2660305 150 M gegen den Erat für 1909 einschließ­lich Nachiragsetat mehr: 6 8.58091 M. Än fort­dauernden 'Ausgaben erfordern mehr: das Auswärtige Am:: 469 735 M, das Reichsamt des Innern: 3 280940 M, das Reichsheer: 43 805401 M, die kaiserliche Ma­rine: 11010 274 M, das Reichskolonialamt: 432 022 M, die Reichsschulden: 18 893 408 M, die Reichspost- pnd Telegraphenverwaltnng: 1 685939 M. Gegen das Vor- iahr erfordern weniger: das Reichsmilitärgericht, das Reichseisenbahnamt, der Reichsinvalidenfonds und die Reichseisenbahnen. Die einmaligenAusgabendes ordentlichen Etats sind geringer: bei der Reichs­post und Telegraphenverwaltung um 34958003 M, bei dem Reichshcer um 41914 321 M, beim Reichsschatzamt um 5261497 M und beim Reichskolonialamt um 2556966 M. Ein Mehrerfordernis ergibt sich: bei der Marine um 13 796 820 M, bei den Reichsschulden uni 5 775000 M. (In den Zahlen für das Vorjahr sind noch Gehaltszulagen enthalten, die das Jahr 1909 nur rechnerisch belasten.) An ordentlichen Einnah­men sind u. a. veranschlagt: Zölle, Steuern, Gebüh­ren usw. mit 1 441 620 M, bei der Post- und Telegraphen­verwaltung: 693 008 325 M, bei den Eisenbahnen: M 122 319000 M, Ausgleichsbeiträge mit 3938 646 M und Matrikularbeiträge mit 228 512 000 M. Im Extraor - dinarium entfallen auf das Meichsamt des Innern 23 Mill. M, auf das Reichsheer rund 22ich Mill. M, auf die Marine 113 321496 M, auf die Postverwaltung 25 Mill. M., auf die Reichseisenbahnen rund 7ich Mill. M., auf Anleihen verbleiben insgesamt 152 255 928 M.

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Revisionistische Landtagstaktik.

In denSozialistischen Monatsheften" wird daS badijche Wahlergebnis DomGenossen" Kolb, das säch­sische vomGenossen" Dr. Gradnauer ausführlich er­örtert. Beiden Betrachtungen ist als charakteristischer Zug die Auffassung gemeinsam, daß die Sozialdemokratie in den Landtagen jener zwei Bundesstaaten zusammen mit dem Liberalismus praktische politische Arbeit leisten solle. Diese Auffassung tritt bei dem Badener Kolb schärfer hervor, als bei dem Sachsen Grad­nauer. Tie wesentlichsten Stellen der Ausführungen Kolbs lauten wörtlich folgendermaßen:

Die badische Sozialdemokratie hat nie vergessen, daß sie noch auf lange Zeit hinaus eine Minderheitspartei ist, daß sie in Baden greifbare politische Fortschritte in absehbarer Zeit nur erzielen kann, wenn es gelingt, über die i. I. 1905 erzielte taktische Verständigung hinaus mit den liberalen Parteien zu einer praktisch politischen Verständigung zu kommen. Wenn es gelingen sollte, in Baden einmal die Probe aufs Exem­pel zu machen, so wäre das politisch nicht nur für Baden selbst, sondern auch für andere Bundesstaaten und schließlich für das Reich politisch von Bedeutung. Irgendwo muß end­lich einmal diese Probe gemacht werden, wenn nicht wer weiß auf wie lange Zeit hinaus alle Hoffnungen auf einen politischen Fortschritt in Deutschland Illusionen bleiben sollen."

