regeln, und, nachdem ich mich persönlich vergewissert hatte, daß die Königin in ihrer Kabine sei, sehr gerührt, mit Tränen in den Augen und unter lebhafter Abstattung ihres Dankes, nahm ich ehrerbietig Abschied, ersuchte den Kapitän, loszuwersen, und ging an Land.

In zwanzig Minuten war der Dampfer draußen und dampfte ab nach England. Ich fuhr den Hafendamm ent­lang und hatte die letzte Genugtuung, ihn außerhalb der Rückrufmöglichkeit zu sehen; dann fuhr ich nach Hause. Heute morgen ist viel über die geheimnisvolle Ab­fahrt Kapitän Pauls gesprochen worden, und ich war gezwungen, zu gestehen, daß der Herr, den man mich an Bord hatte geleiten sehen, ein Bruder des Königs von Neapel gewesen sei, der ohne Ursache außerordentlich furcht­sam gewesen sei, und daß ich den Dampfer für ihn und seine Familie gemietet hätte. Viele meinen indessen, daß es der König gewesen sei, aber dann wieder könnte es doch nicht sein, wenn er von Treport aus in einem Fi­scherboot hinübergesahren sei. Wir haben jedermann voll- ständig hinters Licht geführt; es sind nur vier Personen in das Geheimnis eingeweiht, die alle bei der­selben Geschichte bleiben werden.

Ich habe diese Erzählung inmitten höchst eiliger Be­sorgungen hingeworfen, da ich glaubte, sie werde Euer Lordschaft interessieren. Sie hat den Reiz des Romans und die Stütze der Wahrheit. Ich habe die Ehre zu sein usw.

G. W. Featherstonhaugh.

Ich habe Nachricht erhalten, daß eine Stunde, nachdem der König und die Königin ihren Versteck letzte Nacht und gerade als ich sie an Bord brachte, verlassen hatten, ein Offizier und drei Gendarmen zu dem Versteckplatz kamen, um ihn zu arretieren. Sie waren von dem neuen republikanischen Präfekten ausgesandt worden. Es stellt sich heraus, daß der Mann, der ihm Zuflucht ge­währt hatte, gestanden hatte, wer er sei, sobald der Kö­nig Trouville verlassen und das Versteck in Honsleur ver­raten hatte. Welch Entkommen! Euer Lordschaft werden in der beigefügten Zeitung einen nicht ganz unrichtigen Satz finden. Wir Eingeweihten wissen nichts von Jouis Philipp, wir wissen etwas vom Grafen von Syra­kus und etwas von Mr. William Smith. 'Wenn etwas durchsickert, muß es von England kommen. Hier Hat niemand den geringsten Beweis. Inzwischen ist hier fast jeder hocherfreut, daß er entkommen ist.

Dieser Bericht wurde- von Lord Palmerston der Kö­nigin vorgelegt mit der Bemerkung:Er gleicht einer von Walter Scotts Erzählungen." Und in der Tat: an abenteuerliche Romantik läßt er nichts zu wünschen übrig.

Rundschau.

Gehaltskuriosa."

Unter dieser Bezeichnung lesen wir in derNeuen Gesellschaftlichen Korrespondenz":

Tie bestbezahlten Acmter im Deutschen Reiche sind, wie man weiß, die höchsten diplomatischen Posten. Wäh­rend zum Beispiel der Reichskanzler Fürst Bülow nur ein Gehalt von 100 000 Mark bezieht, in welchem 64 000 Mark Repräsentationskosten einbegriffen sind, erhalten mehrere der ihm unterstellten Botschafter jährlich erheb­lich mehr. Da nach völkerrechtlicher Anschauung die Bot­schafter sticht nur die Interessen ihres Landes wahrzuneh­men haben, sondern auch die Person ihres Souveräns re­präsentieren, sind sie genötigt, einen erheblichen Auf­wand zu treiben. Ein Folge dieser Verhältnisse ist die vielleicht nicht uninteressante Tatsache, daß Herr v. Echoen, der im Begriff steht, den Botschafterposten in St. Peters­burg mit dem Staatssekretariate des Auswärtigen Am­tes zu vertauschen, such hierdurch im Gehalt um nicht weniger als 100 000 Mark verschlechtert. In der Tat beziehen die Vertreter des Deutschen Reiches am Zaren­hofe und in London das höchste aller deutschen Gehäl­ter, nämlich 150 000 Mark, also um die Hälfte mehr als der Reichskanzler. Das Gehalt des Staatssekretärs des Aeußeren beträgt dagegen nur 50 000 Mark, einschließ­lich 14 000 Mark Repräsentationskosten. Der Vorgän­ger des Herrn v. Echoen, Herr v. Tschirschky, unternimmt den Sprung in umgekehrter Richtung. Während er als Staatssekretär, wie eben erwähnt, nur 50000 Mark hatte, wird er in Wien 120 000 Mark beziehen. Wie bekannt, sind sowohl Herr v. Echoen wie Herr v. Tschirschky von Haus aus sehr vermögend."

