Deutsches Reich.

Bürokratie im Hoereswesen.

Folgender, geradezu unglaublicher, .aber buchstäblich Wahrer Vorfall verdien: der allgemeinsten Oeffentlichkeit Mannt gegeben zu werden: Ein Bewohner in Meßkirch War zu einer mehrtägigen llebung einberufen .worden. fTa er aber .des Geschäftes wegen unabkömmlich war jund eine auch nur kurze Entfernung ans diesem für ihn pvn den erheblichsten finanziellen Nachteilen begleitet ge­wesen wäre, wandte er sich in einer von einem Gemeinde­beamten verfaßten Eingabe, in der er um Dispensvon her Uebung bat, an die zuständige Militärbehörde.

Tiefe ließ sich hierauf wörtlich also vernehmen:

Hauptmeld-eamt Stockach, 10. Mai 1910.

Dein Bürgermeisteramt DKMrch mit dem ergebenen Er­suchen, dem Kan. I. G. zu erösfnen, dag sein Gesuch nicht weiter gegeben wird, weil in demselben unmil itäri- Unsdrücks wieverehrlich" enthalten sind.

Es wird ihm anheim gegeben, ein neues Gesuch einzu- rrichen, in dem dergleichen Ausdrücke nicht Vorkommen.

Bäumler,

Hauptmann z. D. u. Bezirksoffizier."

Ter Mann hatte keine Zeit mehr, rechtzeitig ein neues Gesuch einzureichen und muß nun mit einer erheblichen Ge- schästsschädigung das Verbrechen büßen, daß er die Mi­litärbehörde als eineverehrliche" zu bezeichnen gewagt

'hat ! ! !

Wir haben dem mitgeteilten Tatbestand nichts hin- zuzufügen.

, Berlin, 19. Mai. Die aus allen Teilen des Rei­ches und dem Ausland vorliegenden Nachrichten bestätigen die Voraussage der fachkundigen Persönlichkeiten, daß der Durchgang der Erde durch den Schweis des Halleyschen Kometen zu keinerlei nennenswerten Erscheinungen Anlaß geben werde. Das Ergebnis der Beobachtungen ist allenthalben negativ gewesen. Auch Telegraphenstör- jungcn sind, wie dem Wolffschen Bureau von amtlicher jSeile nntgeteill swird, nicht eingetreten.

! Hagen, 18. Mai. Heute wurden von den Gießerei­besitzern der Kreise Hagen und Schwelm 1100 bis 11200 Arbeiter entlassen Und Ungefähr ebensoviel tzum 1. Juni gekündigt.

Zriedberg (Oberhessen), 19. NIai. Die heute hier Itagende Bertrauensmännerversammlung des Zentrums beschloß, im ersten Wahlgang für die zukünftige Reichs- jtags-Ersatzwahl für den Kandidaten des Bundes der Landwirte einzutreten.

Ausland.

Wie«, 20. Mai. Das Gutachten über Oberleutnant Hosrichters Geisteszustand soll so abgefaßt sein, daß ein Todesurteil wohl nicht gef all t wird; Hofrichter wird wahrscheinlich zu lebenslänglichem Kerker verurteilt.

Petersburg, ,19. Mai. Nach hier vorliegenden Privatmeldungen hat die Revision der Ingenieurserwalt- sung in Mew Unterschleifen und Betrügereien von solchem Umfang ergeben, daß die Jntendantnrskan- dale dagegen ein ^Kinderspiel sind.

Württemberg.

Dirnstnach richte«.

E gebms der zweiten Staatsprüfung im Maschineningenieur- fach: D,e folgenden Kandidaten sind für befähigt erkannt worden Eugen Feifel von Ludwigsburg, Alfred Herrmann von Gmünd Feodsr Ho ff mann von Ludwigsburg, Fritz Houold von Langenau OA. Ulm, Johannes Leiße von Osnabrück, MaxMös- finger von Reutlingen, Hermann Müller von Cannstatt, Alfred Schmidt von Stul gart, Ludwig Schwarz von Winnenden, OA. Waiblingen, Ocko Wahrenberger von Plochingen. Sie haben die BezeichnungRegierungsvaumeifter" erfüllen.