Sachlich mit Kolb übereinstimmend, formell etwas zurückhaltender, betont Genosse Gradnauer dieneuen großen Verantwortlichkeiten", die der sozialdemokratischen Landtagsfraktion Sachsens warten. Nachdem er voraus­geschickt, daß die sozialdemokratische Fraktion-durch die nun ermöglichte Teilnahme an den Arbeiten der Kom­missionen sachlichen Einfluß/auf alle gesetzgeberischen Ein­zelheiten gewinnen könne, fährt er fort:

Die sozialdemokratische Fraktion wird sich sicherlich im neuen sächsischen Landtag einer so sachlichen Haltung be­fleißigen, daß es ihren politischen Feinden schwer fallep soll, mit dem Gespenst des parlamentarischen Unfugs die Leute zu schrecken. Jedenfalls wird unsere Fraktion kein Interesse daran haben, einen engen Zusammenschluß der bürgerlichen Par­teien herbeizuführen. Sie wird es den Liberalen nicht leicht machen, Vorwände zu finden, um ihren Neigungen nach rechts zu folgen. Sie wird vielmehr ihr Bestes tun, um die Ver­treter anderer Parteien auf der Bahn einer freieren und kul­turellen Landespolitik mit sich fort zu ziehen."

Die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion, die sich weigerte, im neuen sächsischen Landtag einen Präsi- denkenposten .zu bekleiden, steht mit der Auffassung des Herrn Gradnauer im strikten Gegensatz.

Taqes-Chrcmk.

Berlin, 19. Nov. Gestern wurden 250 000 cbm. Schnee in 1100 Schneewagen ans der Stadt geschafft. Dazu kommen noch die Schnecmassen, die in die Abzugskanäle geworfen wurden.

Berlin, 18. Nov. In der heutigen Sitzung des Bun­desrats xvnrde eine Anzahl vpn Etats nach den Anträgen der Ausschüsse Zustimmung erteilt.

Berlin, 18. Nov. Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Nach ei­ner telegraphischen Meldung des kaiserl. Konsuls in Chicago sollen unter den bei dem schweren Grubenunglück des Bergwerks St. Paul der Coal Company in Cherry (Illinois) vermißten Bergleuten angeblich mehrere Deutsche sich be­finden. Der kaiserl. Konsul entsandte sofort einige Konsulats« beamte an Ort und Stelle, um die erforderlichen Ermittlungen anznstellen.

Karlsruhe, 17. Nov. Die Meldung, daß Gehetmrat Rebmann zum Vorsitzenden der nationalliberalen Landtagsfraktion gewählt worden sei, ist verfrüht. Die Fraktion hat bei ihrer gestrigen Konstituierung die Wahl des Vorsitzenden zunächst vertagt.

Mülhausen i. Els., 18. Nov. Die Generalversammlung der demokratischen Partei in Mülhausen beschloß mit großer Mehrheit im Prinzip den Anschluß an den Verein der deutschen Bolkspartei unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Wahrung aller Unabhängigkeit in den Fragen der Landespolitik.

Saloniki, 18. Nov. Die Villa Allantini, in der der Exsultan Abdul Hamid wohnt, ist jetzt von allen Seiten mit hohen Mauern umgeben worden. Die völlige Abschließung des Sul­tans von der Außenwelt ist damit beendet.

Washington, 18. Nov. Das Marinedepartement wird dem Kongreß den Bau zweier Schlachtschiffe von je 26 000 rronnen m:d eines Reparaturschiffes Vorschlägen.

Luftschiffahrt

Ter Kaiser und Zeppelin.

