lich tingetrelenen Käle an den Zweigen, der Schnee legre kick, vom Wirde hergewekn, darauf und einzelne N ste wie Bäume zerbrachen uvd liege» in großer Zahl beschädigt am Boden. An verichiederieu Stellen des Walde- sieht es tiamig aus und es ist küne Frage, duß der Schaden infolge Schneedrucks in diesen wenigen Ta en größer ist, als im ganzen legten schneereichen Winter.
Gerichtssaal.
Prozeß Harden.
Berlin, 19. Dez. Heute vormittag begann die Verhandlung im neuen Prozeß Mvltke-Harden. Der Angeklagte, der einen sehr leidenden Eindruck macht, ist znrS1 elle. Alls die Frage des Vorsitzenden, ob er Iw ohl die Strapazen der Verhanolung anshalten würde, erwidert Harden, er hoffe es. Der Angeklagte nimmt das Anerbieten des Vorsitzenden an, auf einem besonderen Sessel neben seinem Verteidiger Platz nehmen zu dürfen. Trotzdem übergibt der Verteidiger Hardens ein ärztliches Attest von gestern, wonach der Angeklagte ohne schwere Gefährdung seiner Gesundheit der heutigen Verhandlung nicht beiwohnen dürfe. Die Auseinandersetzungen über die Dispositionen führten zu dem Ergebnis, daß die meisten Zeugen entlassen wurden. Es sollen zunächst vernommen werden der Vetter des Nebenklägers, Oberstleutnant Graf Moltke, der Nebenkläger Graf Moltke selbst, Fürst Philipp EulenbUrg, Frau v. E lbe und deren Mutter.
Bor Eintritt in die Tagesordnung verliest Justizrat Kleinholz den Einwand gegen die Zuständigkeit des Gerichts auf Grund des Z 16 der Str.-P.-O. Der Beschluß der 3. Strafkammer datiere vom 23. November 1907, die Anklage sei demnach unzulässigerweise zu einem Zeitpunkt erhoben worden, bevor das Verfahren vor dem Amtsgericht I rechtskräftig abgeschlossen gewesen fei. Das gegenwärtige Verfahren verstoße außerdem gegen den Grundsatz no bi8 in iävin. Der Verteidiger beantragt, das Verfahren ein zu fiel len. Jnstizrat Bernstein schließt sich diesen Ausführungen durchaus an. Das Gericht dürfe sich nicht damit begnügen, zu prüfen, ob die heutige Verhandlung stattfinde auf Grund eines formell richtigen Eröffnungsbeschlusses, sondern müsse auch prüfen, ob die ganze Grundlage, auf welcher der Eröff- Nungsibeschluß beruhe, rechtlich unanfechtbar sei. Abgesehen von diesen rechtlichen Mängeln stütze er sich hauptsächlich auf den Einwand der resiuäieatn. Oberstaatsanwalt Jsenbiel führte zu dem Einstellungsbeschluß aus, das ganze Verfahren gehöre nicht zu denjenigen, die nur mittels befristeter Beschwerden angegriffen werde» könnten. Auch heute könne Bernstein den Einstellungsbeschlnß anfechten, er werde dies wahrscheinlich aber nicht tun, weil es gänzlich aussichtslos sei. Der Oberstaatsanwalt sucht in längeren Ausführungen sein Eingreifen in das Verfahren gegenüber dem Standpunkt berühmter Rechtslehrer zu begründe n, und schließt die Staatsanwaltschaft habe in dieser Sache ihre Pflicht getan. Der Angeklagte habe keinen Grund, sich zu beklagen; der Angeklagte sei jetzt vor den zuständigen Richter gestellt und habe alle Veranlassung, der Staatsanwaltschaft dankbar zu sein. An den weiteren Erörterungen über die Zuständigkeitsfrage beteiligte sich Oberstaatsanwalt Dr. Jsenbiel, während Per Nebenkläger und sein Vertreter, Justizrat Sello, sich an dieser Debatte nicht zu beteiligen! wünschen, um a'uch den Uebelwollenden den Schatten eines Verdachts zu nehmen, daß sie irgend ein Interesse an einer bestimmten Strafkammer hätten. Um 3/sl2 llhr tritt eine halbstündige Pause ein.
