dos, gewärtig,auf Vater und Mutter zu schießen." Das > Ganze ist ein Feldzug, der gewiß, kein Ruhmesblatt I in der Geschichte des deutschen Militarismus darstellt. I

Wer den Mansfelder Bergmann kennt, weiß, daß er eine friedfertige Natur ist. Es ist dort ein stolzer Stamm von Bergarbeitern ansässig, der sonst noch nie an einen Streik dachte, wenn ihn nicht die bitterste Not dazu trieb. Aber esr besitzt Rückgrat und läßt sich nichts von seinem Rechte nehmen. Nicht der Kampf üms Brot, sondern der Mampf ums Recht bildet die Ursache des Str ei ks. Die Bergwerksdirektion kündigte 45 Bergarbeitern, weil sie sich dem sozialdemokratischen Bochumer Bergwerksver­band anschließen wollten. Auch für den Bergarbeiter aber besteht im Reiche noch ein freie sKoalitionsrecht. Das wollte sich die Masse der Arbeiter nicht nehmen lassen, und so kam es zum Streik.

Wer hat nun das gewaltige militärische Machtaus­gebot veranlaßt? Es ist dies eine Frage, die Interesse hat für das ganze Reich. Es ist doch wirklich nicht an­zunehmen, daß die Machtbefugnisse eines konservativen Landrates soweit reichen konnten! Ist es der zu­ständige Regierungspräsident? Oder gar der neue preu­ßische Minister des Innern, Herr v. Moltke? Herr v. Bethmann-Hollweg (hat als preußischer Mini­sterpräsident hier Gelegenheit, zu zeigen, daß er die Rechte des Volkes zu wahren weiß auch gegenüber einer Reihe protzender Bergwerksherren. Und er wird vor allen Din­gen die große Heeresmacht zurückziehen müs­sen, über die bereits ein kommandierender Gene­ral (!) das Kommando übernehmen muß.

Die Anwesenheit der bewaffneten Macht wird selbst­verständlich nicht bloß als Beruhigungs- und Sicherheits­mittel empfunden, sondern als eine gegen die Streikenden gerichtete Maßregel. In Norddeutschland hat sich der Staat damit wieder einmal einseitig auf die Seite der Arbeitgeber gestellt und zwar in der gleichen Zeit, in der in Bayern die vollste Neutralität bei diesen Kämpfen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern als Pflicht der Regierung von dieser selbst anerkannt worden ist.

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Ein militärisches Jubiläum des Prinz­regenten von Bayern.

Das Verordnungsblatt des bayerischen Kriegsmini- fteriums veröffentlicht ein Handschreiben des Prinzregen­ten aus Anlaß des Tages, an dem er vor 70 Jahren von König Ludwig I zum Inhaber des 1. Feldartillerieregi­ments ernannt wurde. Der Prinzregent hat den Prinzen Ludwig u la suite des genannten Regiments gestellt und den Prinzen Adalbert von Bayern zum Oberleutnant in diesem Regiment befördert. Ferner stiftete der Regent eine Krone zur Jubiläumsmedaille und verlieh diese Me­daille mit der Krone u. a. dem Prinzen Ludwig, sowie allen Offizieren, Reserveoffizieren und Unteroffizieren, die dem Regiment zur Zeit angehören. Außerdem überwies der Regent dem Regiment 30 000 M zu verschiedenen Stift­ungen. Alle Unteroffiziere und Mannschaften erhielten das Bild dxs Prinzregenten aus den Jahren 1839 und 1909.

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Das bayerische Einkommensteuergesetz.

Aus München wird vom 28. Oktober gemeldet: In der heutigen Abgeordnetenkammer wurden die Tarifan- träge der Liberalen, Sozialdemokraten und Bauernbündler zum Steuereinkommengesetz sämtlich ab ge lehnt; dagegen die der Regierung und des Steuer- ausfchusses angenommen. Die Regierung hat aber­mals erklärt, daß der bayerische Einkommensteuertarif der günstigste von ganz Deutschland sei.