Der Kaiser Milt zur Zeit bei seinem Freunde, dem Fürsten von Fürstenberg in Donaucschingen beim Jagdvergnü­gen. Von dem Fürsten ist zur Erinnerung an die im Vor­jahre in Donciuesthingen erfolgte Begrüßung des Kaisers durch den Grasen Zepp.niu mit seinem Luftschiff eine Bronzetafel gestis.et worden, welche, nach dem eigenhändigen Entwurf des Kaste -, von dem Bildhauer Sauer gefertigt, am fürstlichen Tchlos angebracht und am Donnerstag im Beisein des Kaisers - n t!: ü l l i wurde. - Die Tafel hat folgende Inschrift:Am . Nor>. 1908 zu Ehren der Ankunft des Kaisers und Königs Wilhelm ll. traf Graf Zeppelin mit seinem LujtschifsZ. 1",

mit dem Kronprinzen Wilhelm an Bord, genau zu der TagZ vorher angesagten Stunde, um 2.05 Uhr nachmittags, bei kla­rem schönem Wetter vor dem Schloß ein, paradierte über dem Schloßhof, von allen, die das Glück hatten, an dem un­vergeßlichen Augenblick teilzuneymen, mit begeistertem Jubel stürmisch begrüßt." Es solgen die Namen der damals im fürstlichen Schloß versammelt gewesenen Gesellschaft mit dein Generaladjutanten Grafen Hülsen-Haeseler an der Spitze.

Aus Württemberg.

Dienstnachrichten.

Der Llaurat Borkhard, Professor an der Baugewerke­schule in Stuttgart, wurde seinem Ansuchen gemäß in den Ruhestand versetzt und ihm bei diesem Anlaß das Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichsordens verliehen. Die erledigte Stelle eines Bauamtswerkmeisters beim technischen Bureau der Mi- nisterialabteilung für den -Straßen- und Wasserbau wurde dem Banamtswerkmeister Ludwig Schick im Bezirksdienst der Straßen- und Wasserbauverwaltnng und die hierdruch frei ge­wordene Stelle eines Banamtswerkmeisters im Bezirksdienst dieser Verwaltung dem Ltaatsstraßenmeister Gustav Höschle in Lplw je auf Ansuchen übertragen. Bon der kathol. Ober­schulbehörde ist je eine Lehrstelle an der kath. Volksschule in Horn, OA. Gmünd, dem Schullehrer Bern hart in Heiden­stadt, OA. Spaichingen, Isenburg, OA. Horb, dem Unterlehrer Wilhelm Eckhofer in Friedrichshafen, OA. Tettnang, über­tragen worden.

Ein alter Zopf.

Tiefer Tage wurde demBeob." ein "Steuerzettel gezeigt, der mit einer Fünfpfenuig- Marke frankiert an den Steuerpflichtigen kam und der die Forderung von fage und schreibe einen Pfennig enthielt. Man ver­gegenwärtige sich, was alles um diesen Betrag zu ge­schehen hat:

1. ist die Steuer auszurechnen s

2. ist der Steuerbetrug im Register einzutragen;

3. ist der Stenerzettel Groß-Folio (es bandelt sich um eine Gemeindesteuer) zu schreiben;

4. ist das Knvert zn überschreiben und mit 5 Pfg. zu frankieren und

5. ist die Bezahlung des einen Pfennig seinerzeit wieder zu quittieren und zu buchen.

Küvert und Papier zusammen kosten schon mehr als die Steuer: dazu kommt die Freimarke und die Arbeits­leistung des Beamten, so daß ein Vielfaches an Barkosten für die Gemeinde entsteht, bis sie endlich in den Besitz ihres Steuerpfennigs kommt. Tie Sache wird aber noch drolli­ger. An der Steuer von einem Pfennig sind nicht we­niger als sechs verschiedene Persönlichkei­ten beteiligt. Sich in diesen Betrag zn teilen, ist bekanntlich unmöglich; es muß also einer den Pfennig zahlen. Wenn sich nun jeder weigert und dem andern die Steuerpflicht zuschi-eben möchte, muß die Gemeinde je­den einzelnen der sechs Steuerpflichtigen einklagen. Und wem soll dann der Richter eben bei der Unteilbarkeit des einen Pfennig die Steuerleistung zuschieben, da das gemeinsame Steuerobjekt keinen Ertrag abwirft, von dem der Pfennig abgezogen werden könnte? Unsere Her­ren Juristen und Steuertechniker gehen vielleicht diesem ' Schulbeispiel weiter nach. Wir aber meinen, daß .man Mittel haben sollte, solche minimalen Beträge, die die Arbeit und die Barauslagen nicht einmal ersetzen, ohne weiteres in Abgang zu dekretieren oder auf ändere Weise in den Steuerbüchern auszugleichen.

