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mit Erzähler vom öchwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt Vildbad.
verkündigungsblatt
der Ugl. ^srstämter Vildbad, Meistern, Enzklösterte »c. mit
amtlicher Fremdenliste.
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Wr 276.
Ileastag, den 26 Movember
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Ein Mann des Volkes.
Mit Friedrich Haußmann hat das Schwabenland ei- nsn seiner Besten unserer Zeit verloren. Was er dem Lande getvesen, das suhlt man so recht erst heute, da sein Leib zur Asche gegangen ist. Selten hat ein Mann der Politik an seinem Sarge so viel öffentliche Anerkennung erfahren dürfen, als der Volksmann Friedrich. Allseits senken sich an seiner Bahre die Degen. Die gesamte Presse des Landes, ohne Unterschied ihrer.Partei- stellung, anerkennt unumwunden die markante Persönlichkeit Hauhmanns, seinen scharfen Geist, seinen riesigen Fleiß, seine Verdienste um die Landesgesetzgebung, um die uns viele norddeutsche Brüder beneiden, und sie hebt besonders seine Mitwirkung an dem Zustandekommen unserer Verfassungsreform hervor, die seine Gesundheit aufgerieben, die ihn, wie auch in Blättern anderer Parteien gesagt wird, jetzt das Leben gekostet hat.
Jenen denkwürdigen 13. Juni 1906, an dem Fried- .rich, unter seiner riesigen Arbeitslast, die er sich aufgebürdet, in der Kammer zusammengebrochen ist, bringt der Beobachter wieder in klare Erinnerung:
Es war bei der Entscheidung über die Verfassungs- Änderung in Württemberg. Friedrich Haußmann, als Referent, hatte die Hauptarbeit zu leisten gehabt, hatte in wochenlanger unermüdlicher, sich selbst vergessender Arbeit das vaterländische Werk durch alle Jährlich leiten und Hindernisse gefördert. Am 13. Juni 1906, einem ungemein schwülen Tage, mußte eine Doppelsitzung abgehalten werden. Der Berichterstatter hatte, um den vom Zentrum geforderten, auf Verschleppung absehenden schriftlichen Bericht zu liefern, Tag und Nacht gearbeitet. Um das Biü>getrecht drehte sich am 13. Juni der durch zwei Sitzungen gehende Entscheidungskampf. Es war in den Abendstunden. Da Plötzlich sank der ermüdete Berichterstatter, der trotz der Mahnung seines Bruders auf dem Posten geblieben war, vom Sessel. Drei Freunde trugen 'ihn mit der Unterstützung des Bruders hinaus aus dem dumpfen Saale. Seine Frau hatte von der Gallerte aus das Zufammensinken des Mannes gesehen und war ebenfalls herbeigeeilt. In einem Zimmer des Landtagsgebäudes wurde dem Zusammengebrochenen die erste ärztliche Hilfe zu teil. Die Verhandlungen aber mußten weiter, mußten zum Ende geführt werden. Die Ver-
fasungsänderung, für die er schon beim ersten Anlauf Referent gewesen war, wurde durchgesetzt ohne denjenigen, der sie so weit mit der Dranqabe seiner Gesundheit gefördert hatte.
Der 13. Juni aber hatte die Gesundheit des erst 49jährigen Mannes gebrochen, Er hat sich nie mehr völlig erholt, wenn es ihm auch möglich war, nach bangen Wochen und Monaten wieder seinem Berufe und seiner land- ständischen Tätigkeit nachzugehen.
Sein Wahlbezirk Gerabronn, den er seit 8. Dezember 1890 im Landtag als Nachfolger Egelhaafs vertrat, wählte ihn in dankbarer Anerkennung im Dezember vorigen Jahres wiederum in die Abgeordnetenkammer, obgleich er im Wahlkampf mit keinem Schritt seinen Bezirk betreten konnte.