Zur Beamtenbesoldung. Ter Ministerpräsident v. Weizsäcker und der Finanzminister o. Keßler empfingen dieser Tage eine Wordnung der württembergi-- fchen Beamtenschaft in.Sachen der Gehaltsauf­besserung. Aus den.Mitteilungen des Fin-inznnnisters gehr hervor, daß M der Vorlage mit aller Energie ge­arbeitet wird. Zurzeit sind die Kommissäre sämtlicher Ministerten im Finanzministerium zusammengetretcir, um die noch bestehenden Differenzen auszuglühen. Den Stcndten wird die Vorlage etwa um die Jahreswende Angehen. Lin früherer Zeitpunkt kenn wegen der vielen Vorarbeiten, die sie erfordert, nicht >n.s Ange gefaßt werden. Ueber den ,Gesamtaufwand, der durch die Ge­haltsaufbesserungen verursacht wird, äußerte sich der Fi­nanzminister, daß eine genaue Ziffer sich noch nicht an- geben lasse, daß .aber der Gesamtaufwand höher sein werde, als man allgemein in der Bevölkerung und im Landtag annehme. Die.Regierung bofse aber, die Aus­besserung atts laufenden Mitteln bestreiten zu können, sodaß eine St eu er er.höhung nicht notwendig sein werde. Voraussetzung sei allerdings, daß die Stei­gerung der lleberschüssei insbesondere bei oer Eisenbahn­verwaltung, anhalte. Voraussichtlich werde die Eisen- bahnverwaltung in der Lage sein, die Ausbesserung für ihre Beamten und .Unterbeamten vollständig aus den Ueberschnssen des Eisenbahnbetriebs Zu decken.

Außer Verfolgung gesetzt ... Der im letzten Jahr im Eisenbahn erv erband ausgebrochene Kerbandskvn- slrkt hat damals nicht nur die Mitglieder dieses Verbands selbst beschäftigt, sondern hat auch die Oeffentlichkeit in weitgehendem Maße interessiert. Es sind damals Be­schuldigungen laut geworden, als ob die leitenden Män­ner des Eisenbahnerverbands mit den Geldern der Mit­glieder nicht richtig gewirtschastet hätten. Ter von den christlichen Gewerkschaften gegründete .neue Eisenbahner­verband hat, um den alten Verband möglichst rasch zu ver­drängen, diese Gerüchte aufgegriffen und eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft gegen den Verbandssekretär Roth und den damaligen Verbandsverwalter Walter gemacht. Die Staatsanwaltschaft hat die Angelegenheit aufs ein­gehendste untersucht und Bücher und Belege des Verbands durch einen vereidigten Bücherrevisor genau prüfen lassen. Das Ergebnis der Untersuchung liegt nun vor. Durch

Beschluß der Strafkammer II des K. Landgerichts Stutt­gart sind, dem Antrag der K. Staatsanwaltschaft ent­sprechend, .beide Angeschuldigte unter Uebernahme der Kosten ans den Staat außer Verfolgung gesetzt worden.

Stuttgart, 19. Mai. Der Präsident des Evang. Konsistoriums, T. v. Sandberger, der vorigen Mo­nat seinen 7,5. Geburtstag feiern konnte und einer der ältesten Geistlichen der württembergischen Landeskirche ist, gedenkt von seinem Ami zurückzutreten und hat, wie das Neue Tagblatt hört, um seine Pensionierung nach­gesucht.

Stuttgart, 19. Mai. Wie der Lchwarzw. Pole hört, ist das Hotel Di er lamm am Bahnhof aus dem Besitz der Familie Täerlamm um 1000 000 Mark an die Familie Palmer in Geradstetten übergegangen.

Ulm, 19. Mai. Zu Volksschulrektoren wurden hier definitiv ernannt die Oberlehrer Barth, Goller, Oechsler und Pöhler, Oberlehrer.Palmbach, weil jünger als Ober­lehrer Pöhler, einstweilen Zum Rektoratsverweser mit dem Titel Oberlehrer.

Me Moltke-Büst« in der Walhalla bei Regen-burg. . , (Enthüllung am 10. Mai.)

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Nah und Fern.

Hundert Personen verbrannt.

