Aus ganz Tirol

M ungeheure Schneefälle gemeldet. Die Tele- - und Telegraphenverbindungen sind unterbrochen. Auch Zugsverkehr erleidet ßroße Verspätungen, da Kiele Züge im nee stecken blieben, oder die Bahnlinien durch Lawinen ver- -get worden sind. Die in vielen Tälern niedergegangenen inen haben jedoch bisher großen Schaden nicht angerichtet.

Hochwasser in Frankreich.

Aus Paris wird gemeldet: Infolge des Hochwassers ist r Pootsverkehr auf der Seine eingestellt. Auch aus der Wrnz lausen immer neue Unglücksnachrichten ein. Bei B e l- ,rt steht das Gelände weithin unter Wasser. Die Eisenbahn­indung mit Basel ist unterbrochen. In Besancon sind Kellerräume überschwemmt. Truppen aus Besancon sind m Einwohnern von Mvntbeliard zu Hilfe geeilt, wo die Post § ihre Beamten vom Verkehr abgeschnitten sind. Die ange- Mllene Drübs führt zahlreiche Tierleichen mit sich. In ehault, Departements Sarthes, stürzte die Eisenbahn , eine Schlucht infolge Senkung des Erdreichs, die durch Regen herbeigeführt wurde. Zwei Personen büßten ab ei das Leben ein, sieben wurden verletzt.

Kleine Nachrichten.

In den: beim Bahnsteig II des Hauptbahnhoses in Stutt­gart gelegenen Mtritt wurde Donnerstag vormittag gegen A ühr ein völlig unbekleidetes, etwa acht Tage altes Kind Mlichen Geschlechts gefunden. lieber seine Herkunft weiß

noch nichts näheres.

'In Stuttgart wurde in einem Hause der Seuneseldrr- jirahe ein 44 Jahre alter verheirateter Brauereidirektor unter­halb der Souterrainstasfel tot aufgefunden. Zweifellos ist er beim Nachhausegehen die sechs Tritt hohe Staffel hinuntergefallen Md hat das Genick gebrochen.

Bor einigen Tagen entstand in der Lessingstrahe inSchwen- «jngcn ein größerer Menschenauflauf. Ein Mann mißhan­dle seine Frau derart, daß sie zu fliehen genötigt war. In ihrer Angst floh die Frau auf die Bühne und als sie sichauch dort roch verfolgt sah, auf das Dach und zwar nur sehr not­dürftig bekleidet. Die herbeigerufene Polizei, die den liebe- Men Gatten zur Raison bringen wollte, stieß ebenfalls auf Nder stand.

In Tuttlingen brach Mittwoch abend kurz vor 10 Uhr io der Kolonialwarenharrdlung von I. Schnekenburgers Nach- jolger (Inhaber A. Anger) bei der Donaubrücke ein Brand aus, der infolge der lagernden Oel- und Fettwaren re. reichliche Lehrung fand und sich zu einer gewaltigen, langanhaltenden, mithin sichtbarer! Feuersäule entwickelte und das Haus total m Asche legte. Die an der östlichen Seite angebauten Nach­barhäuser konnten von der Feuerwehr gerettet werden, sind jedoch teilweise durch die zum Löschen verwendeten Wassermas- sm schwer beschädigt worden. Der Brand wurde von der Argerschen Familie erst bemerkt, als bereits das Treppenhaus vom Feuer ergriffen war, so daß sie teilweise durchs Fenster gerettet werden mußte. Die 16jährige Tochter des A. Anger erlitt beim Sprung durchs Fenster einen Beinbruch, und auch die anderen Familienangehörigen sollen sich ziemlich schwere Brandwunden jzugezogen haben. Die Entstehungsursache des Feuers ist noch unbekannt, doch wird vermutet, daß es in den Mgazinsräumen zum Ausbruch kam.

