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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt Wildbad.
verkündigungsblatt
der ilgl. Foritämter Mildbad, Meistern. Enzklösterle rc. während der Saison mit
amtl. Lremdenliste.
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Montag, den ttt Oktober ISIS.
S 7 . Jahrg.
Aus Europas jüngster Republik
kommt heute die erste zusammenhängende Darstellnng der für die Geschichte Portugals so bedeutsamen Ereignisse am 3. und 4. Oktober 1910. Nach ihr ist der St u r z d es K ön igshauses früher eingetreten, als er von den republikanischen Führern angesagt worden war. Die Revolution war für Mittwoch vorbereitet. Zu Beginn der Woche aber erging, da der König beabsichtigte, in dem Seebad Eascaes am Tejo Aufenthalt zu nehmen, an die Flotte der Befehl, auszulaufen. Da die Revolutionäre in der Flotte ihre .Hauptstütze sahen, beschlossen sie, um dieser Stütze nicht beraubt zu werden, sofort los- zuschlageu. Am Montag um Mitternacht begaben sich die republikanischen Führer nach der Kaserne des 16. Regiments, die sofort geöffnet wurde. Die Menge drang in die Kasernen ein, es wurden Waffen verteilt. Daraus begab sich alles nach der Kaserne des 1. Artillericregi- ments, das sich ebenfalls sofort der Revolution anschloß. Es wurden Kanonen herausgebracht und das repnblr- kani sche .Heerlager auf dem höchst gelegenen Teil der Stadt a u f g e s ch l a g e n, der eine ausgezeichnete strategische Position bot. Die 'Artillerie wurde mit den Mündungen der Stadt zu feuerbereit ausgestellt. Darauf bezogen auch die regierungstreuen Truppen den Revolutionären gegenüber, 3 Kilom. von ihnen entfernt, feste Stellung und richteteu ihre schweren Geschütze und Maschinengewehre gegen das Zentrum der Stadt. Inzwischen hatte der Kreuzer A damastor vor der Wafferfront der Madt im Tejo Aufstellung genommen. Er lag bombardementsbereit. Der Kreuzer Rafael legte sich mit der Front gegenüber den königstrcuen Kasernen, die, nachdem sich die Marinetruppen für die Revolution erklärt hatten, mit einer starken Wieilung Munizipalgarden umzingelt waren. Mitten in der Nacht begann das Geschützfeuer, das die ganze Stadt in ihren Grundfesten erzittern ließ. Ein Regiment M u n i z i pa l ka v a ll er i e wurde zu einer verwegenen Attacke vorgeschickt, um in: Sturm das Lager der Aufständischen zu nehmen. Das tapfere Unternehmen mißlang, denn ehe sie die Hälfte des Wegs zurückgelegt hatten, wurden sie mit einem furchtbaren Artilleriefeuer von den Höhen überschüttet und völlig vernichtet, nur 3 Mann konnten entkommen, Zwei Tage und zwei Nächte dauerte im ganzen der Kampf. Mm Dienstag setzte der
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Ls scheint, daß die gütige Natur allen denen, die bei ihr in höherer Hinsicht zu kurz gekommen sind, die Einbildung und den Dünkel als versöhnendes Ausgleichung-- und Lrgänzungsmlttel gegeben hat.
Goethe sin Lckermanns „Gesprächen").
Groß ndustrielle.
' Roman von Ernst Georgy.
14j (Nachdruck verboten)
(Fortsetzung.)
Frau Greffon legte das Tischtuch und die gestickte Mitteldecke sorglich in das Büfett. „Er kam wie eiu Freund zu Men Tageszeiten Und Mahlzeiten und wurde wie ein solcher ausgenommen. Andere Gedanken lagen nach feinem Benehmen, seinen Geschenken und Blumen nahe genug."
„Du mast mich noch wahnsinnig mit dieser ewigen Berechnung, Mama. Ich bin eine Dame und nebenbei Künstlerin, die doch, weiß Gott, mit Herren freundschaftlich verkehren darf, ohne daß man gleich in jedem einen Heiratskandidaten zn wittern braucht!"
