rad zum Kaufe an. Ter Bauer besichtigte das Rad, das mit einem sogenannten Gabelschloß versehen war. Infolge verschiedener Mani­pulationen schnappte das Schloß zu. Ter Radfahrer hatte merkwürdigerweise keinen Schlüssel, weshalb er am Wei­terfahren verhindert war. Während nun unter allerhand Anstrengungen das Schloß gewaltsam geöffnet wurde, was eine geraume Zeit in Anspruch nahm, kamen plötzlich zwei Radfahrer aus Ratzenried angesaust. Die nahmen, das einem von ihnen gestohlene Rad für sich in Anspruch, bläuten den Dieb gehörig durch und nahmen ihn dann in ihre Mitte, worauf er in KiUegg auch noch dem Gericht übergeben jwurde.

Ans dem Viehmarkt in Großengsting en mußte ein Bauer aus dem Oberamt Urach die unangenehme Ent­deckung (machen, daß ihm sein um mehr als 500 M ge­kaufter und irr der Scheuer der Wirtschaft eingestellter! Stier abhanden gekommen war. Alles Suchen und auch das Ausschellen durch den Amtsdiener war vergeblich. Ter Stier blieb verschwunden. Als der Markt zu Ende Ende war, blieb ein junger Stier herrenlos zurück. Mit diesem minderwertigen Ersatz mußte der Bauersmann heimwärts ziehen. Er wird wohl das nächste Mal mehr auf -sein Vieh und weniger ans Wirtshaus passen,

Auf dem Butterbachschacht des Kgl. Steinkohlenberg­werks B a r si ng h a u se n wurden durch niedergehendes Gestein etwa 20 Bergleute verschüttet. Sie konnten bis auf zwei, die wahrscheinlich umgekommen sind, gerettet werden.

GerichLssaal.

Stuttgart, 11. Okt. In dem Schadenersatzprozeß des Mechanikers Böhler gegen den Grafen Zeppelin ist vom Oberlandesgericht Termin aus Mittwoch, 26. Ok­tober angesetzt . Böhler wurde bekanntlich vom Landge­richt mit seiner Klage abgewiesen.

Leipzig, 10. Okt. Wegen unlauteren Wett­bewerbes hatte sich am 20. April der Fischhändler Hempel in Heilbronn vor' dem dortigen Landge­richte zu verantworten. Er hatte in zwei dortigen Blät­tern nur erstklassige und blutfrische Fische angeboten und zwar holländische Kabliau für 35 Pfg., und Rotzungen für 45 Pfg. das Pfund. Es wurde Strafantrag gegen ihn gestellt, weil nur Nordseefische, nicht aber die vom Ange­klagten angepriesenen isländischen Fische als erstklassig bezeichnet zu werden Pflegen, namentlich da die isländischen wesentlich billiger sind. Das Landgericht hat den Ange­klagten freigesprochen. Tie Revision des Nebenklägers wurde heute vom Reichsgericht verworfen. Ta dem Angeklagten von seinen Lieferanten auf der Rechnung die Fische als erstklassig bezeichnet worden sind, durfte er auch annehmen, sie so anpreisen zu können.

Handel und Volkswirtschaft.

Lanln'Sproduklrni'örie Stuttgart.

Börsenbericht vom 10. Oktober 1910.

Die Stimmung ans dem Weltmärkte war in abgelanfener Woche wesentlich fester, da sowohl Rußland als auch Rumä­nien ihre Preise beträchtlich erhöhten und auch die amerikani­schen Terminbörsen wieder bessere Kurse verzeichneten. Der Saatenstandsbericht von Argentinien, wo bekanntlich in den Monaten Dezember und Januar Ernte ist, lauten bisher günstig. Landware ist infolge der Feldarbeiten immer noch spärlich an­geboten und sind die Preise höher.' Die heutige Börse ver­kehrte in fester Haltung, jedoch sind die Umsätze nicht von Be­lang, da unsere Mühlen die höheren Forderungen nicht bewilli­gen wollten.

