Nr. 121.

Amts- und Tmzeigeßlatt für den Overamtsbezirk Calw.

95. Hahrgang.

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Irritug, dcn 28 . Mai UM.

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ZU Wem Lage.

Verschiebung der Kmrserenz von Span auf 3u8.

Mailand, 27. Mai. .Secow'-' vemümmt aus Rom, Latz Nitti in derRestrigcn Sftzung des Mirüsterrats bei Behand­lung der-Frage der Einberufung der Konferenz von Svan erklärt habe, einer Verschiebung d«r Konferenz aus Len Vfonat ZuLi günstig gesinnt zu sein. Er glaube, daß sich die Alliierten feinem Wunsche anschlieh--n würden.

Di« 2. Zone Schleswigs b!eibt deutsä).

Kopenhagen, 27. Mai. Einem Telegramm derBer- lingske Tidende" aus Paris zufofac hat die- Botsthaster- konferenz gestern Vormittag die Beratungen der schleswig- fchen Frage abgeschlossen. Es steht.nun fest, daß die Elau- sen'sche Linie mit einer unbedeutenden Aenderung die zu­künftige Südgrenze Dänemarks bilden und dag die zweite Zone an Deutschland zurückgegeben werden wird. Die Frage der Internationalisier»^ .ist bei den Besprechungen der Botschafterkonferenz gar nicht in Erwägung gezogen worden. '

FrankrÄch

und der deutfch-öftereichische Zusermmenschlntz.

Paris, 27. Mai. Der österreichische Friedensvertrag ist gestern in der Kammer ratifiziert worden. Die Sozinlisten haben in einer begründeten Erklärung den Vertrag abgc- lehnt. Aus der Debatte ist noch nachzurragen, dag dec So- »ialist Sembat erklärte, Oesterreich könne wirtschaftlich nicht allein existieren, aber man untersage ihm. dug cs sich jemand anlehne. Die Vertrage mit Oesterreich und Deutsch­land müßten berichtigt werden. Auf ihnen könne sich kein dauernder Frieden aufbauen. Man könne die Völker nicht verhindern, sich aus wirtschaftlicher Solidarität zu vereini­gen. Auf eine Anfrage erklärte Ministerpräsident Mille­rand, das Verbot der Vereinigung Deutschlands und Oester­reichs sei formell uud könue nnr im Einverständnis mit dem Völkerbund aufgehoben werden. Der Abgeordnete Tardicu verteidigte den Friedensvertrag. Clemenccau habe mo­natelang kämpfen müssen, um das Verbot der Bereinigung Deutschlands und Oesterreichs herbeizusühren. Durch Zu­rufe wurde Tardieu beschuldigt, der deutschen Einheit ge­dient zu haben. Er sagte ferner, man habe dem Wieder­gutmachungsausschuß den Auftrag gegeben, daß Oesterreich solange nichts zu bezahlen brauche, bis es sich wieder auf­gerichtet habe. Diese Methode sei gegen Oesterreich zulässig, gegen Deutschland aber sehr gefährlich.

Die Tiroler Anschlnßbestrebungen.

Wien, 28. Mai. Nach denInnsbrucker Nachrichten" hat eine Versammlung des Tiroler Bauernbundes in Wörgl gestern beschlossen, unverzüglich bei den maßgebenden Stel­len Schritte für den wirtschaftlichen Anschluß an das deutsche Mutterland zu tun.

Ein bevorstehendes frauzösisch-belgrfches Bündnis.

Amsterdam. 27. Mai. Wie der Pariser Berichterstatter desDaily Telegraph" meldet, werden Verhandlungen zwi­schen Frankreich und Belgien über ein militärisches Bünd­nis geführt. Ein solches Bündnis hat auch schon vor dem Kriege bestanden.

Englische Erkenntnis über Deutschlands Lage.

Amsterdam, 27. Mai. Der Chefredakteur, derDaily News", Eardiner, der einige Zeit in Deutschland verbracht hat, um die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Zu­stande zu untersuchen, veröffentlicht den ersten Artikel über das Ergebnis der Untersuchung. Darin heißt es: Wenn die ^?"^Erenz von Spaa dem Prozeß der inneren Aus- tosu^ Deutschlands nicht ein Ende fetzt, wird Deutschland ^ ^ werden, der die ganze Welt vergiftet. Wenn

w«r Deutschland zerstören, werden wir nichts erhalten, m helfen, so kann es arbeiten und bezahlen.

Am Schluß des Artikels fordert Eardiner für Deutschland . ^"dUttttel- und Rohstoffkredite. Festsetzung einer begrenz­en Entschädigungssumme und einige Erleichterungen in Bezug aus die Schiffahrt.

Polnische Aengste.