Ans dem Schulweg ist das achtjährige Töchterchen des Oekonomen Bauer in Schwaighofen bei Ulm in den Land­graben gefallen und ertrunken. Vor zwei Jahren ist ein Kind der gleichen Familie durch den Genuß von Tollkirschen ums Leben gekommen. Auf dem Wege von Thailfingen nach Pfuhl ist ein Reisender in völlig erschöpftem Zustande aufgefunden worden. Die Sanität verbrachte den Mann ins Krankenhaus.

In Wurz ach stürzte bei dem kürzlich herrschenden or­kanartigen Sturm eine hinter dem Postamt stehende große Silberpappel um und unter gewaltigem Krach auf das Dach der an das fürstliche Schloß sich anlehnenden Holz- und Torfremise, deren Dach vollständig durchschlagend, Verletzt wurde niemand.

An der Mündung eines Baches in die hochgehende Saar bei Saarbrücken bestiegen sechs Knaben ein aus ange­schwemmten Planken gefertigtes Floß und ließen sich treiben. Das Floß schlug um und die Knaben fielen ins Wasser. Drei wurden gerettet, drei ertranken.

Knnft und Wissenschaft.

Stuttgart,) 20. Jan. Die Sängerin Frau Aino Ackfte, Mitglied der Großen Oper in Paris, die gestern abend am K. Hoftheater sich dem Stuttgarter Publikum als Elisabeth im Tannhäuser vorstellte, ist vom König durch Verleihung der goldenen Medaille ftir Kunst sind Wissenschaft am Bande des Friedrichsordens ausgezeichnet worden.

Gerichrssaal.

Die St-eikurrruhen in Neckarsulm vor Gericht.

Heilbronn, 20. Jan. Die Ausschreitungen, die sich im Oktober v. I. anläßlich des Streiks in der Spohnschen Fabrik in Neckarsnlm ereigneten, hatten heute ein Nachspiel vor der Strafkammer. Den Vorsitz.führt Landgerichtsdirektor v. Schuster, die Anklage vertritt Staatsanwalt Sigel, Verteidiger sind die -Rechtsanwälte Tr. G!umbe, l I u. Dr. Paul. Ws Dolmetscher find tätig Kaufmann Edmund Ruff ans Neckarsulm fürs Italieni­sche, Pfarrer Sedlaczek ans Kirnbach bei Breiten fürs Böhmische. Auf der Anklagebank sitzt eine gemischte Ge­sellschaft: 5 polnische und italienische Mädchen, die in der Spohnschen Fabrik arbeiteten, und 6 italienische, böh­mische und deutsche junge Arbeiter, die teils bei Spohn, teils in den Fahrradwerken arbeiteten. Angeklagt wegen Landfriede ns bruchs, Bedrohung und Belei­digung sind: 1) der Lagermeister Heinrich Oster, gebürtig von Batshausen (Braunschfveig), 2) Maria Viero aus Torre in Italien, 3) Emilie Cher nbin aus Viccnze in Italien 4) Maria Donbervwa aus Wollecz in Böhmen, 5) Anna Hofmann aus Neu­strelitz in Böhmen, 6) Hubert Dünzendorfer aus Lienz in Oberösterreich, 7) Benito Manchelli aus Monsarito in Italien, 8) Ludwig Huber aus Kochen­dorf, 9) Anton Plechac aus Markowina in Böhmen, 10) Franz Habich aus Groh in Böhmen. Die An­geklagten sind beschuldigt, am Abend des 21. Oktober an einer öffentlichen Zusammenrottung einer Menschenmenge, die mit vereinten Kräften gegen Personen und Sachen Gewalttätigkeiten verübte, teilgenommen zu haben, indem sie in und bei der Sulmstraße in der Nähe des Ein­gangs zu den Neckarsnlmer Fahrradwerken, wo einige hun­dert Menschen sich zusammengerottet hatten, die aus der Spohnschen Fabrik kommenden Arbeitswilligen belästig­ten, beschimpften, bedrohten und dieselben mit einem Ha­gel von Steinen überschjütteten, wodurch verschiedene Per­sonen verletzt wurden.

