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mit Erzähler vom Schwarzwald.

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Löleion kir. 41.

Amtsblatt für die Ltadt Mildbad.

Verkündigungsblatt

der itgi. Forstämter lvildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. während der Saison mit

amtk. Fremdenliste.

lnserste vnr 8 vig, üuswiirllge 10 kkg., Le klein- soeltitzö Sermoii^eils.

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Slktsgrriogicler Wlüdgll

Nr. «4.

Freitag, den l^t. März 1910,

27.

Die Komödie wäre natürlich nicht vollkommen ge­wesen, hätte die Regierung auf die Mitwirkung verzich­tet. Sie ließ sich's nicht nehmen, und ging nmtig und stolz durch das kandinische Joch, gleich zweimal hinter­einander, aber beide Male mit recht fragwürdigem Er­folg. Zuerst verlas der Ministerpräsident, Herr, von B ethm ann-H 0 l lw e g selber, eine knappe Erklärung, worin die preußische Regierung nun doch in aller Form das Kompromiß akzeptiert und sich mit dem Gesetz, das der Block so völlig auf den Kopf gestellt, zu­frieden gibt. Bei dem Z 6 aber, der von der Drittel- nng handelt, erhebt sich plötzlich zu allgemeiner Ueber- raschung der Minister von Moltke und erklärt, im Wi­derspruch mit der Regierungsvorlage und im Widerspruch auch mit dem Kompromiß: die Regierung stellt sich nun- mehr auf den Boden der freikonservativ-nationallibera­len Anträge, die die Drittelung in den Urwahlbezirken bekanntlich durch eine Drittelung in den ga nzen Gemeinden ersetzt wissen wollen. Die Folge war natürlich, daß trotz dieser ministeriellen Erklärung Kon­servative und Zentrum gegen die Anträge stimmten und sie zu Fall brachten. Herr von Moltke hatte sich, und zwar ganz Mnötigerweise, eine Niederlage geholt, die ihn aber anscheinend recht kalt ließ. Daß die Regierung aber fast in einem Atemzug das Kompromiß akzeptiert und zugleich gegen eine der wichtigsten Forderungen und Bedingungen der Kompromißparteien polemisiert, beweist eine Direktionslosigkeit, die eben nur in Preußen mög­lich ist, wo man offenbar auch die unmöglichste politische Naivität alsgottgewollte Abhängigkeit" in den Kauf nimmt.

Die Redner der Opposition unterließen es natürlich nicht, noch einmal die Ungeheuerlichkeiten dieser sogenann­ten Wahlreform ins rechte Licht zu setzen, zu der sich zwei Parteien zusammengefunden hatten, die ihr doch eigentlich mit direkt feindlichen Weltanschauungen ge­genüberstehen müßten. Herr von Heydebrand sieht in der Wahlrechtsvorlage, wie sie durch die Beschlüsse der Kom­mission gefornrt ist, einen Damm gegen die iveitere Demokratisierung des preußischen Parlaments, Herr He­rold aber erblickt in ihr einen Schritt aufdem Wege zu solcher Demokratisierung!

Bei der Rede des sozialdemokratischen Wortführers nun, des Abg. Liebknecht, kam es zu einem fast beispiellosen Skandal. Herr Liebknecht ironisierte die Blocksehnsucht der Nationalliberalen und wandte auf sie den bekannten Operettenrefrain an:Man steigt nach . . ." Bor allem aber wetterte er gegen das Zentrum

