nen Erörterung, .in -er namentlich die Sekte der Behars' eine Rolle spielte, ging es an den geschäftlichen Teil. Gewählt wurden in,den Ausschuß: Alber Paul, Postsekretär, Christaller, Professor, .Albert Denk, Privatier, I. Fischer, Mittelschullehrer, Groß, Ministerialrat, Wilh. Hartmann, Sekretär, Koffmann, Professor, Dr. Kerner, Kirchenrat, Frl. .Müller-Poths, Fabrikant Müller-Cannstatt, Frl. Math. Planck, E. Reif, Privatier, Gust. Rühl, Oberpostsekretär, Frl. Marie Springer, Privatier Ad. Stehn-Cannstatt, O. Umfried, Stadtpfarrer, als Revisor: Vagen Kuhn. Die .Einnahmen beliefen sich auf 1313 Mark, die Ausgaben auf 1189 M.
Expretzgutverkehr. Ab 1. Dezember beträgt die Mindestfracht für Expreßgut nach allen Verkehren (also auch im inneren Württembevgischen Verkehr) auf dine Entfernung von 1—74 Kilometer 25 Pfg.; über 74 Kilometer 40 Pfg. Im PreuMch-Hesstschen-Südwestdeutsche» Verkehr, in dem mindestens 20 Kg. bezahlt werden müssen, tritt keine Aeniderung ein.
Stuttgart, 30. Nov. Bei der heutigen Ziehung der Geldlotterie zum Bau eines Asyls für Obdachlose sielen die Hauptgewinne auf folgende Nummern: 35000 Mark auf Nummer 6450, 6000 Mark auf Nr. 42 622, 2000 Mark auf Nr. 50641, je 1000 Mark auf Nr. 66341 und Nr. 1338, je 500 Mark auf Pr. 706 02, 664 85, I985, 7686 (ohne Gewähr).
Stuttgart, 29. Nov. Durch verschiedene Mütter ist in letzter Zeit die Nachricht gegangen, Herzog Wil- Plm von Urach, Graf von Württemberg, habe Schloß Vrolzheim angekauft. Aus authentischer Quelle kann das putsch« Bolksblatt Mitteilen, daß zwar diesbezügliche Verhandlungen gepflogen wurden; diese haben aber zu einem positiven und endgültigen Ergebnis bis jetzt nicht geführt.
Marbach, 29. Nov. In der letzten Zeit wurde in dem Baggerbetrieb von Hermann Haag ein für die Beurteilung -er Frage, ob unsere engere Heimat schon zu Urzeiten gewohnt war, wichtiger Fund gemacht. Es ist ein der jüngeren Steinzeit angehöriges Steinbeil aus Syenit, 11 Zentim. groß, zum Teil poliert, mit schönen ebenmäßigen Formen. Die Frage ist sonach bejaht. Professor Dr. Gößler an der K. Mtertumssammlung hat das Alters des Beils auf 5000 Jahre angegeben.
Untertürrheim, 29. Nov. Im Alter von 95 Jahren ist der frühere Gemeindepfleger und langjährige A- «eingartmeister I. Warth im Krankenhaus zu Cannstatt an den Folgen einer Operation gestorben. Er war tn Sachen des Weinbaues eine Autorität und bis in seine Hetzten Tage hinein häufig Mitglied von Schätzungskommissionen. Bei seinem 90. Geburtstag erfuhr er zahlreiche Ehrungen, darunter auch solche vom Königshause.
Adelmannsfelden, OA. Aalen, 29. Nov. Bei der Schultheißenwahl haben von 251 Wahlberechtigten Bürgern 236 abgestimmt. Es erhielten Stimmen: Oberamts- lekretär Jennewein in Aalen 120, Verwaltungs-Assistent Ellwanger in Murrhardt 96, Verwaltungs-Assistent Marti in Ludwigsburg 18, Verwaltungassisstent Wahl in Ulwangen 2. Jennewein ist somit gewählt.