Die Hofgängerei hat ein Nachspiel gezeitigt. TerHohenstaufen" veröffentlichte gestern einen Brief des Genossen Engen Wendnagel in Göppingen, in dem dieser derSchwäb. Tagwacht" znm Vorwurf machte, daß es in den Versammlungen des GöPPinger Sozial­demokratischen Pleins durchaus nicht so glatt hergehe, wie die Versammlungsberichte in derTagwacht" glau­ben machen,daß vielmehr gegen die nachgerade uner­trägliche Diktatur einzelner bisweilen von verschiedenen Genossen heftiger Protest erhoben wird. Trotzdem eine große Zahl gerade der alten bewährten Genossen es längst vorziehe, wegen der unleidlichen Zustände die Versamml- lungen nicht mehr zu besuchen." In Bezug ans die Schwäb. Tagwacht" besagt der Offene Brief:Möchten sich doch endlich die einsichtigeren Parteigenossen in Göp­pingen aufraffen und dagegen Protest erheben, daß Par­teiinstitutionen zur Befriedigung persönlicher und priva­ter Interessen und -krankhaften Eigendünkels mißbraucht werden!" TieSchwäb. Tagwacht" pennt den Brief Wendnagels einegrobe Disziplinlosigkeit". Es sei ganz selbstverständlich, daß mit W. von den zuständigen Partei­instanzen noch ein Wörtchen geredet werde, denn es sei ein in der Partei unerhörter Vorgang, daß ein Parteimit­glied Angriffe puf leitende Parteigenossen, gegen die er in der Parteiversammlung nicht vorzugehen wage, in die gegnerische Presse trage. Eine nochmalige Ausrottung^ der Hosgängerfrage in derTagwacht" wäre nach der allseitig befriedigenden Erledigung, die diese Angelegenheit gefun­den habe, bei den Parteigenossen mit vollem Recht auf Widerspruch gestoßen."

Pankok contra Fischer. Professor Pan kok, der Vorstand der Lehr- und Versuchswerkstärte der Stuttgar­ter Kunstgewerbeschule denkt ernstlich daran, Stuttgart zu verlassen. Er soll darüber verstimmt sein, daß Professor Fischer den Auftrag für das neu zu erstellende Knnstansstettungsgebäude erhalten habe. Prof. Pankok fühlt sich darüber umsomehr zurückgesetzt, als Prof. Fi­scher, der ja vor einiger Zeit nach München übergesiedelt ist, für die Lehr- und Versuchswerkstälten nie eine beson­dere Sympathie bewiesen habe. Tie Künstlerschaft ist in Stuttgart in 2 Lager gespaltet, von denen die eine auf Fischer's, die andere auf Pankotts Seite steht. Erstere behaupten, daß Fischer den Auftrag von höchster Stelle erhalten habe, Letztere betonen jedoch, daß Fischer ohne die Befürwortung seiner Stuttgarter Freunde nicht nach seinem Weggang zu der ganz außerordentlichen Bevorzug­ung gekommen wäre. Auch ist man vielfach der Meinung, daß, nachdem Fischer nicht mehr in Stuttgart tätig ist, man doch die hier ansässigen Künstler unterstützen sollte, deren Tüchtigkeit ja nicht anznzwcifeln sei- Demgegenüber scheint festzustehen, daß «der König Fischer den Auftrag vor allem deshalb erteilte, weil er den scheidenden Künst­ler nachträglich noch befriedigen und ehren wollte.

