genug Milch hatte, sie empfahl ihr deshalb, dem Kind ab­wechselnd Tee mit Milch zu geben. Am Sonntag den 2. Mai als die Angeklagte allein zu Hause war, scheint das Kind wieder viel geschrieen zu haben, auch nahm es die Brust nicht an. Sie packte es an Füßen und schlug es mit dem Kopf an die Wand. Tann holte sie eine Nach­barin und sagte, das Kind sterbe. Als die Nachbarin kam, tat das Kind noch einigeSchnapper" und starb dann. Jetzt erst schickte die Angeklagte nach ihrem Mann Und ließ ihm sagen, das Luisle sei gestorben. Das Kind hatte eine Haube auf, weshalb der Mann die Ursache nicht erkannte. Sie gab als Ursache des Todes die Gichter an. Der.Leichenschauer, Wundarzt Herrmann, konstatierte ei­nen Schädelbruch und erstattete Anzeige, worauf die Tat ans Licht kam.

Die Angeklagte gibt die Tat zu, sie will es aber nicht mitFleiß" getan haben und sagt, sie könne sich an den Vorgang nicht mehr erinnern. Ein Weib mit glotzigen Augen sei ans einem schwarzen Roß hereinge­ritten und habe ihr gesagt, sie solle das Kind an die Wand schlagen. Wie es zngegangen, wisse sie nicht mehr. Ter Vorsitzende versucht vergebens Einzelheiten aus ihr herauszubringen . Er hält ihr aus den Untersuchungs­akten eine Reihe Einzelheiten, auch Geständnisse vor, sie antwortet aber auf alle Fragen,das weiß ich nicht mehr." Sie will nicht mehr wissen, daß sie das Kind ge­schlagen hat, daß sie zu den Leuten sagte, das blaue Auge sei eine Kirchhofblume, das Kind müsse bald sterben, kurz sie will sich an nichts mehr erinnern können. Der Vorsitzende hält ihr vor, daß sie am 28. Mai dem Un­tersuchungsrichter zügegeben, daß sie das Kind an die Wand geschlagen habe. Am 1. Äug. habe sie auch die Ge­schichte mit dem Weib aus dem schwarzen Roß widerrufen und gesagt, sie habe diese Geschichte aus Angst erfunden, sie Habe das Kind aus Verzweiflung an die Wand geschlagen, um ins Gefängnis zu kommen und um von ihrem Mann sortzukommeu, der sie täglich geplagt habe. Heute will sie von dem allem nichts mehr wissen.

Nach Vernehmung der Zeugen und Anhörung zweier medizinischen Gutachten, von denen das eine des Med.Rat H a ag-Heilbronn die Angeklagte für unzurechnungsfähig erklärte, während das andere der Tüb­inger Privatdozent Tr. Merzbacher das Gegenteil be­hauptete, wurden den Geschworenen zwei Fragen vorgelegt: 1) auf vorsätzliche Tötung mit Ueberlegung, 2) vorsätzliche Tötung ohne Ueberlegung. Tie Geschworenen verneinten nach kurzer Beratung die Frage noch Mord, be­jahten dagegen die Frage nach Totschlag unter Aus­schluß mildernder Umstände. Ter Vertreter der Anklage beantragte hierauf zehn Jahre Zuchthaus zu verhängen. Das Urteil lautete auf 's e chs Jahre Zuchthaus ab­züglich 6 Monate Untersuchungshaft und die üblichen Ne­benstrafen. Ms strafmildernd wurde die geistige Be­schränktheit der Angeklagten, als straferschwerend die un­gemein rohe Tat angenommen.

Ans der Mark. Weil er laut nieste, erhielt der Reifende Maschke in Dries en-Bordamer (Neumark) ein Strafman­dat in Höhe von fünf Atari. Ein Polizeibeamter hatte -WH Niesen als ruhestörenden Lärm aufgefaßt und Anzeige Er­stattet. Das Schöffengericht in Driesen, bei dem M. gerichtliche Entscheidung beantragt hatte, sprach ihn frei. Man darf ah» auf der Straße ruhig laut niesen, wenn es nun einmal nicht anders geht.

Vermischtes.

Das Tagebuch eines Verunglückten.

