96. Jahrgang.

Amis- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw

Nr. 107

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Erscheinungsweise: 6 mal wöchrnil. Anzeigepreik: Die kleinspaiiige AetteMPsg. Reklamen 2. Mk. ?luf Sammelanzeigen kommt ein Zuschlag von 100°^. Fernspr. L.

Montag, den 10. Mai 1920.

Bezugspreis: In der Stadt mit Lrägerlohn Mk. 8.40 vierteljährlich, PoftbezugSpreiS

Mk. 8.10 ohne Bestellgeld. Schluß der Anzeigenannahme S Uhr vormittags.

Z«r Schmu Lage.

Um Schleswig.

(WTB.) Berlin, 8. Mai. Gegenüber dem Vertreter der .Deutschen Mg, Ztg," erklärte der Reichsminister des Aeußcrn, eine amtliche Bestätigung der aus Paris kommenden Nachricht, daß der norwegische und der französische Vertreter bei der internationalen Schleswigkommission den Uebergang von 4 Kirchspielen der Klausen­linie an Dänemark vorgcschlägen hätten, liege nicht vor. Da sie aber zum zweitenmal erscheine, sei mit der Möglichkeit eines solchen Vorschlags zurechnen. Der Standpunkt der deutschen Regierung zu der Frage der Grenzziehung ergäbe sich aus der Forderung der Tiedje-Linie. Betreffs der angeblich schwierigen Lage, in der sich die dänischen Bewohner der 2. Zone befänden, sei zu bemerken, daß diese Bedenken sofort Wegfällen würden, wenn die Dänen einen Vertrag mit Deutschland über Minderheitenschutz abschließen würden. Ein sehr weitgehender Vertragsentwurf liege schon dem Auswärtigen Amt vor, Deutschland habe alle Ausnahmegesetze gegen die Dänen aufgehoben und sei bereit, ihnen Schulen mit eigener Sprache ein­zurichten. Von nennenswerten deutschen Plackereien gegenüber de» Dänen während und nach der Abstimmung sei nichts bekannt. Die Erregung in Deutschland habp sich auch viel weniger gegen die wirklichen Dänen gerichtet, als gegen diejenigen, die aus niedrigen, meist ökonomischen Motiven ihr Vaterland in der Stunde der Ge­fahr Verraten hätten; aber auch diese Erregung sei heute ver­schwunden.

(WTB.) Paris, L, Mai, DemTemps" zufolge hat die englische Delegatton aufs neue ihren Standpunkt in der nordschlcs- wigschen Frage vertreten, der dem französischen entgegengesetzt ist. Die Delegierten der dänischen Bevölkerung der zweiten Zone haben dem Botschafterrat eine Bittschrift überreichen lassen, in der sie die Entnationalisierung dieser Zone verlangen. Eine Deputation von dort wird Anfang nächster Woche in Paris sein,

* Berlin, 10, Mai, Einer Kopenhagcncr Drahtmeldung der ,D, Mg, Ztg," gibt eine Unterredung des dänischen Staatsministers Neergaard mit einem Vertreter vonDagens Nhhcter" in Stockholm wieder, in der der Minister erklärte, die für die Dänen unter so günstigen Umständen, unter starkem Wahldruck und unver­ständlichen Wahlbestimmungen abgehaltene Volksabstimmung i,-. Schleswig könne nicht als endgültig gelten.

Die Franzosen im Mainga«.

(WTB.) Frankfurt, a. M., 8, Mai. Der Polizeipräsident hal die vom General der Rheinarmee zuerkonntc Geldstrafe in Höhe von 10000 ^/il den zuständigen französischen Behörden mit einem Schreiben übermittelt in dein er gegen die Bestrasung Verwahrung einlegt und bestreitet, daß Waffen in beträchtlicher Zahl zur Aus- . stattung der Polizei vorhanden wären. Die vorhandenen Waffen seien nicht verheimlicht worden. Bei diesen wiederholten Verhand­lungen habe er darauf hingewiesen, daß sie zur Bewaffnung der Htlfspolizei bestimmt seien und zweimal von Offizieren der Be- fatzungsarmec besichtigt worden seien, ohne daß Einspruch erhoben worden sei. Die deutsche Reichsregicrung und der Minister des Innern seien über den Inhalt verständigt und gebeten worden, die Angelegenheit weiter zu verfolgen.

