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mit Erzähl« vom Ächwarzwald.
Amtsblatt für die Stadt Dildbad.
vrrkündigungsblatt
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Montag, den 14 . Oktober
1907
Die preußische Bauernbefreiung.
Eine Jahrhundert-Erinnerung.
Am 9. Oktober waren hundert Jahre verflossen, seit die damals geknechteten preußischen Bauern zu freien Menschen gemacht wurden. Es war ein Glück für das preußische Volk, daß nach dem reinigenden napoleoni- schen Gewitter von Jena und Tilsit die Männer bereit standen, die aus dem Zusammenbruch an Stelle des überlebten und verrotteten ein neues Preußen schufen, die den preußischen Staat nach modernen Grundsätzen neu aufbauten, nach Grundsätzen, deren oberster lautete: nur ein freies Volk kann die Grundlage eines gesunden Staatswesens sein. Wie die Scharnhorst und Gneise- nau, Boyen und Elausewitz ein nicht aus gemieteten Söldnern, sondern ein aus freien Männern bestehendes, über der alten Zopf- und Drillarmee hoch erhabenes Volksheer schufen, so bauten die Stein, Hardenberg, Schön den an Ausdehnung kleinen, an sittlicher Stärke großen neuen preußischen Staat auf der Freiheit seiner Bürger und Bauern auf.
Wie Scharnhorst und Gneisenau war auch Freiherr Karl v. Stein ein Nichtpreuße, ein Nassauer. Schon deswegen wurde er von den preußischen Adelsfamilien mit scheelen Augen betrachtet. Ihre ganze Wut aber kehrte sich gegen ihn, als er zu reformieren begann. Nachdem er wiederholt in preußischen Diensten war, übernahm er im Herbst 1806 die preußichsen Staatsgeschäfte
Den Bauern aus seiner Knechtschaffenheit, den Bürger aus seiner Unfreiheit und Gleichgültigkeit zu erlösen, das war der Anfang und das Ende von Steins Werk. Jenem brachte er die persönliche, diesem die politische Freiheit. Der preußische Bauer steckte noch vollständig in den Fesseln mittelalterlich-feudaler Hörigkeit. Er war an die Scholle gefesselt, seinem „gnädigen Herrn" erbuntertänig, mußte diesem Hofedienste leisten, zinsen, durfte ohne dessen Erlaubnis nichts tun, war dessen Gerichtsbarkeit unterworfen und wurde natürlich von Ihm wie in persönlicher, so m geistiger Knechtung gepalten. Daß einem Menschen unter solchen Lebensbedingungen jegliches Interesse an der Arbeit, jeder Gemeinsamkeitssinn abging, ist begreiflich. Der gesamte Großgrundbesitz war dem Adel Vorbehalten; den Bürgern und Bauern war der Besitz von „Rittergütern" verboten. Unter dieser Latifundienwirtschaft litt das Land wie alle Länder, in denen dieses System herrscht. Daher war Steins erste
Tat die im Edikt von Memel vom 9. Oktober 1807 bestimmte Aufhebung der ritterlichen Grundherrlichkeit; es beseitigte das Privileg des Adels auf den Erwerb und Besitz von Landgütern, deren Erwerb nun auch Bürgern und Bauern gestattet wurde. Es hob ferner alle Lasten der Untertänigkeit auf, die nicht auf dem Genuß eines Grundstückes oder auf einem Abkommen beruhten. Mit diesem Edikt, das im Jahre 1810 in Kraft trat, war mit einem Schlage ein freier Bauernstand geschaffen worden, und Friedrich Wilhelm IV. konnte sagen: „Nach dem Martinitage 1810 gibt es in meinen sämtlichen Staaten nur freie Leute!"
