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Erzähler vom E>chwarzwald.
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Amtsblatt für die Ltadt Wildbad. ^ inse^le nu? s
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Vision lir. 41.
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der rigl. Forstämter Wildbad, Meistern. Lnzklösterle ec. während der Saison mit
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Air. 24 S.
Mittwoch, den 20. Oktober 1909.
2«. Jahrg.
Unsere Volksschule.
Ter Straßburger Universitäts-Professor Theobald Ziegler, dessen Wort stets Gehör findet, schreibt in der „Straßburger Neuen Zeitung":
Zwei Forderungen muß die Demokratie der Volk s- schule gegenüber erheben und ihre Verwirklichung mit allen zulässigen Mitteln anstreben; daß die Volksschule eine wirklich allgemeine und daß sie eine simultane sei: Durch jene bahnt sie den Weg zum sozialen und durch diese den Weg zum konfessionellen Frieden.
Daß drei oder — wie ich lieber wollte — vier Jahre lang alle Kinder unseres Volkes, ohne Unterschied des Standes und Vermögens ihrer Eltern, auf einer Schulbank und in einem Klassenzimmer zusammen sitzen sollten, besagt das erste. Dagegen versündigen sich die sogenannten Vorschulen, in denen diejenigen, die später höhere Schulen besuchen wollen, von Anfang an auf diesen Besuch vorbereitet werden. Ta nun die Schüler der höheren Schulen in ihrer überwiegenden Anzahl den höheren und besser situierten Ständen angehören, die Vorschulen auch in der Regel ziemlich teuer sind, ,so sind diese Vorschulen wahre Kastenschulen, durch die vom ersten Schuljahre an die soziale Trennung und Schichtung her- beigesührt und eine Auslese nicht nach Talent und Gaben, sondern nach dem Titel und dem Geldbeutel der Eltern vorgenommen wird. Unsere lateinischen Jungen haben den Volksschülern gegenüber vielfach einen ganz törichk- ten Hochmut; durch die Trennung von diesen, noch, ehe sie Latein lernen, wird ihnen notwendig die Meinung beigebracht, daß sie mehr und aus besserem Teige gemacht seien, als jene. Nun ist gewiß richtig, daß, da die Trennung später ja doch kommt, dieses Zusammensitzen, Zusammenlernen und Zusammenspielen während der ersten vier Schuljahre kein Allheilmittel bedeutet. Kein Allheilmittel! — Aber doch eines der „kleinen Mittel", die im Leben eines Volkes nicht schnell und radikal, aber still und langsam und unmerklich Sandkorn nur für Sandkorn zur Besserung vorhandener Schäden beitragen. Darum, .wenn man ein solches kleines Mittel kennt, und hat, so darf man es nicht ungenützt lassen. Und ein solch kleines Mittel ist nun eben einmal die Abschaffung der Vorschulen; also weg damit!
Ganz hinfällig dagegen ist der pädagogische Einwand, daß die künftigen Gymnasiasten und Realschüler nicht früh genug in die Formenlehre und Formensprache ein-
Alle Vortrefflichkeit in der Kunst, alle Bildung eines edlen Stoffes in angemessener Form geht aus der Beschränkung hervor, die der Geist sich selbst setzt. Fr. W. v. Schelling.
Am Franzosenstein.
Original-Roman von Erich Eben sie in. ll) (Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Hinter ihnen folgt stumm die Menge. Nur die Ameisöderin stieß von Zeit zu Zeit laute Verwünschungen aus So kamen sie an das Schloß. Konstanze stieg eben die Treppe herab, als Hans und Sabine in den Hausflur trat. Als sie die beiden erblickte, blieb sie wie angewurzelt stehen und griff unwillkürlich! nach einer Stütze suchend an das' Treppengeländer. In diesem Moment öffnete sich links eine Tür und Peter Herzog trat heraus.
Auch er blieb bei dem Anblick verwundert stehen, blickte aber gleich darauf betroffen nach dem Tor, unter dem sich eine Schar Neugieriger zusammengedrängt hatte und mit gestreckten Hälsen in den Flur starrte.
Hans trat rasch auf ihn zu.
„Herr Herzog," sagte er, sich leise verbeugend, „es wird gut sein, wenn Sie das Tor schließen lassen und Fräulein Sabine in der nächsten Zeit nicht mehr allein ausgehen lassen. Es hat sich ein Törichtes Gerücht in Winkel verbreitet . . ." er konnte nicht aussprechen, denn Sabine stieß plötzlich einen gellenden Schrei aus, riß sich von seinem Arm los und wies entsetzt mit ausge- strsckter Hand gegen die Leute unter dem Tore zu.
„Da steht er. . . da steht er. . . jagt ihn fort!" schrie sie, „der Anreisöder!"
Und die Hände vor's Gesicht schlagend, stürzte sie mit einem wimmernden Laut zu Boden, wo sie regungslos liegen blieb.
