stehenden Wehre der Stadt gegenüber znrnckkehrte. Da­durch ist auch der Verbleib der Oclfabrik gm Platze ge­sichert, die ihren Betrieb noch erweitern wird. Tie obere Krone des alten Wehrs soll auf eine Breite von etwa M Meiern ausgebrochen und durch ein bewegliches Wehr- Meder angeschlossen werden. Der stehen bleibende Teil wird auf die für den Großschiffahrtswasserspiegel vor­geschriebene Hohe von 175,5)0 Metern, d. h. um 0,85 Meter aufgefnllt. Tas kleinere Wehr beim alten Werk wird gleichfalls erhöht. Es handelt sich nur noch da­rum, eine Einigung mit den Güterbesitzern herbeiznfnh- ren, an deren Zustandekommen nicht mehr gezweifelt wird.

Liichgau, 14. Mai. Tie Lifte der Bewerber um die erledigte T r t s v v r st c h e r st e l l e ist nun abgeschlossen. Dieselben sind in alphaberiicher Peche folgende: Bauer, Lchulrheiß von Metterzimmern, Bvhringer, Ober- amtsassistent in Gaildorf, Buck, Verwaltungsaktuar in Reutlingen, H a h n, Gemeindesekretür in Bietigheim, Gabler, Berwalinugsassistent in Heilbronn, Gruler, Schultheißenamtsassistem in Hedelfingen, Hebs a ck e r, Berivaltnngsassistent in Reutlingen, Heinz, Verwalt- ungsassistent aus Talheim, Oppelt, Siadtschultheißen- amrsassistent in Großsachfeuheim, Reiti ch, Oberamtsas- jistent in Brackenheim, Sauer, Gerichlssekrerür in Ra­vensburg, S ch anfl e r, Revisor in Stuttgart, S ch e m pp, Berivalinngsassistent in Stuttgart, Seybold, Oberamts- assistem in Ba knang, W i ß m a n n, Oberamtsassistent in Leonberg.

Brackenhelm, 17. Mai. Wie der Z.-B. erfährt, ist Lie. Metzger, zurzeit in Balingen, als Rachfolger des Herrn Dekan Pezold znm Dekan für den Bezirk Brackenheim ernannt worden. Voraussichtlich wird Herr- Dekan Metzger in kürzester Frist hier aufziehen.

Lpaichingen, 10. Mai. Tas diesjährige Sont­ra e r s e st der Fort s chr ittli ch en VolksVartei des 8. Reichstagswahlkreises wird am 17. Juli in Aldingen bei Spaichingen stattfinden. Tie Vorbereitungsarbeiterl dafür sind im vollen Gange. .Hervorragende Redner der Parrei haben ihr Erscheinen bereits zugesagt und so dür­fen wir auf guten Besuch ans dem württembergischen und badischen Schwarzwald, wie ans dem Oberland lwfien.

Nah und Fern.

Joseph liainz operiert.

Zofe pH Kainz mußte -sich Dienstag vormittag einer D a r m o pe r a t i o n unterziehen. Die Operation^ verlief, wie ein Telegramm aus Wien meldet, sch wie-" rig, doch besteht Hoffnung auf völlige Wiederherstell­ung. Es ist jedoch fraglich geworden, ob Kainz in die­ser Sai'vn auf der Bühne erscheinen wird.

Der Halleysche Komet.

Tie Direktion der Remeis-Sternwarte in Bam­berg teilt soeben demKoburger Tageblatt" mit: Tas rasche Herankommen des Halley scheu Kometen macht die stärker verstreuten äußersten Teilchen des Schwei­fes bester sichtbar, und so hat er in den beiden letzten Nächten über die natürliche Vergrößerung hinaus eine Länge von inehr als 60 Grad gezeigt. Ter Schweif erstreckt sich also über mehr als 60 Millionen Kilometer. Der Mondschein läßt aber von heute an bis zum '25. Mai fast nichts von dem matten Schimmer des Schweifs erkennen.

Der Kaiser nnd Venron.

4 aise r W i l h e l m har dem e u r o n e r .1 l o st e r ein großes Kreuz in Bronee gestiftet, das am Pfingstmon­tag nach der Uebergabe durch den Fürsten zu Fürstenberg in feierlicher Weise durch den Erzabt eingeweiht wurde.

Kleine Nachrichten.

Montag abend verübte in dem Abort eines Hauses der Earlenstraße in Cannstatt, ein verheirateter Taglöhner au einem 6jährigen Mädchen ein Sittlichkeitsverbrechen.