Die Vernehmung der Angeklagten geht langsam vor sich, ha die meisten der deutschen Sprache nicht hinrei­

chend mächtig sind. Im Einzelnen wird den Angeklag­ten zur Last gelegt:

1) dem Oster, er habe am 20. Oktober die The­resia G^mlich, die Marie Hehler und andere arbeits­willige Mädchen aus dem Bahnhof mit den Worten be­droht:der ersten, die herauskommt, steche ich das Messer in den Ranzen." Sodann später zu anderen Mädchen: ihr habt die längste Zeit herumgeschwänzelt, morgen schwänzelt ihr nicht mehr." Ferner soll er die arbeits­willigen Mädchen eine schmutzige, dreckige, unverschämte Gesellschaft genannt haben. Des Weiteren soll er an der Zusammenrottung um Abend des 21. Oktober tätig teil­genommen haben. Der Angeklagte Oster, der Vorsitzen­der des Arbeiteransschusses war, bestreitet die ihm zur Last gelegten Aeußerungen. Er gibt eine Darstellung des Streiks in der Spohnschen Fabrik. In der Weberei sei eine .Arbeit mit geringerer Stuhlbreite aufgegeben wor­den. Die Fabrikleitung habe erklärt, für diese Arbeit, die sie nur wegen des schlechten Geschäftsganges ange­nommen habe, könne sie die alten Preise nicht bezahlen.

Es sei ein um 8 Proz. niedrigerer Preis angesetzt wor­den. Vorsitzender: Die Fabrikleitung soll aber er­klärt haben, daß mit diesem Preis , der alte Lohn ver­dient werden könne, weil es eine geringere Breite war. Angeklagter: Die Einzelheiten weiß ich nicht so, da ich in der Weberei nicht beschäftigt war. Die Leute, die in der Weberei beschäftigt waren, hätten eingewendet, daß sie nunmehr schon ein Jahr nur fünf Tage arbeiteten und in immer schlechtere wirtschaftliche Verhältnisse kä­men, alles sei teurer geworden, sie könnten deshalb kei­nen wetteren Ausfall ertragen. Da die Fabrikleirung aus die Forderung nicht einging, sei von den Webern der Aus i stand beschlossen worden. Der Ausstand begann am 27. s September. Die Fabrikleitung habe darauf auch den An- : gehörigen der Streikenden, die in anderen Abteilungen beschäftigt waren, ' sowie hauptsächlich den organisierten Arbeitern gekündigt. Darauf seien auch die anderen Ar­beiter in den Ansstand getreten. Der Angeklagte be­streitet, daß die Löhne in der Spohnschen Fabrik höher seien als in anderen ähnlichen Fabriken. Der Abzug für Wohnungsgeld betrug bei Spohn alle 14 Tage 810 Mk., in anderen Fabriken betrage der Abzug nur 2.503 Mark. Der Lebensunterhalt in Neckarsulm sei viel teurer. Er selbst habe als Lagerhalter, also für eine verantwortliche Stellung, zuletzt 3.80 Mark Lohn gehabt. Aus Anfrage des Verteidigers bestätigt der Angeklagte, daß wiederholt Abzüge gemacht wurden und daß alle paar Wochen Dif­ferenzen entstanden. Bei dem letzten Streik seien die Arbeiter sofort zu Unterhandlungen bereit gewesen, die Firma aber habe es abgelehnt, mit der Organisation zu verhandeln. Der Angeklagte sagt, er habe stets die Ans­ständigen vor Unbesonnenheiten gewarnt, es sei ganz aus­geschlossen, daß er die fraglichen Aeußerungen gegenüber den Mädchen getan habe. Bei dem Austritt am Abend des 21. Oktober sei er zwar auch auf dem Platz gewesen, er habe jedoch keinerlei gewalttätigen .Handlungen be­gangen oder zu solchen aufgefordert.