und verstieg sich schließlich soweit, das Abgeordnetenhaus eine Schacher- und Trödelbude zu nennen, in der um die heiligsten Güter und Rechte des Volkes ge­feilscht werde. Ein ungeheurer Sturm der Entrüst­ung war die Folge. Die Abgeordneten der Rechten und. des Zentrums eilen nach der Tribüne, lautes Schreien: Unverschämt! Frechheit! Raus! tönt d^rch den Saal. Man sieht drohende Gebärden und geballte Fäuste und man hat den Eindruck, als ob es jeden Augenblick zu Tät­lichkeiten kommen müsse. Vizepräsident Dr. Porsch ruft, selber krebsrot im Gesicht und zitternd vor Erreg­ung, den Redner zur Ordnung, aber er kann sich kaum Gehör verschaffen und rnuß immer und immer wieder die Glocke schwingen, bis Liebknecht seine Rede fortsetzen kann. Der Lärm dauert minutenlang, dann verlassen die Kon­servativen bis auf wenige Mitglieder demonstrativ den. Saal. Herr Liebknecht aber spricht noch fast eine Stunde lang weiter und holt sich schließlich, als er von den Schandtaten" des Zentrums spricht, noch einen zwei­ten Ordnungsruf.

In der Spezialberatung wurde, von zahlreichen re­daktionellen Aenderungen abgesehen, durchweg die Fass­ung der zweiten Lesung genehmigt. Insbesondere wurde auch wieder die Privilegierung der Abiturienten gutge­heißen, dagegen für Städte mit mehr als 50060 Ein­wohnern die Grenze für die sogenannteMaximierung"- von 5000 auf 10 000 Mark hinaufgesetzt. Die Konser­vativen hatten, entgegen ihrer Ankündigung, 'ihren An­trag auf Wiedereinführung der öffentlichen Wahl für die dritte Lesung nicht wieder eingebracht.

Sämtliche Resolutionen eine nationalliberale, die eine Vermehrung der Abgeordneten, eine freisinnige, dick die Sicherung des Wahlgeheimnisses, und eine sozial­demokratische, die eine Herabsetzung der Altersgrenze für das Wahlrecht fordert werküm abgelehn t. Um 5' Uhr ging das Haus in die Osterferien, die bis zum 7. Avril dauern sollen.

Berlin, 17. März, Aus den P r e sf e st i IN IN e rr zur Annahme der Wa h l r e chtsv 0 rla g e in dritter Les­ung geht ziemlich einmütig hervor, daß der Kamps um! das preußische Wahlrecht nun erst beginnen- m ü f s e.

*

Elberfeld, 16. März, Die Stadtverordne­tenversammlung beschloß zur Wahlrechtsvorlage mit allen bürgerlichen Stimmen die Zlbfendung einer Peti­tion an das Haus der Abgeordneten, die jetzige Wahlrechts-.

Stmrnszenen im preußischen Abgeordnetenhaus^

Die Annahme der Wahlrcchtsvorlage.

kb. Berlin, 16. März.

In einer Sitzung, reich an Ueberraschungen und Aufregungen, hat heute das preußische Abgeordnetenhaus die Wahlrechtsvorlage in dritter Lesung verabschiedet. In namentlicher .Abstimmung wurde sie mit 238 gegen 168 Stimmen angenommen. Mit den Rationalliberalen, Freisinnigen, Polen, Dänen und So­zialdemokraten stimmten auch die Freikonserva­tiven bis auf die beiden Abgeordneten v. d. Knesebeck und Dr. Schröck, gegen das Gesetz. Auch 5 Konser­vative, die Abgeordneten von Brandenstein, von Davier, von Jagow, Dr. Artiger (Marienburg) und v. Wentzel, lehnten das Gesetz ab. Die Sitzung war in ihrem ersten Teile nur eine Kette von feierlichen Erklärungen, die von einem Parteiführer nach dem andern abgegeben wur­den. Herr von Heydebrand schlägt die versöhnlich­sten und lockendsten Töne an, die ihm zu Gebote stehen. Roch einmal balzt der konservative Auerhahn um die na­tionalliberale Geliebte. Aber auch Herr Dr. Fried­berg ist milder und vorsichtiger geworden und pflanzt am Grabe der dritten Lesung die Hoffnung auf. Er bedauert tief, daß eine Verständigung augenblicklich (!) nicht möglich gewesen sei und zeigt bereits den 'Weg, auf dem man sich voraussichtlich finden wird: eine andereDrittelung" und eine Erlveiterung des Gre­miums, aus dem die Wahlmänner entnommen werden sollen. Oben auf den Tribünen hört man allgenrein zwischen den Zeilen die Bereitwilligkeit heraus, sich be­lehren zu lassen. Und auch Freiherr von Zedlitz scheint dieser Meinung zu sein. Er akzeptiert das Kom­promiß, machst aber zur Bedingung für die Zustimmupg seiner Partei zu dem ganzen Gesetz eine andere Lösung des Trittelungsprobleins und - - den Beitritt der Na- iionalliberalen zu der Wahlrechtsmehrheit.