Während der inzwischen herbeigeilte Hausmeister rasch das Tor abschloß, hoben Hans und Peter Herzog
geführt werden können, d. h., daß sie schon in den untersten Schulklassen deklinieren und konjugieren und mit den Kunstausdrücken der Grammatik umgehen lernen. Erstens kommt das in der Sexta noch zeitig genug, und zweitens, — glauben wir denn heute noch in dem Maße an die bildende und alleinseligmachende Kraft des Grammatikunterrichts, daß wir um seinetwillen besondere Grammatikschulen einrichten und nach ihm unser ganzes Schulwesen gestalten möchten jund daß wir ihn den Knaben nicht früh genug zuführen können? Deswegen kann ich auch in einer neuerlichen Verfügung des preußischen Kulrus- ministeriums, wonach da, wo keine Volksschulen bestehen, die aus der VMsschule in höhere Lehranstalten übergehenden Knaben wenigstens im dritten Jahrgange in besonderen Klassen vereinigt werden sollen, deren Lehrplan dann mit Rücksicht auf den der höheren Schulen eingerichtet sei, — ich kann darin keinen Gewinn weder für die Kinder noch für die Volksschule sehen; es ist offenbar nur ein Versuch durch das Hintertürchen der Pädagogik die unsozialen Vorschulen überall, wo sie noch nicht sind, ein- und durchzuführen.
Also weg mit den Vorschulen! Das ist das erste. Simultan schulen sind das zweite. Das Interdikt des Bischofs Benzler in Metz über den katholischen Friedhof zu Famek, weil er durch einen darauf begrabenen Protestanten entweiht worden sei, der katholische Strandklub in Juist — das sind zwei Vorkommnisse, über die man sich, so grell sie unsere Situation ^ beleuchten, doch kaum wird wundern können. Fanatiker j und Intolerante hat es' zu allen Zeiten gegeben. Aber wundern wird man sich dürfen darüber, daß das deutsche Volk sich solches Sprengpulver in seinen eigenen Reihen so geduldig gefallen läßt und nicht alles tut, um diesen Geist konfessioneller Unduldsamkeit zu bannen. Und doch haben wir auch dazu wieder eines jener „kleinen Mittel", das Zusammensitzen katholischer und protestantischer Kinder auf derselben Schulbank und zu den Füßen desselben Lehrers in allen Fächern außer im Religionsunterrichte. Denn das ist ja ein törichtes oder ein ganz besonders böswilliges Gerede, daß durch die Simultanschule die Religion aus der Schule verdrängt werde. Im Gegenteil, sie bleibt und bleibt als konfessionelle, katholisch und protestantisch gesonderte für alle katholischen oder protestantischen Kinder nach wie vor.
Aber der Religion, was der Religion gehört, und der Weltlichkeit, was weltlich ist! Weltlich, aber ist Le-
Sabine aus und trugen sie die Treppe hinauf nach ihrem Zimmer.
Konstanze folgte wie betäubt.
Oben nahmen sie sich sogleich Sabines an. Hans aber, ohne Konstanze nur mit einem Blick zu streifen, verbeugte sich gegen Herzog und verließ das Zimmer, ehe dieser danken konnte.
Als er aus dem Hause trat, standen die Leute noch aufgeregt da, und manches scharfe Wort gegen Sabine wurde gesprochen. Etwas abseits stand die Ameisöderin mit einem inzlvischen geholten Gendarmen und redete eifrig in ihn hinein. Zu ihnen trat Hans und versuchte beschwichtigend einzuwirken. Ohne der Gerechtigkeit im geringsten Einhalt tun zu wollen, müsse er doch dringend bitten, von jedem übereilten Schritt abzusehen. Tie Ameisöderin möge bei der Behörde in Gams ihre Anklage erheben und dann ruhig das Weitere abwarten. Gegenwärtig sei Sabine Herzog schwer krank und gänzlich unfähig, vernommen zu werden.
Es gelang ihm allmählich, die Leute zu beruhigen, und während sich die Ameisöderin auf den Weg nach Gams zum Bezirksgericht machte, zerstreuten sich die Leute allmählich und der Platz vor dem Schlosse wurde leer.
19.
Der nächste Tag war ein Sonntag. Ein großer Teil der Werke stand still auch die Eisenbahnarbeiten draußen im Tal ruhten. Dafür ging es ihm „Hl. Florian" hoch her und die Rosenauerin war in ihrem Element. Schankstube und Extrastübchen waren bis auf den letzten Platz besetzt von den italienischen Arbeitern, während sich die Winkeler hinaus an die Kegelstatt gezogen hatten, die hinter dem Haus lag, und wo man aus dem Rasen ringsum Tische für sie aufgestellt hatte.
Auch im Salettl wimmelte es von Gästen; dort saßen die Jngenieuere und Beamten. Der ganze Platz aber zwischen dem Wirtshaus und der Panischen Villa war angefüllt mit Bauernkalefchen, Fahrrädern. Kutschern, die ihr „Stehbier" tranken, und Weibsleuten, die Mit ihnen schäkerten.