Aber trotz der geschwächten Gesundheit brach die alte Schaffenslust wieder bei dem Manne durch, dessen ganzes Temperament auf die Arbeit ging. Während der Re- konvaleszens verfertigte er eine juristische Doktorarbeit, und noch in den letzten Wochen schrieb er politische Aufsätze neben seiner Arbeit im Hauptberufe. Dieser aber ist ihm stets ein Herzensanliegen gewesen; er war Anwalt mit voller Seele. Es war eine Lust, den Mann zu beobachten, wie er auch den einfachsten und schlichtesten Bürger und Bauer beraten hat. Das Volkstümliche war überhaupt ein Grundzug seines Wesens, die Liebe zu unserem württembergischen Volk in seinen breitesten Schichten. Dazu gesellte sich die Milde und Liebenswürdigkeit im Urteil und im Verkehr. Und doch war ihm die agitatorische Arbeit in der Partei das Lebenselement. Schon als Student ist er hinausgegangen durchs Land von Stadt zu Stadt, von Parteifreund zu Parteifreund, um sich mit den Führern in den Bezirken zu beraten und in Verbindung zu setzen, um ihnen Anregung zu geben und politische Flugschriften zu überbringen. Das war auf ihn übergegangen von seinem Vater Julius Haußmann, an dem er mit ganzer Liebe zeitlebens gehangen war. Den Aeltesten — unter seinen 5 Kindern — hat er drum auch „Julius" genannt. Dieser Eifer um seine Partei und ihre Grundsätze, hat ihm aber auch bei aller Milde, wo es not tat, in den Mund und in die Feder die Entschiedenheit und Schärfe gelegt, mit der er seine Ueberzeugung stets verfochten hat. Ganz besonders war er ein Meister des packenden volkstümlichen Verses. „Be
obachter "und „Wegweiser" haben hievon viele Proben aufzuweisen gehabt."
Was Friedrich Haußmann der Volkspartei, was er der Sache der Freiheit überhaupt gewesen ist, das läßt sich nicht mit diesen wenigen Worten sagen. Es fühlt es heute jeder Demokrat in Württemberg und weit darüber hinaus. Seine Liebenswürdigkeit und Herzensgüte brachten ihm die Menschen nahe und erwarben ihm die Hochachtung und Zuneigung aller, die mit ihm zu verkehren und zu arbeiten hatten. Gern suchte seine Milde zu versöhnen und ouszugleichen, wo sich Gegensätze zeigten. So hat er manchmal in Partei und Fraktion gewirkt, aber wo es Not tat, wo er Böswilligkeit, engherzige Vorurteile oder Gleichgültigkeit traf, da wußte er auch kräftige, schneidende Worte der Abwehr, des Zornes oder der Mahnung zu finden. So mancher politische Gegner im Halbmondsaal und draußen im politischen Kampfe hat dies erfahren. Dennoch hat die Ehrlichkeit seines politischen Wollens und die selbstlose Arbeit im Dienste der von ihm vertretenen Ideen ihm auch in den Kreisen anderer Parteien aufrichtige Hochachtung erworben. Sein Name ist mit der württembergischen Verfassungsrevision untrennbar verbunden. Das freiheitlich fühlende württembergische Volk, für das er seine Kraft und ein großes Stück seines Lebens dahingegeben hat, wird sein Andenken stets mit Liebe und Dankbarkeit in Ehren halten.
Flotten- und Steuerpolitik.
(Reichstagsarbeit).
Der Reichstag sieht zwei unangenehme Aufgaben vor sich. Er soll der Verjüngung der Sch lacht flotte zustimmen, weiß aber ohne diese neue Mehrbelastung schon nicht, woher er sne Mittel zur Bestreitung der laufenden Ausgaben nehmen soll, mit denen die Einnahmen trotz aller Zoll- und Steuer-Kunststücke nicht in Uebereinstimmung zu bringen sind.
Die inoderne Technik bringt nicht nur fortwährende Verbesserungen im Bau von Kriegsschiffen, sie verteuert auch diese an sich schion kostspielige Waffe ohne Unterlaß. Es ist noch nicht lange her, daß ein Linienschiff auf etwa 20 Millionen Mark kam, unsere jetzigen kosten bereits 35 Millionen und die allerneuesten werden auf etwa 40
Die andre Hälfte.
