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Erzähler vom Achwarzwald.
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lll der Stadt vlerteljäkr!. Kl. 1.35 mvnall. 45 kk.
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V Lelekvll kir. 41.
Amtsblatt für die Ltadt Mldbad.
Verkündigungsblatt
der ttgl. Forstämter lvildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. während der Saison mit
amtl. Fremdenliste.
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lelegrsmni-lldrssse: 5lkiüsr2is8Il!er ^illißgri.
Nr. St8.
Momentbilder vom sozial. Parteitag.
,Nachdruck verboten.)
IV.
6r, Nürnberg, 15. Sept.
Tritt den Frauen zart entgegen. — Bericht über die parlamentarische Tätigkeit. — Kritik der Blockpolitik. — Die Konkurrenz der Militärmusik.
Die teure sozialdemokratische Musik.
In der heutigen zweiten Sitzung wurde in der Diskussion über den Geschäftsbericht des Vorstandes fortge- sahren und- zunächst die
Frauen Organisation
behandelt. Durch das Reichsvereinsgesetz ist es möglich! geworden, daß auch die Frauen politischen Vereinen angehören körmen. Die bisherige Frauenorganisation soft daher in der Partei aufgehen. Es liegt bereits eine Vereinbarung zwischen Parteivorstand und den „Genossinnen" vor, die zum Beschluß erhoben werden soll. Es heißt in dieser Abmachung u. a.: „Jede Genossin ist verpflichtet, der sozialdemokratischen Parteiorganisation ihres Ortes beizutreten. Politische Sorcherorganisatio- nen -der Frauen sind nicht gestattet, lieber das Fortbestehen besonderer Frauenbildungsvereine entscheiden die Genossen und Genossinnen der einzelnen Orte. Die weiblichen Mitglieder sind im Verhältnis zu ihrer Zahl im Vorstand vertreten. Doch muß diesem mindestens eine Genossin angehören." — Ueber diese letzten beiden Be- Knunnngen entspann sich eine längere Debatte. Die Herren Genossen wünschen, daß eine solche Verpflichtung nicht ausgenommen werde. Wenn tüchtige weibliche Kräfte am Orte vorhanden seien, so würden sie so ipso in dep Vorstand gewählt werden. Also, die Frauen können in dem Vorstand vertreten sein, aber müssen gibts nicht. Der bekannte Gewerkschaftsführer von Elm-Hamburg iührte aus: Der Partelivorstand habe nach dem Stichwort gehandelt: Tritt den Frauen zart entgegen . . . Wie könnte man Frauen in den Vorstand wählen, wenn in einzelnen Orten keine geeignete Frau vorhanden ist. Die Frauen kämen dem Parieivorstand immer mit Mißtrauen entgegen. — Ein Schlußantrag machte der langweiligen Rederei endlich nach zwei Stunden ein Ende. Die Resolution des Parteivorstandes über Partei und Gewerkschaften, wonach die Mitarbeit von Parteigenossen in den
Donnerstag, den »7. September
sog. „freien" Vereinigungen lokalistischer Richtung unvereinbar ist mit den Grundsätzen der Partei, wurde angenommen. Ebenso wurde dae Vereinbarung mit der Frauenorganisation genehmigt. Zur Frage der Parteischule gelangte ein Antrag zur Annahme, in dem der Parteivorstand ersucht wird, die Parteischulen in der bisherigen Richtung weiter auszubauen. — Damit war der Geschäftsbericht -des Vorstandes abgetan und der badische Reichst«gsabg. Eichhorn berichtete über die parlamentarische Tätigkeit. Der» Reftrent kritisierte
die Blockpolitik
skhr scharf. Die Blockparteien hätten keine Grundsätze mehr, sondern lebten in ständiger Angst, der Block könne zu Grunde gehen. Die bürgerlichen Oppositionsparteien täten alles, was die Regierung wolle, weil sie in der Regierungsmehrheit bleiben und sich nicht ausschalten lassen wollten von der scheinbaren Mitbestimmung an den Tendenzen der Regierungspolitik. Die Oppositionsparteien würden -auch die Reichssinanzreform annehmen und die indirekten Steuern bewilligen, alles unter dem Beweggrund, die Blockpolitik nicht zu Grunde gehen zu lassen. Die Verlodderung des Liberalismus sei geradezu ein Beispiel dafür, wie weit eine Partei kommen kann, wenn sie fortdauernd ihre Grundsätze verletzt. Tie einzige Partei, welche die Volksrechte wahrgenommen, sei die sozialdemokratische gewesen. — Der Wahlkreis Berlin II beantragte, die Fraktion zu ersuchen, im Reichstage erneut einen Antrag zu stellen gegen die den Zivilmusikern gefährliche Konkurrenz der Militärkapellen, weil durch das Spielen derselben die Zivilmusiker in ihrem Erwerb beeinträchtigt werden. Ewald-Berlin bemerkte zu diesem Anträge, daß die Zivilmusiker sich dann erst -auf ihre Parteizugehörigkeit erinnern, wenn es gilt, sich die Konkurrenz vom Halse zu halten. Die Zivilmusiker ließen sich den Tarif und darüber hinaus bezahlen, wenn es sich um sozialdemokratische Veranstaltungen handele, während sie bei konservativen und freisinnigen Festlichkeiten unter den Tarif herabgingcn. (?) — Eine Anzahl Anträge, wie Ausdehnung der Krankenversicherung auf die Landarbeiter, die Ausdehnung der staatlichen Alters-, Invaliden-, Witwen- und - Waisenversicherung auf alle Schichten der lohnarbeitenden Bevölkerung ebenso wie der oben gen. Antrag der Zivilmusiker werden der Reichstagsfraktion als Material überwiesen.