Kowno, 27. Mai. Aus Wilna sind Nachrichten einge­troffen, wonach dort große Beunruhigung über den Vor­marsch der Bolschewisten herrscht. Die Spitäler sind mit ^«rwundeten, die von der Front kommen, überfüllt. Die ^tkupationsbehörde erließ an die Bevölkerung einen Auf­

ruf, in dem sie zur Ruhe ausfordert und an die Inngmcmn- schsften die Aufforderung richtet, an die Front zu gehen. Einzelne Verwaltungsstellen sind aus Wilna abgezogen worden.

Der Präsident der tschechischen Republik.

Pi-atz, Al'. Mai. In gemeinsamer feierlicher Sitzung der Veisen Kammern der Nationalversammlung der tschecho- sloealischmr Republik wurde heute die Wahl des Pröfidenten -der RcpuillL vc-rgcrrommen. Es wurden insgesamt 4k 1 gültige Cummzettel abgegeben, von denen 284 auf Dr. Ma- sarych lauten. Die deutschen Abgeordneten und Senatoren habön leere.Stimmzettel abgegeben. Dr. Masaryk ist samft gewählt. Masaryk hat schon vor dem Krieg offen und geheim gegen altes Deutsche gekämpft, und Verbindungen mit den Ententestaaten über dieBefreiung" der Tschecho­slowakei anpcknüpst.

Die Deutschen Böhmens gegen dir BsrgervaMgurrg durch die Tschechen.

Prag, 27. Mai. (Tschechoslow. Pressebureau.) Der Deutsche parlamentarische Verband nimmt zur Wahl des Präsidenten der Republik folgende Stellung ein: Die Ab­geordneten und Senatoren des Deutschen parlamentarischen Verbands lehnen es grundsätzlich ab, die im Widerspruch mit der Demokratie und der Selbstbestimmung oktroierte Verfassung, auf deren (Grundlage die Präsidentenwahl vor­genommen werden soll, anzuerkenncu. Ter Verband be­nützt die erste gegebene parlamentarische Gelegenheit, um feierlich -vor aller Welt ; <?.<» die Verleugnung d«r Ge­schichte und die den Deutschen widerfahrene Beleidigung Verwahrung einzulegcn. Er macht Masaryk.dafür verant­wortlich, daß er dem tschechischen chauvinistischen und impe­rialistischen Geiste Raum gegeben hat. Er lehnt es ab, für seine Wahl als Präsident der Republik einzutreten, solange das deutsche Volk keine Genugtuung erhält, der Demokratie in Gesetzgebung und Verwaltung wicht in vollem Maße Rechnung getragen und anerkannt ist, daß auch die Deut­schen volle und gleichberechtigte Staatsbürger und ein Staatsvolk wie die Tschechen und keineswegs eine Minder- hcitsnation sind.

Die rr>Mchffitm»ischeu Arsiedsrrsverhattdlungen.

Kowno, 28. Mai. Bei den Friedensverhandlungen zwischen Litauen und Rußland gesteht, wie gemeldet wird, Rußland den Litauern Wilna als Hauptstadt zu. In eini­gen Fragen besteht vollständige Uebereinstimmung. So werden die litauischen Flüchtlinge gegen die Herausgabe der bolschewistischen Gefangenen in Litauen zurückgeführt werden. Die litauische Delegation erhielt auch schon die Er­laubnis zum Rücktransport der Gelnälde des berühmten li­tauischen Malers Tschinurlonis. Zur Berichterstattung über die Grenzsrage wird ein Teil der litauischen Dele­gation, geführt vom Präsidenten Naruschevitsch, noch in die­sen Tagen nach Kowno zurückkehren. Die Führung der Delegation in Moskau übernimmt vorläufig der litauische Vizeminister für Auswärtiges, Klimas. Die Arbeiten in Moskau gehen in verschiedenen Kommissionen weiter.

Die Unterdrückung des irischen Freiheitsdrangs.

Amsterdam, 27. Mai. WieAligemeen Handelsblad" aus London meldet, erhielt ein Bataillon Hochländer in Nldershot Befehl, heute nach Irland abzugehen. Drei wei­tere Bataillone wurden angewiesen, sich zum sofortigen Ab­transport bereit zu halten. In Irland hat eine neue Brand- stistungslampagne eingesetzt. Außer Gerichtsgebäuden und Pclizeistationen wurden auch größere Privatgebäude ein­geäschert. Durch Verbrennen eines Schlosses bei Bandon und eines Eutshauses wurde ein Schaden von 100 000 bezw. 40OVO Pfund Sterling angerichtet.

Die Amerikaner gegen die Nebernahme

' des armenischen Mandats.

Rotterdam, 27. Mai. Die Botschaft Wilsons betreffend die Uebernahme des armenischen Mandats durch die Ver­einigten Staaten stößt lautNieuwe Notterdamschen Cou­rant" im Repräsentantenhaus und besonders im Senat auf größere« Widerstand als dies bei irgend einem anderen Vorschlag Wilsons je der Fall war. Senator Smoods sagte, im ersten Jahre würden 5g 000 Mann und 100 Millionen Dollar notwendig sein. William Bryan hielt den Antrag für unannehmbar, da die Kosten enorm seien und die Ver­einigten Staaten in europäische Fragen verwickelt werden

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würtzcn.Newyork Sun" undNewyork Herald" teilen diese Ansicht und bekämpsen in Leitartikeln den Plan.