Ulm, 30. Nov. Die Zentrumspartei setzte auf ihren Vorschlag zur Gemeinderatswahl folgende Namen: Direktor Huggle vom Volksboten, Rechtsanwalt Betzler, Gemeinderat Herrmann, Uhrmacher .Göser, Modellschreiner Zell, Oekonom Ru edel, Werkmeister Rapp und Kaufmann Maier. Das Kumulieren bleibt den Wählern überlassen.
Nah und Fern.
Ro-elu«fLlle.
Zn der ObSrbettringerstraße in Gmünd überfuhr ein mit g Personen besetzter Rodelschlitten den 10jährigen Knaben «lies Kürschnermeisters. Der Schlitten ging dem Kinde über den Hals und schleifte es eine Strecke, weit, bis es von Bineni Schutzmann aufgehoben wurde. Der Knabe ist schwer verletzt. Die schuldigen Personen sind ermittelt.
Das schöne Rodelvergnügen hat auch in Reutlingen ein bedauerliches Opfer gefordert. Der 83jährige Sohn des Hausmeisters Bihler am Technikum für Textilindustrie, selbst ein hoffnungsvoller Schüler des Technikums, Oclitt bei der Abfahrt vom Achalmerweg dadurch, daß er in eine Dohle hinein fuhr, so schwere Verletzungen am Kops durch Kiefer- und Schädelbruch, daß er auf der Verbringung in die Tübinger chirnrg. Klinik verschied.
Gin seltenes Fest.
In HettingSn (Baden) feierten die Franz Anton Vchmitt'schen Eheleute das seltene Fest der diamantenen Hochzeit unter Anteilnahme zahlreicher Familien- vngehörigen. Das Jubiläumsehepaar erfreut sich trotz seines hohen Alters noch großer Rüstigkeit und guter Gesundheit.
Eine verhängnisvolle Fahrt.
Aus London wird berichtet: Die deutsche Bark „Selene", von Tocopilla nach Hamburg unterwegs, traf in Talmouth ein, vm die Leiche des Kapitäns zu landen. Die „Selene" hatte eine sehr ungünstige Fahrt. Auf der Höhe Ecuador starben der Kapitän und 11 Seeleute an Fieber. Es wurde ein «euer Kapitän und eine neue Mannschaft ausgenommen. Auf der Heeimreise erkrankte der neue Kapitän und starb auch.
Kleine Nachrichten.
Aus Eningen OA. Reutlingen wird berichtet: Der Schleier den im Februar dieses Jahres in der Billa von Dr. «olmar-Mannheim verübten schweren Einbrnchsdiebstahl beginnt nch zu lüften, denn die beiden bxi dem Brand des Schlosses Bußmannshausen in Ulm abgefaßten und in Haft genommenen Verbrecher, die bekanntlich auch den Einbruchsdiebstahl in der Fabrik von Schradin und Cie. am Eninger Rank auf dem Kerbholz haben, gaben den Namen, des Verbündeten an, der 'v unserem Ort zu suchen war. Tatsächlich förderte nun eine ^genommene gründliche Hausdurchsuchung bei dem Viehhändler Gottlob Reuter eine Menge von den Gegenständen M tage, die in der Billa gestohlen wurden, vorwiegend silberne Bestecke und Betten. Reuter selbst soll zwar an bw Einbruchsdiebstählen nur als „Wachtposten" beteiligt ge- wesen sein; er wurde in Haft genommen.
Zn Pfullingen OA- Reutlingen ist der ledige Fabrikarbeiter Senner in der Papierfabrik von seinen Neben» Arbeitern mit zertrümmertem Schädel tot am Rollengang ge- iunden worden. Man vermutet, daß er aus Unvorsichtigkeit dem Treibriemen zu nahe kam, an den Kleidern erfaßt und iv Boden geschleudert worden ist.
In Scheer OA. .Saulgau, brannte das Wohn- und ^ekonomiegebäude des Karl Kieferle, Bauers und in ra- Wer Folge nacheinander Pier weitere Gebäude, darun-
das alte große Stadtmauer-Eckhaus „hohe Bühl" ge
nannt. Der Windstille und der Wasserleitung ist es zu verdanken, daß der Brand nicht weitere Dimensionen angenommen hat. Acht Familien sind obdachlos. Die Ent- stehnngsursache des Feuers ist bis jetzt nicht bekannt.
