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mit Erzähler vom Schwarzwald.

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Lelekoii Kr. 41.

Amtsblatt für die Stadt Wildbad.

Verkündigungsblatt

der iigl. Forstämter lvildbad, Meistern. Enzklösterle rc. während der Saison mit

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Freitag, den S. September LSOS.

26 . Jahrgang.

Fürst Bülow, der Kultureuropäer.

In einem Artikel, den Dr. Richard Bahr imTür­mer" dem verflossenen Reichskanzler widmet, heißt es: Kn Staatsmann, der allerdings dem Fürsten Bülow nicht gerade zärtlich zugetan war, hat mir einmal geraten, doch eine Statistik aufzumachen Mer die Orden und Beför­derungen, die unter dem vierten Kanzler Parlamentariern und Zeitungsleuten zugefallen sind. Ich bin dem Rat nicht gefolgt: was so erwiesen werden sollte, war ohne­hin ja mit Händen zu greifen. Ohne Frage: alle diese Dinge gehörten init zu den Besonderheiten des Bülow- schen Regimes. Zuweilen regnete es geradezu Rote Adler und Kronen dritter Klasse, und manches Herz, das gewohnt gewesen war, unruhevoll in Unmut und Opposition zu schlagen, bequemte sich unter dem blinkenden Stern zu gemächlicher Gangart. Dazu all die kleinen Aufmerk­samkeiten, die im Grunde so wenig kosten und doch so sehr verbinden: die Einladungen und Diners im immer sorg­fältig abgestimmten kleinen Kreise, die pünktlichen Tele­gramme bei traurigen und fröhlichen Anlässen und die liebenswürdigen Komplimente, die mitunter schon man­chen Dutzendschreiber erreichten. Aber war das wirklich, wie die Katone eifern, bereits Korruption? Zu Zeiten ich gesteh' es offen wenn der Groll über einen Gewalt gewann und man in Methode Und Taktik des Kanzlers sich wieder einmal gar nicht zurechtfinden mochte, ist es mir selbst so vorgekommen. !Aber ich habe doch milder zu ur­teilen gelernt. Fürst Bülow hatte kein Talent, die Men­schen sich selber nicht ausgeschlossen tragisch zu neh­men. Wie ihm Merhaupt der heroische Gestus, zu dem er in den letzten Amtsjahren, etwa seit 1906, gelegentlich griff, nicht eigentlich lag. So packte er, der schwerlich ein Er­zieher der Nation sein wollte, die Menschen bei ihren Schwächen. Höflichkeit aber und Liebenswürdigkeit waren ihm Bedürfnisse seines Naturells. Gewiß war etwas Ro­manisches darin auch schon rein äußerlich in der Häufung der Superlative und der schmückenden Beiworte und auch etwas von jener spezifisch wienerischen Herz-

So manchem scheint es als die Blüte Der Duldung und Barmherzigkeit,

!venn er in nie erschöpfter Güte Sich alle Sünden gern verzeiht.

Gskar Blumenthal

Am Franzosenstein.

Original-Roman von Erich Eben st ein.

8) Nachdruck verboten.)

Schweigend begab sich Hans auf sein Zimmer und kleidete sich für den Besuch an.

Unterwegs sagte der alte Paur zu seinem Sohne: «Was ich in erster Linie wünsche, ist, daß Du Dich ver­heiratest. Ich will wissen, in welche Hände einst mein Besitz kommt."

Hans zwang sich zu lachen.

Du meinst, der alte Herzog hat seinen Enkel, und darum willst auch Du den Deinen haben!?"

Genau so!" gab Jakob Paur zurück.Natürlich sollst Du hoch greifen. Am liebsten eine Adelige. Auf Geld kann ich verzichten. . ."

'So. Nun, Vater, in dieser Beziehung werde ich Wohl auch ein Wort mitzureden haben."

Sicherlich!"

Zur Ehe kannst Du mich nicht zwingen, und ohne Liebe werde ich niemals heiraten."