Wir notieren per 100 Kilogramm srachtparität Stuttgart, Getreide und Saaten ohne Sack netto Kassa je nach Qualität und Lieferzeit: Weizen württ. neu 20 bis 22 Mark, Weizen bayerischer neu 22 bis 22.50 Mark, Rumünier neu 22.35 bis 23.25 Mark Ulka 23.25 bis 23.75 Mark, Saxonska 23.25 bis 23.75 Mark, Azima 23.25 bis 23.75 Mark, Laplata 22.25 bis 23.25 Mark, Kernen neu 20 bis 22 Mark, Dinkel neu 13 bis 15 Mark, Roggen württ. neu 14.75 bis 15.75 Mark, Gerste, Pfälzer 18.75 bis 19.25 Mark, daher.

18.50 bis 19.50 Mark, Tauber 18 bis 19 Mark, Ungar, neu

21.50 biö 23.50 Mark, Futterg. russ. 13.25 bis 13.75 Mark,

Haber io. alt 17 bis 18 Nbark, neu 14.50 bis 16.25 Mark, Mais, Laplata 15 bis 15.75 Mark, Donau 15 bis 15.75 Mark. Mehl m. Sack, Kassa mit 1 Proz. Skonto: Tafelgries 33 bis 34 Mark, Mehl Nr. 0: 33 bis 34 Mark/ Nr. 1: 32 bis 33 Mark, Nr. 2: 31 bis 32 Mark, Nr. 3: 29.50 bis 30.50 Mark, Nr. 4: 2627 M. Kleie 8.509 Mk. (o. Sack n. K-)

*

Aalen: Haber 14.2017 Mark.

Balingen: Dinkel 19.2020 M., Haber 1616.60 M.

Bopfingen: Haber 13.2015 Mark.

Biber ach: Kernen 20.5022 M., Haber 1216 M.

Ebingen: Dinkel 12.60 M-, Haber 1414.20 M., Ker­nen 22 Mark.

Giengen Br.: Kernen 20.6021.40 M., Roggen 17.60 bis 17.80 M., Gerste 16.4017.60 M., Haber 14.4015.60 M., Weizen 20.8021.40 M.

Langenau: Kernen 21.2022.60 Mark.

*

Herbftnachrichten.

Aus Neckarsulm wird uns berichtet: Wie im ganzen Lande, so sind auch hier die Weinherbstaussichten geradezu trostlos. Die Reben haben besonders unter der Pilzkrank- heit zu leiden, die nach neuerlichen Feststellungen eines Sach­verständigen aus Amerika eingeschleppt wurde. Das große Faß- lager im hiesigen Bandhaus, unter dem sich auch ein 1903 erbautes, 31700 Liter fassendes Faß befindet, ist leer. Die Fässer werden auch leer bleiben, denn den Weingärtnern bleibt nichts übrig, als dir geringen noch zu erhoffenden Erträg­nisse schleunigst zu verkaufen, um ihre bedeutenden Unkosten zu decken. Man befürchtet geschäftliche Krisen.

In Bönnigheim beabsichtigen in den nächsten Tagen eine größere Anzahl Weingartner ihr spärliches Herbsterzeugnis zu holen, welches vielfach zur Vermehrung des Mostquantums dienen wird.

In Mundelsheim sind einige Käufe Frühgewächs zu 190 M pro 3 Hektoliter abgeschlossen worden. Die Weingärtnergesellschast wird etwa ISO Hektoliter Trollinger anfangs nächste Woche zur Ver­steigerung bringen.

Von der Enz wird geschrieben: In Horrheim OA. Baihin­gen wurden für den württembergischen Eimer (300 Liter) neuen Weins 210 Mark bezahlt, ein schon seit einer Reihe von Jahren nicht mehr erreichter Preis.

Ans Hohenbeilstein im Bottwartal wird berichtet: Die Mißernte, die fast aus allen Weingegenden gemeldet wird, trifft für unsere Weinberge nicht zu. Infolge der schönen Tage im September ist die Reife der Trauben -weit vorangeschritten und eine Belaubung ist noch üppig grün. Obgleich auch bei uns der Sanerwurm auftrat, können doch diejenigen Weinberg­besitzer, die solchen energisch bekämpften, ans einen annähernd halben Herbst rechnen. Die noch zahlreich vorhandenen Trau­ben haben ein gesundes Aussehen.

In Endersbach ist ein W e i n k a n f in Neuem zu 200 Mark der Eimer zu verzeichnen.

»

Stuttgart, 11. Okt. Auf dem heutigen Großmarkt kosteten Zwetschgen 12 Pfg., Aepfel 715 Pfg., Birnen 820 Pfg., Quitten 1520 Pfg., Nütze 2025 Pfg., Trauben 25 Pfg., Himbeeren 35 Pfennig per Pfund. Auf dem Filderkrantmarkt kosteten 100 Stück 815 Mark.