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Mauras Finanzwirtschaft.

Madrid, 28. Okt. In welcher Weise das gestürzte klerikale Kabinett Maura mit den Finanzen gewirt- schaftet hat, geht aus dem Umstand hervor, daß die Staats­kasse von der liberalen Regierung gänzlich leer gefunden wurden. Die Staatszahlungen für öffentliche Bauten usw. sind bereits seit Juli eingestellt. Nicht einmal die Trup­penlöhnung, weder auf dem Kriegsschauplatz noch in den Landesgarnisonen könnte erfolgen, wenn nicht sofort auf dem Verordnungswege (Kredite freigemacht werden.

Tages-Chromk.

München, 28. Okt. Die Abgg. Dr. Cassel mann und Dr. Müller-Hof haben in der Kammer den Antrag ein- gebracht, die Kammer wolle beschließen: Es sei an die Staats­regierung die Bitte zu richten, baldigst einen Gesetzentwurf behuss Einführung der Verhältniswahl bei den Land­tagswahlen vorzulegen.

Leipzig, 29. Okt. Bei den gestrigen Stichwahlen der Leip­ziger Bezirke siegten im Kreis 2, 5 und 6 die Nationalliberalen Über die Sozialdemokraten, im Kreis 3 der Sozialdemokrat ü'.ur den Nationallilcralen.

Trcsd.'::, 27. Okt. Bei der amtliche:: Feststellung des Wahlergebnisses hat sich herausgestellt, daß im 47. länd­lichen Wahlkreis der Sozialdemokrat Richter nicht die absolute Mehrheit hat. Es fehlen ihm zwei Stimmen. In­folgedessen muß zwischen Richter und dem Nationalliberalen Ebert eine Stichwahl stattfinden. Es sind also bis jetzt nur 15 Sozialdemokraten fest gewählt.

Königsberg, 28. Okt. In Andreischken (Kreis Niederung) und in Skirwiethell (Kreis Heydekrug) ist neuerdings je ein Cholerafall bakteriologisch sestgestellt worden.

Petersburg, 28. Okt. Heute explodierte in der Stadt eine von einem Unbekannten auf eine Schuttgrube gelegte Bombe. Ein Mann wurde schwer verletzt, ein Haus be­schädigt. _

Tiflis, 28. Okt. Als heute abend eine Polizeipatrouille auf der Straße drei verdächtige Personen verhaften wollte, Ichosseu diese und töteten einen Schutzmann. Auf der Flucht verwundeten sie einen zweiten Schutzmann, töteten einen Sol­datm und verwundeten zwei Straßenpassanten. Die Täter entkamen.

Konstantinopel, 29. Okt. An der Küste von Adalia (Vilajet Koma), sind 2 Pestfälle vorgekommen.

London, 28. Okt. In dem Stadtteil Bermondsey ver­suchten heute bei der Wahl eines Abgeordneten zum Unter­hause Frauenrechtlerinnen in zwei Wahllokalen die Stimmzettel dadurch ungültig zu machen, daß sie Tinte in die Wahlurnen gossen. Eine Frau wurde verhaftet. Später stellte es sich heraus, daß die Flüssigkeit nicht Tinte, sondern wahrschein­lich eine ätzende Flüssigkeit war, denn ein Wahlvorsteher, dem etwas von der Flüssigkeit ins Gesicht gespritzt war, mußte sich ms Krankenhaus aufnehmen lassen.

Cambridge, 28. Okt. Der Senat der Universität hat das Angebot der Firma Schröder n. Co., die zur Errichtung einer germanistischen Professur 20 OM L- stiftete, angenommen. Der neue Lehrstuhl wird den Namen Schröder-Professur führen.

Rewhork, 29. Okt. Als Harrimans Nachfolger ist Lovett zum Präsidenten der Southern Pacific Eisenbahn ge­wählt worden.