Nie war es in Winkel so lebhaft zugegangen, und
sen und Schreiben, Deutsch und Heimatkunde, Rechnen und Naturkunde, Geschichte und Geographie. Wozu hier Katholiken und Protestanten von einander getrennt und damit der Jugend schon gezeigt werden soll: Ihr könnt auch in weltlichen Dingen nicht zusammcnsitzen, euch hin und her nicht vertragen und nicht verstehen, das ist umso weniger abzusehen, als es auf den höheren Schulen — wenige Ausnahmen abgerechnet — ja längst schon so gehalten wird und ganz gut geht. Warum soll denn auch hier wieder die Jugend des Volkes anders behandelt werden, als die Kinder der Vornehmen und der Reichen? Und es geht nicht nur, es ist auch dringend notwendig im Interesse unseres konfessionell gespaltenen Volkes und unseres modernen Staates. Wir müssen uns im späteren Leben als Katholiken und Protestanten hin und her vertragen, mit einander leben und miteinander arbeiten, also lehre man auch die Kinder, von Anfang an glauben und zu wissen, daß das möglich sei.
Die Schule ist ein Staat im kleinen, im Schulstaate haben unsere Kinder praktisch Bürgerkunde zu lernen: unser moderner Staat aber ist simultan, also muh es auch unsere Schule sein. Das ist natürlich wiederum kein absoluter Schutz gegen den konfessionellen Unfrieden, aber ein Mittel, wodurch wir zum konfessionellen Friedenhalten erzogen werden. Es nicht zu brauchen, da wir es doch haben, ist vom Standpunkt des Volkes und des Staates aus fast gar ein Verbrechen, jedenfalls ein schwerer Fehler.
Nun kommen allerdings auch hier — abgesehen von denen, die den Frieden überhaupt nicht wollen — Einwendungen. Man sagt z. B. im Geschichtsunterricht könne der Lehrer die volle Wucht seiner — sagen wir: protestantischen Ueberzeugung bei der Darstellung der Reformation nicht entfalten, wenn er dabei beständig auf Andersgläubige, in diesem Falle auf seine katholischen Schüler, Rücksicht nehmen müsse. Darin sehe ich umgekehrt gerade einen Segen dieser Schuleinrichtung, daß auch der Lehrer in der Schule genau dieselbe Rücksicht zu nehmen hat, die wir im späteren Leben in jedem Strandklub und an jedem Stammtische üben sollen. Es soll einen wahrhaften Unterrichr geben: das kann er in einer Form tun, die niemand in seinen Gefühlen verletzt und kränkt. Dazu sind Katholikentage und evangelische Bundesversammlungen da, daß man bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit sein „Hie Rom!" „Hie Wittenberg!" erschallen läßt; in der Schul? wollen wir nieder
nie hatte die Rosenauerin solche Geschäfte gemacht, wie jetzt, wo mau die Eisenbahn baute.
Mit den vielen fremden Menschen wehte auch ein frischer, neuer Hauch über das Winkler Tal und wirbelte mancherlei neue Gewohnheiten herein und manche alte hinaus.
Während die Rosenauerin, von neuer Lebenslust erfaßt, min wiedererwachtcr Jugendkraft sich zwischen ihren Güsten herumtummelte, da den Italienern ein „Evviva!" und dorr den jungen Ingenieuren ein kräftiges „Heil" zurufend, um gleich darauf im Borübergehen an desRodl- bauern Glas zu nippen mit den Worten: „G'segn Dir's Gott, Rodlbauer, wir bleiben die Alten!" — stand drüben in der Villa Jakob Paur am Fenster und blickte grimmig auf das ungewohnt lebhafte Getriebe im „Hl. Florian."
Er war mutterseelenallein zu Hause. Die Dienstboten hatten ihren Ausgang und Barbara war, nachdem sie dem Alten seinen Kaffee in die Stube gebracht hatte, mit Hans ein wenig, auf den Franzosenstein spazieren gegangen.
Gar zu gern wollte sie die Stelle sehen, wo der Ameisöder vor mehr als einem Jahr verunglückt war, und wo noch immer in offener Grube die leere, alte Schatzkiste zu sehen war. Aber sie war recht hinfällig geworden im letzten Jahr und hätte sich kaum mehr über den steilen Pfad hinaufgewagt, wenn nicht Hans ihr gutmütig seine Begleitung angetragen hätte. Auf seinen starken Arm gestützt, trippelte sie nun in ihrem etwas veralteten schwarzen Sonntagsgewand glückselig neben ihm her.
Jakob Paur war vom Fenster zurückgetreten und wan- derte nun mit auf den Rücken gelegten Armen hin und her.
Jakob Paur schrak plötzlich zusammen. Hatte es da nicht an der kleinen Seitenpforte der Villa, zu welcher ein Pfad direkt von den Hüttenwerken herführte, geklopft? Er horchte. Nein, es war alles totenstill . . .
(Fortsetzung folgt.)
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