2) Marie Bierro (Italienerin), die Zunächst mit Unterstützung des Dolmetschersh vernommen wird, soll ge­genüber der Arbeitswilligen Käthchen Mazzurana gesagt haben:jetzt einer her mit dem Messer, die muß kaput sein." Vierro, die wieder mit Vater und Mutter bei Spohn arbeitet, bestreitet, daß sie gegenüber Arbeitswilli­gen ausgespuckt undpfui" gerufen habe.Wir Ita­liener spucken nicht, das machen nur die Deutschen." (Hei­terkeit). Sie habe die obige Aeußerung nicht getan, habe auch keine Steine gesammelt oder geworfen. Sie sei nur vorbeigegangcn. Der Angeklagten wird vorgehalten, daß sie in der Voruntersuchung zugegeben habe, sie habe ge­sehen, wie die Laterne eingeworfen wurde. Mit großer Zungenfertigkeit erwidert die Angeklagte, daß sie bas nicht gesagt habe, sie habe nichts gesehen. Es zeigt sich, daß die Angeklagte sehr geläufig deutsch spricht, so daß der Dolmetscher nicht mehr einzugreifen braucht. Schließ­lich gibt sie zu, daß jjunge Arbeiter der Fahrradwerke mittags zu ihr gesagt hätten, abends bekommen die Spohn­schen Hiebe. Sie habe erwidert, davon wolle sie nichts wissen, sie gehe wieder zu Spohn arbeiten. Die Maz­zurana habe selbst gesagt, sie wisse nicht mehr bestimmt, wer ihr gedroht habe.

3) Emilie Cherubin (Italienerin) ist beschuldigt, an dem Krawall beteiligt gewesen zu sein, arbeitswillige Mädchen bedroht und beschimpft zu 7)aben. Da 'sie nicht deutsch reden will, Hilst der Dolmetscher nach. Sie sagt, sie habe an dem Abend auf ihren Schatz gewartet, der in den Fahrradwerken arbeitete. Er habe sie um Geld angegangen, weil er in seine Heimat wollte. Dann habe sie Nach Hause gewollt und habe dann einen Haufen Mäd­chen getroffen, die sagten, sie solle dableiben, um zu'sehen, was es gebe. In diesem Augenblick seien die arbeits­willigen Mädchen aus der Spohnschen Fabrik unter Führ­ung des Herrn Spohn gekommen. :Die Mädchen, die hinter ihr standen, hätten sie .geschlickt", so daß sie auf einige Mädchen gestoßen sei. Darauf sei eine allgemeine Springerei gewesen und sie sei dann auch nach Hause gesprungen. Man habe später herausgedeutet, die und die sei auch dabei gewesen.

4) Marie Donbrowa (Böhmin), seit 23. Okt. in Untersuchungshaft, wird gleichfalls beschuldigt, an dem Steinwerfen sich beteiligt zu haben. Sie sagt, sie sei erst drei Wochen in Neckarsulm wieder beschäftigt ge­wesen und habe ihre Mutter zu unterhalten gehabt, sie habe nichts getan undweiß von nft". Es wird ihr vorgehalten, daß sie 14 Tage vor dem Vorfall den Ar­beitswilligen Karl Schillinger mit einem Backsteingeworfen habe. Sie erklärt den Vorfall lachend als völlig harm­los. Sie habe mit dem Schillinger gesprochen und habe dann mit dem Fuß geschleudert, da seien einige kleine Steinchen in die Luft geworfen worden.

