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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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Amtsblatt für die Ltadt Wildbad. ^
verkündigungsblatt
bei r(gi. Forstämter lvildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. während der Saison mit
amtl. Lremdenliste.
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Schulpolitik auf der Kanzel.
Landauf landab entfalten evangelische Pfarrer eine unheimliche Tätigkeit, um einen Einfluß auf die Gestaltung der Schulnovelle zu erlangen. Es ist ihr gutes Recht, Eingaben an die Ständekammern zu richten; aber durchaus verwerflich! ist die Art, wie viele Pfarrer die Bürger zu den Unterschriften gewinnen. Wir haben für unsere Eingaben um Umgestaltung des Volksschul- wefens nie Unterschriften von Bürgern aus anderen Berufskreisen gesammelt; wir vertranten unserer guten Sache Pfarrer protestantischer Konfession glauben ihre unberechtigten Ansprüche ans die Volksschule nur dadurch retten zn können, daß sie die Kirchengenossen, die in Schulsragen oft schlecht unterrichtet sind, durch die unsinnigsten Behauptungen über die Bestrebungen des württ. Volksschullehrervereins und die Folgen der Schulnovelle gegen eine zeitgemäße Neuordnung des Volksschulwesens aufstacheln. Wie vor einigen Jahren vom katholischen Klerus die Mitglieder >des katholischen Volksschullehrervereins bei den Ortsbürgern verlästert wurden, so werden jetzt von evangelischen Pastoren evangelische Lehrer bei den Gemeindeangehörigen von der Kanzel herab in unverantwortlicher Weise als Feinde der Kirche, der Religion gekennzeichnet. Die Lehrer hatten seit 1836 die Hauptarbeit an der religiösen Unterweisung der Jugend zu leisten; denn die Geistlichen — ihre Vorgesetzten — sind ihrer gesetzlichen Verpflichtung, den Religionsunterricht unter angemessener Teilnahme des Lehrers zu geben, erst seit 1907 in einer größeren Zahl von ein- und zweiklasstgen Schulen nachgekommen. Die Pfarrer haben es ganz ruhig mitansehen können, wie die Lehrer die Kinder ln die christliche Religion einführten; und auch heutzutage noch überlassen sie in allen mchrklassi- gen Schulen den Lehrern den weitaus überwiegenden Teil der Religionsstunden; trotzdem scheuen sich gar manche nicht, in der Kirche auf die Lehrer, die für die Volksschule die Verfassung und Einrichtung wollen, welche für diejenigen Schulen gilt, in welchen die Pfarrer ausgebildet werden und denen sie ihre eigenen Kinder zur Schulung zuweisen, mit strafendem Finger als auf kirchenfeindliche und religionslose Leute hinzuweisen.
Diener Jesu lassen sich in ihren Urteilen über Lehrer zu bedauerlichen unchristlichen Bemerkungen Hinreißen; Diener Jesu setzen den Berufsstand, dem die Erziehung
Dienstag, de»» 26. Juli 1808.
2V. Jahrgang.
die Engel, die nennen cs tjimmclsfrend'.
Die Teufel, die nennen es fföllenleid,
Die Menschen, die nennen es — klebe! Lj eine.
V-V
Die letzten Tage von Messina.
23) Roman van Erich Friesen.
(Nachdruck verboten.)
Gleich darauf erscheint eine einfach gekleidete, auffallend zierliche Dame.
„Sie wünschen Herrn Tr. Röder zu sprechen, Signore?"
„Ja, Signorina. Ich bin nur deshalb hier. Ter Herr Doktor ist ein Freund meiner bei dem Erdbeben! ums Leben gekommenen Eltern/'
Voll Interesse ruhen Pias dunkle Augen aus dem hübschen Gesicht des jungen Mannes, das deutlich den Stempel einer kaum überstandeuen schweren Krankheit trägt.
„Ter Herr Doktor ist in der Villa Miranda unten am Kai", erwidert sie freundlich. „Er besucht dort einen Patienten."
„Glauben Sie, daß ich ihn dort noch antresfen werde?"
„Sicher. Der Patient ist ein alter Freund von chm, bei hem er stets ein Stündchen verweilt." „Besten Dank, Signorina."
„Bittesehr!"
Pia will sich wieder zurückziehen. Aber ein ihr selbst unerklärliches Interesse an dem bleichen jungen Mann Wt sie noch zögern.
„Ihr Name, Signore?" fragt sie schüchtern. „Orlando P-erini."
„Orlando Pe—ri—m?"
. Pia wiederholt es stockend, angstvoll, als habe sie Ulcht-^recht gehört.
!. ^ie will den jungen Mann zurückrufen, will ihm
> tagen, daß er nicht nach der Billa Miranda gehen dürfe.
> Zu spät.
