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mit Erzähler vom Lchwarzwald.
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Lelöioil lir. 4l.
Amtsblatt für die Ltadt Mildbad.
verkündigungsblatt
der rlgl. Lorstämler Wildbad, Meistern. Enzklösterle rc. während der Saison mit
amtl. Lremdenliste.
Mittwoch, den 27. Oktober 1SVS.
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Zum Submissionsschacher,
dem Krebsschaden unseres Handwerkes, äußerte sich vor einiger Zeit Paul Westheim in der „Hilfe"; der Artikel wird uns aus Handwerkerkreisen zugestellt mit der Bitte um Abdruck. Wir kommen diesem Verlangen um so bereitwilliger nach, als in dieser trefflichen Arbeit die wertvollsten Gesichtspunkte kurg zusammengedrängt sind. Westheim schreibt unter nachstehender Spitzmarke:
Staatsaufträge und Gewerbeveredelung.
In unfern staatlichen und kommunalen Verwaltungen fehlt es nicht an führenden Männern, die von dem wirtschaftlichen, ethischen und ästhetischen Wert der kunstgewerblichen Reformbestrebungen durchdrungen sind, die in ihrem Wirkungsbereich für diese neuen Absichten ein- treten möchten. Man hat begonnen, die Kunstgewerbe-, die Fach- und Fortbildungsschulen zu reformieren. An einzelnen Orten ist bereits der Gedanke der Schulwerk- stälte verwirklicht worden. Für den Zeichenunterricht in den Volks- und Mittelschulen sind neue Grundsätze ausgestellt worden. Selbst der Handfertigkeitsunterricht wird geduldet, wenn nicht schon gepflegt. Auch bestimmte Aufträge wurden und werden an bewährte Künstler vergeben. Ta entstand der vorbildliche Sitzungssaal eines Rathauses, dort ein Trauzimmer, Bibliothek, Bahnarbeiterhäuser u. dergl.
Allein diese ganze Fürsorge bleibt problematisch, solange der Staat wie die Kommunen durch die Vergebung ihrer laufenden Aufträge fortgesetzt der Veredelung aller Gewerbe entgegenarbeiten. Tie Behörden sind neben den Schiffahrtsgesellschaften vielleicht die größten und naturgemäß kaufkräftigsten Abnehmer für alle Arten von Erzeugnissen, von Tischler-, Glaser-, Schlosser- oder Truck- .arbeiten. Sie kaufen nicht etwa wie der einzelne, Keine Konsument vorrätige Waren, sondern lassen die meisten Dinge eigens Herstellen. Sie geben der Produktion also Richtlinien — vielmehr könnten sie geben. Tenn durch den heute üblichen schäbigen Submissionsschacher, der lediglich auf die niedrigste Ziffer der Anschlagsumme sicht, wird das Niveau auf die verderblichste Weise niedergezwungen. Qualitätsleistungen werden von vornherein ausgeschlossen. Es kommt bei einem solchen Verfahren nicht auf den Wert, nur auf den Preis der Lieferung an. Schlechte Arbeit ist aber niemals „billig." Das braucht hier nicht mehr auseinandergesetzt zu werden.
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Leute ohne Bildung beharren um so eigensinniger bei ihrem Willen, je weniger sie dafür zu sagen wissen.
Jeremias Gotthelf.
Am Franzosenstein.
Original-Roman von Erich Ebenstein.
64 (Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Langsam stieg er die Treppe empor. Seine Füße waren schwer wie Blei, und in den Schläfen hämmerte es, als sollten sie zerspringen. Das also war sein Vater! Daß er hart und oft ungerecht war, wußte er ja längst, aber dieser blinde, wahnsinnige, fürchterliche Haß machte Hans schaudern wie ein unheimliches Rätsel. Einen solchen Ausgang hatte er nicht erwartet. Und nun würde er wirklich als Bettler vor Konstanze hintreten müssen. Ob ihre Liebe groß genug sein würde?