Auch die weiteren weiblichen Angeklagten 5) Anna Hjofmann und 6) Anna Ha dich (beide aus Böh­men )bestreiten Tätilichkeiten verübt oder Jemand bedroht und beschimpft zu haben. Sie seien wie die anderen zu dem Auflauf gekommen und hätten zugesehen. Eine große Rolle spielt bei allen Angeklagten der Betriebsleiter Jüne- mann, der sie veranlaßt habe, der Preisreduzierung zu­zustimmen, weil es ganz ausgeschlossen sei, daß für das

schmälere Format Weniger bezahlt werde. Er habe ge­sagt, das wäre ja der reinste Betrug, später sei aber doch weniger bezahlt worden. Auch bei der Vernehmung und Verhaftung der Mädchen durch den Landjäger habe Herr Tünemann eine Rolle zu Gunsten der einen und zu Ungunsten der anderen gespielt. Da die Angeklagten jede Schuld bestreiten, muß. die Aufklärung durch die Zeugen kommen. Es sind ca. 60 Personen als Zeugen geladen.

In der Nachmittagsverhandlung werden che männlichen Angeklagten vernommen.

Hubert Dünzendorfer bestreitet, etwas davon ge­wußt zu haben, daß Tumulte geplant feien. Er will aus Neugier hingegangen sein. Er ist kein Streikender, sondem war in den Fahrradwerken in Stellung.

Ter Angeklagte Veit gibt zu, zur Zeit de»- Tumults aus 'dem Platz gewesen zu sein, aber als durchaus Un­beteiligter. Er hat gesehen, daß nach den von Spohn kommenden Arbeitskollegen Steine geworfen worden sind, weiß: aber nicht von wem. Er selbst bestreitet, geworfen! zu haben. Muß zugeben einen Stein aufgehoben zu ha­ben, hat diesen aber nicht geworfen, vielmehr weggeworfen, weil er sich von einem kleinen Jungen erkannt sah.

Bento Manichelli ist beschuldigt, die Arbeits­willige Leitz am 21. Oktober durch Faustschläge zum An­schluß an den Streik zu nötigen versucht zu haben, be­streitet aber jede Beteiligung und sucht sein Alibi nachzu­weisen. Er gibt an, ihm sei lediglich deshalb gekündigt worden, weil er im Verband sei. Aus diesem Grund sei ihm auch die Wohnung gekündigt worden, obgleich er dem jungen Herrn Spohn vorgehalten habe, daß seine Frau oor der Niederkunst stehe.

Anton Plachec soll den Arbeitswilligen Eppler bedroht haben, um ihn zur Arbeitsniederlegung zu bewegen, er bestreitet dies aber. Er ist auch wegen Widerstand angeklagt, bestreitet aber in widerrechtlicher Weise Wi­derstand geleistet zu haben, schildert vielmehr das Vor­gehen der Polizei und Gendarmerie gegen ihn als Un­rechtmäßiges.

Ludwig Huber ist ebenfalls beschuldigt, Arbeits­willige bedroht zu haben, er leugnet aber; er gibt nur zu, Arbeitswilligen zugesprochen zu haben, die Arbeit nie- dcrzulegen.

Nunmehr beginnt das Z eu gen v erhö r. Kommer­zienrat Banztzaft von den Fahrradwerken hat den Auf­laus gesehen, er kann aber über die Teilnahme von ein­zelnen Personen keine bestimmten Angaben machen.

Ter Betriebsleiter Jünnemann berichtet über die Arbeits- und Lohnverhältnisse in der Spohnschen Fabrik. Er gibt zu, daß vor dem letzten Streik Einigungsversuche seitens der Arbeiterschaft gemacht worden seien, die aber daran gescheitert seien, daß Spohn keine organisierten Ar­beiter mehr haben wollte. Ter Zeuge behauptet, die Lohn- Verhältnisse der Firma Spohn seien besser als in anderen Jutespinnereien.

Fabrikant Spohn schildert, wie er die Arbeitswilli­gen am 21. Oktober aus der Fabrik geleitet habe und in den Steinhagel gekommen sei. Er belastet insbesondere die Angeklagten Osker und Anna Habich, die sich besonders hervorgetan hätten.