„Werner hat dich auffallend bevorzugt."
„Weil.er mich brauchte."
„Nein, weil er für dich persönliches Interesse har."
„Was will das sagen? Verpflichtet das zu etwas?"
„Leider nein! Wer er ist eine Glanzvartie!"
„Aha!" Agathe lachte bitter.
„Tu hist kein Kind mehr, mrd bei deinem Toiletten- üerbrauch können wir wenig genug zurücklegen-"
„Ich bin zu nervös, um das alte Lied zum tausendsten Male anznhören, ich werde sonst wild!" Sie stürzte jetzt aus dem Zimmer, warf die Tür jach hinter sich ins Schloß, und man hörte, wie sie den Schlüssel umdrehte.
Auch Frau Greffon starrte einige Minuten sorgenvoll in die Luft, ehe sie sich zum Mittagsschläfchen niederste. Das Leben, wie sie es jetzt führten, und Agathes Aussehen, ihre Stimmung behagten ihr gar nicht. Ihre .Klugheit durchschaute den Grund zum Teil- Sie vermutete, daß Enttäuschung und Ungeduld die Tochter, die gleich ihr aus eine bevorstehende Verlobung mit Werner gerechnet hatte, verzehrten. Talentvoll, im richtigen Rahmen stehend, gut erzogen und schön, fand diese Wohl Verehrer
Kreuzer Adamastor mit der Beschießung des Königspalastes Necessidades ein. König Manuel und die Königin-Mutter wurden gezwungen, nach Eascaes und von dort nach dem Schloß Mafra zn flüchten. In derselben Nacht richteten die Kreuzer Adamastor und Rafael ein mörderisches Feuer gegen das Zentrum der Stadt, wo die Streitkräfte der Monarchisten zusammengezogen waren. Schließlich ermatteten die Königstruppen und ergaben sich den Republikanern, während Hochrufe des Volkes auf die Republik die Stadt erfüllten. Unmittelbar darauf erfolgte die
Proklamicrung der Republik;
aus den öffentlichen Gebäuden wurden republikanische Flaggen gehißt. Tie provisorische Regierung unter Braga trat zusammen und erließ sofort die Kundmachung von der Aufrichtung der Republik an die fremden Mächte. Alle Nachrichten aus der Provinz deuten daraus hin, daß sich nirgends ernstlicher Widerstand erhebt, so daß das Königreich Portugal zu existieren aufgehört hätte.
Von dieser Torstellung des „Berliner Tageblattes" weicht diejenige, die der Minister der jungen Republik Dr. Machado einem Korrespondenten der Frankfurter Zeitung gegeben hat, wenig ab. Nur sagt Machado noch, daß der endgiltige Streich für den 20. November geplant gewesen sei, als aber am Montag der republikanische.'Abgeordnete, der Irrenarzt Bombardo ermordet wurde und die Flotte Marschordre erhielt, habe inan den Zeitpunkt für gekommen erachtet, die Entscheidung herbeizuführen. So ist jetzt einmal Klarheit geschaffen, wie die Dinge nacheinander vor sich gegangen sind, und auch das andere
Geheimnis von Lissabon,
nämlich die Frage nach dem Aufenthalt des Königs lüftet sich allgemach. In Madrid wird die Einschiffung des Königs Manuel nach England jetzt amtlich bestätigt und ein republikanisches Organ erzählt auch, wie die Einschiffung vor sich gegangen. Nach ihm traf der Onkel Dom Manuels, der Herzog von OPorto am Mittwoch zwischen 5 und 8 Uhx inorgens ans der Jacht „Amelia" ein, die nach Ericeira in See ging; zur selben Zeit begab sich die Königin Amelia im Automobil von Cintra nach Mafra, die Königin Maria Pia folgte eine Stunde später. Während der Beschießung des Schlosses Necessidades am Dienstag verließ König
genug; aber wirkliche Frei, c, Männer, die es ernst meinren, wirren noch nicht gekomr n. — Und Agathe war dreißig Jahre alt. Was sollte 1 ans werden, wenn sie verblühte, wenn ihre schlanke Figu voller, ihre lieblichen Züge reifer wurden? Schon k wen leise Anzeichen vor Hand m, die ihr Nttttterherz ängstigten.