Das war der Anfang von Steins neuem Verwaltungssystem. , Der Abschluß brachte die Städteordnung vom 19. November 1808. Sie gab den Bürgern ihre alten Gemeinderechte zurück, die freie Wahl rhrer Magistrate und Vertreter, der Stadtverordneten, das Recht der Selbstverwaltung. Steins Leitmotiv bei der Durchführung seines Verwaltungssystems war der Grundsatz: Der Bürger muß adlig werden, adlig nicht 'in äußerer Form, sondern adlig, das heißt edel, dem Wesen und der Gesinnung nach. Daher suchte er ein inneres Volksleben, einen neuen Volksgeist zu wecken. Daher suchte er auf alle Weise dem Bürger seine Selbständigkeit zu sichern und ihn gegen die Willkür der Bureaukratie zu schützen, in der er das Hauptübel des Staates erblickte. So erzog er das Volk, das in wenigen Jahren reif war, das Joch der französischen Herrschaft abzuschütteln. Ohne Steins Reformen hätte es nimmer ein 1813 gegeben.
* -i- *
Es ist bezeichnend für den heute noch in Preußen dominierenden junkerlichen Geist, daß dieses bedeutsamsten und denkwürdigsten Aktes in der preußischen Geschichte, dessen Kulturwert nicht hoch genug angeschlagen werden kann, von Regierungsseite' mit keinem Worte gedacht wurde. Man muß der „Liberalen Korrespondenz" recht geben, wenn sie schreibt:
„Man hat nichts davon gehört, daß für die Jahrhundertfeier der preußischen Bauernbefreiung eine Verfügung seitens der Regierung an die Geistlichen und Lehrer erlassen worden wäre, diesen Gedenktag durch eine L>chul- oder allgemeine Gemein* efeier in 8er ländlichen Bevölkerung würdig zu "begehen.
Ja, wenn der 9. Oktober 1807 ein denkwürdiger "Tag in der Schlachtengeschichte der Völker gewesen wäre, wenn der „Erbfeind" in blutigem Ringen aufs
Haupt geschlagen worden wäre, dann hätte man Wohl die übliche Feier mit hurrapatriotischem Tamtam nicht unterlassen. Da es sich aber bloß um einen Gedenktag auf kulturellem Gebiet handelt, der zumal bei manchen ostelbischen Junkern nur wehmütige Erinnerungen auslöst, heißt es natürlich: „Ja, Bauer, das ist ganz was anderes. "
Rundschau.
Sozialdemokratische Sünder.
Der „Vorwärts" sieht sich schon wieder genötigt, gegen sozialdemokr atis ch e H of g änger vorzugehen, und zwar sind es die beiden badischen Landtagsabge- or dneten Kolb-Karlsruhe und Dr. Frank-Mannheim, die es gewagt haben, dem verstorbenen Großher -- zog von Baden durch die Teilnahme an seinem Leichenbegängnis die letzte Ehre zu erweisen. Ge-« nasse Kolb ist allerdings schon längst als Revisionist stark anrüchig, während Dr. Frank, der übrigens auch Reichstagsabgeordneter ist, bisher im böseren Geruch des Radikalismus stand. Es dürfte also die parlamentarische! Tätigkeit auch auf seinen Radikalismus korrumpierend gewirkt haben. Der Rüffel des „Vorwärts" erscheint inj Form einer Korrespondenz aus Karlsruhe mit der lieber-, schrift „Auch eine Demonstration". Der „Vorwärts" schließt sich aber den Ausführungen seines Karlsruher Korrespondenten vollinhaltlich an und findet die; Handlungsweise,der Leiden sozialdemokratischen Abgeordneten „einfach unverständlich". In der Korrespondenz heißt es, daß das Erscheinen Kolbs und Franks im Leichenzuge um so verblüffender gewirkt habe, als der Fraktionsvorsitzende -Geck sich bekanntlich weigerte^ die Beileidsadresse des Kammerpräsidiums auch nur zu unterschreiben. In der Tat ist Gech damit aus der Fraktion selbst heraus desavouiert. Bemerkenswert ist dabei, daß Frank und Kolb, wie der „Vorwärts" gleichfalls erstaunt mitteilt, nicht einmal die übrigen zehn Fraktionsgenossen von ihrem Vorhaben verständigten. „Wir hehnen", so heißt es weiter, „die monarchische Staatsform überhaupt ab, weil sie unfern demokratischen Anschauungen von der Selbstbestimmung des Volkes strikte zuwiderläuft, und wir dürfen durch eine unklare Haltung in einer grundsätzlichen Frage nicht den Schein erwecken, als ob Unsere Handlungsweise nicht in unbedingter liebereinstimmung mit unseren Grundsätzen stände^ Hätten die beiden Genossen sich, alles vergegenwärtigt, so.