Wenn schon der Reichskanzler von seinen 100 000 Mark Einkommen (wozu noch eine fürstliche Wohnung nebst deren Unterhaltung tritt) 64000 Mark lediglich als Repräsentationskosten anzusehen hat, so brauchen die Bot­schafter nur einen entsprechend höheren Betrag fürRe­präsentation" anzusetzen, und die Gehaltsfrage ist durch­aus glatt geregelt. Uebrigens ist es gut, wenn auch die Botschafter im Repräsentieren Maß halten? Mit ihren Gehältern und Repräsentationsgeldern können sie allen Ansprüchen gerecht werden. Das äußere Repräsentieren allein macht's auch nicht. Als einst unter Friedrich dem Großen der preußische Gesandte in Rußland klagte, er könne seinen Herrscher nicht mit dem genügenden äußeren Pomp vertreten, schrieb ihm der KönigIhr habt 150 000 Bajonette hinter euch, das genügt."

Tages-Chronik.

Berlin, 24. Okt. Fürst Philipp zu Eulenburg wird der St. M.-P. zufolge der gerichtlichen Vorladung keine Folge leisten. Er hat durch seinen juristischen Sachwalter ein Attest des Geheimrats Renvers einreichen lassen, wonach er nicht im stände sei, an Gerichtsstelle zu erscheinen. Der Fürst erklärte aber wiederholt, daß er bereit sei, sich in seiner hiesigen Wohnung kommissarisch vernehmen zu lassen.

Berlin, 25. Okt. Wie die Voss. Ztg. aus Olden­burg meldet, hat die Regierung einen Antrag eingebracht auf Einführung des allgemeinen und direk­ten Wahlrechts.

Stratzbnrg, 25- Okt. 6000 Personen, worunter die Studentenschaft^ brachten dem scheidenden Statthalter Fürst v. Hohenlohe gestern abend einen Fackel zug, wie auch der elsäßisch-lothringische Sängerbund ein Ständ- ! chen im Hofe der Statthalterei. Auf eine Ansprache er- '

widerte der Fürst, mnd schloß mit einem stürmisch aufge­nommenen Hoch auf Elsaß-Lothringen.

Rotterdam, 24. Okl. Die Vereinigung der Rhe­der hat beschlossen, dem Verband der Hafenarbeiter mitzutei­len, daß sie sich zur Verhängung der Sperre entschlossen hätte, falls die Arbeit nicht bis zum nächsten Montag wieder ausgenommen würde und zwar zu den von de» Arbeitgebern neuerding« festgesetzten Bedingungen.

Pari», 24. Okt. In Toulon wurde heute ein Schiffsfähnrich namens Ulmer unter dem Verdacht der Spionage und des Betrugs verhaftet, der u. a. ein Signalbuch und einen Chiffreschlüssel entwendet haben soll. Ülmer soll bereits ein umfassendes Geständnis ab­gelegt haben.

Loado«, 24. Okt. Aus Petersburg wird telegra« phten: Unter dem HauptpoltzeiamtinPeterSburg wurde eine Mine entdrckk. Es sind mehrere Verhaftungen vorgenommen worden.

Galonil, 24. Okt. Das patriarchistische Dorf Ra- kowo im Bezirk Monastir wurde von einer bulgarischen Bande überfallen und fast gänzlich niedergebrannt.

Newyork, 24. Okt. Die Twelth Ward-Bank hat ihre Zahlungen eingestellt. Das Kapital der Bank beträgt 200 000 Dollars, die Depositen ruckd 3 Millionen.

' ^ Washington, 24. Okt. Der Ballon-Führer Erb­st! ö h - Deutschland ist mit seinem BallonPommern" amtlich als Sieger um den Gordon-Bennett-Preis der Lüfte bezeichnet worden. Die von dem Sieger zurück­gelegte Strecke beträgt 873,4 Meilen, während der Bal­lonLysle de France" 867,4 Meilen durchflog.

