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mit Erzähler vom Lchwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt Wildbad.
verkündigungsblatt
tz« Lkgl. ^orstämter Vildbad, Meistern, Lnzklösterie rc.
mit
amtlicher ^remdenliste.
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Porrkerstag, den 3 Oktober
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Die politische Lage in Deutschland
R.de deS Präsidenten Payer aus dem Parteilag der Volk! Partei in Konstanz*)
I.
Kaum je ist solch' plötzliche und unvermutete Veränderung der politischen Lage im Reich eingetreten wie diesen Winter.
Ich habe oft den Parteitagsbericht über unsere Politik erstattet, nie viel Freude daran erlebt, er mußte bald verstimmt lauten, bald verdrossen, bald resigniert. Refrain war aber immer: es geschieht einiges auf dem Gebiet der sozialen Reformen, es geschieht viel für die Agrarier, viel für das Militär, noch mehr für die Kolonien und für die Marine und am meisten für die Vermehrung unsrer Reichsschulden.
Für die Forderungen der Demokratie oder auch nur des Liberalismus fehlte es im Reich an jedem Verständnis.
Die einzige erfreuliche Ausnahme war im vorigen Jahr zu verzeichnen, als die alte Forderung der Diäten an die Reichstagsabgeordneten erfüllt wurde. Ms Hauptursache dieser inneren Versumpfung empfand man von Jahr zu Jahr deutlicher das fast eheliche Verhältnis, in welches Zentrum und Reichsregierung zueinander getreten waren. Zwar konnte oder wollte die Reichsregierung nicht alles tun, was das Zentrum wünschte, sondern nur einiges, aber geschehen konnte ohne das Zentrum oder gar gegen hjkn Willen des Zentrums nichts. Das lag schon in den Mehrheitsverhältnissen, lieber die Jnternas dieses Zusammenlebens ist begreiflicherweise das nötige Licht zur Zeit noch nicht verbreitet; die Tatsachen gestatten aber rückwärts den Schluß, zu ziehen, daß, der eine Teil dem anderen sich allmählich bis zur Unerträglichkeit unbequem gemacht haben muß, und der leidende Teil scheint die Reichsregierung gewesen Zu sein.
Was an die Oeffentlichkeit drang, war ein verhältnismäßig kurzes, aber scharfes Geplänkel. Dann kam die Katastrophe vom 13. Dezember: Um sich bei Dernburg zu revanchieren, der seinen Roeren und seinen Erzberger etwas sehr von oben herunter genommen hatte, und Um dem Reichskanzler wieder einmal zu zeigen, daß er nichts anderes sei als sein Höriger, versagte ihm das Zentrum einen Teil der zur vollständigen Niederschlagung des Aufstandes in Südwestafrika erforderlichen Mittel und fand
*) Wir v-' öffentlichen die Rede, die programmatische Bedeutung hat, nunmehr mi Woiiiant.
mit Hilfe der Sozialdemokratie, die arglos und erfreut hinterherlief, dafür auch die Mehrheit des Reichstags.
Das war der Hochmut vor dem Fall.
Der Reichskanzler und die verbündeten Regierungen hatten ein besseres Gefühl dafür, wie sehr durch diesen Beschluß dem nationalen Empfinden der Bevölkerung wie dem gesunden Menschenverstand ins Gesicht geschlagen wurde — sie griffen zu, ehe der Fehler wieder gut gemacht werden konnte und lösten den Reichstag auf; sie benutzten den Fehler, um das Zentrumsjoch abzuschütteln, und es muß ihnen ernst gewesen sein. Bis jetzt haben auch die zärtlichsten Aussöhnungsversuche nicht mehr geholfen.
lieber den Wahlkampf wollen wir uns nicht unterhalten, wir haben ihn ja alle selbst kämpfend miterlebt. Von unseren Erfolgen ist nicht viel Aufhebens zu machen, so ruhmreich auch die Wiedereroberung Frankfurts war, im ganzen haben wir die Zahl unserer Mandate nur um eines steigern können.
Die Diäten haben für dieses Mal die Auffindung von Kandidaten noch nicht erleichtert, im Gegenteil war dieselbe so schwer als je. Uns speziell in Württemberg traf die Auflösung des Reichstags mitten in den Landtagswahlen drin, in denen unser Verhältnis zu der Sozialdemokratie wie zu den Nationalliberalen ein ganz anderes war. Die dadurch erforderlich gewordene -Verschiebung der Kampfstellung stellte starke Zumutungen an unsere Parteigenossen und Anhänger und hat Vielbach die Freudigkeit des Kampfes gelähmt. In einer Reihe von Kreisen hat sich die Volkspartei kräftiger Unterstützung seitens der Nationalliberalen zu erfreuen gehabt, in anderen haben wir das wieder vergolten.