Wie gestern Donnerstag ein Telegramm meldete, explodierte in Pinro del Rio auf Kuba in der Kaserne der Landpolizei Dynamit. 100 Personen sollen getötet und 50 verletzt worden sein. Nach weiteren Meldungen aus Havanna ereignete sich die Dynamit- exptosion während Arbeiter damit beschäftigt waren, das Dynamit in die Kaserne hineinznfchaffen. Tie Regier­ung hatte diese Maßnahme angeordnet, weil sie in An­betracht der letzten Arbeirerunruhen in den in der Stadt vorhandenen Dynamitmengen eine Gefahr für die öffent­liche Sicherheit erblickte. Es erfolgten zwei Explosionen. Im ganzen sind 800 Pfund Dynamit explodi ert. Man nimmt an, daß das Unglück dadurch veranläßt wor­den ist, daß ein Arbeiter eine Kiste mit Dynamit gur Erde fallen ließ. Es wird bestätigt, daß 100 Per- sonen nmgekommen sind; ebenso viele sollen ver­letzt sein. Tie Mehrzahl der Getöteten gehört der Land- Polizei an, doch sollen auch ganze Familien von Polizeiossizieren und viele Einwohner der Stadt durch ümherfliegende Trümmer von Mauerwerk getötet worden sein. Man glaubt, daß ein revolutio­närer Anschlag vorliegt. Von Havanna sind Trup­pen abgegangen.

Meine Nachricht««.

In Tamm hei Lndwigsburg hat sich ein Bürger wegen zerrütteter.Wermögensverhältnisse mit Lysol ver­giftet. Er hinterläßt eine Witwe mit vier unmündigen Kindern.

Albert Wallersteiner, Sohn des verstorbenen Kaufmanns Hermann Wallersteiner von Ravensburg, ist am Pfingstsonntag auf einer Tour in der fränkischen Schweiz von einem Berg abgestürzt und blieb äui der Stelle tot.

Gerichtssaal.

Der Kasernengeist.

Stuttgart, 19. Mai. (Kriegsgericht der 26. Di­vision). Wegen Körperverletzung hatten sich heute die Dragoner Stahl, Arnold und Körner von der 1. Eskadron des Dragonerregiments Nr. 26 zu verantwor ten. Am 8. Februar wurde beim 'Appell der Schwadron vom Wachtmeister bekannt gegeben, daß die Schwadron am folgenden Sonntag keinen Urlaub bekomme. Der Wachtmeister fügte hinzu, daß die Schwadron dies dem Dragoner ^Müller KU verdanken habe. Müller war am vorhergehenden Sonntag eine halbe Stunde zu spät in die Mserne gekommen. Nach dem Appell wurde Müller von den Angeklagten mißhandelt. Müller äußerte spä­ter unter Tränen zu einem Kameraden, es sei das letzte Mal, daß er geschlagen werde. Am andern Tag erschoß sich Müller in der Kaserne. Das Kriegsgericht verurteilte Stahl zu 14 Tagen, Arnold und Körner zu je 3 Wochen Gefängnis. - Und der Wachtmeister?

Vermischtes.

Kann ei» Papagei als Zeuge vernommen werden?

So lautete die Frage, welche kürzlich in einem ju­ristischen Examen gestellt wurde, und zwar aus Grund des nachstehend wirklich vorgekommenen Sachverhalts. Es handelt sich um eine ergötzliche Ehegeschichte. Ein noch junger Ehemann hatte gegen seine Gattin die Klage ans Ehescheidung angestrengt mit der Begründung, daß sie ihn betrogen uitd mit einem seiner Freunde, namens Arthur, die Ehe gebrochen habe. Als einziges Beweis mittel für diese Behauptung gab er, da der genannte Ar­thur inzwischen verschwunden und nicht aufzufinden war, seinen Papagei an. Dieser, ein sehr kluges und gut sprechendes Tier, habe nämlich in seinem Käfig stets im Schlafzimmer der Eheleute gestanden und von jeher Worte und Sätze, die er gehört habe, täuschend genau im Ausdruck und Tonfall nachsprechen können. Der Ehemann sei nun in dringenden Geschäften etwa acht Wochen von Hause aus Reisen ferngeblieben. Wie habe er aber gestaunt, als er bei seiner Rückkehr habe entdecken müssen, daß der muntere Vogel, genau mit der Stimme der jungen Ehe­frau, in einem fort in den zärtlichsten Ausdrücken den Na­menArthur" gerufen und daran Koseworte, wieDu Süßer, Liebling, mein Herz, sei doch lie b", geknüpft habe. Es sei unzweifelhaft, daß der Papagei diese Worte gehört haben müsse, und zwar längere Zeit hindurch, da er sonst den Tonsall und die zahlreichen Worte nicht so verblüffend genau hätte nachahmen können. Seien aber diese Worte von der jungen Ehefrau dem Haus­freunde Arthur gegenüber, und zwar im Schlafzimmer der Eheleute gefallen, so sei ohne weiteres als erwiesen anzusehen, daß die Beklagte Ehebruch getrieben habe. Das Gericht möge den Papagei an Gerichtsstelle schaffen und sich die Sätze von ihm vorsprechen lassen. Kann nun, so wurde im Anschluß daran die eingangs mitgeteilte Frage an den Kandidaten gestellt, unter diesen Umständen der Papagei als Zeuge vernommen werden? Der Kandidat meinte, es sei kein Grund ersichtlich, warum dies nicht möglich sein sollte, zumal doch das Tier ganz unbeein­flußt seine Aussage machen würde. Diese Antwort fand indessen nicht die Billigung der Kommission. Denn sie ist falsch. Als Zeugen können nur Personen vernommen werden; Tiere dagegen können nur Gegenstand des so; genannten richterlichen Augenscheins in diesem Falle richtigerOhrenscheins" sein. Der klägerische Ehe­mann drang aber nkit seiner Scheidungsklage doch durch, denn durch ein Geständnis seiner jungen Frau kam dis schon von dem Papagei verkündete Wahrheit an den Tag.