Wie aus München gemeldet wird, Ist die jugendliche KindLmördertn Jda Schnell in eine Irrenanstalt zur Be­obachtung eingewirsen worden.

Ter tollwütige Jagdhund, welcher in Bres­lau, Ohlau, Brieg und Grottkau zahlreiche Menschen und Tiere gebissen hat, wurde endlich in Falkenberg erschos­sen, Bisher sind 28 gebissene Personen der Breslauer Tollwutstation zugeführt worden.

Bei Niederbreifig find Mittwoch Abend um 10 Uhr zwei Güterzüge gegeneinander gefahren. 12 Wagen liegen in Trümmern und ein Bremser wurde ge­tötet. Beide Hauptgoleise sind gesperrt. Die Lüge ver­späteten sich um Viele Stunden.

Der BrasildampferBorussia" ist im Hafen von Lissabon gesunken. Die Passagiere sind gerettet. Die Ladung bestand in 80 OM Sack Käffee.

Aus Stockholm wird berichtet: Ein deutscher Artist, Johann Lerch, der durch Einbruch in Hallbergs Ju­welierladen in Malmöe für 12 MO Kronen Wertsachen erbeutet hatte, wurde beim Abgang des Trelleborger Zu­ges verhaftet.

Schon wieder hat eine Erdbebenkatastrophe die Provinz Calabrieu in Schrecken versetzt. Das wollige Erdbeben, das am 23. Abends erfolgte, durchzog mit großer Gewalt Cosenza, Reggia und Cata- zaro. Grausige Einzelheiten werden über Rom gemeldet. In Catazaro, Calabriens Hauptstadt, stürzte die Bevölkerung, vielfach notdürftig bekleidet, heulend ins Freie. Die Insassen des Stadtgefängnisses brüllten förm­lich und wollten die Türen aufbrechen. Nur mit Mühe gelang es den Wärtern und dem Direktor, sie zu be­ruhigen. In Feornzzano wurden 200 Leichen aus den Trümmern hervorgeholt. Man spricht von 5 0 0 Op­fern. Der ganze Ort ist ein einziger Trümmerhau­fen. In Sinopoli ist eine Famili e unter den Trüm- ! mern ihres Hanfes begraben worden. Im Dorfe Zoo- ! pestra sind 2 Personen getötet und in Gerace stürzte ! die Kathedrale, ein altes Gebäude, in dem sich Meister- ? werke der Kunst befanden, ein. In den Orten Bi an- ? conovo, Jlario delJonio sind zahlrei che u- ser eingestürzt und haben die Menschen unter sich begraben. Der Jammer und das Entsetzen ist unbeschreib­lich. Die Regierung hat den Finanzminister mit 1000 000 Lire für die nötigsten Bedürfnisse nach der unglücklichen Provinz entsandt. Der König und der Papst lassen fich durch Depeschen über die Größe des Unglücks unterrichten.

Der Seismograph inHamburg hat die ganze Be­wegung des Erdbebens nach Zeit und Dauer genau re­gistriert.

Aus Württemberg.

Dierrftnachrichien. Betraut: Deu Ministerialdirektsr von Schneider, stellvertretende,! Bevollmächtigten zum Bunderrat in Berlin, zum wirkliche« Staatsrat urd ordentlichen Mitglied de? Geheimen Rat? zu ernennen und dn sckben zugleich mit den Funktionen eine? ständigen Rat? de? StaatSmiuisterium? Setraut.

Ernannt: Den Landgerichtsdirektor von Fischer in Stuttgart für die Dauer der Bekleimng eint« richterlichen Amte? zum Mitglied des Disziplinargericht? für evangelische Geistliche.