Newyork. 28. Ma!. (Havas.) Der Präsident legte gegen die kürzlich vom Repräsentantenhaus angenommene republikanische Motion zu Gunsten eines Separatfriedens mit Deutschland und Oesterreich sein Veto ein, da die Art und Weise, wie man den Frieden mit Deutschland Herstellen wolle, die Ehre der Vereinigten Staaten und die Tapser- teit der Amerikaner mit einem unverwischbaren Fleck ver­dunkeln würde.

Washington, 28. Mai. ft'Havas.) Die Kommission für auswärtige Angelegenheiten sprach sich mit 11 gegen 4 Stim­men gegen den Vorschlag Wilsons aus, wonach die Ver­einigten Staaten das Mandat über Armenien übernehmen sollen.

Persien und Rußland.

Kopenhagen, 27. Mai. Laut Meldung aus Helsing- fors wurde zwischen der persischen und der russischen Regie­rung ein Abkommen getroffen, über die Anknüpfung diplo­matischer u. die Wiederausnahrne von Handelsbeziehungen.

Putfchgerüchle.

4? Vor einigen Tagen wußre derVorwärts" zu melden, daß wieder von rechter Seite mit Unterstützung der Brigade Erhardt, die bekanntlich immer noch nicht ausgelöst ist, weil die Leute im Hinblick auf die zunehmende Arbeitslosigkeit eben kein anderes Unterkommen finden können, ein Putsch geplant werde. Gleichzeitig erfährt man, daß die Reichs­wehr nur auf diesen Augenblick passe, um die Regierung der Mehrheitsparleien zu stürzen, und eine konservative Re­gierung aus den Schild zu erheben. Man wolle nur warten, bis ein schon in>«Vorbereitung befindlicher kommunistischer Putsch den willkommenen Anlaß zu einer solchen Aktion biete. Es werden denn auch wieder linksradikale Putsch- Vorbereitungen aus Mitteldeutschland gemeldet, anderer­seits wird berichtet, daß'Mannschaften der Brigade Erhardt in Pommern auf großen Rittergütern untergebracht wer­den, um sofort bereit zu sein. Jetzt hören wir auch, daß die bayrischen Linksradikalen Putschabsichten haben sollen. Welche realen Momente hinter allen diesen Gerüchten stecken, vermögen wir nicht zu sagen. Darüber ist kein Zwei­fel, die Massenpsyche ist in einer solchen Aufregung, daß nmn mit allen Möglichkeiten rechnen mutz. Gerade deshalb aber sollten sich die wahren Volkssreuude von links bis rechts zusamwcnschließen, um jede Putschabsicht von links oder rechts sofort abwehren zu können, denn gerade heute bedeutet ein solches Unternehmen das größte Verbrechen am Volke. Es würden infolge der eintretenden Verkehrs­stockungen Hunderttausende von Volksgenossen Hungers sterben, ganz abgesehen von dem unsühnbaren Verbrechen des Bürgerkriegs. Der Verlust des Krieges, die Absicht unserer Feinde, die auch heute noch bestrebt sind, uns als großes Volk nicht mehr aufkommen zu lassen, haben unser Volk in einen Zustand seelischer Verwirrung gebracht, der keine dauerhafte Wittensbildung mehr zuläßt. Um diese, die allein uns noch retten kann, wieder zu erreichen, müssen alle vernünftig denkenden Volkskreift zusammenstehen, man muß sich endlich verstehen und dadurch aussöhnen lernen, man muß davon abgehen, sich gegenseitig als Ausbeutungs­objekt zu betrachten, dann wird die große innere und äußereGesahr. die unser Volk bedroht, abgelenkt wer­den können. Denn darüber besteht kein Zweisel, innere und äußere Verhältnisse stehen heute infolge des größeren Kon­taktes untereinander in dauernder Wechselwirkung mitein­ander, und es braucht angesichts des kranken Zustandes un­serer Volksseele nur eines formalen Anstoßes, um das Chaos wieder heraufzudeschwören. So soll ein Unteroffi­zier der Brigade Erhardt gesagt haben, daß schon alles vor­bereitet sei, um in Deutschland wieder ein rechts gerichtetes Regiment zu errichten. Das Zeichen müsse von Oste» kom­men. Es ist klar, daß man damit die bolschewistische Ge­genoffensive meint, die es den Rechts- oder Linksparteien ermöglichen könnte, infolge der von außen drohenden Ge­fahr die Macht an sich zu reißen und für ihre Zwecke aus­zunützen. Es ist nicht zu leugnen, daß die von England und Frankreich freventlich unterstützte polnische Offensive infolge der bolschewistischen Gegenoffensive die größten Gefahren in sich birgt. Die Bolschewisten sind nicht nur daran, de» Orient zu revolutionieren. die Türkei rüstet sich zu of-