Die Rettungsmannschaften, die in die Cherry-Grube eindrangen, fanden bei der Leiche eines der Verschüt­teten, namens Sam Howard, ein aus Schieferstücke ge­schriebenes Tagebuch, das der Unglückliche bis zu sei­nem letzten Atemzuge geführt hatte, Die Niederschrift ist eine menschliche Urkunde von erschütternder Tragik. Genau berichtet Howard, wie Zoll für Zoll der Tod ihm und seinen ^unglücklichen Kameraden näher schleicht, bis schließlich das tückische Gespenst der Vernichtung aus den giftigen Schwaden aufsteigt und ihnen mit grausamer Hand die Kehle zudrückt. Bis Montag Abend geht die Er­zählung der Unglücklichen. Aus dem Inhalt seien fol­gende Stellen wiedergegeben:

10.30 Uhr Samstag. Noch leben wir. Bruder Alfred ist bei mir. Ein großer Teil der mit uns Eingeschlossen lebt noch. Wenn ich sterbe, gebt meinen Diamantring Minnie Ro­binson. Wir haben eine Reihe Eimer, die mit Wasser ge­füllt sind, das wir trinken und in dem wir unsere Köpfe, die zu zerspringen drohen, baden. Die Luft ist schlecht und giftige Gase steigen auf."

4.15 Uhr. Wir wechseln unsere Plätze. Wir sind weniger geworden. Eine Anzahl der Leute versuchte durchzubrechen. Sie sind nicht zurückgekommen."

7.30 Uhr. Hungrig und schläfrig."

Sonntag. Keine Luft. Wir fächeln uns mit den Deckeln der Wassereimer."

8.35 Uhr. Grubenschwaden ziehen von beiden Seiten heran. 10.25. Wir geben die Hoffnung auf. 12.15 Uhr. Da wir keine Luft bekommen können, machen wir uns selbst Venti­latoren. Wir haben jetzt drei im Betrieb. 2.33 Uhr. Giftige Schwaden. Wir würden schon tot sein, hätten wir nicht die Ventilatoren. 3.49 Uhr. Wir sterben aus Mangel an Luft. Wir haben sechs Ventilatoren die jetzt gehen. Einer hinter dem andern, mit 15 Fuß Abstand."

Sonntag abend. Mit den Ventilatoren können wir es bis morgen aushalten."

Montag morgen 2 Uhr. Noch am Leben. Kalt, hungrig und schwach. Alfred lebt auch noch!"

3.15 Uhr. Atme noch, aber das Leben flieht schnell. Ich glaube, das ist das Ende."

Hiermit schließt die erschütternde Erzählung des Hel­den der Arbeit. Bei den Aufräumungsarbeiten in der Cherry-Miene sind, wie gemeldet wurde, 168 Leichen in den unteren Galerien der Grube gefunden worden. Tie Leichen lagen auf einem großen Haufen durcheinan­der und versperrten den Weg von der ersten zur zweiten Ader. Andere fand man einzeln in den Gängen liegen. Offenbar waren die Leute von den Grubengasen über­wältigt worden, als sie sich nach den Steigeleitern hat­ten begeben wollen. Tie Flucht war ihnen durch das Einstürzen des Gesteins abgeschnitten worden, und die Leute waren, während sie sich hemühten, sich durch die Massen durchzuarbeiten, von ihrem Schicksal erteilt wor­den. Ein Teil von ihnen hat aller Wahrscheinlichkeit nach lange Stunden, ja selbst Tage in der grausigen Tiefe lebend zugebracht. Zwei hölzerne Ventilatoren waren in

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/um Jubiläum

Lsnisfmsnken.

Dieser Tage ivaren es 60 Jahre, daß die erste Brief­marke in Deutschland das Licht der Welt erblickte und zwar hat Bayern den Vorrang unter den deutschen Staaten, die Briefmarke in den Verkehr gebracht zu haben. Die ersten bayerischen Briefmarken wurden im November 1849 in den Kurs gesetzt. Unsere Abbildung zeigt diese drei Sorten der ältesten Marken. Die Farben waren für die Einkreuzermarke chwarz, für die Dreikreuzermarke hellblau und für die Sechs­kreuzermarke rötlich-graubraun. Die Marken sind ungezähnt wie alle Marken jener Zeit, und wurden von Postbeamten mit der Schere vom Bogen geschnitten. Nach Bayern folg­ten in Deutschland mit der Briefmarken-Ausgabe Preußen,

Sachsen, Hannover und Schleswig-Holstein und zwar im Jahrs 1850. Württemberg und Baden folgte im Jahre 1851, 1852 Thnrn und Taxis, Oldenburg und Braunschweig, Bremen 1855, Hamburg und Lübeck 1859. Mecklenburg-Schwerin erschien 1856 und Strelitz erst 1864 mit einem Postwertzeichen. Die Brief­marke in ihrer gebräuchlichen Form ist in England erfunden worden, Per Entwurf und Vorschlag stammt von dem Ver­leger desDundee Chronicle", James Calmers aus dem Jahr 1834. Die aufklebbare Postmarke wurde aber erst 1839 in England eingeführt und verbreitete sich in dieser Form nach und nach über die ganze -Welt.

einem der .Schächte in der Nahe der Steigeleitern jmit der Hund gedreht und.mit fast übermenschlichen Anstreng­ungen den giftigen Schwaden zu entrinnen versucht. Einer der Unglücklichen hielt noch das Schwungrad des Ventilators in der Hand, das er bis zu seinem letzten Atemzuge in Bewegung zu halten versucht hatte.

