Nr. 88
Erzähler vom Schwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt Mildbad
verkündigungsblatt ,>
der ttgl. Forstämter lvildbad, Meistern. Enzklösterle rc während der Saison mit
amtl. Lremdenliste.
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Sei Vlsäsriiolllngso sutspr ksöstt.
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celeioil llr. «.
Dienstag, den 18. Zlpril 1810.
27. Iahrg
Aus dem Reichstag.
flb.) Berlin, 16. April.
Mr Reichstag beriet hents zunächst, etwa 4 Stuw- tzn lang, das neue Reich st» estsuerungsgesetz. T«r Entwurf will endlich die viÄumstrittene Frag« der Bei- wgspflicht des Reiches zu den Staats- und Gemeinde- lichen, insbesorldere Hie Steuerpflicht der V^rkstättenbv- Me und dergL., gesetzlich regeln. Die Einzelstaaten freilich und die Kommunen scheinen statt des Fingers, den chnnr das Reich bietet, die ganz« Hand zu wollen. Vor Mem vertrat Herr Gröber den Standpunkt, daß von klchtslvegen grundsätzlich -die allgemeine Steuerpflicht der Keichsbetriebe, vor allem auch der Militärkantinen und Mzierskasinos festgestellt werden müsse, während der Ent-- Wrs das Reich für steuerfrei erklärt und nur gewiss« Ausnahmen schiert. T-er Reichsschatzsekretär Herr Wermut h zuckte mit den Achseln und versicherte, wenn der Reichstag dem Regierungsentwurf nicht zustimmen wolle, kann werde das Reichsschatzamt eben das bereits gezückte Portemonaie wieder einstecken und die schon in den Etat eingestellten Steuerbeträge für sich behalten. Der Gesetzentwurf ging schließlich an 'die Budgetkonimission.
Das gleiche geschah mit Her Vorlage betreffend die Aiifstandsausgab e n für ,Südwestasri.k.a. Der I Gesetzentwurf verlangt einen Nachtragskredit von 23,7 Millionen und bringt zugleich eine Ausstellung der bisher ermittelten Kriegskosten. Aus dieser Aufstellung geht auch die bereits in der Presse besprochene Tatsache hervor, daß sich unter den übriggebliebenen Kriegsbeständen nicht weicher als 500 000 wollene Unterhosen und dito Socken befinden. Hier setzte auch die Kritik des Abg. Erzberger ein. Wer Herr Dernburg weE wie in allen Fällen so auch diesmal, Rat: er hat bereits Abnehmer gefunden; die Unterhosen und die Socken werden vom Reichsheer und der Reichsmarine allmählich änfgetragen werden. Herr Crzberger hatte übrigens auch einen neuen Gedanken in die Debatte geworfen, indem er anregte zu den Kriegskosten bezw. zu ihrer Verzinsung die großen Mionenreichen Kolonialgesellschaften heranzuziehen, die von dem Krieg, von der Pazifizierung und von der wirtschaftlichen Erschließung der Kolonie die meisten Vorteile gehabt hätten. Der Gedanke fand bei dem Nationalliberalen Redner, dem Abg. Görke, Zustimmung, bei dem
Staatssekretär keinen Widerspruch. Außer den Herren Erzberger und Görke sprach nur noch! der sozialdemo- kratssche Wg. Stolle, dafür hielt aber jeder dieser drei Herren zwei Reden.
Gegen V 20 Uhr, als die Arbeitslust des Reichstags schon stark aus die Neige ging, wurde dann endlich noch die neue F e r nfpr e chgsb ührenordn nng in Angriff genommen, die bekanntlich schon in der vorigen Session eingebracht und bis in die Kommission gelangt war, dann aber ,— beim Schluß der Session — unter den Tisch siel. Herr Krätke führte sein Lieblingskind auch diesmal mit herzlichen und dringenden Worten und Wünschen in den Saal. Wenn er dem Fernsprechperkehr T-aumschrauben anlegen will, so beruft er sich aus eines der fortgeschrittensten Kultur- und Berkehrsländxr, nicht aus Frankreich, «der England oder Amerika, sondern aus die Schweiz, wo Wer doch, wie Herr Krätke wissen sollte, hauptsächlich nur im Sommer und nur von Nichtschweizern telephoniert wird. Im übrigen erwartet die Reichspostverwaltung selbst erst von der Kommission Vorschläge zu einer gerechten Lösung des Problems.
