Tie Wahl eines Prinzen dürste jedoch ihre Schwierig­keiten haben und so wird man für die erste Zeit wahr­scheinlich zu einer Regentschaft seine Zuflucht nehmen."

* *

Deutschland und England.

London, 7. Dez. Heute hielt das deutsch-englische Frlmrdsch-astekomitee unter Vorsitz von Lord Avebury seine Jahressitzung ab. Der Schatzkanzler Lord George hatte in einem Schreiben sein Bedauern ausgedrückt, an der Sitzung nicht teilnehmen zu können und die Hoffnung ausgesprochen, daß den Bestrebungen zur Herbeiführung eines guten Einvernehmens zwischen Deutschland und England, deren bestes Interesse in der Wahrung des Frie­dens liege, voller Erfolg beschieden sei. Schließlich wurde eine Resolution angenommen, sn der die Hoffnung ausge­sprochen wird, daß die Besserung der Gefühle zwischen beiden Ländern in dem beiderseitigen Beschränken der Rüstungen gipfeln möge.

Tages-Chronik.

München, 8. Dez. Der Zustand des Künstlers Hermann P. Kaulbach, der an Gehirnhautentzündung darniederliegt, hat sich verschlimmert.

Bitterfelv, 8. Dez. Heute vormittag unternahm der neue Parseval-Ballon unter Führung von Oberleutnant Stelling seine erste Probefahrt. .Sie währte eine Stunde und ist vor­züglich gelungen. Besonders hat sich die neue Höhensteuerung gut bewährt.

Paris, 8. Dez. Der frühere Kabinettschef Clemenceau ist heute auf einer Reise erkrankt und mutzte in Avignon den Zug verlassen und sich in ein Hotel begeben, wo er sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nahm.

Rewyork, 8. Dez. Nach einer Depesche ans Puerto C or- 1 e z ist gestern abend in Honduras das Kriegsrecht ver­kündet worden.

Arbeiterbewegung.

Stuttgart, 9. Dez. Die Frese Genossen­schaft derStuttg. Malermeister hielt am Diens­tag übend eine gut besuchte außerordentliche General­versammlung ab, die sich mit dem neuen Reichs­tarifvertrag beschäftigte. Der Vertrag wurde in sei­nem ganzen Umfang, insbesondere mit Bezug auf die Hauptpunkte, Arbeitslöhne und Arbeitszeit, Pie nach den Vorschlägen einer vorb erat enden Versammlung festgelegt wurden, gutgeheißen.

Aus Württemberg.

Der Württembergische Bund für Heimat- schuh wird nach Weihnachten eine Reihe von Vorträgen Heimat schütz in Württemberg" veranstalten. Die Thematas der einzelnen Vorträge lauten: 1) Wa­rum treiben wir Heimatschutz? (Universitätsprofessor Tr. Earl Johannes Fuchs-Tübingen); 2. Veränderungen der Tier- und Pflanzenwelt durch die Kultur (Oberstudienrat Tr. K. Lampert-Stuttgart); 3. Moderne Denkmalpflege (Universitätsprofessor Tr. Konrad von Länge-Tübingen), 4) Heim'sche Bauweise (Architekt Professor Felix Schuster- Stuttgart); 5) Ein künftiges schwäbisches Nationalmuseum (Landeskonservator Professor Tr. Engen Gradmann-Stutt­gart); 6. Zükunftssragen der baulichen Entwicklung Stuttgarts ^Direktor Professor Paul Schmohl-Stuttgart). Tag und Orr der Vorträge wird demnächst noch näher be­kannt gegeben. Ter Eintritt ist für Mitglieder frei (Min­destbeitrag jährlich M 2.). Nichtmitglieder können auf sämtliche Vorträge ein Abonnent zu M 3. erhalten. Einzelkarten kosten M 1.. Ten Vorverkauf hat Hof­buchhändler Hermann Wildt in Stuttgart, Königstr. 38, der auch bereit ist Anmeldungen zum Bund entgegenzu­nehmen.

Mia Miarotti.

Eine Artistengeschichle von Earl Lonte Scapinelli.

Nachdruck verbot»«.)

A: Grüßen Gott, meine Herrschaften!" rief der jüngere, schlankere der Brodcrs Steffens, da er an den langen, Artistentisch im Cafe Leon in Paris trat.