Die Mathematik -es Frinfundzwanzig- Psennigstückes.

Tie eben erfolgte Einführung des neuen Fünfund- Kvanzigpfennigstückes ruft im Geldverkehr eine Revolution hervor, an die nicht jeder denkt; es steigert die Zahlungs­möglichkeiten bestimmter Summen fast ins Unbegrenzte. An Beträgen unter 25 Pfennigen wird natürlich nichts geändert; nach wie vor lassen sich fünf Pfennige auf vier Arten bezahlen, 10 Pfennige auf 11 Arten (davon 3 in Nickel, 6 in Kupfer, die 6 übrigen in Nickel Und Kupfer). Während aber bisher 25 Pfennige auf '64 verschiedene Arten, nämlich auf 3 in Nickel, auf 13 in Kupfer, auf 48 in Nickel und Kupfer bezahlt werden konn­ten, kann dies von jetzt an auf eine 65. Art, nämlich durch das neue Fünfundzwanzigpfennigstück geschehen. Hier beträgt der Unterschied der Bezahlungsmöglichkeiten nur 1. Anders aber wird die Sache, wenn es sich um die Bezahlung von 50 Pfennigen handelt. Dies konnte bis­her auf 341 verschiedene Weisen geschehen, nämlich in Silber mit dem 50 Pfennigstück, in Nickel auf 6 Arten, in Kupfer auf 26 und in Kupfer und Nickel auf 309. Jetzt kommen hierzu alle die Möglichkeiten, bei denen die neue Münze verwendet werden kann. Es ergibt sich also eine neue Art von Zahlung in Silber durch zwei Fünf­undzwanzigpfennigstücke, ferner verschiedene .Arten, bei denen 25 Pfennige in Silber, die übrigen 25 Pfennige aber in Nickel und Kupfer bezahlt werden. Ties ergibt drei Bezahlungsmöglichkeiten, bei denen Silber und Nickel, 13, bei denen Silber und Kupfer, 48 bei denen Silber, Nickel und Kupfer verwendet werden, zusammen, L6, so daß man jetzt 50 Pfennige auf 407 verschiedene Arten bezahlen krnn. Noch auffälliger wird der Unterschied der Bezahlungsmöglichkeiten bei einer Mark. Mit Hilfe des 25-Pfennigstückes kann man die Bezahlung so ein­richten, daß ein, zwei, drei oder vier 26-Pfennigstücke in Bezahlung gegeben werden; will man also wissen, auf wieviele Arten jetzt eine Mark bezahlt werden kann, muß man zunächst abzählen, aus wieviele Arten jetzt eine Mark bezahlt werden kann, muß man zunächst ab­zählen, auf wieviele Arten 100, 75, 50 und 25 Pfennige mit Hilfe von Münzen im Werte von 1, 2, 5, 10 und 50 Pfennigen bezahl werden können. Diese Unzahlen betragen für eine Mark 2156, für 75 Pfennige 1048, für 50 Pfennige 341, für 25 Pfennige 64. Zahlt man alles zusammen, so ergibt sich, daß mit Hilfe des 25- Pfennigstückes eine Markaus'3 610 verschiedene Arten bezahlt werden Lmn, während früher nur 2156 möglich waren wenn unsere Rechnung stimmt. Wer daran zweifelt, mag immerhin nachzählen oder nachrechnen; hierzu ist nichts nötig als die Auflösung zweier diophantischer Gleichungen ersten Grades mit 6 und 7 Unbekannten.

Der Mormoneustaat wird aufgelöst.