Ms in Trossingen der 11jährige Sohn des Andreas Haller, früheren Pächters der Wirtschaft zum Sternen, sich mit noch einigen anderen Knaben in der Nähe der oberen Mühle mit Schlittenfahren vergnügte, ist er, als er einen Rain Hinunterfuhr, aus einen Stein gestoßen und hat einen gefährlichen Bruch des linken Oberschenkels erlitten.
In Freuden st adt rodelten die beiden Söhne des Bahnmeisters Ruthardt, ein Oberbahnassistent und ein Kellner in voller Fahrt die „Steig" herab, als sie einem andern Schlitten ausweichen mußten. Dabei führen sie auf einen Randstein guf Und der Schlitten überschlug sich. Bei dem Fall zog sich der eine Ruthardt eine Verletzung und Ausrenkung der Hand zu, während der aridere Verletzungen am,Kopf und Fuß, sowie eine Gehirnerschütterung erlitt. Es war bald ärztliche Hilfe zur Stelle; der schwerer.Verletzte wurde durch die Sanitätskolonne nach Hause gebracht.
Gerichtssaal.
Wieder der «ttohol als Anstifter.
Heilbronn, 29. Nov. Der Fall, daß ein Bruder seine eigene Schßvester zu verkuppeln sucht, ist gottlob selten und auch der vorliegende Fall findet seine wenn auch traurige Erklärung in einem schweren Trinkexzeß Auf der Anklagebank sitzen heute 1) der 19 Jahre alte Schlossergeselle Otto Friedrich Knorpp von Steinheim OA. Marbach wohnhaft in Bietigheim und der 23 Jahre alte Schlossergeselle Albert Eßliritz er von Bietigheim, der erstere wegen Notzucht, der letztere wegen Anstiftung zu diesem Zerbrechen. Knorpp ist noch nicht vorbestraft, dagegen hat Eßlinger schon verschiedenes auf dem Kerbholz, er hat seinen braven und ungesehenen Eltern schon manches Leid bereitet. Die Anklage hegt dem Knorpp zur Last, in der Nacht vom 5. auf 6. Sept. d. I. in der Wohnung des' Schlossers Eßlinger sin das Schlafzimmer der beiden Töchter gedrungen zu sein und die jüngere Schwester unter Anwendung von Gewalt zur Duldung des' Beischlafs gezwungen zu haben. Der Eßlinger, der ein Bruder der Mädchen ist, wird geschuldigt, den Knorpp zu dieser Handlung angestiftet und ermuntert zu haben. Die beiden Angeklagten arbeiteten nebeneinander in den Linoleumwerken. Am 5. September machten sie eine Wirts- haussreise, wobei tüchtig gezecht wurde. Gegen 11 Uhr machten sich Heide, schwer betrunken, auf den Heimweg. Der Eßlinger lud den Knorpp ein, bei ihm zu übernachten bezw. könne er bei .seinen Schwestern schlafen. Knorpp folgte dieser Einladung pnd darauf ereignete sich dann die Szene, wegen deren die Beiden sich .zu verantworten haben. Die ältere Schwester flüchtete iy die Wohnung der Eltern und holte den Vater herbei; während dieser.Zeit vergewaltigte Knorpp die jüngere Schwester, auf die es auch von Anfang an abgesehen war. Der Vater warf dann beide Burschen zum Hause hinaus und erstattete Anzeige. Die beiden Angeklagten schützen sinnlose Trunkenheit vor, sonst wäre ihnen so etwas nicht passiert. Insbesondere sagt Knorpp, daß er zu dieser Handlung nicht gekommen wäre, wenn ihm Eßlinger nicht in Aussicht gestellt hätte, daß er nicht abgewiesen werde. Tatsache ist indes, daß Eßlinger zu dieser.Annahme nicht den geringsten Anhaltspunkt hatte, da beide Mädchen sich des besten Rufs erfreuen und das jüngere Mädchen noch völlig unberührt war. Die Geschworenen bejahten die Schuldfragen, im Sinne der Anklage, billigten jedoch 'Knorpp mildernde Umstände zu. Das Urteil lautete gegen Knorpp aus 2i/z Jahre Gefängnis, abzüglich l. 1/2 Monate Untersuchungshaft, gegen Eßlinger, dessen schamlose Gesinnung das Unheil angestiftet hat, auf 31/2 Jahre Zuchthaus. Die Anklage hatte Staatsanwalt Dr. Bacmeister vertreten, verteidigt wurde Knorpp durch Rechtsanwalt Gnmbel II, Eßlinger durch Rechtsanwalt Lempp.