In allen Sprachen beantwortete man seinen Gruß- Sehns, dös ist fesch, das kommen!" rief die dralle, dicke Wienerin ihm noch extra zn:Ta setzens Jhna her zu mir, an meine grüne Seite!"

Ter tadellos angezogene, glattrasierte junge Mann setzte sich, ihrer Aufforderung gehorchend, auch zu ihr.

Wo sein die Miarottigruppe heute?!" fragte er sie dann interessiert.

Die san nach Auteuil zum Renna g'fahren!" rief die Wienerin lustig.Ta könnens schon mir statt dem Fräulein Mia die Cour schneiden!"

Aber ersten dürfen ik essen?!" fragte er gutgelaunt.

Ja sie ,dürfen'!" antwortete die Wienerin.

Er studierte rasch die Speisekarte, die ihm freilich, wie so vielen, nicht ganz verständlich war, während der Kellner, der hinter ihm stand, geduldig wartete. j

Lsonlope?" fragte er diesen.

Snissl!" antwortete der Kellner, der ihn ebenfalls für einen Deutschen hielt.

Schnitzel heißt's, Jean, Schnitzel net Snisel!" rief die Wienerin.

Da aber Harry Steffens auch das nicht zn verstehn schien, so mühte sich der ganze Tisch ab, ihm diese Speise zu erklären. Dar Russe, vis-ü-vis, der alle Abend acht Männer rn den Falles Bergöre hob, begann in geläufigem Französisch ihm die Vorzüge dieses Bratens zu schildern, dahinein rief die Chansonette aus dem Casino de Paris dazwischen, nur der Berliner Jmpressario Grünbaum las mit Interesse imArtisten" weiter.

Harry Steffens verschlang Speise auf Speise, auf

Las Penfivttsgesetz für Körperschaftsveamte und ihre Hinterbliebenen. Das Regierungsblatt veröffentlicht soeben die Vollziehungsbestimmungen des Gesetzes vom 15. August 1909' betr. Aendcrungen des Gesetzes über Pensionsrechte der Körperschaftsbeamten und ihrer Hinterbliebenen. Zunächst wird darauf hingewiesen, daß in dem Verfahren wegen der Ein­rechnung früherer, im inländischen Staats-, Kirchen- oder öf­fentlichen Schuldienst zugebrachter Dienstzeiten in die pensions­berechtigte Dienstzeit bei den Beamten, die erst vom 1. Januar 1910 ah Mitglieder der Pensionskasse für Körperschaftsbeamte werden, eine Aenderung nicht eintritt. Ebenso haben bezüglich der Voraussetzungen und des Matzes der nachträglichen Leist­ung von Jahresbeiträgen bei einem künftigen Uebertritt von Beamten aus dem ausländischen Dienst in den Dienst einer bei der Pensionskasse beteiligten Körperschaft oder in den Dienst einer Körperschaft mit eigener Pensionsanstalt, die bis­herigen --beschriften eine Aenderung nur insofern erfahren, als bei der Einrechnung der Zeit einer Verwendung als ver­pflichteter Gehilfe eines Beamten der übertretende Beamte eben­so zu behandeln ist, wie ein Beamter, der im inländischen Dienst unständig verwendet war. Der Anspruch auf die Einbezieh­ung einer vor dem Beitritt zur Pensionskasse im inländischen Staats- Kirchen- oder öffentlichen Schuldienst zngebrachten und anrechnungsfähig gewordenen Dienstzeit in die pensionsberech­tigte Dienstzeit ist binnen der Ausschlußfrist vön 6 Monaten vom 1. Januar 1910 an schriftlich oder mündlich bei der Kreis- regiernng oder beim Oberamt geltend zn machen. Zur Er­hebung des Anspruchs sind auch diejenigen der Pensionskasse freiwillig beigetretenen Mitglieder berechtigt, welche wegen ver­späteter Anmeldung zur Kasse des Rechts ans eine Einrechnung früherer Dienste verlustig geworden sind. Bei der Anmeldung der weiteren Dienstzeiten, deren Einrechnnng beansprucht wird, sind, soweit möglich, die erforderlichen Beweise beizubringen. Die Behörden werden den Beamten bei der Beibringung dieser Belege, soweit erforderlich, behilflich sein. Für die gemäß Art. ö des Gesetzes weiter anrechenbaren Dienstzeiten sind 2 prozentige Jahresbeiträge auch in den Fällen nachträglich zn entrichten, in welchen der Beamte für die Einbeziehung seiner Dienstzeiten sn die pensionsberechtigte Dienstzeit Beiträge nicht zu leisten gehabt hätte. Soweit aber der Beamte für solche nunmehr in seine körperschaftliche pensionsberechtigte Dienstzeit einzurechnenden Dienstzeiten vor dem Uebertritt in den Kör­perschaftsdienst Jahresbeiträge schon bezahlt hat und demge­mäß eine Ueberweisnng der letzteren stattfindet, sind von dem Beamten für den in Betracht kommenden Zeitraum weitere Jahresbeiträge nicht zu verlangen. Die Unterämter haben die bei ihnen einlaufenden Anmeldungen nach erfolgter Durch­sicht und nach Beseitigung etwaiger Anstände der Kreisregierung vorznlegen, die nach Prüfung der Akten Entscheidung darüber zn treffen hat, ob der beantragten Einbeziehung weiterer Dienst­zeiten in die pensionsberechtigte Dienstzeit des Beamten zu ent­sprechen ist, Zutreffendenfalls stellt die Kreisregierung den Be­ginn der pensionsberechtigten Dienstzeit des Antragstellers er­neut fest und bestimmt die Höhe des der Nachbezahlung von Jahresbeiträgen zu Grunde zu legenden Einkommens her Be­amten. Die Ueberweisnng per Jahresbeiträge, die ein Beamter etwa vor dem Eintritt in den Körperschaftsdienst für die nach Art. 5 des Gesetzes neu einzurechnenden Dienstzeiten schon entrichtet hat, ist gleichfalls von der Kreisregierung zn ver­anlassen.