Fast unverständlich war die Haltung der Sozialdemokratie gegen uns. In sinnlosem Haß die einen, in beklagenswertem, kurzsichtigem Komplott mit dem Zentrum die anderen, Haben sie fast überall alles daran gesetzt, unsere besten Leute zu werfen, unbekümmert, ob auch das Mandat den Konservativen oder dem Zentrum zufalle, die doch ihre geschworenen Feinde sind.
Wenn unser Haußmann nicht einem namenlosen Zentrumskandidaten geopfert wurde, waren daran nur die geradezu unerhörten Anstrengung unserer Parteigenossen im Wahlkreis und die überlegene Einsicht und das größere Anstandsgefühl eines Teiles der sozialdemokratischen Wähler des Bezirks schuld.
Mit Schmerzen gedenken wir auch hier des Mannes, den wir vor wenigen Tagen verloren haben, lind der der Führer war in diesem Kampf.
Wer kann unseren verdienten Freunden Quidde und Btumenttzal Verständnis für die sozialdemokratischen Bestrebungen abstreiten? Wer kann leugnen, daß sie stets nicht bloß gerecht, sondern auch nachbarlich dieser Bewegung gegenübergestanden sind?
Und doch fiel Qudide durch sozialdemokratische Schuld zu Gunsten eines reaktionären Bauernbündlers Und Blu- menthals Mandat siel dem jubelnden Zentrum in den Schoß. Wir können, nachdem man sich über diese Taten auf dem sozialdemokratischen Parteitag in den letzten Wochen in aller Form geschämt hat, uns weiterer Kritik enthalten. Aber mancher von uns wird in der 'Erkenntnis sozialdemokratischen Wesens diesen Winter weiter gekommen sein als vorher in Jahren. Auf welches Niveau hat in edlem Wettbewerb mit den Anhängern des Zentrums die Sozialdemokratie diesen Winter den Wahlkampf heruntergedrückt ! Und noch haben sie sich nicht allseitig wieder: gefaßt'. „Je ruppiger die Gegner find, um so anständiger wird die Sozialdemokratie," hat vor. einigen Tagen eip sozialdemokratischer Führer auf dem Parteitag erklärt., Wir wollen hoffen, daß das für die Zukunft wahr wird.,
Uns fehlen unsere Freunde im Reichstag umsomehr, als es aller Voraussicht nach häufig zu spitzen Abstimmungen kommen wird, und als man annehmen darf, daß Amt eines volksparteilichen Reichstagsabgeordneten künftig etwas mehr Inhalt haben wird als seit langem. Gott sei Dank geht es ja seit diesem Winter in unserer inneren Politik auch wieder einmal etwas drunter und drüber. Nicht bloß im Parlament, sondern auch up Parteileben, nicht bloß im Reich, sondern auch iw den Einzelstaaten ist wieder etwas los. Vor lauter Blocks! kennt man sich nächstens fast Nimmer aus. Uns berührt vor allem, was für den Gedanken der liberalen Einigung seit unserem letzten Parteitag geschehen ist. Hier sind Fortschritte zu verzeichnen, auf die wir stolz sein dürfen. Im Oktober vorigen Jahres lud unser damaliger engerer Ausschuß in Frankfurt die Freisinnige Volkspartei und die Freisinnige Vereinigung zu einer großen Versammlung nach Frankfurt ein, zu der auch Liberale Zutritt haben sollten, die keiner Partei angehören. Der! Zweck war, ein engeres Zusammenwirken der Liberalen herbeizuführen. Diese Versammlung kam zwar nicht zustande, weil die Freisinnige Volkspartei sich von ihr keine Gewähr eines Erfolgs versprach, wohl aber, was wohl zweckmäßiger war, im November eine vertrauliche Besprechung der drei Parteien in Frankfurt.
Es wurde beschlossen, immer unter voller Wahrung der.
Die blaue Dame.
Krimival-Roman von Auguste Groner.
49) (Nachdrrck verboten.)
(Fortsetzung.)
Er sieht jetzt gar nicht gedrückt und. demütig aus. Seine Augen blickten jetzt nicht scheu, und sein Gesicht hat einen heiteren, liebenswürdigen Ausdruck. Ossip Jewleff schaut derzeit aus, wie einer, der es wohl wagen darf, ein Gespräch mit einem gebildeten Menschen aufzunehmen.
„Ja, ich habe diese paar Zeilen gedacht und geschrieben", antwortete Moser, „und es wäre mir unangenehm gewesen, wenn sie in fremde Hände gekommen wären."
„O, so enthalten sie also Intimes?"
„Ja, und das finden andere leicht lächerlich."
„Da haben Sie recht. Aeltere Leute lächeln wenigstens gern, wenn wir Jungen schwärmen." Franz Moser findet den Sarmaten interessant. Er hat unlängst Gorki gelesen und ein Bild von diesem gesehen.
Dieser junge Mensch erinnert ihn an den von ihm hochverehrten Russen.
„Sie sind auch ein Russe! Nicht?" fragte er aus seinen Gedanken heraus.