12, Roman von Marlin K i t n e r,
(Fortsetzung.)
Wenn Reiterers die Kinder für den Sonntag sicher versorgen konnten, mgchten sie wohl auch eine Dampfschiffahrt auf der Donau, oder nach einer kurzen Eisenbahnreise eine Bergpartie.
„Das ist doch das Beste, was man im Leben hat," versicherte Reiterer, als sie einmal von einem großen Ausflüge nach Hause gingen; „ein paar Stunden in reiner Schönheit. Schöne Natur, schöne Kunst,: schöne Menschen. Gibt es ein befriedigendes „Drüben", so muß es eines sein, wo sich nichts Häßliches findet. Meinst du nicht auch, Liebling?"
Er drückte zärtlich den Arin der jungen Frau an sich.
Hella stimmte bei. „Das empfinde ich ebenso, wenn ich auch in deinem „Drüben" keinen Platz hätte.'
„Warum?" fragte Arnold erstaunt.
„Weil ich häßlich bin," sagte sie einfach.
Dr. Reiterer lachte und wandte sich zu Arnold. „Das ist nun ihre fixe Idee; sagen Sie nur nichts dagegen, da ist alles umsonst; sie faßt es als freundschaftliche Täuschung auf und bleibt bei ihrer Meinung."
Das junge Mädchen lächelte nur als Antwort. Es kag viel in diesem Lächeln; stille Resignation und doch der Humor, der imstande ist, auch diese zu übersehen.
Arnold konnte sie genau beobachten, da das Mondlicht ihr Gesicht klar beleuchtete.
Ms er dicht vor Mitternacht nach Hattse kam, suchte er unter seinen vorrätigen Ansichtskarten und fand eine, die ihm beim Heimweg in Erinnerung gekommen war. Ein schönes Mädchen mit dunklem, offenem Haar, das sich in einem Spiegel betrachtet. Er gab mit dem Rotstift dem Haar einen rötlichen Schimmer, machte dann mit ünmerklichen, spitzigen Bleistiftstrichen die Nase dicker Und den Mund breiter und schrieb darunter:
„Wenn ein kleines h dich kränkt, sei du nur zufrieden, Denn dir sind drei große H zum Ersatz beschieden. Daß du dich für häßlich hältst, dein Geschick vergüten tät; Hände, Haare und Humor, sind von erster Qualität."
Frau v. Rosners Kommen war für die ersten Angusttage angesagt, und Arnold richtete schon eifrig für seine Mutter ein. Er bestellte für sie im besten Hotel zwei freund
liche Zimmer, er legte sich im Geiste die Spaziergänge zurecht, die ihrer Leistungsfähigkeit angepaßt waren, er machte Projekte, um ihr zu Wagen oder per Bahn und Schiff die Punkte zu zeigen, die ihm lieb geworden waren. Für vierzehn Tage ihrer Besuchszeit, die auf sechs bis acht Wochen angesagt war, hatte er sich einen Urlaub erbeten, um eine Reise in die herrliche Alpenwelt, die so nahe war, mit ihr machen zu können.
Ein Telegramm von ihr, in Wien aufgegeben, machte allen diesen Plänen ein Ende.
„Bin unterwegs nach B., Onkel schwer erkrankt. Warte Nachrichten ab."
Nach einigen Tagen brachte ein Brief aus dem Elbtal das Weitere. Onkel Erwin, sein ehemaliger Vormund, hatte sich von einer Reise den Typhus heimgebracht, und Frau von Rosner war auf die erste Nachricht sofort zu ihm gereist, um der Schwägerin bei der Pflege zu helfen. Es stand sehr ernst um ihn, doch nicht hoffnungslos; es waren für Arnold Tage der Sorge, mit der er jeden Brief, jedes Telegramm erwartete.
