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Amtsblatt für die Stadt Dildbad.
verkündigungsblatt
b« Agl. ^srstämter Wildbad, Meistern, Lnzklösterte rc.
mit
amtlicher ,^remdenliste.
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M itwoch, len 16 Oktober
1807
Rundschau.
Junker oder Zentrumsbauer.
Ter demokratische Mgeordnete Venedey- Konstanz ' veröffentlicht im „Bad. Landesboten" folgende Erklärung:
Es ist sonst nicht meine Gewohnheit, Ungenauig- keiten in der Berichterstattung über irgend eine Ansprache, die ich da oder dort gehalten habe, ausdrücklich richtig zu stellen. So habe ich auch bisher dazu geschwiegen, daß mir eine Reihe von Blättern die Aeu- ßcrung bei meinen Ausführungen zur politischen Lage auf dem Konstanzer Parteitag in den Mund legte: ein badischer Zentrumsmann sei mir lieber als ein konservativer preußischer Junker (ein bayrisches nationalliberales Blatt machte daraus sogar die „ziemlich unverblümte Befürwortung eines Zusammengehens mit dem Zentrum"!) Nachdem nun aber auch Herr Bassermann auf dem nationalliberalen Parteitag in Wiedsbaden jene meine angebliche Aeußerung zitierte, sehe ich mich jetzt doch! zu der Richtigstellung veranlaßt, daß ich mich dahin ausgesprochen habe, „auch ich teile durchaus die Befriedigung darüber, daß der überwiegende Einfluß, des Zentrums im Reiche gebrochen sei, aber ich müßte lügen, wenn ich sagen würde, daß mir ein konservativer Junker aus Ostpreußen näher stehe, als ein badischer Zcntrums- bauer; da drehe ich die Hand nicht um zwischen beiden." Einen Vorzug, den ich der einen der beiden Richtungen vor der anderen gegeben hätte, wird wohl niemand aus diesen Worten herauslesen. Allerdings fügte ich bei, daß ich in Preußen und inr Reiche die konservative Junkerpartei für den mächtigsten und einflußreichsten und deshalb gefährlichsten Gegner halte. Herr Basser- maun scheint anderer Ansicht zu sein, und hält es für nötig, die preußischen Junker mir gegenüber in Schutz zu nehmen, indem er (nach, einem durch die nationalliberale Presse gehenden Bericht) meint, „die Junker haben das Deutsche Reich mitgemacht." Ich gestatte mir, dieser relativ harmlosen Auffassung Herrn Bassermanns von den preußischen Junkern die eines Männcs entgegenzustellen, der sie ziemlich genau kannte und der sich folgendermaßen über sie aussprach: „Wenn ich so unter den preußischen Exzellenzen sitze, wird mir der Gegensatz zwischen Norddeutschland und Süddeutschland erst recht klar. Ter süddeutsche Liberalismus kommt gegen die Junker nicht auf. Sie sind zu zahlreich, zu mäch
tig, und haben das Mnigtum und die Armee auf ihrer Seite. . . . Wie ich von 1866 bis 1870 für die Vereinigung von Süd und Nord gewirkt habe, so muß ich jetzt danach streben, Preußen beim Reiche zu halten. Denn alle diese Herren pfeifen auf das Reich und würden es lieber heute als morgen aufgeben." Tex so über seine preußischen Standesgenossen urteilte, das war der verstorbene Reichskanzler Fürst Hohenlohe und die zitierte Stelle findet sich im zweiten Band feiner Denkwürdigkeiten auf Seite 534.
Venedey steht auf einem sehr exponierten Posten im äußersten Süden des Reiches und hat auch unter den Nationalliberalen seiner Gegend manchen Freund und Anhänger. Jedenfalls ist er noch nie in den Verdacht schwächlicher Nachgiebigkeit gegen das Zentrum gekommen, wie sie sich die preußischen Nationalliberalen etwa beim Schulgesetz oder bei manchen sonstigen freiheitsfeindlichen Aktionen vorzuwerfen haben. Nicht minder wird er mit seiner voraussetzungslosen Einschätzung des reaktionären preußischen Junkertums in Süddeutschland viel Gleichdenkende stuf seiner Seite haben.