Stuttgart, l8. Nov. Sven Hedin, der im Feb­ruar ds. Js. von seiner ereignisreichen Tibetreise zurück­gekehrte Forscher, wird am Mittwoch, 24. Novemver, abends 9 Uhr, im Festsaal der Liederhalle einen wis­senschaftlichen, bedeutsamen und allgemein interessierenden Vortrag über seine Reise halten. Ter Vortrag wird durch .zahlreiche Lichtbilder -erläutert werden, die Hedin selbst ausgenommen hat.

Stuttgart, 18. Nov. Tie hiesige Fl eischer in- nung weigert sich, die von der Stadtverwaltung verlang­ten Fleisch Preistafeln jn den Läden anzubringen und will diese Angelegenheit bis aufs äußerste verfolgen. Im Interesse des Publikums wäre es gelegen, wenn der Wille der Stadtverwaltung durchgesetzt würde.

Stuttgart, 18. Nov. Eine gestern hier abgehaltene Versammlung von Wirten erklärte sich mit dem Bierauf­schlag von ft.65 M pro Hektoliter einverstanden, ver­langte jedoch, daß die Brauereien denjenigen Abnehmern, die unter dem Mindestausschankpreis verkaufen, die wei­tere Bierlieferung verweigern, an Nichtwirte bei Wald­festen kein Bier mehr liefert und bei Bauten keine eigenen Flaschenbierbuden erstellen.

Mergentheim, 17. Nov. Gestern fand die Eröff­nungsfeier für die neuerbaute Bahn Weikersheint- Creglingen in Anwesenheit von Direktor v. Leo, Mi­nisterialrat Metzger, Präsident v. Payer u. a. statt. Die Einwohner der Stationen Weikersheim, Schäftersheim, Tanberrettersheim, Nöttingen, Bieberehren, Reinsbronn, Klingen, Creglingen hatten einen Festtag. Tie Stadt Mer­gentheim war bei der Feier zahlreich vertreten. In Ereglingen fanden im Lamm und in der Krone Festessen statt, bei denen verschiedene Ansprachen und eine Fest­rede des Abg. Reg.-Rat Haffner gehalten wurden. Abends beschloß ein Bankett die Feier.

Nah und Fern.

Auf verbotenen Wegen.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wurde einem verheirateten Mann von Untertürkheim, der sich in ei­ner Eßlinger Wirtschaft mit einem zweifelhaften Frauenzimmer und deren Begleiter in eine nähere Unterhaltung eingelassen und mit ihnen gezecht hatte, Uhr und Geldbeutel mit ca. 40 Mark Inhalt gestohlen. DieDame" wurde bald nach dem Vorfall durch die Eßlinger Kahndungspolizei festgenommen. Sie war noch im Besitze des Geldes, leugnete aber, es gestohlen zu haben. Unter dem dringenden Verdacht, die Uhr entwendet zu haben, wurde zwar ein Mann verhaftet, doch konnte die Uhr selbst noch nicht beigebracht werden. Die Polizei glaubt aber, den richtigen Täter zu haben. Dem Bestohlenen soft, als er von seinemAusslug" nach Hause kam, von seiner besseren Hälfte ein zärtlicher Empfang bereitet worden sein.

Zusammenstoß mit einem Wilderer.

Aus Aulendorf wird vom 18. geschrieben: Der Forst­wart Weiler von Röschen ist gestern nachmittag im Waldteil Hallerhau, Markung Wolpertswende, auf einen Wilderer ge­stoßen, der auf Anruf sofort sein Gewehr heraufriß und auf den Forstwart anlegte; letzterer kam mit einem Schrotschuß dem Wilderer zuvor, woraus dieser die Flucht ergriff und ent­kam. Bei der Verfolgung des Wilderers stürzte der Forst­wart, wobei sich der zweite Lauf seines Gewehrs ebenfalls entlud, ohne jedoch dem Forstwart Schaden zuzufügcn. In dem Wilderer wurde mit einiger Sicherheit der 26 Jahre alte Taglöhner Paul Steinhäuser von Wolpertswende erkannt und deshalb in dessen Wohnung Durchsuchung vorgenommen, wobei nicht nur Teile eines frischen Wiidaufbruchs, sondern auch Wild­knochen (Rehschädel) aufgefunden wurden. Bei der Untersuch­ung des Steinhäuser, der erst Nachts nach Hause zurückkehrte, zeigte es sich, daß er je einen Schreckschuß in den Arm und in den Rücken erhalten hat; beide Verletzungen sind übrigens nicht gefährlicher Natur.