Hier wurde die Beratung abgebrochsn und gogen 5 Uhr die Sitzung auf Montag vertagt. In der Montagssitzung soll mit der Beratung der Re i chsv er sicher- s ungsordnung der Anfang gemacht werden.
Rundschau.
Elsaß-Lothriritzen und die Reichspolitik.
In einer öffentlichen Versammlung der Glsaß- l 0 t hring is chen V olkspart ei Straßb u r g sprach Reichstagsabgeordneter Haußman n-Stuttgart über Elsaß-Lothringen und die Reichspolitik. Der Aubettesaal war dicht gefüllt. Tie demokratischen Organisationen von Colmar, Metzeral, Markirch, Mittelweiler hatten Vertreter entsandt. Ter Vorsitzende Professor Weid eure ich dankte dem Referenten und Friedrich Naumann für ihr Wirken im Sinn der elsaß-lothringischen Freiheiten, wies die Angriffe aus'die Straßburger Demokratie wegen ihres Anschlusses an die Fortschrittliche Volkspartei zurück und ries zur Sammlung für die Reichstagswahlen auf.
Haußmann kritisierte die programmlose Politik Bethmann Hollwegs, penn er auch dessen friedliche Ma
Ü)er sich nni Weisheit müht, und nicht anwendet die Weisheit, Gleicht dem Manne, der pflügt, und zu säen vergißt.
Herder.
„Gipfelstürmer."
Roman von Carl Conte Scapinelli.
(Nachdruck verboten.»
(Fortsetzung.)
Nein, das durste nicht sein,, kalt, hart, unnahbar mußte er für sie bleiben. Von hier wollte er sich durch fie nicht vertreiben lassen, und wenn es einen Kampf geben sollte auf Leben und Tod. Sie hatte ihn sicher sicht erkannt, sagte er sich zu seiner Beruhigung, sonst Märe sie stehen geblieben ,und hätte ihn angefprochen. München war groß genug, um sich- auszuweichen mrd Ich zu meiden. Er Par nicht der Mann, der den Launen Mr Frau seine Zukunft ppfern wollte, und sich selbst pit und Kraft zuflüsternd, schritt er eilig seinem Atelier si der Jckstattstraße zu. Noch einmal beschwor er alle lstue Träume und Zukunstspläne, um damit in seinem öMern das Bild jener Frau zu verjwischen.
Es war längst völlig dunkel geworden; er fühlte M unruhig und Au voll mit Plänen, als daß er uoch h^te an die Ausführung eines Bildes hätte gehen wunen. Langsam schritt er ,die vier Treppen des alten Muses zu seinem Atelier hinauf, zündete sich oben eine ^Mpe an und sachte den kleinen, eisernen Ofen, daß er rot glühte, an, und streckte sich bald aufrecht sitzend chl stin allzu kurzes Empiresofa. Ganz behaglich wurde M zu mute, da er bei sich allein in seinen vier Wäir- ^ saß und noch einmal, wie ein Feinschmecker, in Gecken all die Eindrücke des heutigen Nachmittags ver- "wttiete. Ganz Groß und erhaben kam er sich vor, daß fr der Gunst eines Lenbachs für würdig gehalten worden war. —
Tranten bei Oberexpeditors war Frau Cäcilie von Agierde arg gequält. Hatte ihr doch ihr Gemahl noch ' gestrigen Abend erzählt, Paß sich Martin bereit er- ^ hatte, ihren neuen Mieter heute zu Lenbach zu )reu, und da sie als echte Münchnerin für alle großen Ostler schwärmte, und Lenbach selbst als junges Mäd
chen flüchtig gekannt hatte, war sie begierig zu hören, wie jener Besuch ausgefallen.