Die blaue Dame.
Krimival Roman von Auguste Grone r. l8) (Nachdruckverboten.)
(Fortsetzung.) '
„Waren Sie sonst oft bei ihm?"
„In den letzten Jahren nicht mehr. Nur wenn Musikabende veranstaltet wurden, hat mich die Baronin dazu eingeladen."
„Was für eine Art Frau ist die Baronin?"
Jetzt leuchteten Löhrs Augen auf.
„Eine richtige Edelfrau", fagte er mit schönem Lächeln.
„Eine richtige Edelfrau", wiederholte der Detektiv, „das sagt sehr viel und sehr Schönes. Sie sind, so scheint es, ganz begeistert für die Dame."
„Ich Lin es, o ja, das bin ich. Ich bin für das ganze Haus Wallroth begeistert. Sie müssen wissen, daß der alte Baron und seine Gemahlin es mir ermöglicht htben, das Konservatorium zu besuchen und mir auch sonst eine weit höhere BiÄmng anzueignen, als mein guter, armer Vater mit hätte verschaffen können. Mein Vater war Gärtner bei Wallroths, und so ist es gekommen, daß diese gütigen Menschen sich meiner angenommen haben. Ah! Sie haben mir damit mein geistiges Leben gegeben. Ich glaube allen Ernstes, daß ich zugrunde ! gegangen wäre, wenn ich mich nicht der Musik hätte widmen I dürfen."
,,S» leidenschaftlich lieben Sie Ihre Kirnst?"
„Ich lebe einfach in ihr", entgegnen Löhr, tief Atem schöpfend.
„Da begreife ich, .daß Sie dieser Familie so ergeben sind."
„O! Wenn es nur das wäre!" Löhr hob den Kopf hoch und fuhr in kühlerer Weise fort: „Aber wir sind ganz von unserem Thema abgekommen. Und Sie kön-
es sich denken, daß mir dieses selbstverständlich jetzt am nächsten liegt. Also — Professor Thorn glaubt nicht an einen Selbstmord, meiner Stiefschwester?"
„Nein, und er nimmt einen Mord aus Eifersucht oder -nache an. Und da berief man mich."
„Wieso konnte er Elise denn?"
„Er hat sie in irgend einem Berliner Bergnügungs- lokal kemen gelernt," . , p ! ; s : ! ..
„Also war sie auch in Berlin! Das wußte ich nicht. Ah! Ich habe, Gott sei Dank, wohl noch mehr aus ihrem Leben nicht gewußt."
Er lachte kurz auf. Dann bat er: „Und Sie, denken Sie auch, daß Elise sich nicht selber den Tod gab? Sie kommen aus Salzburg, aus der Wohnung Elisens. Haben Sie denn da Entdeckungen gemacht, welche des' Professors Vermutung bestärkten?"
„Ich habe Entdeckungen gemacht, welche mir die Gewißheit gaben, daß Ihre Stiefschwester von fremder Hand gestorben ist."
„Und dürfen Sie mir von diesen Entdeckungen Mitteilung machen?" fragte Löhr nach einer Pause.
„Der Mörder — es war nämlich ein Mann, der die Lehmann tötete —"
„War es zweifellos ein Mann?" warf Löhr hastig ein.