Stuttgart, 11. Okt. Die Zufuhr auf dem Kartof­felgroßmarkt auf dem Leonhardsplatz betrug 250 Zentner. Preis 4.50 bis 6.50 Mk. pro Zentner. Dem heutigen M o st­ob stmar kt auf dem Wilhelmsplatz waren 2600 Zentner zu- gesührt. Preis 4.805.60 Mark per Zentner.

Vor 40 Jahren.

Denkwürdigkeiten ^

an den deutsch-französischen Krieg.

Montag, 3. Oktober1870.

Paris. Tie Pariser Mmtszeitung teilt mit, daß bis heute 5 Ballons mit 100 Kilogramm Depeschen in Paris aufgestiegen seien, von denen keiner innerhalb der preußischen Linien niedergefallen sei. Neue Ballons wer­den angefertigt.

Ferriere. Was Bismarck den französischen Of­fizieren sagte, als sie bei Sedan die Kapitulationsbeding- nngen Moltkes entrüstet abwiesen..... Ihre Schlußfol­gerung. Herr General, ist in Wahrheit nur bestechend und hält keiner Prüfung stand. Im Allgemeinen muß man auf Tank sehr wenig, auf den Tank eines Volkes aber gar nicht rechnen. An die Dankbarkeit eines Sou­veräns, im Notfall an die seiner Familie kann man glau­ben . . . aber ich wiederhole, von der Dankbarkeit einer Nation muß man nichts erwarten. In Frankreich sind außerdem seit 80 Jahren die Regierungen so wenig dauer­haft gewesen, daß man in Ihrem Lande auf nichts bauen kann. Ueberdies wäre es ja sinnlos, sich einzubilden, Frankreich könne uns jemals unsere Erfolge verzeihen. Sie sind ein reizbares, neidisches Volk, eifersüchtig und neidisch bis zum Uebermaß. Seit 2200 Jahren hat Frankreich dreißig mal an Deutschland den Krieg er­klärt. Tiesesmal, wie immer aus Eifersucht, weil sie uns unseren- Sieg bei Sadowa nicht vergeben konnten. Und doch hat Sadowa Ihnen nichts gekostet und hat Ihren Ruhm nicht geschmälert. . . . Und Sie sollten uns Ih­ren Zusammenbruch bei -Sedan vergeben? Niemals! Heute ist es endlich genug! Frankreich muß gezüchtigt werden für seinen Dünkel und seine ewige sriedhässige Angriffs­lust. Endlich wollen wir die Sicherheit unserer Kinder seststellen und dazu brauchen wir ein Glacis zwischen Frank­reich und uns; wir brauchen ein Land, Festungen und Grenzen, die uns für immer gegen jeden Uebersall von seiner Seite sicherstellen."

Heute Vorpostengefechte bei Maisvn Rouge, Schar­mützel bei Allaines und Croup.

Die nstag. 4. Oktober 1870.

Thiers reist heute von St. Petersburg nach Rom. Ge­fecht bei Epernon, Scharmützel bei Champenay.

Straßburg. Tie Bürger der Stadt sind aufgefor­dert worden, die Schäden zu liquidieren, die sie während der Belagerung erlitten haben. Es gilt das als Beweis, daß Deutschland die Stadt bereits als angehörig betrach­tet und die Schäden raschestens heilen will.-

Nus Tr. Liman'S Bismarckdenkwürdigkeiten ent nehmen wir, daß dessen Quartier in Clermont sehr schlecht war.Bismarck hatte die 1. Nacht auf einfacher Ma­tratze am Boden geschlafen, seinen Revolver neben sich, und er arbeitete an einem Tischchen, auf dem kaum beide Ell­bogen ruhen konnten, in der Ecke neben der Türe. Tie Stube war aus das Notwendigste ansgestattet, von Sofa, Lehnsessel etc. keine Spur. Der, welcher seit Jahren die Weltgeschichte machte, in dessen Kops die Strömungen sich konzentrierten, um nach seinen Plänen verwandelt wieder daraus hervorzugehen, hatte kaum, wo er sein Haupt bin- legte, während stupide Hosschranzen in bequemen Himmel­betten vom Nichtstun ausrnhten."