Frau Gressons mühsam zurückgehaltenen Tränen würden überreich geströmt fein, wenn sie Agathes Gestalt ans dem Diwan niedergeworsen gesehen hätte, ihr wildes, verzweifeltes Schluchzen gehört. Tie gefeierte Schauspielerin gab sich ihrem Schmerze in dem verschlossenen Zimmer mit Ungezügelter Heftigkeit hin. Ihr Herz war bis znm Brechen erfüllt von all der Qual dieser letzten Wochen. Noch am Abend seiner Premiere hatte Hartwig Werners Benehmen, das zwischen freundlichem Verstehen und zarter, werbender Ritterlichkeit die Mitte hielt, sie beseligt. Für ihn hatte sie ihr Bestes gegeben und versucht, sein Werk in allen Tiefen zn erschöpfen. En der ihr sein bürgerliches Heim als ,,Oase" bezeichnet, ihre vornehme Menschlichkeit noch über ihr Künstlertum gestellt, mußte an diesem Abend fühlen, daß sie ihn liebte, daß sie nur noch für ihn spielte. Sie venvünschte seine Millionen, seinen glänzenden Namen und hätte ihn arm Und unbekannt gewünscht, um ihm mit ihrer Liebe zu beweisen, daß sie nur feine Persönlichkeit schätzte und beigehrte. Daß nur sein Reichtum sie veranlaßt?, sich herb Md gleichgültig zn stellen, damit lveder er noch die Welt vermuten könne, daß sie die „große Partie" ein- fangen wolle.
Strahlend glücklich nahm sie von Alt zu Nt seinen herzlichen, sich steigernden Dank für ihre Leistungen entgegen. Insgeheim von seligen Hoffnungen, erfüllt, war sie mit ihrer Mutter in das Hotel gefahren, um seiner Einladung zum Souper nachzukommen .— Wer wie war alles anders gekommen! Steif und kalt, bald überheiter, bald in plötzliche Zerstreutheit verfallend, hatte er den Wirt seines Festes gespielt. Me hatte sofort gemerkt, daß ihn etwas innerlich beschäftigte und weit mehr in Anspruch nahm als der Erfolg feines Werkes. Tie zarten Fäden, welche sich von ihm zn ihr geschlungen, schienen plötzlich zerrissen. Und so war es seither geblieben. Fremd, höflich, präokkupiert trat er ihr bei jedem Beisammensein gegenüber, ahnungslos, lvic sie litt. Fruchtlos waren bisher ihre Versuche, die Ursache seiner Veränderung zn er-
Manuel den Palast durch eine Hintertnre, begab sich nach Cintra und von dort nach Mafra. Um 10 Uhr morgens inachte sich die Jacht „Umelia" zur Flucht segel- fertig und warf auf der Höhe von Ericeira Anker. Die königliche Familie begab sich mit zwanzig Schülern der Militärschule von Mafra dorthin und traf um 3 Uhr nachmittags ein. Sie bestieg in Begleitung von zwei Zivilisten und zwei Hofdamen mit Gepäck unverzüglich die Fischerboote, um die aus hoher See liegende Jacht zn erreichen. Und aus Gibraltar wird vom Freitag gemeldet: „Heute Morgen um 8 Uhr flaggten die im Hafen liegenden englischen Kriegsschiffe sowie der amerikanische Kreuzer „Des Maines" und schossen Königssalut zu Ehren der königlichen Familie von Portugal. Der Gouverneur begab sich mit Gefolge an Bord der Jacht „Amelia", um den König Manuel zn begrüßen."
Die provisorische Regierung arbeitet mit Tatkraft und Geschick. Sie forderte durch ein Dekret den Klerus auf, die Straßen nicht in Amtskleidung zn betreten, damit Ansschreitungen verhütet werden. Ein weiteres Dekret verfügt die Auflösung samt l i - cher Kongregationen, deren Mitglieder das Land binnen 24 Stunden zn verlassen haben. Gleichzeitig wurde folgende Proklamation erlassen:
An das portugiesische Volk!