Ein gellender Schrei riß ihn aus seinen Gedanken. Erschrocken wandte er sich 'um und wollte hinuntereilen, da kam ihm schon Barbara leichenblaß entgegengestürzt.
„Hans — um Gotteswillen — der Vater — komm schnell, ich wollte ihn zum Abendessen rufen, da liegt er in seinem Zimmer steif und starr vor mir. . ."
Wie gejagt flog der Hans die Treppe hinab und in seines Vaters Arbeitszimmer. Als er sich über den Alten beugte, fuhr er entsetzt zurück. Blaurot im Gesicht und röchelnd lag dieser am Boden und konnte kein Mied rühren. Nur die Augen waren entsetzt aufgerissen und irrten mit wildem Blick von einem zum andern. Sprechen konnte er nicht mehr. Mann brachte ihn zu Bett und sandte um den Arzt. Der zuckte bedauernd die Achseln — ein Schlagfluß. Da war alle Kunst zu Ende.
Und dann saßen Hans und Barbara die ganze Nacht neben dem Lager des Sterbenden. Immer leiser wurde das qualvolle Röcheln, immer verglaster der Blick, und endlich verstummte es ganz.
Würden in unfern Verwaltungen Anschauungs- und Jn- standhaltungskosten auf einem Konto verbucht werden, so würde man ohne weiteres von dem Fiasko der jetzt üblichen Methode überzeugt sein. Der Privatmann, der jedesmal in die Tasche greifen muß, kommt leicht dazu, über, die allzu großen und allzu häufigen Reparaturkosten nachzudenlen. Er wird sehr bald einsehen, daß es wirtschaftlicher ist, an den Reparatur- statt an den Anschaffungskosten zu sparen. Wo es sich um die Auszahlung öffentlicher Geldmittel handelt, Pflegen sich solche Erkenntnisse erheblich langsamer einzustellen. Je mehr mit den Unterbietungen des Submissionsverfahrens gewirt- schaftet werden soll, um so mehr begeben sich die Behörden — oder vielmehr die hierzu ernannten Persönlichkeiten — ihrer Macht, qualitative oder geschmackliche Anforderungen zu stellen. Es wäre eine Blasphemie, einem Lieferanten den denkbar niedrigsten Preis zu zahlen und von ilM die denkbar beste Ware zu verlangen. Daher enthalten auch alle diese Ausschreibungen meist so dehnbare Begriffe, wie „solid, kunstgerecht", u. dgl. Ein Stuhl ist solid, wenn er nicht zusammenbricht, so man sich darauf setzt. Aber ein Stuhl, der zwei Jahre hält, ist gewiß nicht so solid wie einer, den man sieben Jahre benutzen kann. Oder kunstgerecht? Ist das nicht eine banale Floskel ohne Sinn und Inhalt! Auf diese Dinge brauchte nur die geniale Sorgfalt und genaue Sachkenntnis aufgewendet zu werden, die bei der Erwerbung von Maschinen oder technischen Anlagen selbstverständlich find. Minderwertige Arbeiten müßten glatt ausgeschlossen werden. Heute ist für die Gewerbler die Verleitung zu groß, Schund anzubieten und demgemäß Schund herzustellen. Er drückt die Löhne, drückt die Materialpreise und sucht durch Imitation einen Gewinn zu erzielen. Sowie er weiß, daß er Konkurrenten durch Güte und Gediegenheit schlagen kann, wird er bereitwilligst die ihm aufgezwungene bedenkliche Art der Produktion einschränken. Er wird dann auch schon aus dem Wunsch nach einer gleichmäßigen Herstellungsweise heraus die für das große Publikum bestimmten Erzeugnisse auf eine ähnliche Höhe zu bringen suchen. Andererseits werden sich dadurch die Ansprüche der Allgemeinheit von selbst steigern. Es ist natürlich, daß Leute, die täglich in den Bahnhöfen, Gerichts-, Post- oder Ko- munalgebäuden gewöhnliches und minderwerriges Mobiliar im Gebrauch sehen, schwerer von dem Wert einer gediegenen Hauseinrichtung zu überzeugen sind als Menschen, denen die staatlichen Organe ständig das überzeugende Vorbild geben.