Die Aenderung des Grundbuchwesens. Das Regier­ungsblatt gibt zur Ausführung der gesetzlichen Vorschriften über das Grnndbuchwesen folgende neue Bestimmungen heraus, die an Stelle des Z 5 der Verordnung vom 30. Juli 1899 treten. Zunächst wird bestimmt, daß ein Grundstück, das mit dem 1. Januar 1900 ein Grundhnchblatt nicht erhalten hat, in das Grundbuch einzutragen sei. In dem Ermittlungsverfahren sind über die Eigentumsverhältnisse des einzutragenden Grundstücks zunächst zu vernehmen: 1) der in dem Primürkataster und dessen Fortführung angegebene Besitzer oder seine Erben, 2) derjenige, der von den eben genannten Personen als Eigentümer bezeichnet wird und für dessen Eigentum sich sonst Anzeigen ergeben. Bei der Vernehmung ist auf die Vorlegung etwaiger für den Nach­weis des Eigentumsrechts erheblicher Urkunden hinzuweisen. So­weit eine der vorbezeichneten Personen den Antrag auf Ein­tragung gestellt hat und schon der Antrag selbst über die Ver­hältnisse ausreichenden Aufschluß gibt, kann von shrer Ver­nehmung abgesehen werden, lieber die für die Eintragung in Betracht kommenden Verhältnisse hat das Grundbuchamt eine Aenßerung des Gemeinderats einzuholen, eventuell die Neben­lieger zn hören und die sonst etwa erforderlichen Erhebungen von Amtswegen anznstellen. Wenn der Aufenthalt einer der oben genannten Personen unbekannt ist oder außerhalb des deutschen Reiches liegt, so kann von ihrer Vernehmung Umgang enommen werden. Dagegen ist ein etwa sich im Inland efindlicher Vertreter zn vernehmen. Dem Grundbuchamt steht es frei, in den geeigneten Fällen einen öffentlichen Ausruf zur Anmeldung von Einsprachen binnen einer in dem Aufrufe zu bestimmenden angemessenen Frist zu erlassen. Ein solcher Auf­ruf muß erlassen werden, wenn die Anhörung der Nebenlieger unterbleibt. Als Eigentümer wird derjenige eingetragen, des­sen Eigentum glaubhaft gemacht ist. Wird vor der Eintragung von einem andern ein Eigentnmsanspruch geltend gemacht, so