„Es würde sich für den jungen Mann schicken, wenn er, der doch unserer Familie diesen Besuch- verdankte, zu uns herunter käme und uns davon erzählen würde!"
Herr Oberexpeditor, der die Neugierde seiner Frau seit mehr als zwanzig Jahren zur Genüge kannte, meinte daraus: „Na, dir hat er wohl diese neue Beziehung nicht zu verdanken, höchstens dem Martin!"
„Natürlich ihr Männer seid ja alle undankbar, und dennoch, ich muß es wissen, wie der Besuch ausgefallen ist. Ich werde Marie hinaufschicken und ihn bitten lassen, den Abend bei uns zu verbringen."
„Wenn er - zu Hause ist, so wird er sicher gerne kommen," sagte lächelnd der Mann.
„Er kann doch nicht alle Abend im Gasthause sitzen, wie du es am liebsten tätest." Dann rauschte sie hinaus, um dem schwarzen Mariele den gewichtigen Auftrag zu übergeben. Mariele senkte ihre schwarzen Wimpern sehr kies und wurde fast noch röter, als sie sonst schon war, als sie hörte, sie sollte den Herrn Kunstmaler zu der Tante herunter bitten.
„Und sag', Frau Oberexpeditor Meininger lasse sich empfehlen und Herrn Kunstmaler Panigl fragen, ob er nicht den Abend bei ihnen verbringen wollte. Was sollst du ansrichten?" Und an derlei Fragen gewöhnt, wiederholte Mariele gehorsam: „Frau Oberexpeditor Meininger lasse frage," da Hel ihr aber auch schon die Tante ins Wort: „Mädel, Mädel, was plag' ich mich mit dir, wann wirst du einmal deinen scheußlichen Dialekt oblegen!"
„Aber Tantle, i sprich ja schon ganz hochdeutsch," dann huschte Mariele die Treppe zu Panigls Atelier hinauf.
Ganz zaghaft klang die Klingel, polternd hörte sie, wie sich drinnen Panigl von seinem Sofa erhob und mit Stentorstimme ries: „Wer ist penn draußen?"
Und ganz leise und schüchtern kam es zurück: „'s Mariele vom Oberexpeditor."
„Ah, brav, das lasse sch mir gefallen!" und riß auch schon die Türe puf.
Mechanisch, fast tonlos und sich die unglaublichste Muhe gebend, hochdeutsch zu xeden, wiederholte sie den Anstrag der Tante. „Geh' nur rein, Mädel, das kannst
rokkopolitik anerkannte. Redner entwickelte die Richtlinien der deutschen Politik unter den vier ersten Kanzlern, um daraus abznleiten, daß Deutschlands Staatsleben innerlich noch fragmentarisch sei, wie Elsaß-Lothringen auchsiäußer- lich als Staat. Er vertrat die Forderung nach der Wahlrechtsreform und der Autonomie im eigenen Jnteressö Deutschlands, begrüßte den Zuwachs der süddeutschen Pnn- desratsstimmen und lehnte eine neue Dynastie ab. Hausmann legte hieraus die Wechselwirkungen der zwischen dev stärkeren politischen Betätigung Elsaß-lothringens iw deutschen Fragen,und den Aussichten der ^Reformen und begrüßte den .Anschluß der elsäsffchen Demokraten, die mehr erreichen xvürden, als der politische kokette Abbev von Colmar. Bei vollem Verständnis für den Wert und die Notwendigkeit kultureller Befruchtung durch Frankreich, die sogar für Europa unentbehrlich sei, sei die Entfesselung nationalistischer Instinkte hier wie überall zu verwerfen, Redner schloß mit dem Hinweis aus die Reichstagswahlen, deren Preis das Reichstagswahlrech-t sei.