Luftschiffahrt.

Die Kölner Versuchsfahrten.

Köln, 28. Okt. Der Parsevalballon 3, der in der gro­ßen Lnftschiffhalle kein Unterkommen mehr finden konnte, ist heute in dis Ballonhalle nach Leichlingen überführt wor­den. Heute nachmittag warm Tausende von Menschen an der Ballonhalle, aber es ging aych ohne Absperrung. Die Massen des Publikums gehorchten dm höflichen Anordnungen der Mi­litärs sofort, sodaß sie kein Hindernis bildeten. Um 2 Uhr kam auchZ. 2" aus der Halle, fuhr um 2 Uhr 15 unter Führung von Major Sperling zur Stadt, führte über Köln mehrere Schleifen führten aus und begab sich dann zur Halle zurück; bald nach der Abfahrt arbeitete nur mehr das Hin­tere Propellerpaar. Um 3 Uhr trafZ. 2" wieder in der Halle ein und um 4 Uhr 20 war er darin wieder unter­gebracht. Um 3 Uhr 35 verließP. 1" die Halle und er­hob sich nach einigen Schwierigkeiten um 4 Uhr, um bei etwas starkem Wind die Fahrt über Bocklemünd-Müngersdorf-Lin- denthal nach Köln zu machen. Hier umfuhr er 150 Meter hoch in Anbetracht, defsm, daß er nur einen Propeller hatte, sehr rasch in großem Bogen die Domtürme, bog dann nach Norden aus und fuhr über Nippes und in weitem Bo­gen zur Halle zurück, wo er um 4 Uhr 55 glatt landete.

Dis Hamburger Flugwoche.

Hamburg, 28. Okt. Vor einem geladenen Publikum wurde heute ans der Rennbahn in Groß-Börstel die Ham­burger Flngwoche eröffnet. Bisher sind allerdings erst zwei Flugkünstler, nämlich Sanchez Besä nird Edwards, die seit einigen Tagen Probeflüge ansgeführt haben, hier einge­troffen. Bei dm heutigen Vorführungen machte zunächst San« chez Besä einige nicht sehr glückliche Flugversuche; er kam nur wmig in die Höhe. Nach ihm führte Edwards seine Voisin- Maschine vor. Er erhob sich sofort vom Bodm, geriet aber bei Lem Versuch,, einige Schleifen zu machen, in die hohen Bäume der Bahn und stürzte mit dem Apparat zur Erde. Der Apparat wurde vollständig zertrümmert; Edwards kam mit einigen leichten Hautabschürfungen davon. Das jetzige Hamburger Wetter ist für Flugversuche wenig geeignet, da ge­wöhnlich um diese Zeit eine scharfe Brise weht.

Im Freiballon über die Nordsee.

London, 28. Okt. Ein Ballon, der während des Sturmes über die Nordsee getrieben war, verwickelte sich in Telegraphmdrähten. Im Korb befanden sich ein Fräulein Mar bin und Sin Herr Garnier. Die Dame sprang aus dem Ballon, der sich dann aus den Drähten entwirrte und mit Gar­nier pfeilschnell in die Höhe schoß. Obwohl sich Fräulein Marvin ein Fußgelmk verstaucht hatte, schleppte sie sich bis ins .xächste Bauernhaus, wo ihr Pflege zuteil wurde. Sie erzählte, die Fahrt über die Nordsee sei furchtbar erregend gewesen. Garnier wurde in dem Ballon zwei Meilen wei­ter .ms Land getrieben und entstieg der Gondel unversehrt. Als die Luftschiffer in Nancy aufstiegen, hatten sie ^-icht die Absicht, so weit zu fliegen.

Aus Württemberg.