Habe ich Dir das verboten? Liebe sie, soviel Du willst! Ich werde Dir schon nach und nach eine geeignete Auswahl Vorführern"

Danke bestens. Es wäre mir am liebsten, Du wür­dest Dich damit garnicht bemühen. " Hans beschloß, die Sache scherzhaft zu nehmen.

Sie waren vor dem Hause Richard Herzogs ange­kommen. Wie von blauen Schleiern überrieselt, stand es da in seiner Glycinienpracht. Rückwärts zwischen der Winkel und dem Hause standen einige Kastanienbäume auf glänzend grünem Rasen. Darunter weiße Gartenmöbel.

Ein junges Mädchen bemühte sich, einem Knaben in schwarzem Sammetanzug, der erbärmlich schrie und strampelte, etwas zu entwinden. ,

Plötzlich fiel der heißumstrittene Gegenstand zu Bo­den und Hans erkannte schaudernd, daß es eine kleine schillernde Eidechse war, die mit abgebrochenem Schwanz regungslos liegen blieb. Der Knabe aber biß und kratzte

lichkeit, die sich so gut mit innerer Eiskühle verträgt. Und war bei all dem doch 'nicht gemacht und nicht gekün­stelt. Er hatte den Drang, süh gefällig zu erweisen; zu leben und leben zu lassen. Schon weil er's in der Kultur der gesellschaftlichen Sitten, der äußeren Lebensformen zu einer in Deutschland nicht alltäglichen Vollendung ge­bracht hatte. . . .

Und das war's mit, was ihrn seine Erfolge bereiten half: unter den dürren Fachmenschen und Nichts-als- Preußen, die im großen Durchschnitt den deutschen Staat regieren, war dieser Mecklenburger, Idem freilich von der schweren heimischen Art kaum noch ein Zug anhaftet, eine eigenartig anziehende Erscheinung. Ein Europäer, der voll Verständnis in das Wesen aller Külturnationen einge­drungen war. Zugleich einer, der mit Bewußtsein das nicht eben häufige Vermögen übte, sein Leben zum Kunst­werk zu gestalten. Woher es denn auch kam, daß er auf alle, hie zu ihm in Berührung traten, einen so starken persönlichen Reiz ausströmte und in der Kunst der Men­schenbehandlung zum Virtuosen, wenn nicht gar zum Mei­ster geworden war. Man hat so viel von dem Bülowschen Märchenglück gesprochen, das den Optimisten mit dem Grübchen im Llinn nicht im Stich ließ; das ihm so und so oft beistand, unbequeme Situationen zu umschiffen Und Krisen, die nur noch eine gewaltsame Lösung zuzulassen schienen, geradezu unter den Händen zu entwirren. Und sicher: des Geschickes Mächte haben dem Fürsten Bern­hard v. Bülow zeitlebens sich hold und gewärtig gezeigt. Dennoch äst 'er vielleicht nicht selten dieses Glückes ei­gener Schmied gewesen. Er hatte eine wunderbare Dlrt, die Menschen zu nehmen; Menschen aller Schichten und jeden Standes, vom Kaiser angefangen bis zum grimmig­sten Oppositionsmann. Er hatte erstaunlich viel gelesen: schöne Literatur und Memoiren, Philosophisches und, was im Grunde ja nur ein Teil der Weltweisheit ist, Staats­wissenschaften. Und war auf seine Weise wirklich ein vor­urteilsfreier Kopf- Er kannte das Atelativische in den Dingen und hatte die Gabe, die ihm keine Selbstverleug­nung bedeutete, sich in fremde Seelen- und Sinnesart hin­einzuversetzen. So war's nicht nur eine gefällige ge-

in stummer Wut seine Begleiterin, hie sich seiner kaum erwehren konnte.

Hans eilte ihr zu Hilfe.

Was machst Du denn da, Du unartiger Junge?" rief er heftig.Siehst Du nicht, daß Du das Fräulein verwundet hast?"