Stuttgart, E Okt. Vom Rathaus. In der heutigen öffentlichen Sitzung des Gemeinderats wurde be­schlossen, die Gemeinderatswahlen in diesem Jahr am 31. Dezember vorzunehmen. Dieser Beschluß war das Er­gebnis einer ausgedehnten Erörterung, wobei zunächst von dem Referenten über diesen Gegenstand Dr. Held bean­tragt wurde, hie Wahl am 27. Dezember vorzunehmen. Hie,gegen wurden namhafte Bedenken geltend gemacht und insbesondere hervorgehoben, daß die Zeit von Weihnach­ten bis Neujahr für die Vornahme von Wahlen höchst un­geeignet sei. GR. Dr. Reis wies darauf hin, daß man einen derartigen Beschluß nur fassen dürfe, wenn eine zwingende Notwendigkeit hier vorliege. Er beantragte des­halb eine zweite Lesung wobei dann zunächst ein Aufruf er­lassen werden sollte, um festzustellen, ob es sich über­haupt verlohne, che Wahlen mit Rücksicht auf che Zahl der Bewerber um das Gemeindebürgerrecht in der unge­eigneten Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr vorzuneh­men. Dieser Antrag fand jedoch nicht die erforderliche Majorität, und so kam schließlich mit 18 gegen 5 Stim­men obiger Beschluß zustande. Außerhalb der Tagesord­nung gab es dann noch lebhafte Auseinandersetzungen über che Indiskretionen, die durch Veröffentlichungen über die Verhandlungen nichtöffentlicher Sitzungen in letzter Zeit begangen wurden. OBM. v. Gauß geißelte mit aller Schärfe dieVerrätereien", che entweder ein Mitglied des städt. Beamtenkörpers oder ein

Mitglied des Kollegiums Wsführe. M, könne dies mm ein ganz ehrloser pflichtvergessener Mensch sein, den man aus der Stadtverwaltung ausstoßen würk sobald er bekannt werden sollte. Von GR. Tauscht »Kurde - ^geschlagen, es möchten über che nichtöffentli­chen Sitzungen kurze offizielle Berichte hinausgegeben wer- den. Hierauf entgegnete ^Vorsitzende, daß die Mög­lichkeit derartiger Indiskretionen auch dadurch nicht be­seitigt würde, weil es auch bei offiziellen Berichten immer einige Tage anstchen würde, bis sie fertiggestellt werden könnten. Die Handlungsweise des Betreffenden, der diese Indiskretionen begangen habe, sei deshalb besonders schändlich, weil dadurch die Kontrahenten, um deren H,. gelege'nheit es sich in der nichtöffentlichen Sitzung ge­handelt habe, dadurch zuerst aus den Feitungen die Be­schlüsse des Kollegiums erfahren, ehe diese offiziell nch geteilt werden können. Wenn das so weitergehe, werbe schließlich erklärt werden rnüssen: Die Stadtverwaltung sei so schlecht organisiert, daß Gegenstände, die nur nichb öffentlich behandelt werden können, überhaupt nicht mehr zur Beratung gelangen können.

Stuttgart, 24. Okt. Nach den vorläufigen Ergeb­nissen ,der auf den 12. Juni 1907 angeordneten Berufs­und Betriebszählung wurden gezählt: 518043 Haushalt­ungslisten, 2336 726 Ortsanwesende Personen, 316 738 Land- und Fvrstwirtschastskarten, 165 938 Gewerbepapiere. Die Parallelzahlen der Berufszählung vom 14. Juni 1895 waren folgende: 450 531 2 070 662 309303 und 176191. Die Zunahme betrug vom 1. Dezember 1905 bis zum 12. Juni 1917 im ganzen Lande 34607 Personen. Es kommt somit auf 1 Jahr durchschnittlich eine Zunahme von etwa 22 OM Personen.

Eßlingen, 23. Okt. Im nahen Berkheim fand die Wahl eines Ortsvovstehers unter äußerst lebhafter Teilnahme statt. Von 250 Wahlberechtigten gaben M ihre Stimme ab. Gewählt wurde Gotthilf Kirchner, Verwaltungsaffistent aus Neuffen.

Neuhütten, 23. Okt. Bei der Schttltheißen- wahl wurde Max Baufenhart z. Zt. in Stuttgart mit 127 von 130 abgegebenen Stimmen als Schultheiß gewählt. '

Auf dem Güterbahnhof bei der Wolframstraße in Stuttgart wurde der Fuhrmann Jakob Auer^ der ein verbotenes Gleis betrat, zwischen die Juffer zweier Eisenbahnwagen eingeklemmt und dabei so Mver verletzt, daß der Tod sofort eintrat.

Mit schweren Verletzungen wurde der 21 Jahre alte Paul Klauß von Mettingen bei Eßlingen auf dem Bahngleis bei Plochingen aufgefunden. Im Johan- niterkrankenhaus mußte ihm der linke Vorderarm und das rechte Bein unterhalb des Knies abgenommen werden.