Nur Montag Abend fiel zwischen Ditzingen und Lconberg ein Fräulein ans dem Zuge. Es hatte wegen Unwohlseins den Wagen verlassen, um sich in einen ande­ren Wagen zu begeben und war dabei vom Perron gefallen. Tic Schwerverletzte wurde im Krankenwagen zu ihren Leonberger Verwandten gebracht, denen sie einett 'Besuch Italic machen wollen.

Während des schweren Gewitters, das in der Nacht vom Sonntag auf Montag über H e i in e r d i n g e n OA. Leonberg niederging, schlug der Blitz in daS Haus des Adam Cotizelmann, .das stark beschädigt wurde. Der Blitz. zündete jedoch nicht. Personen wurden tiichr verletzt.

Der 17jährige Sohn des Maurers Karl Dettinge r in Weil rin Schönbnch machte in dein am Gemeinde- lvaldGaiern" gelegenen Steinbrnch ein Feuer an, um das Vesper zu erwärmen. Dabei fiel ihm ein Paket Sprengpulver, das er in seiner Tasche hatte, in das Feuer. Tr wollte das Paket heransnehmen, als es gleichzeitig ex-> Plädierte. Der junge Mann trug am ganzen Kopf nnd an den Händen schwere Brandwunden davon.

Der in der Kreispflegeanstalt in Reutlingen nn- ürgebrachte 71 Jahre alte Leonhard Schmid von Täb- iugcn. OA. Rottweil wollte in der vorletzteil Nacht ans- brccnen. Er ließ sich zu diesem Zweck an einem am Fenster- kreuz befestigten Leintuch herab, stürzte aber vom ersten Stock auf das Pflaster im Hof und erlitt einen Schädel- druch, dem er nach zwei Stunden erlag.

Auf dem Heimweg von Nagold nach cklnter- lrtti ngen hat der Kettenmacher Andreas Schmid seinem Kameraden Jakob Henne nach vvrausgegangenem Wort­wechsel mehrere Stiche versetzt. Nach Aussage des Arztes chU ein Stich, der die Schädeldecke traf, lebensgefähr- licb sein.

Am Pfingstmontag verflieg sich bei TieringcnO A. Halingen ein Mädchen von Türrwangen in den Felscn- sthrofen vom Hörnle. Einem jungen Mann von Ebingen, ver dem Mädchen zu Hilfe kommen wollte, erging es ebenso, indem er nicht inehr rückwärts noch vorwärts ge langen konnte. In dieser gefährlichen Lage mußten die beiden jungen Lentc mehrere Stunden verharren, bis von

hier aus die erforderlichen Rettungsgeräten herbeigeschafft waren. Ter Mann wurde nun mit zusammengebundenen Leitern auf die Höhe gebracht, während das Mädchen nach dem Tal zurückbefördert werden konnte.

Eine Fenersbr u n st hat m ehre r e O n arti e r e der Stadt Beiruth völlig zerstört. 'Auch Men scheu sind in den Flammen nmgekommen.

Durch eine Explosion in einer großen Fabrik in Eantor wurden 20 Menschen getöret nnd I, n n- dert e v e r l e tz t.

Vom Oberommergauer Passions- Spiel.

Bon Tr. P a n s O s w a l d.

Wieder einmal hat sich die Jahreszahl eines Jahrzehn­tes abgerundet, wieder lenkt das Törflein in dem sonst so stillen Hochgebirgstale im äußersten Süden des deutschen Reiches die Blicke auf sich. Ans allen Welt­gegenden, nicht znm mindesten von jenseits des Ozeans treibt es Zahllose herbei daS Passionsspiel zu schauen, und die Schaulust zn vergessen über der tiefen Er­griffenheit mit der diese schlichte nnd mächtige Darstellung von des Heilands Leiden und Sterben, von dem großen Wunder der Erlösung aller Herzen, auch die verwöhntesten Menschen mit elementarer Macht gefangen nimmt. Die Böllerwanderung des Jahres 1910 hat begonnen, schon sind die ersten Scharen eingetroffen, andere werde Mhnen in vermehrter Masse folgen. Nicht immer war es so. Zwar aus den nächsten größeren Städten, zumal von München nnd Innsbruck kamen sehr viele Besucher, aber die Haupt­menge bildeten doch die Landbewohner, die hierher wie zu einem Gottesdienste waltfahrteten. Sie tun es ja auch setzt. Aber sie müssen den Platz sich teilen mit den An­gehörigen aller christlichen Kulturnationen. Trum ist ans allen Bahnen, die dorthinführen ein ungewohntes Treiben nnd diesmal, wo wir in der Zeit des Automo­bils leben, hat die Gemeinde sogar für eine Unterkunft sorgen müssen, die ihrer mehrere Hundert beherbergen kann.