das Gerede der überlauten Wienerin nicht horchend, aber von Zeit zu Zeit sah er dazwischen auf seine goldene Uhr. Daß Mia Miarotti nicht kam? Er mußte um nenn Uhr im Kasino de Paris in der Garderobe stehn und sie wenige Minuten später sich im Moulin rouge zn ihren Trapez­künsten rüsten. Wenn sie auch erst um elf Uhr auftrat, als .Glanznummer des Abends ihr Schwager Mia­rotti, her mit ihrer Schwester und ihr die vielbeklatschte Nummer bildete, war unerbittlich strenge. Und erst seit er Merkte, daß Mia mit Harry Steffens sich gut verstand und.viel spazieren ging! Schon lange hatte er gefürch­tet, sie am Ende zu verlieren, dazu kam auch noch die dumme Eifersucht seiner Frau! Und nun, täuschte ihn nicht alles, so spann sich zwischen Stessens und ihr, die . die Hauptattraktion seiner Gruppe bildete, mehr an als nur ein kurzes Liebesverhältnis, das ja den Engagement- monat nicht überdauert hätte. Täuschte ihn nicht alles, so wollten die zwei sich auch zu einer neuen Gruppe verei­nen. Tenn Harry Steffens war seines Kompagnons, der ein wüstes Leben führte und an Kraft immer mehr ver­lor, sängst überdrüssig.

So dachte Miarotti, der Führer der Miarottitrnppe, die die phänomenalsten Trapezakte anssührten.

Harry Steffens freilich dachte nur in Meiler Linie an die gemeinsame Nummer, die er mit Mia bilden sollte. In erster Linie liebte er sie wahnsinnig, so daß der Ge­danke, sich von ihr trennen zu müssen, ihm große Schmer­zen verursachte.

Niemals noch statte er, der verwöhnte, junge Kraft­mensch, dem die feinsten Damen im Parkett zuhimmelten, so unmittelbar und ehrlich tief geliebt. Die Kolleginnen, die man sonst traf, waren wie diese Wienerin fett oder dürr, alt oder verlebt, aber Mia, die herrliche Mia war jung, stramm, straff und schön. Und dabei war sie noch so naiv und gut wie ein Kind.

Steffens sah wieder auf die Uhr, wenn sie jetzt kam, konnte er sich noch eine halste Stunde mit ihr unter­halten. Ader sie kam nicht.

lwr das Grundbuchamt zunächst auf eine gütliche Einigung; der Beteiligten hinzuwirken. Kommt eine Einigung nicht zu stände, so ist die Eintragung ausznsetzen, bis eine richterliche Entscheidung über den Streitfall beigebracht wird. Rechte an dem Grundstück werden bei der Anlegung des Grundbuchblatts nur berücksichtigt, wenn sie bei dem Grundbuchamt augemeldet sind. DaS Recht wird eingetragen, wenn es sich aus eine von dem Eigentümer ausgestellte öffentliche Urkunde gründet. Liegt eine solche Urkunde nicht vor, so ist der Eigentümer über das angemeldete Recht zu vernehmen. Bestreitet er das Rechts so hat das Grundbuchamt dem Anmeldenden eine angemessene Frist zn bestimmen, Nach ihrem Ablauf erfolgt die Anlegung des Grundbuchblatts ohne Rücksicht auf das Recht, wenn der Anmeldende nicht vorher eine einstweilige Verfügung beibriugt, durch welche die Eintragung eines Widerspruchs zn seinen Gun­sten angeordnet wird. Die Rangordnung der einzntragenden Rechte richtet sich im allgemeinen nach der Zeitfolge der An­meldungen.

ßKemeinderatswahlen.

Nürtingen, 7. Dez. Der Wahlvorschlag der ver­einigten Parteien ist vollständig durchgegangen. Gewählt wurden GänUen, BAO. (B.-P.), Fausel (Sozch, Th. Blind (Ä. V.), Direktor Schott (D. P.). Die Wahlbeteiligung beträgt 88 Prozent.

Nah und Fern.

Verhaftung von Telephonistinnen.

In der letzten Zeit kam es ln Stuttgart des Oefteren vor, baß Telephonistinnen, die des Nachts vom Amt nach Hanse oder umgerehrr von zu Hause in den Dienst gingen, von Polizisten angehalten und verhaftet wurden. Um derartige Be­lästigungen in Zukunft zu vermeiden, hat die Postdirektion Ausweiskartell eingeführt, welche die Telephonistinnen bei sich zu tragen haben, um sich jederzeit gegenüber der Polizei aus- weisen zu können. Dieselbe Neuerung wurde auch bel den Telegraphistinnen geschaffen.

Zum Hamburger Explosions-Unglück.

L4 Tote.