Schillerfeiern in den Schulen. Wie der Staats- Anz. erfährt, -sind die Oberschulbehörden vom Kultmini­sterium beauftragt worden, dafür zu sorgen, daß an dem bevorstehenden 150. Geburtstag Schillers in allen Schro­ten der Bedeutung dieses Tages gedacht wird, und für diejenigen Schulen, welche besondere Feiern veranstalten wollen, den (Ausfall des Unterrichts zu gestatten.

Für Schmiede,, welche die vorgeschriebene Prüfung behuss des Nachweises ihrer Befähigung zum Betrieb des Hufschlaggewerbes erstehen wollen, finden an nachstehenden Lehrwerkstätten für Hufschmiede solche Prüfungen statt, und zwar: in Hall am 4. Dezember, in Heilbronn am 7. Dezember, in Ravensburg am 10. Dezember, in Reut­lingen am 8. Dezember, in Ulm am 2. Dezember. Dieje­nigen Kandidaten, welche diese Prüfung erstehen wollen und sich nicht an den zur Zeit an den betreffenden Lehr­werkstätten im Gang befindlichen Lehrkursen beteiligen, haben ihr Gesuch um Zulassung zu einer ber erwähnten Prüfungen bei dem Oberamt, in dessen Bezirk sich die betreffende Lehrwerkstätte befindet, spätestens drei Wo­chen vor dem festgesetzten betreffenden Prüfungstermin vorschriftsmäßig einzureichen.

Stuttgart, 27. Okt. Die Stuttgarter Klär­anlage. Tie Frage der Stuttgarter Mär-Anlage geht wie bereits gemeldet ihrer Regelung entgegen und zwar soll die Märanlage mit einer Schwemmkanalisa­tion verbunden werden, so daß Stuttgart endlich eine Ab­schwemmung der Fäkalien erhält, ohne die eine Großstadt heute nicht mehr auszukommen vermag. Bekanntlich kommt die Kläranlage guf die Gemarkung Hofen. Das Gutach­ten des hygienischen Instituts der Landesuniversität, wel­ches von der Gemeinde Hosen seiner Zeit eingefordert wurde, hat sich dahin ausgesprochen, daß das Mißtrauen gegen die Einführung von Fäkalien in die Kläraülage nicht gerechtfertigt sei. Auf Grund genauer Berechnungen würden bei Abschwemmung der Fäkalien in der Sekunde 475 Gr. Schmutzstoffe der Märanlage mehr zugeführt, vorausgesetzt, daß sämtliche Stuttgarter Aborte an die Schwemmkanalisation angeschlossen würden. Tie Ge­meinde Hofen verhält sich darum auch dem Projekt gegen­über nicht ablehnend. Sie macht nur folgende Ersatzan­sprüche: 1) Eine Vergütung des Steueransfalls, 2) die Wegbenützung, 3) die Verbesserung und Unterhaltung der Straße Cannstatt-Hosen, 4) die Schaffung einer Wasser­leitung und Kanalisation durch Stuttgart in Hofen, 5) Die Abgabe von elektrischem Licht und 6) die Leistung einer Barentschädigung. Mit Ausnahme dieses letzteren An­spruches steht Stuttgart den Forderungen Hofens entge­genkommend gegenüber. Allein die Wasserleitung, die Stuttgart für Hofen bauen will, wird 50000 M Kosten betragen.

Stuttgart, 28. Okt. Der Gemeinderat befaßte sich heute mit Maßnahmen gegen die Arbeitslosig­keit. Es wurde beschlossen, zunächst nur etatsmäßige Ar­beiten bei den verschiedenen Aemtern im Kostenbeträge von 430 000 Mark als Notstandsarbeiten schon in diesem Win­ter vornehmen zu lassen. Ferner wurde beschlossen, auch in diesem Jahre zwei Arbeitslosenzählungen vor­zunehmen und zwar am 27. November ds. Js. und zwi­