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Zur Affäre Frank-Kol-.
Gegenüber einer Meldung des „Hannov. Kour." erklärt der sozialdemokratische „Volksfreund", daß dem Parteivorstand der sozialdemokratischen Landespartei Badens ein Antrag auf Ausschluß der Abgeordneten Frank und Kolb wegen ihrer Teilnahme an.der Beisetzung des Großherzogs nicht zugegangen sei. Bei der bürgerlichen Presse sei anscheinend der Wunsch der Vater des Gedankens. Nach Lage der politischen Verhältnisse in Baden ist es allerdings nicht wahrscheinlich, daß der radikale Flügel der Sozialdemokratie ein derartiges Vorgehen gleich gegen zwei ihrer namhaftesten Angehörigen und Parlamentarier wagen sollte.
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Die Anarchosozichlisten über die neueste« Ereignisse.
Wie der „Pfälzische Kurier" schreibt, hielten die radikalen Anarchosozialisten Sonntag früh eine öffentliche Volksversammlung ab, die darauf berechnet war, der Allgemeinheit die Ansichten dieser Arbeiterpartei über die neuesten Ereignisse vorzuführen. 'Der Referent Kettenbach aus Wiesbaden sprach über das Thema: „Was geht in der Arbeiterbewegung vor?" Der Redner berührte zunächst die Verurteilungen von Zweibrücken. Die Verurteilten bezeichnet« er als Helden und als Opfer
eines Klassenurteils. Auf die Verurteilung Liebknechts übergehend, Llaubt er,, daß sich die.Arbeiter als Mehrheit des 'Heeres mit der Zeit dennoch zu der Energie aufraffen würden, nicht in einen Krieg ohne ihre Einwilligung einzutreten. Was in Rußland möglich sei, müsse auch in Deutschland gehen trotz des Hochverratsparagraphen. In der Diskussion sprachen noch einige Redner gegen die Sozialdemokraten.
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» Die Haager Konferenz.
Da der Komitee-Entwurf eines Weltschiedsgerichtsvertrags bei der Abstimmung in der Kommission 9 Stimmen, unter ihnen die dreier Großmächte, gegen sich vereinigte und 3 Staaten, unter ihnen 2 Großmächte, sich der Abstimmung enthielten, galt der Entwurf nach den bestehenden Grundsätzen als gefallen. Um ohne Aufgabe der entgegenstehenden Prinzipien zu einer Verständigung zu gelangen, traten am Samstag der Präsident; der Konferenz, v. Nelidoff, sowie die Delegierten Frhr. v. Marschall, Bourgeois, v. Merey, Fry, Graf Tornielli und Soveral zu einer Besprechung zusammen, als deren Ergebnis in einer am Abend stattgehabten Sitzung der ersten Kommission nachstehende Resolution eingebracht wurde:
,Jm Geiste der Verständigung und der gegenseitigen Konzession, der das Wesen der Friedenskonferenz ist, hat die Kommission beschlossen, der Konferenz folgende Resolution vorzulegen, diesen von jedem Staat in den Abstimmungen kundgegebenen Standpunkt vollständig wahrt und zugleich allen erlaubt, diejenigen Prinzipien zu beachten, welche als einmütig anerkannt gelten können. Die Kommission ist einmütig: erstens in der Anerkennung; des Prinzips der obligatorischen Schiedssprechung, zweitens in der Feststellung, daß es gewisse Streitigkeiten; auf dem Gebiet der Auslegung und Anwendung von internationalen Verträgen gibt, die geeignet sind, der obligatorischen Schiedssprechung ohne jede Reserve unterworfen zu werden. Sie stellt endlich einmütig fest, daß, wenn der alsbaldige Abschluß eines Vertrages in diesem Sinne nicht möglich war, die Meinungsverschiedenheiten niemals die Grenzen der juristischen Kontroverse überschritten und daß in der gemeinsamen vier- monatigen Arbeit alle Staaten der Welt nicht nur gelernt haben, sich zu verstehen und einander zu nähern, sondern, daß sich auch im Laufe dieser langen gemeinsamen Arbeit ein starkes Gefühl der Gemeinsamkeit der Interessen der gesamten Menschheit gezeigt haben."