(WTB.) Amsterdam, 8, Mai. In Erwiderung auf eine An­frage sagte Bonar Law im englischen Unterhaus, nach amtlichen französischen Berichten seien bei dem Vormarsch im Maingau 7583 Gewehre, 6 Geschütze und 113 Maschinengewehre aufgcfunden worden. Dies werde nicht als eine sehr bedeutende Menge angesehen,

* Rotterdam, 8, Mai,Daily Chronicle" will bestimmt wissen, daß die französische Besatiungsbehördc des MainganeS bereits jetzt alle Vorbereitungen'trifft, um ihr- Truppen im Maingcbiet zuriick- huziehen. Die Operationen sollen bis zum Tag der Eröffnung der Konferenz in Spaa abgeschlossen sein,

Polnischer Generalstrekk in Oberfchlesien.

(WTB) Benthm, 8. Mai, Am Montag beginnt der 48- stündige polnische -Generalstreik im Oberschlesischcn Abstimmungs­gebiet wegen Nichterfüllung der am 25, April ausgestellten Forde­rungen, Der Ausstand droht jedoch, sich länger auszudehnen^ Das deutsche Kommissariat für die Volksabstimmung warnt in einem Aufruf die deutschen Arbeiter und Angestellten vor einer Beteili­gung daran.

Zusammenkunft Lloyd Georges und MMerand

(WTB.) Paris, 8. Mm. Nach einer Meldung desTemp aus London werden sich Lloyd George und Millerar mn 13. Mai Neffen und bis zum 15, oder 16. Mai verhandel Die Nachricht, daß Deutschland wegen der Reichstagswahlen ei Verschiebung der Konferenz von Spaa verlangen werde, hat England nicht überrascht. Der Gesundheitszustand von Lloyd Georx

der sehr ernst ist, könnte sehr leicht eine Verschiebung der Kon­ferenz nötig machen,

(WTB.) Paris, S, Mai, Saint Brice glaubt imJournal", daß Lloyd George mit Millerand in den letzten Tagen der kouimendcn Woche, d, h. dieser Woche, in Folkestone zu- sammentreffen wird, um sich mit ihm über die Konferenz in Spaa zu beraten,Petit Parisic»" erklärt, man erwarte mit Millerand kommende Woche auch Marschnll sis o ch in London zu scheu. Es seien für ihn Zimmer in einem Hotel reserviert worden.

Die Friedensverhaudlunge« mit Ungarn.

(WTB ) Paris, 8, Mai, Die ungarische Fried-nsteleg ttwn verlangte vom Sekretariat der Friedenskonferenz eine Berlängerunz von 5 Tagen zu der Frist, um ihre endgültige Antwort auf die Friedeusbediugungcn zu erteilen. Dem Begehren wurde entsprechen,

Heimkehrer aus Nutzland. Japan und China.

(WTB,) Berlin, 8, Mai, Der Hcimtransport der deutschen Gefangenen aus Sovjet Rußland beginnt am 11, Mai.

.(WTB.) Berlin, S, Mai, Der letzte Heimschaffungstranspork mit Familien aus Japan und China ist, nach telegraphischer Nach richt am 6, Mai von Port Said nach Hamburg in Sec gegangen und wird von 23, Mai ab in Hamburg erwartet.

Englische Zensur.

^OI Von Deutschen aus dem neutralen Ausland wird das Deutsche Ausland-Institut daraus aufmerksam gemacht, daß trotz aller Ableugnungen im Briefwechsel mit englischen Freunden fest- gestellt wurde, daß deren Briefe zum größten Teil zensiert werden. Allerdings ist es keine offene Zensur mehr toie im Kriege, sondern die Briefe werden kunstvoll geöffnet und wieder zugeklebt, was jedoch solche Spure» hintcrlassen hat, daß es nachkonirolliert werden konnte. Es handelt sich in den meisten Fällen um Briefe ans England an die Deutschen im neutrale« Ausland.

Uslaiid,

Die Streikbewegung in Frankreich.