Nach 73jährigem Bestände wird sich in nächster Zeit der Mormonenstaat, der sich innerhalb der Bereinigten Staaten von Nordamerika befindet, auflösen. Die religiöse Sekte der Mormonen, der sogenanntenHeiligen des jüngsten Tages" wurde 1827 von Joe Smith gegründet, der nach seiner Be­hauptung im September dieses Jahres von dem Engel des Herrn eine auf goldglänzende Metallplatten eingegrabene Schrift empfing, die er übersetzte und unter dem TitelBibel für die Mormonen" herausgab. Sogleich nach seinem Auftreten fand er eine Menge Anhänger, die mit ihm nach Westen zo­gen und sich im Staate Ohio niederließen. Zugleich gründeten sie eine größere Niederlage im Westen von Missouri, wo ein großer Tempel erbaut wurde. Zwistigkeiten mit den Nach­barn, hervorgerusen durch die Intoleranz Smiths und später durch Einführung der Polygamie veranlaßten bald die ge­waltsame Verdrängung von einem Orte zum andern, wobei es häufig nicht ohne Blutvergießen abging. Die Mormonen mußten unausgesetzt wandern und fanden endlich im Jahre 1847 nach langen Märschen in dem Tale des Salzsees eine Heimat, wo sie das Land mit vielem Erfolge besiedelten und die Hauptstadt ihres neuen Staates, dasneue Jerusalem" nannten. Allgemein heißt die Ortschaft heuteSalt Lake City". Die ursprüngliche Einrichtung der Verwaltung bestand darin, daß der Mormonenstaat von einem Präsidenten regiert wurde, dem zwölf Apostel zur Seite standen. Ferner nah­men hohe Stellen ein: der Hohe Rat, die Siebziger, die Hohen Priester, Aeltesten, Priester, Lehrer und Diakonen. Ueber allen aber stand der Patriarch, welche Stellung von Joe Smith bekleidet wurde, später von dessen Neffen Heram. Nach der neuen Religion gab es zahllose Götter, da jeder Heilige nach seinem Tode Gott wurde und auch noch im Jenseits Aussicht auf Beförderung hatte. Die Polygamie, d. h. die Vielweiberei, war ein geschickter Schachzug des erstenPropheten", da durch die reichliche Nachkommenschaft seine Sekte um so schneller wachsen und an Macht gewinnen mußte. Die Regierung in Washington sah dem Treiben eine Zeitlang ruhig zu, schließ­

lich aber wurde Brigham Äsung zum Gouverneur ernannt. Es folgte ein Gouverneur nach dem andern, bis im Jahrq 1871 der Präsident der Bereinigten Staaten Grant das Mor­monentum für ein Ueberbleibsel von Barbarei erklärte. Trotz­dem drang der Präsident nicht durch, und der Mormonen­staat blieb weiter bestehen, allerdings stets unter staatliches Kontrolle durch einen Vertreter aus Washington. Die Blüte­zeit der Mormonen ivar aber seit etwa 25 Jahren vorbei. Damals war die S.ekte bereits zu großem Reichtum ge­langt, aber die religiösen Ansichten und das Festhalten an den Lehren des ersten Propheten nahmen immer mehr ab, und dt» Polygamie wurde vollkommen abgeschafft. Schließlich kam man in der Salzseestadt so weit, daß die Mehrzahl der an- gesiedelten Familien nur dem Namen nach Mormonen wa­ren, in Wirklichkeit aber sowohl in ihren Ansichten wie in ihren Gebräuchen vollständig der übrigen Bevölkerung der Vereinigten Staaten glichen. Nunmehr ist von der Verwalt­ung der Stadt der Beschluß gefaßt worden, den Mormonen­staat auch formell aufzulösen, da er ja in Wirklichkeit längst nicht mehr besteht.

Die Diebe und der Bauchredner.

Wie man auf originelle Art Diebe sicher fangen kann, ohne den Polizeiapparat in Bewegung zu setzen, das lehrte eine.^Verhandlung vor dem Stettiner Schöffengericht, über die von dort wie folgt berichtet wird: Dem Hausbesitzer F. in Podejuch war im September wiederholt Obst aus seinem Garten gestohlen worden. Als er eines Nachts nach Hause kam, hörte er, wie die Wipfel der Bäume in seinem Gar­ten raschelten, obwohl es windstill war. Er ahnte sofort Obst­diebe und ging deshalb um das Haus herum nach seinem Garten. Wirklich bemerkte er auch drei Gestalten, die eifrig bemüht waren, große Säcke mit dem feinsten Obst zu füllen. Der Bestohlene ist in seiner Nachbarschaft als Bauchred­ner bekannt, und diese Aunsp. kam ihm jetzt zustatten. Er schrie den Dieben kräftig:Halt! Keiner rührt sich von der Stelle!" und dann mit veränderter Stimme, als sei eS eine andere Person:Karrel, hol man de Dogge achter rup!" Dazwischen markierte er das Knurren eines Hundes. Da be­kamen es die Diebe, drei Personen, mit der Angst zu tun. ließen ihre Säcke fallen und versprachen, nicht auszureißen. Der Bauchredner ging nun auf sie zu, drehte sich vorher aber noch einmal um, rief nach der Straße hin:Herr Sergeant, bleiben Sie an der Ecke stehen!" und ließ diesen auch ant­worten, sodaß es den Anschein gab, als ob das ganze Haus umstellt sei. Auf diese Weise gelang es dem schlaue» Bauchredner, die Diebe mit nach der Straße zu nehmen und dann mit Hilfe zweier zufällig daherkommender Soldaten auf dis Polizeiwache zu führen.