Wie ein Lauffeuer ging die Künde von des alten Paur plötzlichem Tod durch 'Winkel. Und eine ahnte erschauernd auch die Ursache dieses jähen Endes. Es waren ehrliche Tränen, welche Konstanze Herzog vergoß, als man ihr die Nachricht vom Tod des Alten brachte. Ihr nächster Gedanke war Hans. Was mußte er leiden in dieser Stunde! Würde er nicht sich und sie im stillen der Schuld anklagen an dem schrecklichen Ereignis?
Hans saß indessen in seines Paters Arbeitszimmer am Schreibtisch und suchte den Kaufvertrag über Jakob Paurs Anteil an dem bosnischen Eisenlager. Es hatten sich Differenzen zwischen den Teilnehmern ergeben, und Paurs Anwalt ersuchte in einem Briefe, den die Morgenpost gebracht hatte, um eine Abschrift des Vertrages.
Eine halbe Stunde suchte Hans nun schon und kramte in den Papieren ohne das Gewünschte zu finden, als er endlich das letzte Fach aufschloß, um auch dort nachzusehen.
Es enthielt nichts als ein vertrocknetes Sträußchen, ein paar alte Schmuckstücke und einen Brief, der gelb und fleckig LUssah, als habe er lange an einem feuchten Ort gelegen. Verwundert entfaltete Hans das Papier. Aber kaum hatte er die ersten Zeilen gelesen, als er blaß wurde und sich erregt über den Brief beugte, dessen alt- väterische, verschnörkelte Buchstaben ihm vor den Augen zu tanzen begannen. Da stand geschrieben:
„Hiermit bezeuge ich, Matthäus Herzog, daß alles, was ich hier in Gegenwart meines Milchbruders, Gottlieb Ameisöder, und mit seiner Hilfe vor den habgierigen Nachforschungen der Franzosen verborgen habe, wohlerworbenes Eigentum der Familie Herzog ist. Sollte Gott mich abberufen, ehe friedlichere Zeiten kommen und es mir möglich ist, den Schatz wieder in mein Haus zu schaffen, so wird mein Milchbruder Gottlieb meinen Erben getreulich das Ihre überweisen, wofür sie gehalten sind, ihn nach Ermessen zu belohnen. Und aus daß keinerlei Verwirrung und Zweifel entstehe, lege ich allhier ein genaues' Verzeichnis dessen bei, was wir unter dem Eibenbaum verborgen haben:
An Bargeld 400000 fl.
Tie Meisterkurse — wie alle diese Schuleinrichtungen — sind sehr wertvoll; aber wahrscheinlich wäre es noch wertvoller, wenn erfahrene Fachmänner die Beamten, die Aufträge zu vergeben haben, über Material, Technik, Schönheit, Arbeitsweise, Haltbarkeit und Zweckmäßigkeitsbedingungen dieser Erzeugnisse belehren, wenn sie in ihnen durch Gegeneinanderstellung von guten und schlechten Arbeiten das Gefühl für den sachlichen Wert einer gewerblichen Leistung wecken würden. Solche Kurse für die an den Hochschulen mit Aesthetik und Kunstgeschichte vollgestopften Regierungsbaumeister dürften einen nachhaltigen Einfluß aus die Produktion ausuben. Wenn dem Gewerbler so die Lieferung von unzulänglichen Arbeiten unmöglich gemacht wird, hören die platonischen Mittelstansdiskussion mon selbst auf, und er bemüht sich, mit anständigen Mitteln anständig zu wirken. Das künstlerische Trauzimmer, der Sitzungssaal, das wohl Affek- tionierte sind letzten Endes ja doch nur Schaustücke, die die allgemeine Schäbigkeit verdecken sollen. Für die deutschen Tischler ist es aber viel wichtiger, daß die