(WTB ) Paris, 8, Mai, Der Verwaltungsrat, des Allge­meinen Brbeittrverbandes (C.G.T) teilt mit, daß die Bergarbeiter des Norkens und von Pas de Calais in den Ausstand getreten find Die Vcrmättuugskommission wird nun den Widerstand organi­sieren und neue industrielle Kräfte veranlassen, an der Bewegung teilzunehnien,

(WTB.) Paris, S, Mai, Der allgemeine Arbciterverband (C.G.T.) hat gestern beschlossen, den Streik auf die Bauarbeiter, Metallarbeiter und Trauspottarbeiter auszudehnen Zur letzteren Kategorie gehören die Angestellten der Untergrundbahnen, der Straßenbahnen, der Autobusse, der Kraftdroschken, der Spedition und der Binnenschiffahrt, Die C.G.T, wendet sich gleichzeitig in einem Aufruf an das Publikum und erklärt, die Weigerung der Regierung, die Forderungen der Arbeiterklasse in Erwägung zu ziehen, zwinge dazu, der Streikbewegung eine weitere Ausdehnung zu geben. Der Widerstand der Regierung werde die Aktion der Arbeiter nicht brechen. Das Ziel der Bewegung sei, die Herrschenden zu einer Anerkennung Iber sozialen Kraft der Arbeit und der Notwendigkeit zu zwingen, den Arbeitern den Platz einzu>äumen, auf den sie bet der unumgänglichen Reorganisation der wirtschaftlichen Tätigkeit des Landes Anspruch hätten. Die C.G.T, fordert die Arbeiter auf, die Bewegung in Ruhe und Ordnung sortzusetzen.

Eine neue Partei in England.

(WTB.) Paris, 10, Mai, Der LondonerTemps"-Vcrtreter meldet, die liberale Koalition werde eine neu« Partei uitter dem NamenNationalliberale Partei" bilden, die Lloyd George zu ihrem Führer erklären werde.

Nationale Gegensätze

zwischen Polen und Tschechen.

Berlin, 8, Mai, Nach einer Nachricht desBerliner Lokal- anzeigerS" aus Wien wird aus Mährisch-Ostrau gemeldet, daß im östlichen Teile des Ostrau-Karminer Steinkohlenreviers neuerdings Unruhen ausgebrochen sind, die ihre Ursache in den im Zusammen­hänge mit der wcstschlesischen Abstimmung verschärften nationalen Gegensätzen zwischen Polen und Tschechen haben.

Die Wahlparole

der amerikanischen Republikaner.

(WTB.) Amsterdam, 8. Mai, DieTimes" melden aus Washington: Republikanische Senatoren von allen Staaten be­schossen in einer Versannnlung, bei der Präsidentschaftswahl das amerikanische Volk über die Völkerbundsfrage entscheiden zu lassen. Eine Erklärung verurteilt die Völkerbundsstatuten, die Wilson aus Paris mitbrachte und schlägt für den Fall, daß die Wahl auf einen Republikaner Wt, die Ausführung eines Programms vor. wie eL

Knox in seiner letzten Rede aufstellte, die den Krieg für ungesetzlich erklärt und die Errichtung eines parlamentarischen internationalen Gerichtshofs fordert. Weiter melden dieTimes": Die Entschei­dung der Republikaner wird zwischen Johnson und Knox schwanken,

(WTB.) Washington, 6. Mai, Reuter meldet: Die repu­blikanischen Führer haben sich dahin geeinigt, daß die republikanische Resolution betreffend Beendigung des Krieges mit Deutschland am Montag im Senat zur Beratung gebracht werden soll und zwar bis zur endgültigen Entscheidung darüber.

Die mexikanische Revolution.

(WTB ) London, 8, Mai, Carranza ist aus Mexiko-City nach Vcracruz geflohen.

(WTB ) Rewyork, 9, Mai, (Reuter ) Einem Bericht zufolge haben di« Revolutionäre aus El Paso die Stadt Mexiko genommen. Außer den Streikräften Villas haben sich weitere Garnisonen den Revolutionären angeschlosscn.

Kundgebungen in Berlin.