Der Knabe ließ von dem Mädchen ab und blin­zelte verlegen aus den fremden Herrn. Das Mädchen, noch ganz -blaß vor Erregung, erklärte:Rene wollte die Eidechse langsam zu Tode martern, und ich kann so let- was nicht sehen."

Sehr begreiflich, Fräulein! "stimmte Hans bei. Da trat der alte Paur hinzu:Mein Gott, wegen einer Ei­dechse! Die gibts ja genug! Rene weiß ganz gut, daß er hier der Herr ist und immer wird tun können, was ihm beliebt."

Das Mädchen senkte beschämt den Kopf, Hans aber starrte seinem Vater entsetzt an ud war eben im Be­griff, etwas sehr scharfes zu sagen, als sich hinter ihnen die Haustür öffnete und eine sanfte, liebliche Stimme herzlich sagte:Ach, da sind Sie ja endlich, mein lieber Herr von Paur, mit Ihrem Sohne, ich fürchtete schon, Sie hätten mich vergessen!"

Beide Männer fuhren herum. Da stand Konstanze Herzog vor ihnen in einem Hellen Frühlingskleid und streckte ihnen beide Hände zum Gruß entgegen.

Wieder klang es Hans im Ohre:Frau Holda kam aus dem Berg hervor!"

Er murmelte etwas wie eine Entschuldigung, während er dachte:Gott, wie schön ist sie! Mein Lebtag Hab' ich nichts so Holdseliges gesehen."

Sie führte sie in einen kleinen Ecksalon im Erd­geschoß des Hauses, der voll blühender Blumen war, voll Sonne und lichten, weichen Polstermöbeln. Dann sprach sie mit dem alten Paur, und Hans saß daneben wie im Traume.

Plötzlich sprang Konstanze auf.

Du lieber Himmel, jetzt hätte ich beinahe das Wich­tigste vergessen! Denken, Sie nur, meine Herren, gestern Abend überraschte mich meine Schwester Lilly. Ganz un­angemeldet kam sie an, ich konnte vor Freude nachher die ganze Nacht nicht schlafen. Lilly, mein Herzblatt, denken Sie nur, und sie hat mir versprochen, wenigstens zwei Monate in Winkel zu bleiben, was für eine Person, wie Lilly, ein kleines Opfer ist." .

Ich wußte garnicht, daß Sie eine Schwester haben, Frau Konstanze", sagte der alte Paur kopfschüttelnd.Sie haben nie von ihr erzählt."

fellschaftliche Maske, wenn er an der Gasttafel der Land­wirtschaftskammer mit den Agrariern der agrarische Reichskanzler war, und die Liberalen, die von ihm ka­men, zeitweilig mit dem Bewußtsein erfüllte, daß sie am Fürsten Bülow einen stillen Gesinnungsgenossen besäßen. Er hatte tatsächlich von allen etwas vom ostelbischen Agrarier freilich das Wenigste und mit allen ver­mochte er zu fühlen.