schen dem 1. und 15. Februar nächsten Jahres.) In der Debatte wurde von sozialdemokratischer Seite neben Vornahme der Arbeitslosenzählungen durch Umfrage von Haus zu Haus eine Erhöhung des Taglohnes für Not- tandsarbeiten, der im Vorjahre 2.70 Mark betragen hatte, verlangt. Dieser Punkt wurde der inneren Abteilung zur weiteren Prüfung überwiesen. Weiter stimmte der Ge­meinderat einem Antrag zu, zum 150. Geburtstag Schillers an die Volksschüler des letzten Jahrgangs die Schiller-Gesamt-Ausgabe des schwäbischen Schillerver­eins in 250 Exemplaren zu verteilen. Die diesjährigen Gemeinster atswahlen wurden auf Freitag den 10. Dezember festgesetzt. Im ganzen sind acht Mitglieder zu wählen, sieben scheiden aus, eines ist gestorben. Eine An­regung, die Gemeindewählen (drei Volksparteiler, 2 Dentschparteiler, 2 Sozialdemokraten, 1 Konservati­ver) künftig an Sonntagen vorzunehmen, wird für spätere Wahlen geprüft werden.

Reutlingen, 28. Okt. In der gestrigen Sitzung des Gemeinderats führte Oberbürgermeister Hepp in Sa­chen der Typhusepidemie aus, es sei klar und auch von jedem Sachverständigen als selbstverständlich erach­tet, daß die Krankheit nicht mit einem Schlag aushöre. Er könne aber andererseits konstatieren, daß die Neuerkrank­ungen doch wesentlich im Rückgang begriffen seien, wenn er auch zugeben müsse, daß immer noch Anzeigen von Typhus und Typhusverdacht einlaufen: am Dienstag keine, dagegen am Mittwoch wieder drei. Das Untersuchungs­amt habe bei der größten Zahl der Typhusverdachts- 'älle den Typhus auch bakteriologisch festgestellt. Im Schlachthaus seien weitere Desinfektionsmaßregeln ange­ordnet worden, und es geschehe alles, was zur Bekämpf­ung der Seuche möglich sei. Seit dem Beginn der Krank­heit seien, alles in allem, 230 Personen als typhuskrank oder typhusverdächtig gemeldet worden, davon seien sieb­zehn gestorben.

Geislingen, a. St., 28. Okt. Beim Wettbewerb um den Neubau des Bezirkskrankenhauses, zu dem die int hiesigen Oberamtsbezirk ansässigen und fünf 'Stuttgarter Architekten aufgefordert worden sind, sind 17 Arbeiten ein­gegangen. Die drei ersten Preise wurden den Arbeiten der Architekten Beck und Hornberger und Regierungsbau­meister Mößner, Stuttgart-Dresden zuerkannt.

UlM, 27. Okt. Aus dem Gemeinderate haben mit dem Ablauf'des heurigen Jahres folgende Herren auszu­scheiden: Rechtsanwalt Dr. Schefold, Werkmeister Eych- müller, Bierbrauereibesitzer Herrmann, Gerbermeister Rotz, Jngenieurt Hillenbrand, Privatier Nusser und Ei­senhändler Wolfs. Da auch ein Ersatz für den verstorbe­nen Rechtsanwalt Mayer zu wählen ist, sind im ganzen acht Gemeinderäte zu wählen.

Nah und Fern.

Eine Wasserhose

hat die Stadt Genua am Donnerstag nachmittag heimge­sucht. Sie brach über die Vorstadt Fece herein, warf alles nieder, was sich ihr in den Weg stellte und trug Gegenstände große Strecken mit sich fort. 3 große Bäume wurden ent­wurzelt, mehrere Dächer abgedeckt und weit weggetragen. Ein Wagen, der 3000 Kilogramm Sand geladen hatte, wurde wie eine Feder in die Luft gehoben. Die Kamine an einigen Fabriken wurden niedergeworfen und die Fabrikgebäude stark beschädigt, die teilweise etnstürzten. Menschenleben sind glück­licherweise nicht zu beklagen. Nur einige Personen wurden verletzt. Ein nachfolgender starker Regen setzte viele Häuser unter Wasser. Einige Fabriken mußten den Betrieb einstellen. Militär und Feuerwehr eilten zur Hilfe herbei.