* Berlin, 10, Mai, Hier haben gestern verschiedene Kund­gebungen stattgefunden. Außer derjenigen der Turner und Sports­leute für ein Spielplahgesetz auch eine solche der am Kunstlcben Interessierten gegen die Lustbatteitssteuer und der Versuch einer kommunistischen Kundgebung im Lustgarten mit einem Umzug die Linden hinunter bis zum Königsplatz und einer Massenversammlung von Betriebsräten im Zirkus Busch, in der als Vertreter der russi­schen Sovjetrepublik Schlcpnikow, Mitglied der russischen Gewerk­schaftsleitung, französisch sprach, während Däumig dolmetschte. Eine Entschließung der Versammlung spricht die Sympathie des deutschen Proletariats für Sovjet Rußland aus. Dann sprach Däumig für Sozialisierung und das Räteshstem, .zum Schluß Richard Müller für die Einheit des Proletariats durch Zusammenschluß der Betriebsräte, die auch in den politischen Kampf eintrcten müßten.

Die Truppen im Ruhrgebiet.

,) Paris, 8. Mai, Die Havas-Agentur meldet auS Mainz, die deutsche Regierung habe den General Rollet wissen lassen, daß die überzähligen Truppe» im Ruhrgebiet bis zum 10. Mai zurückgezogen sein werden,

(WTB ) Essen a. R., 8. Mai Nachdem gestern bereit? ein Tetl der Reichswehrtruppen Essen verlassen hat, folgt ihm heute der Rest der Truppen, Die Truppen, die in den letzten Wochen hier stationiert waren, verließen dir neutrale Zone,

Reichskommifsae für Auslandsschäden.

(WTB ) Berlin, 8, Mai, Zum Reichskommissar für Aus­landsschäden ist der Unterstaatssekretär a, D, Wirft. Geh-Rat Conze ernannt worden.

Die Erzberger'sche Steuererklärung.

(WTB ) Berlin, 8. Mai, Von der Oberstaatsanwaltschast wird die durch die Presse verbreitete Nachricht, es schriebe in der Angelegenheit der Erzbcrgcrschen Steuererklärung ein Ermitt-üungs verfahren bet der Staatsanwaltschaft I Berlin als irrig bezeichnet. Zur Einleitung einer Untersuchung ist eS auch bei der Staatsan­waltschaft HI nicht gekommen.

Deutsche Kinder nach Schweden.

(WTV ) Stockholm, 8. Mai, Heute früh traf in Stockholm der erste Transport deutscher Kinder ein, die Len Sommer in Schweden verbringen sollen,

Gin Sperrgefetz gegen die Bodenverfchleudernng.

Deutscher Grund und Boden wird in allen Teilen des Reichs, auch bei uns im Süden, in wachsendem Umfang von Ausländern aufgekauft, die bei dem niedrigen Stand der Mark darin mit Recht eine hervorragend günstige Kapitalanlage sehen. Nun verbietet uns aber 5er Friedensvertrag (Z 276), Angehörigen der alliierten Staaten irgend eine Beschränkung anfzuerlegen, die nicht auch für unsere eigenen Landsleute gilt. Wir sind also nicht in der Lage, durch gesetzliche Bestimmungen den Ausverkauf deutschen Bodens an daS Ausland zu verhindern, wenn wir nicht gleichzeitig den in­ländischen Bodenwucherern zu Leibe' gehen. In dem badischen sog. Sperrgesetz" scheint ein gangbarer Weg gefunden, unseren Boden vor dem Angriff räuberischer Spekulanten draußen und drinnen zu schützen. Es schreibt nämlich für jede Veräußerung oder Ent­eignung eines Grundstücks, sei es an In- oder Ausländer, die vor­hergehende Genehmigung durch das Bezirksamt vor, die nur erteilt werden darf, wenn gemeinwittschaftlich« Interessen nicht tm Wege stehen. Außerdem hat der Staat bezw. die Gemeinde oder eine gemeinnützige Gesellschaft, der er es überträgt, ein gesetzliches Bott kaufsrecht, das jedem anderen Vorkaufsrecht vorgeht. Und endlich verleiht das Gesetz dem Staat unter bestimmten Bedingungen die