lieber München geht natürlich der Verkehr hauptsäch­lich. Die Bahn, die am herrlichen, südwärts von den bayerischen Alpen begrenzten Starnberger See vorüber- führt, entsendet von Mnrnan ans eine kleine Zweiglinie nach Oberammergan. Immer näher, immer mächtiger steigen die Riefenhäupter des Wettersteingebirges empor und die Zugspitze ragt als des Reiches südlicher Grenzstein, die höchste Erhebung auf deutschem Boden. Breil deht sich das leuchtend grüne Tal ans, in dessen Mitte das be­rühmte Dorf sich hinstreckt. An beiden Talseiten steigen die rauhen Bergwände mit ihren Wäldern und zerklüfteten Felsen empor, und der Kofel und das Etlaler Mandl find die'Beherrscher dieser Bergwelt. Steht man auf einem dieser Abhänge und läßt die Blicke über all diese Herr­lichkeit schweifen, so ist's als könnte so viele Schönheit, viel Frieden nimmer durch Unheil getrübt werden. Und doch war es in den Grenelzeiten des dreißigjährigen Krieges anno 1633, daß die Pest aus der Welt draußen auch in dieses Tal geschleppt war. Und sie wütete also, daß es schien, als sei für das Dorf Oberammergan die letzt? Zeit angebrochen. In solcher Not taten sich die Nette­sten des Ortes zusammen nnd taten ein Gelübde, sie woll­ten zu Ehren des bitteren Leidens nnd Sterbens Jesu Christi alle zehn Jahre die Passionstragödie ausführen. Und da sie solches gelobt hatten, erlosch die Pest so plötz­lich wie sie gekommen war, und niemand, der schon ange­steckt war, starb mehr daran, keinen Gesunden ergriff 'sie mehr. Tie Erfüllung des Gelübdes aber ward alsbald mit Ernst betrieben. Die Mönche vom Kloster Ettal leisteten jede mögliche Hilfe. Sie lieferten die Dichtung die Musik, erbauten das Theater, übten alles ein, und so konnte schon 1634 znm ersten Mal das Spiel dargesrcllt werden. Es hielt sich mit all seiner urwüchsigen Art bis zum Anfänge des 19. Jahrhunderts, .ja es genoß schon damals eines solchen Rufs, daß 1806 für das zu jener Zeit in dieser Gegend befindliche französische Korps eine Sondervorstellung verlangt nnd ansgesührt ward. Als­bald aber kam die Zeit ernstlicher Gefahr. Die bayerische Regierung, die damals unter Montgelas gegen alles Volks­tümliche in den Berglanden anging, verbot 1810 die Aus­führung nnd erst nach langen Schwierigkeiten könnte durch persönliches Eingreifen des Königs die Aufführung wie­der ermöglicht werden. So erlebt das Oberammerganer Passionsspiel in diesem Jahre die Säknlarseier seines hof­fentlich noch auf recht lange hinaus gesicherten Bestehens. Die Dichtung ist nicht mehr die gleiche wie einst, sic ist aus dein alten Werke vor hundert Jahren, zuerst durch den Pfarrer Tr. Ottmar Weiß neu bearbeitet, 1860 durch den Pfarrer Taisenbcrger nochmals nmgeftaltet nnd dein mo­dernen empfinden angepaßt worden.