Bereits rollt der Wagen mit Orlando davon, i Bleich, vor Erregung blickt Pia dm aufwirbelnden
der Volksjugend anvertraut ist, durch. Verdächtigung sei ner religiösen Gesinnung in der öffentlichen Meinung und Achtung und Wertschätzung herunter. Wenn durch die Forderungen der Volksschullehrer die Religion in Gefahr käme, wäre es die heiligste Pflicht der Pfarrer, das Volk zum Kampfe aufzurusen. Mer es handelt sich bei der Schnlfrage nicht um Religion, nicht um 'Christentum, sondern einzig und allein um das Wohl der Schule, um die Befreiung der Volksschule aus kirchlicher Bevormundung. Die Schule soll leistungsfähiger gemacht wenden, was nur möglich ist, wenn sie unter rein weltliche Leitung gestellt wird. Wahre Religion findet in der kirchensreien Schule die sorgfältigste Pflege. "Religion ist nicht bloß im Pfarrhaus und in der Kirche, Religion wohnt auch, im Schulhaus und in der Schule. Die
Lehrer sind zum mindesten so gute Christen wie die Theologen. Der Theolog Palmer sagt in seiner „Ev.
Pädagogik", daß es eine Zeit gegeben habe, da die Pfarrer unkirchlicher waren als die Lehrer. In der Religiosität standen die Lehrer nie hinter den Pfarrern. Die Lehrer haben es nachgerade satt, von herrschsüchtigen Geistlichen beim Volk in den Ruf der Irreligiosität gebracht zu werden. Die Geistlichen mögen doch einmal zeigen, was sie ohne die Lehrer in der religiösen Erziehung des Volkes leisten können. Sie mögen doch den gesamten Religionsunterricht übernehmen, tvenn sie von den Neuerungen aus dem Gebiete der Schulaufsicht eine Gefahr für die evangelisch-christliche Erziehung befürchten. Beinahe alle Pfarrer verlangen die Aufficht der Kirche über den Religionsunterricht des Lehrers; wir können darein nie und nimmer willigen, nicht als Protestanten und zweimal nicht als Lehrer. Wollen die Geistlichen die Aussicht, so sollen sie sich auch die Arbeit aufladen. Wir müssen als Volksschullehrer und Jugenderzieher so gut als die Priester wissen, was man religiös heißt, was sittlich, ist; andernfalls taugen wir wicht für das Amt und das Geschäft, das uns' übertragen ist. Aufficht im Religionsunterricht kann nur das Aeußere, das Religionswissen, die Einlernung von Gedächtnisstoffen treffen; die Religion als eigenste persönliche Herzensangelegenheit des einzelnen entzieht sich der Aufsicht und Leitung. Religion kann nicht beaufsichtigt, sondern nur an ihren Früchten „erkannt" werden. Mit derjenigen Religion steht es schlecht, die des Schutzes durch, geistliche Polizei bedarf.
Die 'Geistlichen sollten bei ihrer Agitation gegen die
Schulnooelle doch auch im Auge behalten, was Schule und Lehrerstand für die Kirche schon getan haben und immer noch. tun. Wie haben die Lehrer bis 1899 den Kirchen durch unentgeltlichen oder schlecht bezahlten Organistendienst Millionen erspart! Welche Ersparnisse macht jetzt noch, die Kirche an den Lehrerorganisten, die durch Ersetz verpflichtet sind, gegen eine mäßige Entschädigung ihr zu dienen! Die sonntägliche Kirchenaufsicht über die Schuljugend mußte bis 1900 ansgeübt werden, ohne einen Heller Entgelt. Der Lehrerstand hat bis heute der Kirche mehr unentgeltliche Dienste geleistet als der Psarrstcrnd. Nun soll die württember- gischk Schule etliche der Einrichtungen bekommen, die in anderen deutschen Ländern schon seit Jahrzehnten znnr Heil und Segen des Volkes eingesührt sind; da entfalten Geistliche eine heftige Agitation gegen die Männer, die am Schulsortschritt beteiligt sind. Mesner werden mit Eingaben von Haus zu Haus geschickt; weil das Schriftstück vom Pfarrer kommt, unterschreibt man es unbesehen. In den Sitzungen der Kirchengemeinderäte; läßt man die Eingabe umgehen; jedes einzelne Mitglied soll unterzeichnen, weil der Kirchengemeinderat als kirchenamtliche Behörde die Eingabe nicht unterstützen darf. Auch in Kirchen werden die Männer zur Abgabe der Unterschriften aufgefordert. Die Kinderlehre fällt an einem Sonntag aus, weil der Pfarrer eine Männerlehre halten will. Er spricht mit den Kirchenbesuchern, die ausgefordert worden waren, nach dem Gottesdienst dazubleiben, über die Landtagsverhandlungen: wie man die Konfession aus der Schule entfernen wolle; wie man nur eine Oberschulbehörde einrichten wolle; wie der Fall eintreten könne, daß die rein evangelische Gemeinde einen katholischen Lehrer bekomme; wie die Bezirksschulinspektoren aus den Reihen der Lehrer genommen werden; wie die Schulauffeher, die Lehrer seien, religionsfeindlich werden können usw. Auf Frankreich wird hingewiesen. Vom Nachbarlande Baden erzählt der Pfarrer, es sei dort so weit gekommen, daß die Pfarrer den! Unterricht in ihren Studierstuben geben, daß sie den Sonntag dazu benützen müssen, daß für den Unterricht besondere Lokale in den Gemeindehäusern eingerichtet werden müssen uff. Der Gemeinde erwachsen also Ausgaben. Den Bauern gruselt's;: die Feder kreist; das Papier, das auf dem Altar liegt, bedeckt sich mit Namen.