„Warum „auch"?" entgegnete Jewleff lächelnd- „Trage ich so deutlich den Stempel meines Landes?"
„Ja. Sie dürften —"
„Was denn?"
„Eine der Gestalten sein, welche Tolstoi oder Tschechow oder Gorki so lebendig schildern."
„Ich bin auch eine dieser Gestalten."
Ossip ist jetzt sehr ernst; der andere betrachtet ihn verwundert, aber Jewljeff vergißt schon wieder auf sich. Er will ja die Aufmerksamkeit Mosers ganz anders wohin als auf feine Person lenken. Dieser jedoch ist nun einmal bei seiner Person und so sagt er: „Schauen alle Russen so aus, als ob sie etwas erlebt — als ob sie ein Geschick gehabt hätten?"
Da atmete Ossip tief auf und antwortete: „Biele sehen so aus. — die vielen unseres. Volkes, die eben ein
Geschick hatten, und weil unserer so viele sind, gibt es bei uns auch so viele Schriftsteller, die uns und unsere Geschicke schildern und uns so weltbekannt machen."
Moser tut daraufhin eine Frage, die eigentlich seltsam klingt.
„Sind Sie Student?" fragt er im Weitergehen.
„Ich war es", antwortete Ossip finster und fährt schnell danach fort: „Und Sie — Sie studieren gewiß auch?"
Franz Moser — der Bauernsohn hat sehr viel Feingefühl, darum redet er jetzt nur von sich, — berichtete, daß er demnächst dem Lehrerstande angehören werde und daß er vor seinen letzten Prüfungen stehe, weshalb er jetzt recht fleißig sein müsse.
„Und daneben haben Sie doch noch Zeit zu dichten", bemerkte Ossip lächelnd und dann „und auch noch Interesse für anderes, zum Beispiel, für das graue Haus."
Wieder schießt das Blut in Mosers hübsches, Helles Gesicht, indessen er willig zugibt: „Ja, das Haus hat mich schon immer angezogen."
„Und noch mehr angezogen, seit es zwei so reizende Bewohnerinnen hatte."
Ossip, der durch seinen Herrn weiß, wie sehr sich dieser für die Zofe der Lehmann interessiert, hat mit Absicht von den zwei Bewohnerinnen des Landhauses gesprochen. Diese „Toni" soll ja auch sehr hübsch sein, da ist es nun fraglich, für welche der beiden sich der blonde Schwärmer begeistert hat, ob für die Herrin oder für die Dienerin.
Er soll darüber sofort Klarheit erhalten.
„Zwei. Ja — es haben zwei da gewohnt", sagt Moser träumerisch, „aber die eine war nur der Schatten der anderen. Haben Sie die Verstorbene gesehen?"
„Nein."
„Sie war das schönste Weib." —
„So."
„Ich habe sie zuweilen erblickt, wenn ich hierher studieren ging."
„Und dichten", vollendet Ossip lächelnd und dann setzt er ein wenig hastig hinzu: „Haben Sie nicht letzthin etwas von einem „Schwanengesang" geschrieben? Und hat sich dies vielleicht auf die Lehmann bezogen?."
Moser bleibt stehen.
Er schaut seinen Begleiter verwundert an.
„Wie können Sie denn das wissen?" sagt er.
„Wir haben Sie einmal vor dem Hause gesehen?"
„Wir?"
„Mein Herr und ich. Sie schrieben — der Bleistift fiel Ihnen aus der Hand, weil Sie über einen Stein stolperten —"
„Ah — jetzt erinnere ich mich."
„Und da sagten Sie unwillkürlich laut das Wort „Schwanensang."
„Es hat sich wirklich auf die Tote bezogen. Ich habe sie nämlich am Abend — ehe sie sich tötete, singen gehört."
„Sie war also heiter?"
„Mehr und weniger als das; sie war lustig, seht lustig, freilich, dann — als sie mit dem Herrn zurückkam, war sie es nicht mehr. Da schaute sie recht verdrossen aus."
Jetzt lag Ossips Hand auf des jungen Pädagogen; Arm. Ganz schwer lag sie darauf und merkwürdig gespannt sah der junge Russe aus, während er fragte: „Wann ist sie mit dem Herrn zurückgekommen?"
„Warum interessiert Sie denn das?" erkundigte sich Moser erstaunt.
„Ich bitte, reden Sie!"
„Nun ja. Sie können es ja wissen. Es kann so nach sechs Uhr gewesen sein."
„An jenem Samstag? Wissen Sie gewiß, daß dies an jenem Samstag war?"
„Es war an jenem Samstag. Am nächsten Morgen hat man sie tot in ihrem Zimmer gesundem, Aber —"
„Ich bitte — kommen Sie!"
Ossip ging, er ging sehr schnell, und unwillkürlich blieb der andere an seiner Seite.
„Warum haben Sie es denn plötzlich so eilig uich warum soll denn ich mit Ihnen gehen und wohin denn?^ fragte Moser. .-
Fortsetzung folgt. ... ^