Eine auf so ernsten Grundlagen beruhende, so alte Gewohnheit kann nicht verfehlen, Charakter und Sinnes­art einer kleinen abgeschlossenen Landgemeinde aufs stärkste zn beeinflussen. Lange Zeit hindurch, war das Passions­spiel auch nicht das einzige, was dort ansgeführt wurde. Dazu hat auch seit alter Zeit die sogenannte Krenzesschule gehört, ein Spiel, das unter Betonung alttestamentari­scher Vorgänge aus die kommende Erlösung hinweist. Es ist bis 1825 in regelmäßigem Wechsel mit dem Passions­spiel in allen Jahren ausgeführt worden, deren Zahl aus eine Fünf endigte. Dann geraume Zeit außer Gebrauch ist die Krenzesschule neuerdings wieder zu Ehren gekom­men. Außer diesen dramatischen Ausführungen finden solche von minderer Bedeutung alljährlich dort statt, um die Spieler nicht außer Uebniig geraten zn lassen. Von diesen Dingen leben sie nicht, sondern sind für gewöhnlich schlichte Landleuie, vor allein aber treiben sie mit Ge­schick und eine noch heute ziemlich gut erhaltenen volks­mäßigen Naivetät die Kunst schlichter Holzschnitzerei. Und es mag wohl nicht verwundern, daß diese bescheidenen Kunstgebilde, die in großer Menge Kruzifixe nnd andere Figuren und Gegenstände religiösen Zweckes sind, ein Hauch besonderer Innigkeit umschwebt. Ist es doch schließ­lich das Passionsspiel, das den Hintergrund aller Gedan­ken auch zu den Zeiten bildet, wo seine'Wiederholung noch weit entfernt ist, nnd daß die Gedanken einfach alker Tors- bewohner bis zu den kleinen Kindern hinab immer leb­

hafter in Anspruch nimmt, je näher der Termin der Ans- sührung nickt. So haben sich denn auch in Oberammer­gan bestimmte Personentypen herausgebildet, die zum Ge­lingen des Spiels unentbehrlich sind. Immer ist jemand da, der einen charakteristischen Christnskops hat lange war es der berühmte Mayer diesmal ist es Anton Lang. Auch an unübertrefflichen Chavakterköpfen für die Apostel für Maria, Magdalena, für den Verräter Judas usw. fehlt es nie. Und wie sie an Gestalt und Aussehen für ihre schwierigen Rollen sich eignen, so auch durch angebore­nes, schauspielerisches Talent, um das mancher Bernss- mimc diese Bauern und Handwerker wohl beneiden dürste.