Dennoch ist diese so erstaunliche wie liebenswürdige Ubiquität seines Geistes, die ihn im einzelnen manchen schönen Erfolg einheimsen ließ, am letzten Ende wohl die Ursache gewesen, ,daß er im großen versagte. Seine Po­litik war säst immer geschickt, häufig geistreich und führte nicht selten zu leidlichen Zielen. Aber es fehlte ihr die eigentliche Äeele; der stolze Zug, den die Deutschen, die trotz der drei Millionen sozialdemokratischer Wahlstimmen das autoritätenhungrigste Volk der Erde sind, bei ihren Führern nicht entbehren mögen. Sie wollen ergriffen und erschüttert werden, in Zorn oder Liebe erglühen können. Und dazu reichte es bei Bülow nicht aus. Ein Mann, in dessen Eigenart sich zu vertiefen für den psychologischen Feinschmecker ein seltener Genuß war und bleiben wird. Ein mit Bedacht schlürfender Gourmet an der Tafel des Lebens mit einem leisen Stich in die Menschenverachtung. Und doch einer, bei dem das Bibelwort von dem Schick­sal der Lauen, die nicht kalt und nicht warm sind, herbe Wahrheit wurde. Fürst Bülow hat wenigstens in den Parlamenten und im politischen Publikum: unter der Kol­legenschaft in Kemtern .und Ministerien hat es an ihnen nicht gefehlt . vielleicht nie einen Feind gehabt. Aber er hat guch nie jemand mit sortgerissen und begeistert, auch als Redner nicht; wennschon es entschieden nicht richtig ist, daß er nur von wahllos zusammengerafften Zi­taten sich nährte. Wer die zwei Bände Bülowreden durch­blättert, die Herr Johannes Penzler, der betriebsame Kom- pilator,. zusammengebracht hat, wird neben Alltäglichem und wohl auch Trivialem doch viel Ursprüngliches finden und überraschend Feines. Und auf dergleichen stößt keiner, der sich nur beim Büchmann ächzend auf die nächste Rede vorbereitet. Das findet nur, wer nachdenklich am Strom

Konstanze schlug in komischem Erstaunen die Hände zusammen.

Isis möglich? Und Richard wirft mir vor, daß ich von nichts soviel schwatze, als von Lilly, und er ist ganz eifersüchtig auf sie! Lilly und ich waren nämlich immer ein Herz und eine Seele! Ach, was haben wir beiden Mädels zusammen geträumt, geschwärmt, gelacht und geweint! Tann, als ich heiratete, zog Lilly nach München, zu Tante Heidlauf... der berühmte Maler Heidlauf, wissen Sie, ist nämlich ein Onkel von uns und wie oft ich sie seitdem auch beschworen habe, mich zu besuchen, .sie wollte nicht! " Ein leises Lächeln spielte um Frau Herzogs Mund, sie blinzelte den alten Paur ver­traulich an und fuhr fort:

Wegen des Herzogs nämlich. Lilly ist so stolz. . sie fürchten: immer, Sabine könnte denken. . . aber das ist ja natürlich Unsinn! Und jetzt hat sie sich doch endlich entschlossen, zu kommen, im Vertrauen gesagt: sie hatte mir Heidlaufs einen Streit. Der Kammerherr Baron Pogwich wollte sie durchaus zur Frau, und da er mehrfacher Millionär und auch sonst ein netter Mensch ist, waren Heidlanfs natürlich dafür. Aber Lilly wollte nicht. Sie ist so eigen.Ich- liebe ihn nicht, und ohne Liebe heirate ich nicht basta!"

Darin kann man Ihrem Fräulein Schwester sicher­lich nur Anstimmen", nahm Hans zum ersten Male das Wort. Konstanze blickte ihn lächelnd an.

Nun ja Jugend hält zur Jugend. Da sieht man immer nur durch die Brille des Idealismus. Schließ­lich darf 'ich nicht viel dagegen sagen, denn ich habe selbst aus Liebe geheiratet und hätte nicht von Richard gelassen, wenn er auch ein Bettler gewesen wäre. In­dessen, Heidlaufs haben ja auch recht. Ein armes Mäd­chen sollte, aber warten Sie, ich will Lilly holen, damit Sie sie selber kennen lernen." Sie sprang auf und eilte zur Tür. Dort blieb sie einen Augenblick stehen, legte den Finger an den Mund und sagte schalkhaft:Nicht wahr, Sie lassen aber nicht merken, haß ich über die Geschichte m^ Pogwich geplaudert habe? Lilly würde es mir nie verzeihen!"

Selbstverständlich gelobten beide Herren vollste Dis­kretion. Während Frau Konstanze draußen war, sagte Jakob Paur zu seinem Sohn:Nun wie gefällt sie Dir? Ist sie nicht wie der leibhaftige Sonnenschein?"

Und Hans antwortete mit einem tiefen Atemzug: Ja, Vater das ist sie."

'Fl'rneßuna solar :