Lieber die Ursache der furchtbaren Katastrophe, die sich, wie gestern gemeldet, auf dem Hamburger Frei­hafen durch die Explosion zweier Gasometer ereig­nete, wird berichtet, daß in dem neuen Gasometer plötzlich ein Riß entstanden sei. Das ausströmende Gas drang in das Retortenhaus ein und in diesem Augenblick erfolgte die Katastrophe. Die Flamme schlug über etwa 25 in der .Nähe des Gasometers beschäftigte Bauleute hinweg und verletzte sie zum Teil tödlich. Eine unterhalb des' Gasometers gelegene Kantine wurde völlig zerstört. Drei darin beschäftigte Frauen sind getötet worden.

Kletue Nachricht«,.

In der Zuckerfabrik Münster OA. Cannstatt erlitt ein älterer Arbeiter namens David Gramm von Bothnang einen Ohnmachtsanfall, wobei er über das Geländer einer Maschine fiel, von der Kolbenstange erfaßt wurde und dabei sehr schwere Verletzungen am Kopfe erlitt, sodaß er eine halbe Stunde da­raus starb.

In Weiler bei Schorndorf ereignete sich in dem Anwe­sen des Bauern Friedrich Kolb eine Benzinmotorexplosion, bie einen Brand verursachte, dem das ganze Anwesen zum Opfer fiel.

In U l m stürzte sich der Grenadier Nebele vom zweiten Stock der Kienlesbergkaserne zum Fenster hinaus ans den ge­pflasterten Hof. Durch den Sturz wurde ihm der Kopf zer- chmettert, so daß er sofort tot war. Den Grund zur Tat chetnen die Privatverhältnisse des Unglücklichen zu. sein.

Die Witwe Scheid, die wegen der Ermordung des Lehrers Krüger in Worms in Untersuchungshaft genommen ist, versuchte dadurch Selbstmord im Gefängnis zu verüben, daß sie die brennende Petroleumlampe am Boden zertrümmerte und so ihre Kleider in Brand steckte. Dem Aufsichtspersonal gelang es jedoch, die Flammen zu löschen, und das Vorhaben der Witwe zn vereiteln. Sie hat erhebliche Brandwunden erhalten.

Am Mittwoch früh brannten in Rödbh (Insel Lolland) dir Scheuern und das Wohnhaus des Hofes Saxfjed nieder. Fünf Kinder kamen in den Flammen um.

Endlich öffnete sich die Türe, und die ganze Gruppe erschien.

Der kleine, etwas feiste Führer voran, dann fett und aufgedonnert seine Frau, dahinter schlank, groß, i,n leuch­tender Jugendfrische, Mia!

217 Francs hat es heute auf Agenor gegeben!" rief Miarotti dem Tisch schon zu.

Haben Sie gewonnen?" fragte der Impresario Grünbaum sofort, dem Miarotti noch Geld schuldig war.

Werde mich hüten!" war die fixe Antwort.

Einstweilen war Harry aufgesprungen und half Mia aus der schicken Frühjahrsjacke, erfreut mit ihr plaudernd.

Die anderen aus dem Kreise kümmerten sich wenig um .das Paar, derlei Liebschaften waren so gewöhnliche Tinge unter ihnen, daß keiner darüber ein Wort oder einen Mick verlor.

Warum sommt dein Partner nicht mehr, Harry?" fragte Mia, die mächtige Tatze Steffens streichelnd.

Wir sein über Kreuz?"

Doch nicht wegen mir?"

Nein, nein!" antwortete er rasch und nervös. Tann sah er seiner Gewohnheit gemäß wieder auf die Uhr.

Wir machen morgen zusammen eine Marsch, Mia, ich komme dich holen um elfen Uhr wir gehn in die Bois de Boulogne."

Dann stand er auf, drückte ihr innig die Hand, em­pfahl sich rasch und steif von den anderen und ging in sein ^Variete zur Vorstellung, zur Arbeit!

Und auch die Mariottigrnppe mußte bald aufbrechen. Gedankenschwer folgte Mia dem Ehepaar, ohne ein Wort mit der Schwester zu reden, zog sie ihr Kostüm an. Me­chanisch fast tat sie dann ihre Griffe, immer dachte sie an Harry, an den schmucken, stolzen Harry, der so nobel und fein, so diskret und vornehm war, wie ein Ka­valier. Und während sie hach oben über den Mpst» des Parketts schwebte, schaukelte, sprang, sich überschlug, während unten die Beifallsstürme tobten, dachte sie im­mer an Harry.

(Schluß folgt.)