Eine raffinierte Betrüger»«.
Dis am 13. August 1886 in Lauffen N. geborene ledige Kellnerin Luise Karoline Schweizerhof kam am 14. Juli nach Heilbronn und logierte sich an demselben Tag bis 30. August bei einer Rentnerswitwe ein. Hiebei brachte sie vor, sie sei in Heidelberg bei General Perglas Zimmermädchen, sie habe gegenwärtig 6 Wochen Ferien und möchte diese gern in Heilbronn zubringen; sie habe hier zwar wohl nähere und bessere Verwandte»», allein sie möchte diesen nicht gerne Mühe und Geschäft machen, auch sei sie mit einem hiesigen Rechtsanwalt verlobt. Da sie ferner noch einen jüngeren Vetter hier habe, der als Volontär arbeite, so werde sie wohl öfters auch Besuche erhalten. Die Frau glaubte dem Vorbringen der Angeklagten und nahm sie zu ihrem Schaden zu sich auf, denn als die Angeklagte Heilbronn den Rücken kehrte, hatte sie «eine Schuld bei Ihrer Quartiergeberin für Logis, Kost, Abendessen im Betrage von 46 Mark und 30 Psg. Uber auch durch Entlehnen an Kleidungsstücken, da sie der Umstände halber nicht genügend mit sich führen konnte, schädigte sie ihre Hausfrau um etwa 31 Mk. 36 Pfg. Durch ihr sicheres Auftreten schenkte ihre Logisfrau der Angeklagten immer mehr Glauben und als sich diese anbot, ihrer Hausfrau 100 Mark auf die Sparkasse zu verbringen, händigte diese ihr das Geld anstandslos aus, welche es aber für sich behielt. Nachdem ihre Ferien abgelausen «waren, faßte sie den Entschluß, Heilbronn zu verlassen, wobei sie als Andenken an ihre Hausfrau derselben noch 1 Kostümrock, 1 Bettjacke, 1 Hemd, 1 Untertaille, 2 Handtücher und 1 Serviette mitnahm. Während ihres Aufenthalts in Heilbronn verkehrte die Angeklagte mehrfach mit jungen Herren, ließ sich gut bezahlen und zechte flott mit denselben. Sie trat unter dein Namen Elise Schmidt von Bietigheim auf und ließ sich auch unter diesem Rainen hier anmelden. Die Angeklagte ist wegen Betrugs schon mehrfach vorbestraft und verbüßt zur Zeit eine ihr vom Landgericht Stuttgart zuerkannte Gefängnisstrafe in Gotteszell. Sie wurde unter Einbeziehung dieser Strafe zu der Zuchthausstrafe von 2 Fahren, 150 Mark Geldstrafe und in die Kosten des Verfahrens verurteilt.
Berlin, 29. Nov. Die Voss. Ztg. meldet aus Bern: Das Schweizerische Bundesgericht hat die Automobilfabrik Me gehe t u. Co. in Genf, die einen Autoinobilkühlapparat der weltbekannten Motorfabrik Daimler uachgeahmt hatte, zu einer Entschädigung von 300 000 Frcs. verurteilt. Daimler hatte 7 673 000 Frcs. gefordert.