Die undankbarste Rolle in der Komödie aber spielte mch wie vor das Zentrum. Herr Herold, von. dem Uch doch bereits die Spatzen aus dem Dache erzählen, daß er der eigentliche Vater des Kompromisses sei, heuchelt tiefen Schmerz über dieOpfer", die das Zen­tum habe bringen müssen, da es nun, um der ge­heimen Wähl willen, ans seinen Lieblingswnnsch, die direkte Wahl, verzichte.

l)ic wahre Gleichheit besteht nicht darin, daß alle gleiche Röcke tagen, sondern, daß jeder einen Rock hat, der ihm paßt.

Ntrrltatuli (Dekker).

Willst du Richter sein?

107 Roman von Maximilian Böttcher.

(Fortsetzung)

Zwei Wochen lang saß Gottfried nun Abend für Abend, von des Tages Last müde zum Umsinkcn, afr ^ spät in die Nächst hinein, schrieb auf jedes Inserat, faß er w den Zeitungen fand, gab selbst Inserate ans, ühneb an den Agenten und schrieb sogar noch einmal das Vermittlungsinstilut mit dem Teufelsvertrag. Und j-nide saß getreulich bei ihm, half ihm, redete ihm mit Mtendein Herzen tröstend zu und fing wieder an, blaß ikd schanalwangig zu werden wie er selbst.

Als aber alles Schreiben und Schreiben nichts half, Achte Gottfried sich auf, fast Morgen für Morgen, fuhr '»ch Berlin, fragte da, fragte dort, wurde hier kurz Vwiesen, dort mit Redensarten hingehalten und kehrte seinen Nachmittag niedergeschlagen und verzagt, den chsten wieder mit ein wenig Hoffnung -- mehr auf ^ Lippen als im Herzen nach Hause zurück. Bis ^ ich endlich nicht mehr gegen die Erkenntnis verschließen Mte, daß alles umsonst war, alles, daß er verloren wenn der Getreidehändler sich seiner nicht erbarmte. Ir aber war von Karlsbad nach Ostende gefahren, hatte ü dort eine Nordlandsreise unternommen und hielt nun der Jagd wegen irgendwo in Schlesien auf dem Werg-ute eines Geschäftsfreundes auf. Und der Pro­fit, an den Gottfried inzwischen vom Ertrage des warm chlde weg ausgedroschenen Getreides die beiden zurückerstattet hatte, blieb dabei, daß sein Chef, de,sen Gesundheit es nicht zum besten stünde, auch

jetzt noch vor allen Aufregungen behütet und bewahrt werden müsse . . .

Mitte September schon fand Erna Plathes Hoch­zeit .statt, eine Hochzeit, wie man sie ähnlich großartig in Rodenau .noch nicht erlebt hatte. Und schon einen Tag vor der Hochzeit Geldleute vom Schlage des Herrn Direktors schienen in Mitgiftsachen peinlich genau zu sein hatte Gottfried von einem Berliner Notar die Mit­teilung erhalten, daß die auf seine Bauernstclle ein­getragene Hypothek von ihrem bisherigen Inhaber mit allen Rechten an Pen Fritz Reinhardt abgetreten worden wäre, daß glso sowohl die Auszahlung des gekündigten Kapitals wie auch die Zahlung der letzten Zinsrente am ersten Oktober nicht mehr an Plathe, sondern an den Herrn Direktor Reinhardt, Mitinhaber desBankhauses" Kon u. Co., zu erfolgen hätte.