Nach Wiederaufnahme der Sitzung erklärt der Vorsitzende, daß jetzt in die materielle Verhandlung eingetreten werden solle. Auf die Zuständigkeitsfrage werde in der Urteilsbegründung zurückgekommen werden müssen. Der Staatsanwalt behält sich den Antrag auf Ausschluß der Lessentlichkeit vor und spricht die Zuversicht aus, daß alle peinlichen Angelegenheiten in taktvoller Weise erörtert
werden würden. Tie Vertreter Hardens stimmen ihm zu. Hierauf werden die jnkriminierten Artikel verlesen.
Der. P r ä s i de n t erklärt, die Anklage vertrete die Ansicht, daß in diesen Artikeln dem Grafen Kuno Moltke der Vo r wu rf homosexueller Veranlagung, geschlechtlicher Perversion und Betätigung gemacht werde. Harden erwidert, er habe nicht im entferntesten daran gedacht, den Grafen Moltke zu beleidigen. Präsident: Das haben Sie aber sagen wollen; Sie haben auf Moltke als Homosexuellen Hinweisen wollen. Harden: Nein. Auf Vorhalt des Präsidenten, Harden habe doch wohl beabsichtigt, den Einfluß eines nach seiner Ansicht auf den Kaiser unheilvoll einwirkenden Kreises dadurch zu beseitigen, daß er aus Mitglieder des Kreises Makel warf, antwortet Harden: Von einem Kreis ist keine Rede. Es kommt in allen Artikeln zweimal der Ausdruck „Tafelrunde" vor und der Ausdruck „Grüppchen". Der Vorsitzende betont, im ersten Artikel werde nach Ansicht der Staatsanwaltschaft von dem Grafen Moltke und dem Prinzen Joachim Al- brecht von Preußen gesprochen. Die genannten hohen Offiziere seien als zwei Aestheten von verschiedener Sinnesart bezeichnet und der Gegensatz so aufgefaßt worden, als wenn dem Prinzen eine Hinneigung zum weiblichen Geschlecht, dem Privatkläger aber eine Hinneigung zum männlichen Geschlecht nachgesagt werden sollte. Harden: Es ist mir nicht bekannt, daß die öffentliche Meinung es so aufgefaßt hat. Ich habe es jedenfalls nicht gesagt und nicht sage» wolle». Ich habe lediglich die interes- santesante Tatsache erwähnt, daß die Sinnesrichtung der beiden Herren eine ganz verschiedene ist. Auf die anderen Artikel übergehend, fragt der Vorsitzende, ob in dem bekannten Nachtgespräch mit dem „Harfner" Fürst Eulenburg und mit dem „Süßen" der Nebenkläger gemeint sei. Harden antwortet mit Jawohl, er habe aber keineswegs auf irgendwelche Dinge anspiele» wollen, die die Oeffent- lichkeit scheuen müßten. Das Gespräch mit dem „Harfner" uttd dem „Süßen" bedeute: Da ist einer, der Skandal macht, Mil Eulenburg zu großen Einfluß hat. Auch bei den weiteren Artikeln bekämpft der Angeklagte die ihm vorn Vorsitzenden vorgehaltene Auffassung der Anklage über den wahren Zweck und die Bedeutung der Artikel in Bezug auf Graf Moltke. Man solle nicht das für richtig halten, was von außen her nachträglich aus den Artikeln herausgelesen worden sei.