Die Propellerei. Vor einem gefährlichen Spielzeug warnen jetzt die Augenärzte, nämlich vor dem „Propellerspiel". Die „Propellerflügel", zwei Blechflügel, die in der Mitte durchlocht sind und von einer Drehscheibe em- vorgeschleudert werden, nehmen ihre Richtung unabhängig von dem Willen der spielenden Kinder und bilden auf der Straße eine stete Gefahr für andere Kinder und für Erwachsene. Es ist schon vorgekommen, daß ein solcher Blechflügel ein Auge glatt durchgeschnitten hat, sodaß es ganz verloren ging. Auch, andere Verletzungen kommen häufig vor. Das Diabolospiel wird gegen dieses Propellerspiel als vollkommen Harmlos bezeichnet.
Bo« de« „Borussen .
lieber das in diesen Tagen viel und unliebsam genannte Korps „Borussia" sin Bonn liest man in der „Braunschw. Landeszertung" folgendes: Das Korps „Borussia" hat sich Zaus bürgerlichen Anfängen heraus" unter dem Patronat ^einiger deutscher Fürsten, vor allem des Kaisers, zu einer exklusiven adligen Verbindung entwickelt. Es bildet mit dem Korps „Saxonia" in Göttingen und „Saxo-Borusiia" in Heidelberg den sogenannten „weißen Kreis" im Verbände der deutschen Korps, zu dem, mit vereinzelten Ausnahmen, zurr der Adel Zutritt hat. Der Kaiser war als Student „Konkneipant" bei den Borussen. Als solcher war er kein aktives Mitglied des Korps, zur „Aktivität" gehört nämlich das Schlagen von Bestimmungsmensuren, und das verbietet die Tradition den Prinzen der regierenden Häuser. Daß, auch der jüngste Sohn des Kaisers, Prinz Joachim, gleich seinen Brüdern in Bonn Borusse wird, ist ausgeschlossen, da die kaiserliche Villa zum Verkauf ausgeboten ist. Kaiser Wilhelm oder vielmehr der damalige Prinz Wilhelm schied am Ende seiner Studienzeit ganz aus dem Korps aus, brachte aber trotzdem puch späterhin der „Borussia" stets großes Interesse entgegen. , Zn seinem 40. Geburtstag wurde ihm das schwarz-weißk-schwarze Korpsband verliehen. Das erregte damals in den Kreisen der deutschen Korps großes Aussehen, da, nach den Bestimmungen des Verbandes der deutschen Korps, kurz Kösener S.-C. genannt, ein Korpsband ,nur Personen verliehen werden kann, die zum.mindesten einmal auf Waffen des betreffenden Korps eine .Mensur gefuchten haben. Es hieß damals, daß die „Borussia" aus dem Kösener S.-C. ausgeschlossen werden sollte, die Anregung hierzu gng von den süddeutschen Korps aus, ha die norddeutschen Korps sich aber aus'die Seite der Borussen stellten, so erklärte sich schließlich der Kösener S.-E. mit diesem einen Ausnahmefall einverstanden.
Wie man aus Bonn meldet, ist die dortige Bürgerschaft bei der Beurteilung der Suspendierung des Korps „Borussia" in zwei Lager geteilt. Man verurteilt pus lder einen Seite die Ausschreitungen des Korps und möchte die Strafe verschärft wissen, während auf der andern Seite eine mildere Auffassung herrscht, die allerdings den Geldvorteil für Bonn in Betracht zieht. Die Borussen selbst geben übrigens durch ihr Verhalten kund, daß sie nichts weniger als dazu Geneigtheit bekunden, den Senatsbeschluß tragisch zu nehmen. Sie hefteten an ihrem Korpshause ein Schild an, auf dem in großen Lettern gedruckt stand „wegen Ausverkauf geschlossen". Es bestätigt sich übrigens, daß in den letzten Tagen im Korpshause der Borussen ein Essen zu 30 Gedecken stattfand, an dem auch der Prinz zu Schaumburg-Lippe und seine Gemahlin und der .Oberstallmeister des Kaisers, Graf stteischach, teilnätzmen.
Aus dem Lager der Gesundbeter.