Wem es einmal'vergönnt gewesen ist, das Passions­spiel anschanen zu dürfen, und wäre es selbst bei so ent­setzlicher Kälte, wie sic diesmal bei der ersten Ausführung am 11. Mai herrschte, wird es niemals vergessen. Mit zwingender Gewalt packt es die Herzen an, alle Em­pfindungen werden wach, die wir von Kindheit an für das Leben nnd Sterben des Heilandes, für seine Aufersteh­ung und Verklärung im Herzen getragen haben. Tenn was uns erzählt und gelehrt ward, was wir mit Ehrfurcht in den heiligen Schriften gelesen haben, 'hier wird es Le­ben und Wirklichkeit. Eröffnet und durch alle Hand­lungen begleitet wird das Spiel durch einen Chor. An seiner Spitze steht ein Sprecher, der auf jede einzelne Begebenheit zuvor hinweist. Ter Chor stimmt daran anschließend Gehänge an, zu denen ein ehemaliger Kantor des Ortes eine schöne Musik im Stil Mozart's und Haydn's geschrieben hat. Das Ensemble, wie die ein­zelnen sehr gut geschulten, z. T. wirklich schönen Stim­men, verdienen die größte Anerkennung. Der Chor hat auch die Ausgabe, von jenen Begebenheiten des Alten Te­staments zu sprechen, die prophetisch ans die Leidensge­schichte des Herrn vorausgedeutet haben. Denn jedes­mal ehe wieder eine Szene ans der Passion Christi dar- gestelll wird, geht ein lebendes Bild voraus, manchmal zwei, worin der alttestamentarische Vorgang in herrlichen Gemälden sich zeigt. So die Vertreibung des ersten Men- schenpaares ans dem Paradiese, Simson, der die Säulen, des Palastes zerbricht, die Opferung Isaaks, Josevh's Verkausnng nnd seine Erhöhung in Aegypten und vieles andere. Gibt es etwas, wodurch die Schönheit dieser lebenden Bilder übertrosfen werden kann, so ist es die Darstellung der Passionsgeschichte selbst. Ter Chor hat nach 'seinem ersten Gesänge die Bühne verlassen. Diese ist 45 Meter breit und in drei Hauptabteilungen geschie­den. In der Mitte sehen wir einen Giebelban, reichlich so groß, wie andere Theater schon für sich allein sind. Hinter dessen Vorhang vertieft sich der Raum, um die le­benden Bilder und auch viele Vorgänge des Passionsspieles ausznnehmen. Rechts und links von diesem Ban tun sich Tore auf, durch die man tief in die Straßen von Jeru­salem hineinschant. Wieder rechts nnd links davon steht je ein kleiner Palastban, zn dem Stufen emporsühren. Dort wohnt rechts (vom Zuschauerraum aus) der Hohe­priester, links Pilatus. Zwei Säulenhallen endlich schlie­ßen an den äußersten Enden die Szene ab: dort ziehen die beiden Hülsten des Chores aus und ein. Das' Spiel beginnt nach dem ersten Chorgesange und lebenden Bildern, mit einer der großartigsten Darstellungen, die. maci sehen kann. Man hat so viel über die Bolksszenen des Meininger Hosschanspiels gesprochen. Hier in Ober­ammergau waren sie schon lange vor Ihrer Erfindung weit übertroffen, treten vollständig zurück. Diese rietest Hunderte von Menschen, die die Bühne in ihrer ganzen Ausdehnung füllen, jubelnd und lärmend, sind alle von Natur ans für ihre Aufgabe geschaffen, gehen so völlig mit Leib und Seele darin aus, wie kein Bernfsschauspieler, am wenigsten aber ein Statist je kann. Und nun kommt' langsam durch alle Teile, der Bühne, bald hier, bald dort anstauchend, Christus herbeigezogen, auf dem Esel rei­tend, derweil das Volk jauchzt, Teppiche auf 'die Erde breitet und zahllose Palmenwedel schwingt. Nicht schöner kann man eine Darstellung Christi sich denken als Anton Lang sie uns zeigt. Ein jeder hat es im Gefühl, so ruhig, mild nnd hoheitsvoll muß dereinst der Heiland ans Er­den gewesen sein. .Lang ist seines Zeichens ein Töpfer. Dabei ein Genie der Schauspielkunst oder sagen wir lieber der Schanspielwahrheit. Eine herrliche Erscheinung, der Kops des Pinsels größter Maler würdig. Wie er die furcht­bar anstrengende Partie durch die achtstündige Ausführ­ung mit immer gleicher Vollendung, dabei mit steigendem Eindruck durchführt, ist vom künstlerischen Standpunkt aus bewunderungswürdig. Nicht minder die rein körperliche Leistung, deren Höhepunkt das über eine Viertelstunde dauernde geradezu qualvolle Hängen am Kreuz ist. Tie einzelnen Szenen der Passion bedürfen hier keiner Auf­zählung, da sie ja ohnehin bekannt sind. Eine jede, mag sie viele oder wenige Personen in Anspruch nehmen, ist bin in sich vollendetes Kunstwerk, dem gegenüber die Kritik ver­stummt. Es ist nicht ein Vorlicbnehmen mit naiven, gut gemeinten Unvollkommenheiten, sondern es ist die Höhe der Kunst, zu der wir aufblicken. Ausgezeichnet sind alle, die neben Christus die Handlung führen. Ans Herz greift der Schmerz der Mutter (Ottolie Zwink), hinreißend in Schönheit und .Hingebung ist Magdalena (Maria Mayer). Unter den Aposteln sind PetruS (Andreas Lang) und der jugendlich schöne Johannes (Alfred Vierling', vor allem, bewnnderungswert, während Judas (Johann Zwiek) ein Muster feinster Psychologischer Vertiefung ist. Auch die Hohenpriester, Pilatus, Herodes, Nikodemus und die üb­rigen Träger größerer Partien, verdienen rückhaltloses- Lvb, nnd so geht es weiter bis zu den letzten Nebenfiguren. Bei diesen dürfen die kleinen Kinder nicht vergessen wer­den, in denen augenscheinlich der gleiche Geist der Er­griffenheit nnd dieselbe schauspielerische Begabung fort­lebt wie bei den Großen. Alle Personen zusammen, die an denl r^piel beteiligt sind, eingerechnet die Aufseher, die Türschließer, die Billetverkäuser sind ausnahmslos Ober­ammerganer. Andere werden des Gelübdes halber nicht herangezogen. Im ganzen sind es gegen 900 von den 1700, die den Ort bewohnen. Sie werden vielen, vielen. Tausenden in diesem Sommer edelste Erbauung spenden, wie es in dem übervollen Theater, daS .5000 Menschen, faßt, schon der Fall war. Man darf viele Schauspiel­häuser besuchen, viele große Dramen sehen und wird doch nicht solche Ergriffenheit finden, nicht so viele Augen sehen, die in Thränen der Rührung schwimmen.