Diese Resolution wurde mit 40 Stimmen bei 4 Stimm-
Die blaue Dame.
Krimmal-Roman vo» Auguste Groner.
60 ) (Nachdruck »ertöten.)
(FvrffchMU.)
„Na, heut' und schon eine Zeit her geht's ihm gar nicht gut", hatte der Mann gesagt. „Ueberhaupt ist irgend etwas los in dem Haus. Natürlich was es ist, das erfährt ja unsereins nicht. Aber ich meine, der Herr von Volkner kränkt sich wieder einmal über seinen Sohn. An dem hat er sich nichts Gutes erzogen. Ja, diese jungen Herren! Die gnä' Frau hat gerade fürchterlich geweint und — aber da ist ja schon 'meine Station — ich nrußumsteigen."
Müller blieb sitzen. Von diesem Menschen konnte er mehr ja doch kaum erfahren.
Er fuhr zur Polizeidirektion und hatte dort mit seinem einstigen Chef eine längere UnterredüNg. Mit den: Ubend- schnellzug fuhr er alsdann nach Venedig.
Dreizehntes Kapitel.
Zur selben Zeit saß Ossip Jewljefs bei Frau Deisler in der Küche und machte ihr wunderschöne Einheizspäne. Soeben hörte er mit seiner Arbeit auf.
„Jetzt merken Sie auf, Herr Ossip", sagte die wackere Alte, die ihren Einkauf auf den Küchentisch gelegt, den Korb an seinen Ort gestellt und ihr Tuch aufgehängt hat.
„Jetzt merken Sie gut ans! Ich bin so gerannt, daß ich gar keinen Atem habe."
„Das bemerke ich," sagte der Russe und schiebt der recht Erhitzten den Mchenstuhl hin.
„Dreißig Kronen hat sie ihr geschenkt". Damit sängt die noch Schweratmende ihren Bericht an.
Ossip, der sich schon mit ihr angefreundet hat, und der daher auch schon weiß, daß sich die Deisler für die Angelegenheiten der ganzen Stadt interessiert, bleibt ganz ruhig.
Sie hat ihm zwischen gestern und heute ja schon gar viele, ihrer Meinung nach interessante Geschichten erzählt, es wird dies« wohl auch von derselben, ihn nicht im mindesten aufregenden Art sein. So fragt er denn völlig seelen- NGg: „Wer ist denn diese „sie" und diese „ihr" ?^
Da bemerkt Pie alte Frau, daß sie nicht deutlich ge- düg gewesen ist, und nun sagt sie ganz langsami ^ ^
„Die Toni hat der Krumpholzin im ganzen dreißig Kronen geschenkt." ,
Jetzt ist Ossips Aufmerksamkeit plötzlich bei der Sache.
Er legt das Messer und das Holzscheit hin und fragt hastig: „Wer ist die Krumholzin?"
„Die Bettlerin, ß)ie beim Friedhostor sitzt. Ich bin heute wieder einmal bei meiner Nichte gewesen. Ein Ho- serl für ihren Buben habe ich ihr hingetragen, na, und weil es von dort nimmermehr weit zum Friedhof ist, habe ich halt auch unser armes Fräulein heimgesucht, und da erzählte mir die Krumpholzin, die mich schon lange kennt, daß sie das Geld von derselben jungen Person bekommen hat, die mit uns beim Leichenbegängnis war.
„Wann hat sie es erhalten?" fällt Ossip rasch ein und greift unwillkürlich nach seiner Mütze.