Amerikanischer Stndentinnen-Mk.

Ein nettes Stück aus dem Leben amerikanischer Stu­dentinnen erzählt derNewyork Herald": Miß Lanrine Clark wurde bei ihrem Eintritt in eineVerbindung" am Mädchengymnasium zu Bridgeport, Conn., den üblichen dlufnahmefeierlichkeiten unterzogen. Diese bestanden zu- tnächst in einer nahezu völligen Entkleidung der Dame. Dann kam das Essen: in Seife gekochte Makkaronie und andere unappetitliche Sachen. Als Dessert kam derBer- bindungscockta.il" ein Gemisch ans Essig, Salz, Pfeffer, Wasser und Eiweiß. Schluß der Feier war das Einbren­nen des Verbindungszeichens in den entblößten Rücken der verschüchterten Kommilitonin. Das führten die Mädchen inbesonders humorvoller" Weise aus. Erst wurde das Verbindungszeichen mittels heißer Talgkerze vorgeschrie­ben, dann ein Eisen glühend gemacht und dem Opfer die dingen verbunden. Ein auf den Rücken gepreßtes Stück Eis und gleichzeitiges Verbrennen eines bereitge- haltenen Stückes Fleisch durch das glühende Eisen riefen b'ei demGirl" die gewünschteIllusion" hervor. Das Opfer wurde daraufhin krank, und der Arzt erklärte ein langes Siechtum als wahrscheinlich. Durch Anzeige des Vaters gelangte der Fall an die Oeffentlichkeit.

Eine Warnung

erläßt die badische Landwirtschaftskammer: Seit einiger Zeit bringt das norddeutsche Honig-undWachswerk Visselhövede einengeschleuderten Bienenho­nig" beziehungsweise einengeschleuderten Heideblüten­honig" in den Handel. Aus Grund eines Gutachtens der Großherzoglich badischen Lebensmittelprüfungsstation in Karlsruhe sieht sich die Landwirtschaftskammer nun ver­anlaßt, die badische Landbevölkerung dringend vor dem Ankauf dieses Produktes zu warnen; denn seine Verwendung in der Bienenzucht als naturreiner Honig be­ziehungsweise als Beifutter ist in so hohem Maße geeig­net, sowohl den Ruf als auch den Bestand der heimischen Bienenzucht schwer zu schädigen. Zumal die direkte Gefahr besteht, daß durch den Ankauf derartigen Honigs die gegenwärtig mit Unterstützung der Großherzog­lichen Regierung und der Landwirtschaftskammer erlassenen Maßregeln gegen das Umsichgreifen der Faulbrut nicht nur hintangestellt, sondern direkt illusorisch gemacht werden müssen.

Moderne Verkehrsmittel.Habt ihr Heuer schon Fremde?"Nobel, Hochwürden!"San 's mit 'm Auto iemma?"No nobler, die san vom AiTvn obigffallen!"

Handel und Volkswirtschaft.

Zchlacht-Vieh-Markt Stuttgart.

iS. Lai 19W.

Großvieh: Kälber: Schweine:

Zuge trieben H>3 589 899

Erlös

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'ft Kilo Schlachtgewickt:

Ochsen,

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Verlauf des Marktes: langsam.