In der Nachmittagssitzung kam es zu lebhaften Auseinandersetzungen über die Maifeier, die der radikale
1SV8.
Flügel unter Rosa Luxemburgs Führung ausgedehnt, der revisionistische Flügel ganz abgeschafft wissen will. In der Abstimmung wurde die Frage nach Unterstützung der Mai-Artsgesperrten bejaht und der Parteivorstand beauftragt, in dieser Angelegenheit nochmals mit der Generalkommission zu verhandeln. (Näheres morgen).
Rundschau.
Zur Gas- uud Elcktrizitätssteuer
kommt eine Aussehen erregende Meldung aus Berlin. Wie dort in interessierten Kreisen verlautet, dürfte diese Steuer weit härter und bedrohlicher fein, als man nach den bisherigen Angaben annehmen konnte. Die neue Steuer wirb- nicht nur eine Licht st euer sein, sondern die gesamte elektrische Energie und der gesamte Gasverbrauch werden in die Besteuerung einbezogen werden. In welch schwerer Weise die Elektri- zitäts- und Gasverhrancher von der Steuer betroffen werden, ergibt sich ans der Tatsache, daß der Ertrag der Steuer aus die e no r me S nmme v on 6 0 Mil- lionen Mark veranschlagt wird, was nur dadurch erreicht werden kann, daß der Steuersatz in der Höhe von 5 Proz. vorgesehen ist. — Sollten diese Informationen den Tatsachen entsprechen, dann darf sich die Regierung aus einen einmütigen und erbitterten Widerstand weiter Erwerbskreise gefaßt machen.
Des Kaisers Anerkennung.
Der Kaiser hat, wie offiziös ans München gemeldet wird, an den Prinz-Regenten Luitpold ein Dankschreiben für die Teilnahme bayerischer Truppen an dem Kaisermanöver in Lothringen gerichtet, worin es heißt: „Ich habe sowohl bei der Parade des 16. Armeekorps am 27. August bei Metz wie auch im Verlaufe der lehrreichen Mcnröver mehrfach Gelegenheit gehabt, mich von der inneren Ordnung und kriegsgemäßen -Ausbildung aller Waffen und ihrem zielbewußten Zusammenwirken im Gefecht zu überzeugen, und kann ich. Eure königliche Hoheit zu solchen Truppen nur beglückwünschen." Der Prinz-Regent hat für diese Anerkennung in einem längeren Schreiben gedankt. — Und das alles bei der zweijährigen Dienstzeit, gegen die heute noch von einigen unverbesserlichen Gamaschenknöpfen und von den reaktionären Parteien gekämpft wird, während sie sehr gut eine weitere Verkürzung vertragen würde.
Du bist am Ende — was du bist.
Setz' dir Perrücken auf von Millionen Locke»,
Setz' deinem Fuß auf ellenbobe Socken.
Du bleibst doch immer, was du bist. Goethe.
Rosa-Marina. -
^ Noman von M e l a ! i vo n Ja va
Deutsch von Leo van H e e m st e d e.
.Nachdruck verboten.)
' Fortsetzung.
»Das arme Kind! Hätte er das ahnen können ^ sein Nariechen, fein Liebling, sein Einziges! Frank, Frank, was hast Du getan! Aber Du mußtest es nickt, es ist Deine Schuld UM, natürlich; aber ich habe wieder eine große Unterlassungs-- ^nde aus meinem Gewissen. Das Mädchen übte eine so große «stichiliigskraft auf mich aus, und nun weiß ich auch weshalb,
^ ist ihm ähnlich! Ich hätte alles daran setzen müssen, um sie und ihr Schwesterchen in bessere Verhältnisse zu bringen. Aber H habe mich dieser Pflicht entzogen: wie ein Feigling babe ich ^ugt: „Dann läßt sich die Sache nicht ändern, armes Kind!" und daraus ist alles weitere Elend hervorgcgangen. Aber wie uunte ich vermuten, daß es sein Töchtecchcn war!"
«Hast Tu Deinen Chef denn so sehr geliebt, Onkel?"
«Geliebt? Nein! Ich babe ihn gehaßt.aber geachtet."
' Eme furze Pause entstand.