Es entspinnt sich eine längere Auseinandersetzung zwischen klein Vorsitzenden und dem Angeklagten über die Frage, ob Harden dem Nebenkläger in den Artikeln den Vorwurf der Homosexualität im Sinne des H 275 habe machen wollen. Der Vorsitzende verweist auf den letzten Artikel und den Brief Hardens an den Klosterprobst Moltke, worin Harden selbst zügegeben habe, daß er den Grafen Moltke normwidriger Gefühlerregung beschuldigt hat. Wenn mit dem Vorwurf der Normwidrigkeit Eulenburg nicht der Makel der Homosexualität aufgehängt werden sollte, so hätten die Artikel doch den Zweck verfehlt. Harden: Wenn er „normwidrig" schreibe, so könne er nicht darauf Rücksicht nehmen, was d^r oder jener sich darunter denke. Auch sei eine solche Auffassung erst nach den von ihm ganz unabhängigen Ereignissest aufgetaucht. Als er die Artikel schrieb, habe ihm niemand solche Auffassungen entgegengetragen. Weiterhin verwahrt sich Harden dagegen, daß er eine Artikelserie gegen Eulenburg und Moltke habe schreiben wollen. Normwidrig sei jede Gefühlserregnng, die dem widerspreche, was nicht Norm der Männer in diesen Dingen und den Gepflogenheiten sei. Wenn solche Gefühlsrichtungen in diePolitik übergegriffen, so könnten sie schädlich werden. Von Moltke handle nur eine halbe Seite seiner Broschüre; Eulenburg und seine Freunde dagegen sollten bekämpft werde». Er habe Nur hin und wieder ein Wort eingefügt, was auf sexuale Empfindungen hindeute. In den Artikeln stehe nichts, was die Anklage behaupte. Er habe bestimmt das Gefühl, den Grafen nicht beleidigt zn haben. Sollte er schuldig be
sprochen werden, so werde er dies über sich ergehen lassen müssen. Ihm sei eine Beweisführung im ersten Verfahren aufgezwungen worden, worunter Graf Moltke und er gelitten haben. Seine Verteidiger betonen, Harden habe nicht beleidigen wollen, und es sei Unmöglich, einen Wahrheitsbeweis für nicht ausgesprochene Beleidigungen zu führen, deshalb sträuben sie sich gegen eine Beweisaufnahme. Der Oberstaatsanwalt protestiert gegen die Behauptung, daß Harden ein Beweis aufgezwungen worden sei. Darauf wird die Beweisaufnahme beschlossen und die Weiterverhandlung um Hi4 llhr auf morgen (Freitag) 10 Uhr vormittags vertagt.
Berlin, 19. Dez. Am Schluß der heutigen Verhandlung im Harden-Prozeß erklärte der Vertreter des Grafen Moltke, Justizrat Sello, die Verteidiger hatten! seinem Wunsche nicht entsprochen, ihm über das, was die von ihnen geladenen Zeugen bekunden sollten, Angaben zu machen. Er werde deshalb eine umfangreiche Beweisführung antreten müssen, deren ganze Wucht sich gegen Frau v. Elbe richten solle.
Nachspiel zum Hau-Prozeß.
Karlsruhe, t9. Dez Vor der 4 Strafkammer begann heute die Verhandlung gegen den Fretherrn Paul Heinrich o. Lin den au, der sich «egen Erpressung und Beleidigung der Hauptzeugin im Havp ozeß Fräulein Olga Molitor zu verantworten hatte. Lindenan hat b kannt- lich behauptet, daß er gesehen habe, wie Olga Molitor auf ihre Mutter geschossen habe, später machte er Olga Molitor einen Heiraieantrag, er wollte damit sein Schweigen erkaufen. Er behauptet auch heute, daß er Zeuge der Tat gewesen sei, er habe in unmittelbarer Nähe gestanden und gesehen, wie Olga Molttor auf ihre Mutter geschossen habe. Der Vorsitzende dringt dann in den Angeklagten, er möge doch zugeben, daß er damals überhaupt n-cht in Baden-Baden gewesen sei. Der Angeklagte verbleibt jedoch bei seinen Behauptungen, verwickelt sich ober fortgesetzt in Widersprüche. Auf die Frage, weshalb er seine Beobachtung nicht ange- zeigt habe, bemerkt Lindenan, ?r würde auch heute nichts davon sagen, da sich die Aussage sehr gefährlich für den unbeieiligken Zuschauer gestalten könne. Wenn dem Angeklagten irgend eine Unwahrheit oder Unrichtigkeit seiner Behauptung nachgewiesen wird, so entschuldigt er dieser durch sein schlechtes Gedächtnis. Die tnkciminterten Briefe an Fel. Olga Molitor und den Rechtsanwalt Dietz will er in einem unzurechnungsfähigen Zustand unter dem EOsluß geschrieben haben. Bei der Zeugnisaussage des Frl. Molitor werden die Einzelheiten berührt, die vom Prozeß Hau bekannt sind. Olga Molitor erklärt unter Eid, daß sie nie eine Schußwaffe besessen, daß sie ihre Mutter nicht gerötet Hobe und daß zwischen ihr und Hau niemals ein Verhältnis oder sonst irgendwelche intime Beziehungen bestanden haben.