An der Diskussion beteiligte sich Rechtsanwakk Kunz-Colmar, der wirksam gegen die Colin-arer Politik sprach, v. Wachendorf, der nur in einigen Punkten von den Referenten abwich, Schleifer, der leidenschaftlich die Republik forderte und Kuhn, der scharf'den Landesausschuß kritisierte. Haust manns Schlußwort und Appell zum Anschluß an die Demokratie wurde mit lebhaftestem Beifall ausgenommen.
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Reichstagsabgeordneter Graf Oriola,
der vor einigen Tagen einen leichten Unfall ans der Straße erlitten hat, ist am Freitag von einem Schlag- ansall betroffen worden. Samstag vormittag wurde der Kranke von einem zweiten Schlaganfall betroffen, dem er nun erlegen ist, Oriola stand ans dent rechten Flügel der nationalliberalen Partei.
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Der Reichstarif im Malergewerbe und seine Wirkung.
Aus Worms berichtet der „Vereinsanzeiger", Organ Her organisierten Malergehilfenschaft, darüber folgendes :
„lieber die Firma Klöter wurde von dem Ortstaris- amt pnter Vorsitz des Unparteiischen, Herrn Gewerbem-
du mir herinnen alles auch sagen," und zog sie am Arm in das Atelier. „Aber Herr Panigl, wer wird denn du sagen zu einer jungen Dame." Dann lach:? Max ans vollem Hanse.
„Wenn man die junge Dame gern hat und hat sie gar schon im dunklen Stiegenhaus geküßt, glaubst nicht, es wäre eine Gemeinheit, wenn man dann „Sie" sagt?. Ah geh'." Pnrpnrrot stand Mariele vor ihm, nun mußte sie ihm sagen, was sie sich vorgenommen, sonst könnte es am Ende noch ein Drama geben. Würgend, lachend' kam es heraus: „Wenn man aber schon verspräche is," sagte sie.
Ihm aber schien ihre Naivität Spaß zu machen, und seine Stimme aus den tiefsten Baß stimmend, sagte er: „Mit wem bist du versprochen, du Ungetreue?" Und wieder hauchte sie, dein Weinen nahe: „Mit Herrn Reichte aus Kempte!"
„Wie alt warst du bei diesem Verspruch eigentlich?" sagte er den inquisitorischen Ton weiter gebrauchend.
„Sechzehn," sagte sie, mit Hen Tränen kämpfend,
„Und Herr Reichste?"
„Achtzehn!"
„Nun, na gib mir nur ruhig einen Kuß, von diesem Verspruch spreche ich dich feierlich frei." Wer sie wehrte sich und ries: „Noi, not, der Reichte is in einer; Drogerie in Kondition, er ist den Giften zu nahe, ep tuat sich a Leids.an."
„Wenn er so dumm ist, dann laß ihn' Strychnin nehmen," meinte Panigl lachend und schloß sie mit eisernem Griff in die Arme. Doch ehe er sie flüchtig geküßt hatte, entwich sie ihm und stürzte mit hochrotem Kopf die Treppe hinunter. In ihrer Phantasie jagten! sich die Bilder. Es war für sie nicht auszudenken, wie sich das alles noch entwickeln sollte. Dem Herrn Reichte hatte sie das Wort gebrochen und von Herrn Panigl hatte sie sich küssen lassen. Es gab nur einen Weg für sie, wie sie meinte, zu dem ihr freilich der Mut fehlte, den Weg in die Isar. Vorläufig dachte sie aber noch schnell den Tisch im Wohnzimmer zu decken, daß Herr Panigl alles recht schön und wohnlich fände, dann zum Wirt zu eilen, um einige frische Gläser Bier zu holen und» später ganz still sich auch ins Wohnzimmer zu den anderen zu setzen und ganz heimlich, den Reden Panigls zu lauschen ünd ihm ins finstere Gesicht zu sehen. —