Schon oft in trüben, hoffnungslosen Stunden, wenn die Sorge, die ja nie ganz aus Gottfrieds Nähe wich, hart neben ihn trat, zu riesenhafter Größe anwnchs und ihm den Nacken niederbog, hatte er sich.gefragt: Wenn du nun wirklich keinen Geldgeber findest, wenn es nun wirklich zur Subhastation deiner Wirtschaft kommt, - - wird die gerichtliche Ankündigung des Bcrkaufstermins Bietungslnstige herbeilocken? Oder werden sich die Au­ßenstehenden sagen: Wo es in Rodenau etwas zu grasen gibt, da läßt die Märkische Gesellschaft ja doch reinen anderen heran? Und immer war er zu dem Schluß gekommen: Es wird sich kein Fremder finden, der Lust hat, dein Nachfolger zu werden! Für den Betrag der Hypothek wird das Erbe deiner Väter an Plathe fallen. Plathe wird den roten Kasten, der dir von Anfang an nichts wie Unglück gebracht hat, einmal bei günstiger Ge­legenheit verkaufen, den Acker und den Wald aber zu seinen eigenen Liegenschaften schlagen und sich in Zu­kunft nicht mehr Bauer, sondern im Vollgefühl der Be­rechtigung dazu Herr Gutsbesitzer nennen ...

Erst als Gottfried die Mitteilung von der Zession der Hypothek an Fritz Reinhardt erhielt, stieg ihm der

Verdacht auf: Dein Vetter jst es, der deine Wirtschaft an sich reißen will! Er ist der Anstifter des Planes, dich von deiner Scholle zu treiben. Und er kämpft nicht nur aus Feindschaft und Rachegesühl gegen dich, er will aus deinem Ruin auch Kapital für sich schlagen! ...

Aber nein, beruhigte er sich gleich wieder ...

Nach dem Bebauungsplan der Märkischen Gesell­schaft, den du jetzt überall, an jeder Giebclwand, an jedem Zaun, in jedem Coupee, angeschlagen findest, wer­den die künftigen Villenstraßen um See und Dorf herum so ins Gelände hineingeschnitten, daß deine Terrains! vollständig links liegen bleiben und alsoihrem ur­sprünglichen Zweck erhalten werden". Du hättest es als der eingefleischte Ackerkosake, der du bist, ja durchaus so haben wollen, spotten, hie, deren reinste Freude immer die Schadenfreude bleiben wird. Und die wenigen Geld­leute, die sich überhaupt mit dir in Unterhandlungen! einließen, haben sich zuletzt immer daran gestoßen, daß keine Aussicht bestände, größere Teile deiner Ländereien in absehbarer Zeit als Baustellen zu verwerten . . . . Und gewiß ... der Zufall, der dir schon so manchen Streich gespielt hat, will, es, daß dein Land wirklich un­günstig liegt. Dein Heideplan ist der nächste an Zerlitz heran, und dein Wald auf der Höhe eigentlich wirklich nichts weiter als eine Schutzwand gegen die Rieselfelder. Und ganz selbstverständlich mußte die Märkische Gesell­schaft dich gegen diejenigen Rodenauer, die mit Kapital! oder Terrain an ihrer Gründung beteiligt sind, zu­rücksetzen ... ' -

Du hast einfach kein ,Glück im Leben . . du hast einfach kein Glück! ... - -

In den letzten Tagen des September gelang es Gottfried endlich, des Getreidehändlers habhaft zu wer­den, auf den er seine letzte vage Hoffnung setzte. Aber auch der Getreidehändler hatte nichts weiter für ihn, als ein bedauerndes Achselzucken uird einige gntgesetzte Worte, mit denen er es motivierte.

(Fortsetzung folgt.)