Da lachte die alte Frau bitter.
„Strengen Sie Ihr armes Knie nicht unnötig an", sagte sie, „Sie kriegen die Toni ja doch nicht, Und das ist nur sehr, sehr recht, denn es kann wie immer sein, die hat, wenigstens freiwillig, nichts Schlechtes getan —"
„Reden Sie! Reden Sie! Frau!" drängte Ossip, und die Deisler nickt.
„Ja, ja. Ich rede schon. Ganz gern rede ich, denn das kann der Toni nur nützlich sein. Also — am Tag, an dem sie fortgereist ist, war sie noch einmal am 'Friedhof und da hat sie der Krumpholzin das Geld gegeben. Das war am 4. Juni, am letzten Freitag. Die Krumpholzin weiß das ganz bestimmt, denn am selben Tag ist das große Leichenbegängnis von dem pensionierten General gewesen. Es schadet also der Toni nicht, wenn ich das sage. Denn seinen ganzen Lohn hergeben, das tut einem armen Mädel schon weh, das ist immerhin auch ein Stückerl Buß« und ein Zeichen, daß die Toni feinfühlig war. Sie hat wenigstens von dem Geld nichts behalten wollen, das ihr der Herr Baron direkt als ihren Lohn auszahlen hat lassen. Ich finde Pas sehr, sehr schön."
Ossip zuckte die Schultern.
Die Krumpholzin sitzt also beim riedhofstor?" fragte er.
„Ja. Aber Sie werden doch nicht hin wollen? Jhv Knie ist ja ganz verschwollen, und die Wunde, das sage ich Ihnen, die gefällt mir gar nicht.
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„Sie kann Ihnen auch, nicht mehr sagen, als sie mir gesägt hat."
„Das wird sich zeigen. Behüte Sie Gott, Frau, Deisler."
„Aber so essen Sie doch erst ein paar Bissen. Ihr Frühstück haben Sie ja doch noch gar nicht angerührt."
„Ich habe keinen Hunger."
„Aber Fieber haben Sie. Geben Sie sich lieber Ruhe und bleiben Sie da. Ich sage Ihnen schon —"
„Adieu Frau Deisler."
Draußen war er.
Er hinkte bis zur Karolinenbrücke und fuhr von dort mit der Tramway zum Kommunalfriedhof hinaus.
Aber vor dessen Tor saß keine Bettlerin. Als Jew- ljeff sich beim Friedhofspförtner nach der Krumpholzin erkundigte, erfuhr er, daß sie nach Hause gegangen sei. Die Alte kochte selber für sich und Pflegte gegen elf Uhr zu essen, um nachher wieder auf ihrem Posten sein zu können.
Ossip erfuhr, daß sie an der Berchtesgadenerstraße im Häuschen ihrer Tochter wohne, die eine Lumpensammlerin sei.
Das Häuschen sei an seinem lichtblauen Anstrich leicht zu erkennen.
Ossip ging also auf der Berchtesgadencrstraße weiter.
Er konnte nur langsam gehen, denn um sein Knie war ein fester Verband gelegt und überdies fühlte er große Schmerzen.
Während er so hinhumpelte, mußte er an eine andere Wanderung denken.
An eine Wanderung über vereiste Steppen und durch dichte Wälder, an die Wölfe, die er gefürchtet und an die Vögel, die erfroren aus der Lust gefallen waren. Und mußte an die Nächte denken, die er in den Zelten mitleidiger Nomaden oder unter verschneiten Gebüschen oder in Erdhöhlen verbracht hatte und an die Angst, mit welcher er den Dörfern ausgewichen war, die auf seinem Wege lagen und die ihn die Landstraßen meiden liest Ah! Welch entsetzensvolles Wandern das gewesen war!
Fünfhundert Werst war er gerannt, gehinkt, gekrochen, bis er vor der Scheune Nikolka Pludows, des mitleidigen Vorstandes einer kleinen, transbaikalischen Bahnstation lie«
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