„Die Geschichte regt Sie doch sehr auf", meinte Müller fächelnd. „Natürlich war es ein Mann. Es hat ihn einer mit der Lehmann ins Haus und allein zurückkommen sehen. Man hat auch gesehen, daß er mit einem Koffer aus dem Hause ging und den einen Handschuh der Ermordeten in den Bach warf. In dem Koffer ober trug er den Hut und den Mantel und ein Kleid der Toten fort; in diese Sachen kleidete er sich dann und kam mit der Zofe der Erstochenen, sehr geschickt als Fräulein Lehmann kostümiert, nach dem Theater vor das Haus gefahren. Die Geschichte war überhaupt recht geschickt gemacht. Die Hausmeisterin hat richtig gemeint, Fräulein Lehmann sei nachts noch am Leben gewesen, und weil die Mitwisserin des Verbrechens, die Zofe Ihrer Stiefschwester dann eben so Pfiffig für ihr Alibi gesorgt hat, so daß es erwiesen war, daß nicht sie ihre Herrin umgebracht haben konnte, hielt man die Tat naturgemäß für einen Selbstmord. Und hätte Professor Thorn dem Baron Wallroth nicht innere Gründe für die Unwahrscheinlichkeit eines solchen vorgehalten, dann wären keine Untersuchungen angestellt, und also ganz gewiß nicht umzustoßende, äußerliche Beweise für die Richtigkeit der Thorn- schen Annahme gefunden worden."
„Die Zofe Elisens ist also ganz bestimmt nicht die Mörderin?" fragte gespannt.
Müller v.exrreowe sehr bestimmt. § -
„Man weiß gar nichts von ihr, nicht, einmal ihren Namen, das heißt, ihren richtigen Namen. Dort nannte sie sich Toni Schreiner, vergaß aber zwei Sacktücher mit der Merke A. K. Auch alle sonstigen Angaben, die sie nach der Tat gemacht hat, waren falsch. Jedenfalls! muß sie aber etwas Bezauberndes in sich haben, denn die paar Leute, die mit ihr zu tun hatten, schwärmen ganz einfach von ihr."
„So! Merkwürdig", bemerkte Löhr schwach lächelnd. „Jedenfalls ist sie die weniger Schuldige."
„Zweifellos. Aber rätselhaft ist und bleibt ihr Verhalten, und offen gesagt, bislang habe ich keine Ahnung, wo ich sie suchen soll."
„Nicht in Salzburg?"
„Dort hat die Polizei schon genaueste Umschau nach ihr gehalten; ihre Personsbeschreibung wurde auch weithin auf alle Berkehrsstrecken bekanntgegeben. Alles umsonst. Ueber sie hinweg also werden wir kaum zu dem Täter gelangen; vielleicht also kommen wir über ihn hinweg zu ihr. Eine Vermutung, freilich nür eine vage, habe ich bereits. Darüber reden wir nachher. Voxexst will ich Ihnen sagen, daß. wir nach einem normal gebauten, wahrscheinlich braunhaariger Mann zwischen — sagen wir 25 und 40 Jahren suchen, der ein Radfahrer und ein Linkshänder ist. Kennen Sie eine solche Persönlichkeit aus dem Umgangskreise Ihrer Stiefschwester?"
Hubert Löhr hatte sehr aufmerksam aus die gegebene Charakteristik geachtet. Dann dachte er eine Weile nach.
„Radfahrer bst er", frug er, „und Linkshänder? Woher weiß man das? Ist er per Rad gekommen?"
„Man sagte mir, daß er in eine, wahrscheinlich dunkelgraue Radfahrdreß gekleidet war", erzählte der Detektiv, „kennen Sie Richard Volkner? Kennen Sie vielleicht einen, den Ihre Stiefschwester den „Goldenen" zu nennen pflegte?"
Löhr lachte hart auf.
„Ich kenne ihr Leben, wie ich Ihnen schon sagte, nicht so genau", erwiderte er zögernd, „aber Richard Volkner kenne ich. Er und ich sind miteinander durchs Gymnasium gegangen und — nun ja — später, vor mehr als drei Jahren, hat er — leider, und leider durch mich, Elise kennen, gelernt. Sie war damals am Carls-Theater."
(Fortsetzung folgt).. „ ,'S