Frau Lina war wie ein heilbringender Engel gekommen; die Krankheit nahm eine günstige Wendung, aber bei der großen Schwäche des Kranken mußte jede Aufregung ferngehalten werden.
Arnold strich deshalb während seines Urlaubs allein in den Bergen umher und kam nach einsamen Wandertagen, in denen er nichts von der Welt erfuhr, als was ihm die erbetenen Telegramme seiner Mutter sagten, frisch und fröhlich nach Krems zurück.
Es war ein trüber, regnerischer Augustabend, als er. anlangte und mit dem Rücksack auf der Schulter, den geliebten Alpstock schwingend, recht müde von einem laugen Marsch in der heutigen Morgenfrühe langsam die Treppe zu seinem Zimmer Hinaufstieg.
„Ach, der Herr von Rosner", rief oben die Mama Brand, die ihm selbst die Tür öffnete. Die kleine Lampe, die das Vorhaus erleuchtete, roch stark nach Docht, und die, Tür ins Wohnzimmer stand weit offen.
„Bitte, treten Sie unterdessen bei uns ein, veröhrter Herr Doktor. Wir haben Ihre Karte erst heute nachmittag bekommen, und Ihr Zimmer ist noch nicht ganz förtig; in einer halben Stunde können Sie es wieder benützen." Sie schritt hoheitsvoll voran, und er, obwohl recht ärgerlich über den Aufschub, wollte doch nicht
unhöflich werden, folgte also gehorsam, nachdem er den Rucksack und den Stock draußen abgelegt hatte.
Drinnen zeigte sich ein freundliches Bild; ausnahmsweise saß heute der Herr Kanzleidirektor oben an dem länglich runden Tisch, um ihn herum drei der Töchter, mit Handarbeit beschäftigt. Die Hängelampe überstrahlte die behagliche Szene, und Mama Brand nötigte Arnold, bei ihnen Platz zu nehmen. Die Lisi rückte eilig zur Seite, und er mußte sich zu ihr setzen.
„Wie ist's Ihnen gegangen auf der Reise?" fragte der Kanzleidirektor höflich.
„Ich danke, vorzüglich. Ich hatte viele schöne Tage und auf den Bergspitzen meistens herrliche Aussicht. Wie haben Sie sich befunden, wenn ich fragen darf?" .
„Ich danke sehr", erwiderte statt des Herrn die Frau Kanzleidirektor, „bei uns haben sich unterdessen Dinge ereignet."
„Ei!" sagte Arnold.
„Sie werden sich wundern. Die große Mühe, die I sich mein geliebter Gatte gegeben, um unsere Versetzung zu erreichen, hat endlich Erfolg gehabt. Wir kommen nach Wien; endlich, endlich, nach Wien!" Sie schlang emphatisch die Hände ineinander und hob die Arme wie in Befreiung.
„Ich gratuliere herzlich; da werden sich wohl auch die jungen Damen freuen."
„No und wie!" sagte die Pepi, „ich komm' in die Opernschul', und in zwei Jahren kann ich auftretten. Die Mali will sich im Haushalt ausbilden, um später a Hoteldirektion oder so was zu übernehmen, und unsere Kleine da, die hat für ihre Jahr' schon a großes G'schick in ihre Fingerln, die soll Putz und Schneiderei lernen und dann amal a Atelier aufmachen. Bis ich a berühmte Sängerin bin, wer' ich sie schon in die Mod' bringen!" Sie lachte. „Das sind halt jetzt nur Luftschlösser, aber wer's erlebt, der wird'S schon sehn: die Brand-Mädeln gehn nit zugrund."
„Und Sic, Fräulein Lisi?"
„Ich! Ich geh nit gern von hier fort, ich Hab' auch noch kein' Zukunftsplan; ich denk' halt, wie's der liebe Gott schickt) so wird's recht sein," sagte sie mit affektiert rührender Demut, und ein Blick wie ein griechisches Feuer fuhr über ihn hin. Ein schwerer Seufzer entrang sich ihrer Brust. (Fortsetzung folgt.)