In der Nachmittagssttzung wurden die Zeugenvernehmungen fortgesetzt. Es wurden unter ande. em vernommen Zeugin Frau v. Reitzenstein uni tnr Amtsrichter Junck-Mannheim. Linde nau e.klärte u a. noch, der bezaubernde Eindruck, den Olga Molar,- aas ihn gemacht habe, als ec sie zum e ste.imale sah, habe rh r so überwältigt, daß ec aus dieser St mmung heraus den Brief geschrieben habe. Vorsitzender: Also im Zustmie der Verliebtheit? Ltndenau: J^! Vorsitzender: Haben Sie Olga Moltior üb rhaupt gesehen? Angeklagter: Es war an jenem Aoend, als die Piuse etrural. Vorsitzender: Am 18 Julr? Angeklagter: Das weiß ich nicht! Es war an dem Tage, an dem ich den Brief geschrieben habe Vorsitzender: Ist das auch richtig? Dr Angekragre zöge t mir eer Antwort. Vorsitzender: Es könnte auch stin, daß es nicht wahr ist, daß Sie F äul in Mckitor gesehen habm Angekla gier Herr Prä'ireni! F eii'ch habe ich ste gesehrn, sonst wäre ich nicht so begeistert gewesen (Stürmische Herterküt) Ja Gu tes Namen, es ist halt so! — In später Abendstunde wu de die Verhandlung auf Freitag vertagt.
„Wessen Kind könnte ich lieber erziehen wollen, als das Ihre," sagte Hella einfach. „Aber wird Ihre Frau einverstanden sein? Nein, antworten Sie mir nicht, bis Sie mit ihr gesprochen haben. Ich bleibe noch eine Woche hier, dann gehe ich zn Reiterers, Sie haben also alle Zeit, es mit ihr zu überlegen."
Es begann zn dämmern, Pud Hella nahm Abschied. Sie speiste mit einigen Bekannten, wie man sie eben im Hotelleben findet, an gemeinsamer Abendtafel und wollte nicht fehlen und keinen Grund zu Bemerkungen geben.
„Man wird so vorsichtig, wenn man allein für sich einzustehen hat, und vielleicht ,hat das dumme „Es schickt sich nicht", dem ich entlaufen bin, doch bei mir abgefärbt", sagte sie lachend und schüttelte Arnold herzlich die Hand.
Dieser sah ihr Nach, wie sie frisch und mit ihrer natürlichen Anmut den Fußpfad hinunterschritt. Ihr rotes Haar leuchtete im Abendschein noch einmal ans, dann verschwand ihre Gestalt an einer Wegbiegung.
XXIX.
Es war ein Monat später. Lifi hatte zu Arnolds großer Verwunderung sehr rasch eingewilligt, Hella ins Haus zu nehmen, als er ihr es vorschlug. Sie hatte damals -in Krems so viel über die Gymnasiastin gchört, diese so sehr beneidet, daß es ihr heute zu großer Befriedigung gereichte, sie als ihre Untergebene ansehen zu können.
Somit war die Gouvernantenfrage zu aller Zufriedenheit gelöst, und heute abend sollte Hella ankommen.
Sie kam gegen sieben in einem Einspänner angefahren, die Mädchen holten ihren Koffer herauf, und Arnold empfing sie freudig in der Tür der Wohnung. Lisi stand auf und ging der Gouvernante entgegen, und diese war überrascht von der großen Lieblichkeit ihrer Erscheinung; ste glaubte nun Arnolds Wahl verstehen zu können.
„Recht schön willkommen!" begrüßte sie Lisi etwas gezwungen. ,Jch freu' mich, daß sie da sind, Frau Professorin, und hoff', wir werden in Ihnen die Person finden, die wir für unsere Manserl brauchen. Elisabeth, mach dein Kompliment!" rief sie ins Nebenzimmer, aus dem Arnold mit dem Kinde an der Hand eintrat. Else war stehen geblieben und schaute mit ihren großen, stahlgrauen Angen neugierig auf die fremde Dame.
Hella ging auf das Kind zu. „Wollen wir gute Freunde werden?" fragte sie gütig und streckte ihr die Hand entgegen.
Zögernd legte Else die ihre hinein. Unbewußt stieg in ihr der Wunsch auf, der Fremden etwas Freundliches zu sagen, sie wußte nur nicht was.
„Sie haben aber," begann sie stockend, „schönes rotes Haar; und so viel!" ergänzte sie, es betrachtend.
„Ja, Kind, etwas Hübsches Hab' auch ich auf die Welt mit bekommen, geradeso wie du deine Schlehein- augen. Wie heißt du denn?"