Aus Newhork Wirt» «vom 15. d. geschrieben: Wie Frau Maude Kissam Babcock behext worden »st, erzählt sie wie folgt: „Um Mitternacht wurde ich durch eine eisige Strömung, die in der Richtung von Newyork durch das offene Fenster kam, geweckt. Meine Zähne klapperten, mein Herz klopfte. Feurige Wogen, aus denen mir Totenköpfe entgegengrinsten, rollten gegen mich heran. Mir war, als ob ich durch Elektri- zität hingerichtet würde. Es schien, als ob die Seele meinen Körper verlassen wollte. In dieser Stunde der Angst und der Agonie sah ich Frau Stetsons blaue Augen in allen Ecken des Zrmmers." Es war Frau Stetson, die „erste Vorleserin" an der hiesigen Gesundbeter-Kirche, welche der Erzählerin die „Todesbehandlung" angedeihen ließ. Davon ist Frau Babcock überzeugt, und sie hat dieser Ueberzeugung vor den Oberhäuptern der „Glaubensheiler" in Boston Ausdruck verliehen. Und warum hatte die „erste Vorleserin" der Zeugin diese „Behandlung" angedeihen lassen? Frau Babcock hatte am Nachmittag desselben Tages Madame Stetson als „Judas" bezeichnet . . . Wirklich ganz unglaubliche Dinge kommen bei dem -streite zwischen den Gesundbetern ans Tageslicht. Es scheme die allgemeine Ansicht zu sein, daß, wenn man jemanden gesundbeten, man ihn auch krank- oder totbeten könne. Auch wird viel von „malioious animal magnotism" gesprochen, den die Mitglieder gegen einander in Anwendung gebracht hatten. Einigermaßen beunruhigend ist das Zeugnis zweier Frauen, deren Namen vorerst geheim gehalten werden «Sie haben vor Gericht unter Eid falsche Angaben gemacht, finden sich aber deswegen doch keiner Sündenschuld bewußt. Auch m den Kreisen ihrer Genossen scheint man ihnen daraus kemen Vorwurf zu machen. Nur ihr „sterblicher Teil" hat gesündigt. Sie haben das Zeugnis unter einem „geistigen Vorbehalt" abgelegt. Auch wurde erwähnt, es sei „in der vierten Dimension" abgegeben worden, was wohl das nämliche bedeutet. Es hat sich jetzt von Seiten „weltlicher, im Irrtum befangener Menschen", wie die Gesundbeter den Teil der Bevölkerung, der nicht gesundet, nennen, das Verlangen erhoben, der Staatsanwalt solle dieser seltsamen Eides-Afsäre näher treten . . . Der Urgrund bei allen „Umstirnmigkeiten" und Wirren jm Gesundbeter-Lager scheint die Weigerung der r;rau Stetsontzu sein, über ihre «Einkünfte Rechnung ab- zulegen, beziehungsweise xinen angemessenen Prozentsatz an die Oberbonzen dieses Kultus abzuführen. Die Dam« war vor einigen fünf oder zehn Jahren noch so arm wie eine Kirchenmaus. Jetzt bewohnt sie ein elegantes Wohnhaus am Zentralpark und leistet sich den Luxus zweier Automobile. Manche schätzen ihr Vermögen nach Hunderttausenden, andere glauben, sie sei in die Klasse der Millionäre eingerückt. Welchen Umfang die (Gesundbeterei hier angenoininen hat, geht daraus hervor, daß unter der „ersten Vorleserin" nicht weniger als fünfundzwanzig „praetitionsrs" standen, Männer und Frauen, die zur Ausübung der „Christian Leisnes" berechtigt sind. Biele von ihnen haben ausgesagt, Frau Stetson habe gegen ihre Gegner, sogar gegen die in der Leitung des Eddh-Kultus, den erwähnten „schädlichen animalischen Magnetismus", also Hexenkünste, angewandt.
— Redakteur: „Haben Sie die Führern: der Sussra- gettes interviewt, wie ich Ihnen sagte?" — Reporter: „Ich suchte sie auf, aber sie wollte nicht reden." — Redakteur: „Sie wollte nicht?! War sie denn tot?"