Durch einen unglücklich verlaufenen Sturz in der Ge­meindekelter Altbach bei Plochingen zog sich der ver­heiratete dreißigjährige Gottlieb Schneider aus Kohl­berg OA. Nürtingen einen schweren Schädelbruch zu.

Ein merkwürdiger Unglückssall ist dem Söhnchen des Schultheißen Herbst in W erm uts Hausen bei Nie­derstetten zugeftoßen. Der Kleine fiel vor einigen Wo­chen in einen steinernen Bach und war seitdem schwer leidend. In Würzburg, wohin man den Kleinen zur Untersuchung brachte, wurde festgestellt, daß bei dem Fall ein Steinchen ins Gehirn eingedrungen war. Jetzt K das Kind gestorben.

Prozeß MolLke-Harden.

Zweiter Berhandlungstag.

Berlin- 24. Oktober. Der Zudrang des Publikums am heutigen zweiten Verhandlungstage ist noch größer als gestern. Justizrat vr. v. Gordon beantragt, Zeugen zu laden darüber, daß Moltke den Verkehr mit edlen Frauen durch­aus gesucht und sich ihnen gegenüber in jeder Beziehung ritterlich benommen habe. Es sei völlig unmöglich, daß er sich inbezug ans Ehe und Familie so unglaublich zynisch und herab- würdigend geäußert haben könnte, wie Frau v. Elbe gestern behauptet habe. Justizrat vr. Bernstein behauptet, das Merkmal der Zustände, die Harden mit seinen Artikeln bekämpft habe, sei, daß die Herren, welche die allerhöchste Person um­gaben, Päderasten waren. Das habe nicht Harden in seinen Artikeln gesagt, sondern das sage er, der Verteidiger, jetzt. Er behaupte nicht, daß der Privatkläger sich aktiv an diesem Treiben beteiligt habe, aber daß ihm die Qualität der anderen Herren kaum entgangen sein könne. Das Gerücht möge durch Zeugen schnellen kaffen, ob Fürst Gulenburg an päderaftischM Orgien beteiligt gewesen sei. Für die Behauptung, daß Fürst Eulen- bnrg und seine Freunde dem Deutschen Reiche geschadet hätten, möchten General v. Kessel und General v. Hülsen vernommen werden. Justizrat vr. v. Gordon:Mein Mandant steht politischen Dingen fern, und die Ansichten, was dem Deutschen Reiche zuträglich ist, sind auch verschieden, lieber politische Dinge kann auch nicht von einem Schöffengericht entschieden werden." Justizrat Dr. Bernstein:Wenn Moltke nur einen schönen Gedanken aussprechen wollte, als er sagte, daß die Ehe ohne Liebe höchst verwerflich sei, so hätte er nicht ziemlich deut­lich zu erklären brauchen, daß jede Frau für ihn nur ein Klosett sei." Harden: Es ist behauptet worden, daß Moltke von den Artikeln derZukunft" erst verspätet Kenntnis bekommen und den Sinn erst später verstanden habe. Das ist eine bewußte Unwahrheit. Harden bittet, daß darüber vr. Liman gehört werde, daß Fürst Bismarck gegen den Fürsten Eulenburg in krassester Weise den Vorwurf der Homosexualität ausgesprochen habe. Moltke erklärt, daß er die in den Artikeln enthaltenen Spitzen und Verdächtigungen von Anfang an erkannt, aber bis zum Schluß gewartet habe, um gegen Harden vorzugehen. . Er weise wiederholt mit aller Energie zurück, daß in der Nähe Seiner Majestät ein Kreis von Personen existiert habe, welcher politisch zusammenwirkte und verderblich geworden sei; dazu seien bei uns die Ressorts viel zu scharf geschieden. In einem 6 jährigen Prozeß sind alle diese Anklagen gegen mich von acht Richtern geprüft worden und nicht ein Schatten ist aufrecht erhalten worden. Ich bitte deshalb, eventuell dieses Erkenntnis zu verlesen. Justiz rat Bernstein äußert sich nochmals zu den Anträgen und bleibt dabei, daß dem Angeklagten nahegelegt worden sei, daß er, da Fürst Eulenburg doch ins Ausland gehe und seinen politischen Einfluß aufgebe, seine Angriffe aufgeben könne. Harden be­ruft sich z»m Beweise dafür, daß Moltke von Anfang an über