Eine grausige Entdeckung

machte ein Droschkenkutscher in Berlin, der schon seit drei Nächten, wenn er spät nach Hause kam, seine Frau nicht vor­fand. In der Meinung, sie sei zu ihrer schwer erkrankten Schwester gegangen, legte er sich ruhig zu Bette. Als er nun am Donnerstag zufälligerweise eine Gardine zurückschlug, fand er seine Frau dahinter erhängt vor. Die Frau hatte sich wegen der Krankheit ihrer Schwester das Leben gbnommen und war zur Zeit, da sie von ihrem Manne entdeckt wurde, schon drei Tage tot.

Kleine Nachrichten.

Auf dem Käshof bei Frickenhofen OA- Gaildorf brach nachts Feuer aus. Es brannte das dem Bauern Jakob und M. Weller gemeinsam gehörige Wohnhaus mit Scheuer, das Feuer griff so rasch um sich, daß die Bewohner kaum das Vieh retten konnten und 2 Schweine dem verheerenden Elemente zum Opfer fielen. Die herbeigeeilte Feuerwehr von Mittelbronn mußte sich auf die Rettung der umliegenden Gebäu­lichkeiten beschränken.

Ein erschütterndes Familie ndrama hat sich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in der Kohlenstraße in Linden bei Hannover abgespielt: dort hat der Arbeiter Andre sich mit seiner Frau und seinen beiden Kindern, Mädchen im Alle: von 8 und 10 Jahren, wegen Nahrungs­sorgen vergiftet. Die Leichen wurden beschlagnahmt.

Gen i ts aal.

Riga, 18. Nov. Die gerichtliche Verhandlung betr. den E is e n b a h n e r st r e i k auf der Riga-Orel-Eisenbahn im Jahr 1905 wurde abgeschlossen. 60 Angeklagte wurden zu einer Fest­ungshaft von ,40 Tagen bis 3 Monaten verurteilt. 30 Ange­klagte wurden freigejprochen.

Budapest, 18. Nov. Heute begann vor dem Schwurge­richt die Schlußverhandlung gegen Spazo Kragujevics, der in Berlin an dem Käsehändler Julius Engel einen Raub­mord und in Wien an Eduard Reitz einen Raubmordversuch verübte. Nach der Vernehmung des Angeklagten, der leugnet, wurde die Verhandlung bis zum Eintreffen der Berliner Zeu­gen vertagt.

Handel und Volkswirtschaft.

Hcilbronn. Schafmarkt vom 18. November. Zufuhr in 31 Herden 2671 Stück. Davon verkauft 1847 Stück mit einem Gesamtwert von 48 880 Mark, unverkauft bli ben 824 Stuck. Bezahlt wurde für 1 Paar Lämmer 3644 Mk fette Hammel 5867 Mk., Jährliugs-Hämmel 5759, 62 und 65 Mk, Mutter­schafe 48 und 49 Mk., Beackschafe 37, 40 und 52 Mk. Der Handel Har bei annehmbaren Preisen ein sehr lebhafter. Der Zutrieb war gegenüber dem vorjährigen Novcmbermarkt ca. 1 Drittel und stand keineswegs im Verhältnis zur Anwesenheit der löandelsleute. Nächster Schafmarkt': Mittwoch den 15. Dez. ds. Js.