hunderttausend Stühle, Tische, Schränke, die in den Bureauräumen, Amtszimmern, Wartesälen stehen, gut, anständig, gediegen und geschmackvoll sind, als daß hier ein Saal, dort ein Prunkzimmer von einem bewährten Künstler entworfen und gefertigt werden konnten. Wenn gewerbliche Einkäufer ausgebildet worden sind, die sich nicht aus Unkenntnis durch ihren Zuschlag blamieren, ist auch kein Grund mehr vorhanden, eine Kritik der gelieferten Arbeiten zu Hintertreiben. Man gebe dann den Fachleuten, der Innung oder sonstigen Sachverständigen die Möglichkeit zu einer Besichtigung und einer Beurteilung. Sollten dadurch Mängel aufgedeckt werden, so können die Verwaltungen daraus Nutzen für die Zukunft ziehen. Jede gute Arbeit ist aber ein Ansporn für das Fach- Gleiches und Besseres zu leisten. Glauben Staat und Gemeinde die Verpflichtung zu haben, aus nationalpolitischen Gründen der Demoralisation der Gewerbe entgegentreten zu müssen, um der deutschen Arbeit eine vermehrte Absatzfähigkeit auf dem Weltmarkt zu sichern, dann darf sie auch ein vielbewußtes Vorgehen nicht schrecken. Tie tausende, die heute schon für allerlei Lehreinrichtungen aufgewendet werden, sind nichts im Vergleich zu den Millionen, mit denen fortgesetzt wieder minderwertige Leistungen gezüchtet werden. Das deutsche Gewerbe braucht nicht um Unterstützung zu betteln, mit Recht protestiert es aber gegen eine systematische Niederhaltung seiner edelsten Kräfte.
Ein Kollier aus Rauchtopasen.
Ein Schmuck aus Türkisen: Brosche u. Ohrgehänge, Drei Ringe in Gold.
Drei Pokale.
Zwei Riechbüchschen.
Sechs Mariatheresiathaler.
Vier goldene Venetianerketten.
Eine Uhr, mit Brillanten besetzt.
Zwei goldene Kannen.
Hans ließ das Blatt sinken und griff sich an die Stirne. Was um aller Heiligen willen bedeutete denn das? Wie kam dieser Brief in die Hände seines Vaters? Seine Blicke irrten über die Gegenstände hin. . . plötzlich fuhr er zusammen, als habe eine unbekannte Hand ihm einen Schlag gegeben . Dort in dem Fach lag ja ein Kollier aus Rauchtopasen, uüd der Schmuck aus Türkisen . . .
Wie eine Vision stieg Plötzlich die Gestalt des Wiener Antiquitätenhändlers vor ihm auf. Dem hatte der Vater ja ein Rubinkollier verkauft und vieles andere. . .
Und das viele Geld, bas er angeblich gewonnen hatte. . .
„Heiliger Gott!" schrie Hans auf und schlug die Hände, welche zittern wie Espenlaub, vor's Gesicht. Dann saß er lange regungslos da, vornübergebeugt, wie ein gebrochener Mann. Er wußte nun, wie das Papier in seines Vaters Besitz gekommen war. Gestohlen war es. Den alten Schatz des Herzogs hatte er, weiß Gott durch welchen Zufall, gefunden und für sich behalten.
Ein Dieb war sein Vater gewesen.
Nein, viel, viel schlimmer als ein Dieb. Denn er hatte die Bestohlenen dann noch verfolgt mit seinem Haß und sie unerbittlich zu Grunde gerichtet mit dem Gelde, das von rechtswegen ihnen gehört hätte. . .
„O, mein Gott/' dachte Hans halb von Sinnen, „laß mich nicht denken... laß mich, nicht denken, was mein Vater war, sonst müßte ich ihm noch im Grabe fluchen."
Und dennoch arbeiteten seine Gedanken rastlos weiter.
(Fortsetzung folgt.)