Die weiteren Zeugen, Landjäger Moosmeier und Arbeiter Renner bei Spohn wissen nicht viel Wesent­liches zu sagen.

Hier wird abgebrochen und die Verhandlung auf Samstag vertagt.

Ulm, 2Y. Jan. Der liter-arische Nachlaß des Geheiinen Hofrats Dr. von Ehth beschäftigt zur Zeit das K. Landge­richt Tübingen. Einer der Erben, Stadtschulthetß Konz in Calw, hat durch Vertrag mit der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart, die einen Teil der Werke Eyths verlegt hat, gegen einmalige Abfindung auf alle Urheberrechte des Erben ver­zichtet. Professor Dr. Heege in Maubeuren hat als Miterbe Vorlage dieses Vertrages zur Einsicht verlangt und als diese verweigert wurden, Klage erhoben. Die Zivilkammer des Land­gerichts hat gestern den Stadtschnltheißen Konz verurteilt, den Vertrag mit der deutschen Verlagsanstalt dem Kläger im Ori­ginal oder in notariell beglaubigter Abschrift zur Einsicht zu Händen des cklägerischeu Prozeßbevollmächtigten vorzulegen.

Vermischtes.

Unheimliches Abenteuer mit einem Irrsinnigen.

In K'lagenfurt gingen am Sonntag nachmittags zwei Knaben an der dortigen Landesirrenanstalt vorbei. Im Hose hielt sich ein Geisteskranker auf, der den Brü­dern zurief, er wolle ihnen Schlittschuhe schenken. Der eine Knabe stieg über den Zaun und wurde von dem Irren in den Keller geführt. Tort zog ihn der Irre split­ternackt aus, band ihm die Füße Mammen und hing ihn verkehrt auf. Was der Irre mit dem Knaben noch getrie­ben haben mochte, kann man nur vermuten, jedenfalls fürchtete sich der Knabe, um Hilfe zu rufen, da er in Angst war, von dem Irren umgebracht zu werden. Nach ei­ner Weile nahm ihn der Irre ab und schob ihn in einen Kamin, den er mit Holz und Kartoffeln verbarrikadierte. Die Eltern des vermißten Knaben wendeten sich, an die Polizei. Ter betreffende Irre erklärte, er hätte dem Kna­ben Schlittschuhe geschenkt und dieser sei dann wegge­gangen. Alles Suchen war erfolglos. Erst am nächsten Tage hörte man vom Hose ans das Wimmern des ganz erschöpften Knaben, der seit Sonntag mittags bis Mon­tag früh nackt und gebunden im Kamin gelegen war. E r wäre erfroren, wenn aus einem Sefteuraum des Kamins nicht etwas Wärme zugeströmt wäre.

Handel und Volkswirtschaft.

Zeppelin und die Bodenseedampsschiffahrt. Im Pb ge­laufenen Rechnungsjahr hat die württ. Bodenseedampsschiffahrt eine Mehreimrahme von 75 559 Mark (Vorjahr 27 320 Mk.), die einer Verzinsung des Anlagekapitals zu 3,47 Proz. (Vor­jahr nur 1,25 Proz.) entspricht und gegen den Etat ein Mehr von 74 559 Mark aufweist, zu verzeichnen. Diese erfreuliche Mehr- eiunahme ist in der Hauptsache auf ein Wachstum des Per­sonenverkehrs zurückzuführen, bei dem gegen den Etat 57 660 Mark mehr erzielt >v? - - . Man sieht hieraus, daß Zeppelin und seine Luftschiffe au^: auf den württ. Etat eine günstige Wirkung auszuilben vermögen. Hätte man im vorigen Jahr noch die Landeskarten gehabt, so würde auch die Eisen­bahnverwaltung ein glänzendes Geschäft gemacht haben.