Wir haben uns nach Baden um Auskunft gewandt und folgende Antwort erhalten:
Staubwolken nach. Großpr Gott, was hat sie angerich- tet! Was wird Dr. Röder dazu sagen! . . .
Inzwischen holpert der Wagen die schmalen Straßen entlang, hinunter Zum Kai.
Mit geschlossenen Augen lehnt Orlando in den Kissen. Tie Reise hat ihn doch mehr angegriffen, als er glaubte.
Vor kurzem erst aus dem Barackenlazarett in Messina entlassen, wo er beinahe zwei Monate lang schwer- krank darniederlag, war sein erster Oke danke Clelia Mor- gano.
Wurde sie gerettet?
Niemand in Messina konnte ihm Auskunft geben.
Dagegen erfuhr er, daß Dr. Röder zu den Geretteten gehörte und in Palermo an Santa Agata- Hospital tätig sei.
Für Orlando ein Wink der Vorsehung!
Also hin zu Dr. Roder! Vielleicht weiß er etwas über Clelia! ...
Während Orlandos Gedanken zwischen Angst und Hoffnung bin und her pendeln, hält der Wagen vor dem kunstvollen gußeisernen Tor der Villa Miranda.
Orlando zahlt den Kutscher und eilt die dunkle Zy- Pressen-Mlee entlang, dem weißschimmernden Hause zu.
An der breiten Freitreppe empfängt ihn sofort ein Diener mit der Meldung:
„Ter Herr Marchese ist nicht zu Hause, Signore. Und die Contessa auch nicht."
„Ich möchte Tr. Röder sprechen," ervkidert Orlando etwas erregr. „Mir wurde geja>fl, er besuche in der Billa Miranda einen Patienten."
Die Miene des Dieners wird merklich kühler.
„Einen Patienten?" wiederholt er gedehnt. „Das kann nur der alte Herr dort hinten im Gartenhause sein. Der Signor Morgano!"
„Signor Bernardo Morgano?" wiederholt Orlando atemlos.
„Ganz recht- Bernado Morgano. Einer der Geretteten von Messina."
Orlando fühlt, wie ihm das Blut zum Herzen schießt.
Wäre cs möglich, daß Clelia hier — ^ in nächsterr Nähe von ihm-
Er will den Diener nach ihr fragen, doch der blickt so unverschämt spöttisch drein — es kommt Orlando wie eine Entweihung vor, zu diesem Menschen von der Geliebten zu sprechen.
So rasch, wie ihn seine Füße tragen, eilt er den vom Diener bezeichneten Parkw,eg hinab.
Nicht achtet er der dicken schwarzen Wolke, die sich am westlichen Himmel zusammenballt und rasch näher zieht. Nicht der kräftigen Brise, die vom Meer heraufweht. Wie hypnotisiert hängen seine Blicke an dem aus aus dein Dunkel des Lorbeergesträuchs hervorschimmernden Garteilhäuschen.
Jetzt steht er vor der niedrigen Tür.
Soll er gleich, eintreten? Die freudige Ueberrasch- ung vollständig wachen?
Orlando lauscht ...
Männerstimmen dringen an sein Ohr, die ihm bekannt erscheinen.
Leise öffnet er die Tür.
An dein runden Tisch, in der Mitte des halbdunklen Zimmers sitzen zwei Männer.
Bei dem Geräusch, wendet der eine, weißbärtige den Kopf. Wie einen Geist starrt er den Eintretenden au.
„Signor Morgano!" jubelt Orlando, aus den alten Mann zueilend. „Kennen Sie mich, nicht wieder?"
Doch, kein Frendenruf. Kein Willkommeugruß. Nicht einmal ein Händedruck.
Mit abwehrend .ausgcstreckten Armen weicht Bernardo zurück.
„O-r—lan—do! . . . Tu?" ringt es sich mühsam von seinen Lippen.
„Ja, ich! Ich selbst!" lacht der junge Mann, seine tiefe Bewegung hinter lauter Ausgelassenheit verbergend. „Und Sie? . . . Wie geht es Ihnen? Und Ihrer Frau Gemahlin? Und —"
Er stockt.
Dt. Röder, derr sich bisher im Hintergrund gehalten, bedeutet ihm hastig, zu schweigen.
Auch er hat kein freundliches Wort für ihn? Ein erkältendes Gefühl durchzuckt Orlando.
(Korlsetzung folgt.)