„Else heiß' ich," rief das Kind rasch. „Aber die Mutter sagt Manserl, die Großmutter sagt Elsa, und die Mädeln sagen Fräulen Elserl! Nur mein Batterl sagt Else."
„Darf ich dann puch Else sagen?"
Das Kind nickte heftig.
„Und zu mir sagst du dann Tante Hella, nicht wahr?"
„Tante Hella?" rief Lisi verwundert. Ja wie so denn? Wir sind doch gar nicht verwandt!"
„Halten Sie das nicht für richtig, Frau Doktor? Ich will das Kind zutraulich machen."
Lisi ließ die Unterlippe hängen. „Ja, wir sind halt doch gar nicht verwandt!" wiederholte sie.
„Else wird sehr dankbar sein, wenn sie Tante sagen darf," fiel Arnold ein.
Lisi lächelte gezwungen. „Wenn du's willst, Arnolderl, mir kann's ja recht sein. Ich sehe nur nicht ein, warum eine Gonvernant' eine Tant' sein soll. Das sind so norddeutsche Moden. Nicht wahr?"
Hella biß sich nnmerklich auf die Unterlippe. „Ich bin eine gute Oesterreicherin, Frau Doktor, eine Beamtentochter, mein Vater ist als Hofrat in Wien gestorben."
„Gar a Hofrat war er?" fuhr es Lisi etwas ärgerlich heraus.
„Ja, protzen habe ich mit meinem Rang nicht wollen," rief Hella lächelnd, „sondern nur mein Oesterreicher- tum damit beweisen."
„Sie reden halt so ein reines Deutsch", sagte Lisi.
Jetzt lachte Hella hell auf. „I kann's a af wea- nerisch, wenn Ehna dös eppa leaba san sollt'."
Aber Lisi lachte nicht mit, sie war beleidigt. „Nein, so etwas!" sprach sie im Tone von Mama Brands Fenn- heuten. „Das haben Sie bei mir nicht notwendig, ich verstehe, Gott sei Lob und Dank, hochdeutsch."
. „Also bitte bestimmen Sie, Frau Doktor," begann Hella freundlich, aber mit einem leisen Untertan von Uw geduld, „wie das Kind «und ich einander anreden sollen."
„Aber Jessus, ja, es is mir ja recht, so soll sie halt Taut' zu Ihnen sagen."
Hella neigte -»stimmend den Kopf, aber sie sowohl als Arnold und Lisi begrüßten die Meldung, daß das Nachtessen aufgetragen sei, als wohltätigen Abschluß der kleinen Szene.
Die Großen berieten den Lehrplan der nächsten Zeit.
„Im allgemeinen wäre es am besten," schlug Hella vor, „sich an das zu halten, was die Volksschule vorfchreibt. Im einzelnen kann man auf den einen oder anderen Gegenstand näher eingehen."
„Auf eine genauere Kenntnis der Naturgeschichte lege ich Wert," sagte Arnold.
„Eine Lehrerin vom Mädchenlyceum in der inneren Stadt, die bei meiner Mutter wohnt, die hat g'sagt, daß sie auch Astronomie und Stenographie unterrichtet; das is die Hauptfach', hat sie g'meint. Werden Sie das auch mit der Elisabeth nehmen, Frau Professorin?" warf Lisi ein, stolz, nach einem halbverstandenen Gespräch mit der Mieterin ihrer Mutter ihr Licht leuchten zu lassen.
„Dazu ist das Kind wohl noch zu jung," sagte Hella und unterdrückte mühsam ihre Heiterkeit. Sie wollte versuchen, Lisi ernsthaft gn nehmen und ihre Ansichten zu widerlegen. „Wie soll Else denn schon Stenographie lernen, wenn sie noch nicht ordentlich schreiben kann. Und nun erst Astronomie, diese erhabene Wissenschaft und ein Kinderverstand! Das würde noch gar nicht möglich sein. Man kann ihr an schönen Abenden einige Sternbilder zeigen, und ihr die Namen nach und nach einprägen. Das Sonnensystem lernt sie dann zu seiner Zeit im regelmäßigen Unterricht; aber das ist für jetzt alles. Erst in der höheren Töchterschule, wenn man ihr einen Begriff von der Entwicklungsgeschichte geben kann."
(Fortsetzung folgt.)