»Und nun weiß ich etwas anderes, Frank! Vertraue mir an. Lasse sie hierher kommen: hier wird sie ihre ich f nicht einbüßen: ich werde sie ausbilden, so viel
ein/""' ^ ^rde mein möglichstes tim, aus ihr eine Frau zu die, was den äußeren Schliff anbetrifft, mit Deinen ^ Estern sich niesten kann; denn im übrigen steht sie auf einer km/" ich werde Dir schreiben, sobald Du kommen
Mi sie in Tein Hans zu holen, aber dann versprichst Du mes heilig und feierlich wie rin Mann: Du machst sie
glücklich, so glücklich, wie Du nur kannst. Nimmst Du meinen Vorschlag au?"
„Onkel!" rief Frank mit größerer Wärme und Lebhaftigkeit, als sonst in seiner Art lag. „Vor meiner Eke bin ich hierher gekommen, um meine Braut unter Deinen Schuh zu stellen; damals hast Du mir meine Bitte abgeschlagen, und ich wagte sie letzt nicht zu wiederholen, aber heimlich hoffte ich. Du würdest mir bei Tir ein Unterkommen für sie anbicten. Nirgends möchte ich sie lieber wissen, denn um die Wahrheit zu gestehen: ich weiß nicht, was in mir vorgeht, aber ich glaube, die Zeit ist nicht mehr kern, da Rose mir als Lebensgefährtin teurer sein wird, als . . . meine Kunst. Dari ich ibr sagen, daß sie bei Dir eine Heimat finden wird?"
„Nein, tue das nicht. Ich werde sie selbst holen."
„Du, sie holen aus Amsterdam? Du, in eigener Person?"
„Ja. ich. Morgen schon werde ich gehen."
„Und willst Du Charlotte sagen, in welchem Verhältnis sie zu mir steht?"
„Nein, das sage ich nicht. Ueberlasse mir nur ruhig alles weitere."
Elftes Kapitel.
Rose-Marie wartete in Amsterdam an diesem Abend vergebens auf Franks Besuch.
Da das Küchenmädchen aus war, mußte sie immer die Tür öffnen, wenn gescheit: wurde. Zur Tecstunde kam Emil. Er zog höflich den Hut, als er eimrat.
„Frau van Haercn, ich bitte sehr, mein unpassendes Benehmen an jenem Abend entschuldigen zu wollen. Außerdem konnte ick nichl ahnen, daß meine Cousine eine verkleidete Prinzessin in ihren Dienst genommen hat."
Nose-Marie lächelte flüchtig, sagte aber dringend: „Herr Sandbcrg. ich rechne aus Ihre Verschwiegenheit."
„Ich babe Frank mein Worr schon gegeben."
Aber Noie-Marie mochte noch so oft die Türe öffnen, Frank erschien nicht.
» * *
Der folgende Morgen kam. Rost-Marie wußte, daß heute die Sache zur Entschciduna kommen muffe, bin arofler Svannuna
^ sah sie Stunde um Stunde verstreichen, aber nichts geichau, was ihr irgens eine Aufklärung gegeben hätte. Sie wußte nicht mehr, was sic sagen und antworten sollte, wenn Frau Sändberg sie zur N.dc stellen würde.
Auch Charlotte war erregt; sie brannte vor Neugier, zu erfahren. was bei dem Verhör hcrauSiommen würde. Sie wartete oder bis halb zwölf, ehe sie Marie rufen ließ.
In voller Würde setzte sie sich ans ihrem Plüschsessel nieder, wie ein Nickter auf seinem Stuhle thronend, und gab. ans einen Knopf drückend, das Zeichen mit der Schelle. Rose-Marie erschien, äußerlich ruhig, aber sehr bleich. '
„Schließe die Türe, ich habe mit Dir zu reden" sagte die Herrin mit der ganzen Würde, die der Augenblick und die Sache erforderten.
Nose-Marie gehorchte und blieb dann, mit den Händen an den Spitzen ihrer Schürze zupfend, vor ihr sieben.
„Tie drei Tage sind vorbei, das weißt Du!"
„Ja, Madame."
„Und Lu weißt, was ich gesagt habe?"
„Jawohl, Madame."
„Tn sollst mir Ausschluß geben über die Art und Weise, wie Du Deine Abende außerhalb des Hauses znbringst."
Nose-Marie errötete, sagte aber nichts.
„Man bat Tich in Gesellschaft eines Herrn gesehen, ich habe ein Brieschen gelesen, worin Tir ein Stelldichein gegeben wird. Willst Tn mir nun sagen, in welchem Verhältnis Du zu jenem Herrn stehst und zu dem Schreiber jenes Briefchens?"
Sic verharrte schweigend.
„Nun. ich warte aus Deine Antwort'."
„Ich habe nichts zu antworten, Madame."
„So, Du hast nichts zu antworten? Das heißt. Du willst nicht?"
„Ich kann nicht, Madame."
„Es tut mir leid, aber dann kann ich DiÄ nicht länger behalten und muß Dich bitten. Dich sobald als möglich um eine andere Stelle zu bemühen."
„Sehr wohl, Madame."
„Soweit willst Du es also kommen lassen? Mich deucht. Du hast es hier doch io gut. wie Du nur wünschen kannst."
GortMmg ftlK)