Eine versinkende Ltadt.

Es ist ein tragisches Schicksal, das die Zukunft der ameri­kanischen Kohlenstadt Seranton bestimmt: Seranton ver­sinkt buchstäblich in einer Kohlenmine. Erst jetzt ist man der furchtbaren Wahrheit gewiß geworden: die ganze Stabt ist nnterminiert, auf Erdschichten von nur 4 bis 12 Meter Dichte hat man Häuser und Bauten errichtet, die nun alle ver­urteilt sin-, unterzugehen. Die Gewissenlosigkeit der früheren Kohlenkönige hat die Katastrophe herbeigeführt; während man annahm. Laß die Unterminierung des Stadtgebietes vertrags­gemäß unterblieben sei, haben die früheren, heute längst nicht mehr bestehenden Kohlengesellschaften unter Häusern, Kir­chen und Schulen auf der Jagd nach der kostbaren Kohle den Boden gehöhlt und die Tragkraft der Erd« gebrochen. Bor kurzem erst, so wird imAmerican Magazine" berichtet, begann man tn Seranton das Schreckliche zu erkennen. Schon früher War es vorgekommen, daß an der Peripherie des Stadtbildes sich bisweilen unerwartet ein Erdspalt bildete, der mit dem Zusammensturz einer Hütte verknüpft war. Nun aber ha­ben die Erscheinungen sich gehäuft, in allen Stadtteilen Ist der Boden versunken, mit ihm ganze Häuser, überall gähnen schwarze tiefe Spalten und weiter« Untersuchungen haben gezeigt, daß das ganze Stadtgebiet unterminiert ist und daß es in ganz Seranton keine Stelle mehr gibt, wo man nicht befürchten müßte, stündlich versinken zu können. Das Ver­sinken eines Hauses jst jetzt seine so alltägliche Erscheinung, daß die Zeitungen kaum noch oavon Notiz nehmen; die Ein­wohner haben sich an das unvermeidliche gewöhnt, und da verhältnismäßig nur selten der Verlust von Menschenleben zu beklagen ist, hat man sich -mit dem Unabänderlichen abgefunden. Das große Waisenhaus balanciert auf einem 6 Meter fiesen breiten dunklen Spalt, nur mit Tauen, Ketten und Stutzen wird der Ban einstweilen noch aufrecht erhalten, zweimal im vergangenen Jahre kam es auf dem Rangierbahnhof zu Unglückssällen, weil in der Nacht auf der Schienenstrecke ein Spalt sich gebildet hatte, in den die Lokomotive hinabfiel. Immer wieder erlebt man es, daß ganze Fnhriverke mit Pferden oder Ochsen plötzlich in den Bereich eines solchen Erdrutsches kommen und in die Tiefe sinken. Mit Seilen versucht man die Türe zu Letten, doch meist bleiben di« Bemühungen fruchtlos, der Steinrutsch verschüttet die Ver­sinkenden, die im selbstgeschaffenen Grabe ersticken. Der ganze Kirchhof ist kreuz und quer von tiefen dunklen Erdlöchern und Spalten durchzogen; Hunderte von Grabmälern sind zer­stört, auch das prachtvolle Mausoleum, das man mit einem Kostenaufwand von 290 000 Mk. für den Bischof Hoban auf- gesührt hatte, ist in den Tiefen versunken. Die einzige Mög­lichkeit, das Schicksal der Stadt aufzuhalten, wäre der so­fortige Ankauf der heute brachliegenden Minen und die Neu« ausführung der stützenden Pfeiler. Aber auch damit wäre absolute Gewißheit nicht gewonnen. Die Minen aber wür­den Millionen und Abermillionen kosten und dazu noch tm Preise sofort auf das Dreifache emporschnellen, wenn die Stadtbehörde in solcher Zwangslage an einen Kauf denken könnte. Aber der Beutel von Seranton ist leer und so ist das Schicksal nicht aufznhalten.

Neues Wort.Fräulein Irma hat mir gestern ihren neuen Diamantschmuck gezeigt, aber das ist wirklich was groß­artiges."Ach, glaube doch der Irma nicht, das ist einq Stmilantin."