„Das Volk, die Armee und die Marine haben die Republik proklamiert. Die Dynastie der Braganza, die üblen Wollens und mit Absicht den sozialen Frieden des Landes gestört hat, ist für immer aus Porrngal verbannt. Diese großartige Heldentat, dieses denkwürdige Ereignis, das den Stolz einer kräftigen Rasse versinnbildlicht und die Erlösung der von jeher tapferen.Nation bezeichnet, erfüllt das Herz der Patrioten mit Freude und Begeisterung.
Aus diese Weise nimmt die Sklaverei unseres Vaterlandes ein definitives Ende und so erhebt sich mit Men Bestrebungen ein neues lichtvolles Regime jungfräulicher und wohltätiger Freiheit.
Bürger! Der gegenwärtige Augenblick ist der Preis und die Belohnung für alle überstandenen Kämpfe. Bon allen Schmerzen und Drangsalen, die wir erlitten haben, bleibt nur das eine, daß dieser Tag der Beginn einer Epoche der Ehrlichkeit und unbestechlichen Gerechtigkeit ist..
Machen wir aus unfern: patriotischen Opfermut den Grundsatz unseres politischen Programms und ans der
gründen. Nur so viel schien ihr sicher, baß ein mrderes weibliches Wesen dahinter steckte.
Auf den Ausbruch Agathes folgte Apathie. Schließlich däurmerte sie in einen kurzen Schlaf hinüber, ans dem sie emporschreckte, als ihre Zofe leise an die Tür pochte. „Herein!"
„Es ist schon halb fünf llhr, gnädiges Fräulein. Darf ich nichr bei der Toilette behilflich sein?" rief es von draußen.
„Gewiß, Paula." Die Künstlerin eilte zu der Tür, schloß auf und ließ das Mädchen eintreten. Mit Gesichtsduschen und Massagen wurden die Träncnspuren und Seelenkämpfe bald verwischt. Paula reichte ihr ein Dee- gowu aus braunem Sammet, das, am Hals einen viereckigen Ausschnitt bildend, kleidsam an ihrer geschmeidigen Gestalt herabhinrgend in eine Schleppe ausfiel.
„Jetzt sehen grüidiges Fräulein wieder süß aus," sagte die Zofe entzückt, „nur noch ein wenig blaß. Ich bringe die lange Koralleukette. Wenn wir die mehrfach um den Hals schlingen, hebt das den Teint."
Gleichgültig ließ Agathe sich schmücken und ging dann in ihr sogenanntes Studierzimmer, das in: traulichen' Biedermeierstil eingerichtet.war. Jedes Möbelstück war besonders hübsch und stammte aus ihrem großelterlichen Hause, das einst zu den angesehensten und wohlhabendsten Beamtenheimen der Stadt gezählt hatte. Alle Lampen brannten unter seidenen Schleiern. Tie kleine Kristall- krone war mit Kerzen besteckt, deren mildes Licht durch keine Grelle störte. Der Tisch war nach Wunsch gedeckt. In den Maschine:: für Kaffee und Tee brodelte bereits das Wasser.
„Wien, Kind", rief ihre Mutter, zum Ausgang bereit, ans den: Nebenzimmer.
„Du gehst fort?"
„Zu Onkel Hans und Tante. Heute ist doch dort Geburtstagsgesell schast."
„Äh so. Amüsiere dich gut und grüß bestens."
„Danke; aber", Frau-Greffon trat in die Tür, „willst du nicht nach dem Theater noch eine halbe Stunde hinkommen? Es sind uwsere nächsten Berlvandten."
„Wenn ich nicht allzu abgespannt bin, hole ich dich ab, Mutter, aber warte mcht länger als bis zwölf Uhr dort auf mich." Agathe nickte der alten Dame zu Md ließ sich in einem Äefsel mit einem Buche nieder.