Lynchjustizakt.

Richter Lynch hat in Texas wieder einmal seines Amtes gewaltet. Zwei Brüder, Neger, die im Verdacht standen, eine weiße Frau angefallen zu haben, wurden in der Nacht zum letzten Freitag aus dem Gefängnis von Greenville geholt und an einen Telegraphenpfahl gehängt, trotzdem das Gefäng­nis von einer Kompagnie Soldaten bewacht wurde. Eine un­geheure Menge, deren Führer maskiert waren, marschierte nach dem Gefängnis und stürmte das Tor. Die Wachen wurden überwältigt. Als die Kompagnie aufgefordert wurde, ans die Anstürmenden zu feuern, verweigerten die Soldaten den Ge­horsam. Sie beschränkten sich darauf, mit dem Gewehrkolben dreinzuschlagen. Viele per Angreifer wurden verwundet, aber die Menge war zu zahlreich und zu fanatisiert, um zu wei­chen und stürmte über die Fallenden hinweg. Schließlich unter­lag das Militär, und auch zwei Kompagnien Verstärkung konn­ten nicht verhindern, daß die Neger gelyncht wurden. Nach­dem man sie gehängt hatte, durchlöcherten sämtliche Personen die Leichen mit so viel Revolverkugeln, wie sie zur Verfüg­ung hatten.

Meine Nachrichten.

Der Transport des Juwelendiebs Rode von Stutt­gart nach Hamburg hat zu keinem Ergebnis geführt, Rode befindet sich jetzt wieder in Stuttgart in Untersuchungshaft. Es war über den Verbleib der Brillanten nicht der geringste Anhaltspunkt zu erlangen. Rode war es überhaupt wohl nur darum zu tun, daß die Fahrt ihm eine Gelegenheit bie­ten könnte, einen Fluchtversuch zu machen.

Aus Eßlingen wird gemeldet: Als der Bewohner eines Hauses in der Küfergasse Donnerstag früh lange nicht er­schien, holten Mitbewohner, die die Türe verschlossen fanden, den Hauseigentümer, der jenen im Bette tot fand. Er hatte sich eine Kugel mitten in die Stirn geschossen. Der be­dauernswerte junge Mann war schon seit längerer Zeit geistig nicht ganz normal, er hatte von einem früheren Selbstmord­versuch her noch eine Kugel im Kopfe stecken. Ein 14jähr. Bursche ans Nellingen brachte sich Donnerstag mittag in ei­nem Hause in der Sulzgrieserstraße eine Schußwunde in den Kopf bei. Er mußte schwer verletzt im Sanitätswagen in das Krankenhaus gebracht werden.

In Newyork wurde ein Deutscher namens Otto Mül­ler verhaftet, der im Laufe der letzten Jahre sieben Frauen umbrachte, mit denen er auf gesetzwidrige Weise ver­heiratet war.

Handel und Volkswirtschaft.

Stuttgart, 28. Okt. Dem M o st ob st m ar k t auf dem Wilhelmsplatz waren 800 Zentner zugeführt. Preis 4.80 bis 5.50 Mark per Zentner.

Zuffenhausen, 28. Okt. Ebenso wie die Württembergische Vereinsbank errichtet nunmehr auch die Stuttgarter Bankfirma Stahl und Federer hier eine Filiale. Beide kommen in Neubauten unweit des Bahnhofes zu stehen.

Unterjesingen OA. Herrenberg, 28. Okt. Die Hopsen­ernte ist zu Ende. Gegen 1200 Zentner im Vorjahr erntete man Heuer ca. 100 Zentner, die zu 150 Mark bis 180 Mark nebst Trinkgeld schnell abgesetzt wurden.