Internationaler SoziakistenLonsretz
Ein Rückblick.
Tic internationalen Kongresse der Sozialdemokratie sind wie andere internationale Kongresse auch. Aeußerlich bekunden sie in einer Form, die Eindruck macht, den Gedanken der Zusammengehörigkeit aller Völker. Jeder internationale Kongreß von Fachleuten zeigt schon, daß es für die Menschheit gemeinsame Aufgaben gibt, in denen sich die Geister finden und vertragen. Tie praktische Arbeit jedoch muß fast ausschließlich in den gesonderten nationalen Gebieten geleistet werden. Das erlebten auch die Sozialisten eben in Stuttgart, wo ihre Gegensätze in wichtigen Fragen scharf und heftig aufeinandergeprallt sind.
Die Sozialdemokratie will den ganzen Menschen. Ihr genügt es nicht, wenn der Sozialist die meisten politischen Lehrmeinungen der Partei billigt, er muß vielmehr auf alle Sätze schwören, in allen Gebieten, über die sich die Theorie erstreckt. Daraus entstehen dann die Widersprüche und die Ketzereien, die das sozialistische Dogma ebenso im Gefolge hat, wie jedes andere Bekenntnis, bei dem weder Zweifel noch Abweichung erlaubt sein soll.
Diesmal hat der französische „Antimilitarist" Herve den Funken ins Pulverfaß geworfen. Er ist ein so unbeugsamer Friedensfreund, daß er den Krieg mit dem Bürgerkrieg bekämpfen will, mit Generalstreik und Aufstand. Aeuherst folgerichtig, dieser Standpunkt, aber so überspannt, daß man ihn schon übergeschnappt nennen muß. Um die Greuel des Krieges zu vermeiden, das gegenseitige Hinmorden der Nationen, sollen sich nach Herves Weisheit die Volksgenossen untereinander die Hälse umdrehen. Dagegen revoltierte denn doch der gesunde Sinn der deutschen Sozialdemokratie.. Bebel tat den Genossen Herve scharf ab, hauptsächlich allerdings von dem Standpunkt, daß der Nationalismus derlei antimilitaristische Agitationen bei einem Kriegsausbruch einfach unter die Füße treten würde. Immerhin zeigt Bebel bei dieser Auffassung doch noch den richtigen Blick für tatsächliche Verhältnisse. Nicht erst der Nationalismus, sondern sogar schon der Militarismus ist übrigens noch stark genug, um derartige Putsche im Fall einer Mobilmachung sofort zu unterdrücken. Wer sich die Sache anders denkt, kennt vielleicht utopische Zukunftsromane, aber nicht die bestehenden tatsächlichen Verhältnisse. Genüg, Bebel sieht ein, daß mit einer Gegenkriegsrevolution nichts zu machen wäre. Er sieht auch ein, daß ein Volk keine Fremdherrschaft duldet, selbst wenn sie ihm „sonst Wohltaten" brächte. Bebel läßt auch dabei unentschieden, ob er diese Volksstimmung billigt oder nicht. Deutlicher aber wurde v. Vollmar. Ter ließ keinen Zweifel an dem Vaterlandsgefühl der deutschen Sozialdemokratie und verzichtete ausdrücklich auf einen „unterschiedslosen Völkerbrei". Der Führer der bayerischen Sozialdeinokratie also stellte sich ganz auf den Boden des „satten, zufriedenen, gutmütigen Spießbürgertums", als das die deutsche Sozialdemokratie dem famosen Bürger Herve erschienen ist. Wir aber freuen uns, daß die deutsche Sozialdemokratie von diesen romanischen Phantasten abgerückt ist, daß sie, wie Bebel gesagt hat, die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Einrichtungen der Bourgeoisie verb es fern will, und daß die bloße Verneinung nicht das letzte Wort ist.
In der Tat, wer den Krieg bekämpfen will, hat bessere Methoden zur Verfügung als die Meutereiversuche n In Herve. Die Friedensbewegung, die mit so großen Fortschritten ihre Notwendigkeit und ihren Erfolg bewiesen hat, wird sich nicht mit gewaltsamen Aufreizungen in ihrem eigenen Wesen schädigen. In den Parlamenten, in der Presse, in den Versammlungen wird sich die Stimme der Völker zur Geltung bringen gegen ungerechte, unnütze Kriege, und die Macht der öffentlichen Meinung wird die Netze zerreißen, mit denen etwa eine ränkespinnende Diplomatie im Trüben zu fischen versuchen wollte.
Bei den Debatten über die Kolonialpolitik, die der internationale Sozialistenkongreß dann geführt hat, tat sich der Genosse Ledebour auf deutscher Seite wieder einmal durch einen unheimlichen Radikalismus hervor. Genosse Kautsky bewährte sich ebenfalls wieder als der Hüter der reinen Lehre. Sie möchten die Kolonialpolitik überhaupt aufgeben. Englische und niederländische Sozialisten denken anders. Sie sehen doch in der Kolonialpolitik das Mittel, wilde Völker höher ,zu kultivieren. Auch deutsche Sozialdemokraten, wie Bern- stein und David, wollen eine Kolonialpolitik gelten lassen, vorausgesetzt, daß sie human und gerecht ist.
Wir sehen, wie die letzte Reichstagswahl erzieherisch auf die deutsche Sozialdemokratie eingewirkt hat, ausgenommen einige „Unverbesserliche". Diese Entwicklung, die auch auf dem Essener Parteitag der deutschen Sozialdemokratie hoffentlich hervortreten wird, gereicht der freiheitlichem Sache sicherlich zum Nutzen. I). L.
ArmdsHan.
_ Der Kaiser in Hannover. Von Schwerin, wo er
einer Denkmalsenthüllung des verstorbenen Großherzogs anwohnte, ist der Kaiser nach Hannover gekommen und hat dort am Montag Nachmittag feierlichen Einzug gehalten. Auf dem Marktplatz erwarteten die Vertreter der städtischen Behörden den Kaiser. 3000 Schulmädchen und 1000 Schüler mit ihren Schülbannern waren aufgestellt. Stadtdirektor Tramm hielt eine Ansprache an den Kaiser, die mit einem Hoch auf ihn schloß. Der Kaiser ergriff hierauf den Ehrenpokal und erwiderte in warmen Worten. Er sagte u. a.: „Die Entwicklungsperioden, die Sie soeben berührt haben, sind in dem Stadtbild von Hannover in so prägnanter Form ausgodrückt, daß ich der Stadt nur gratulieren kann zu dem gewaltigen Aufschwung, den sie genommen hat, auf zielbewußter Bahn fortschreitend." Und an anderer Stelle: „Daß es möglich gewesen ist, den Frieden solange zu erhalten, verdanken wir nächst der gnädigen Fügung des Himmels dem Schwert der bewährten Truppen, die wir auch hier sehen. Gebe Gott, daß es mir gelingen möge, fernerhin dieses kostbare Unterpfand zu erhalten, ohne welches die intensivste Arbeit des Bürgers, des Bauern und des Arbeiters umsonst ist." Abends war Festmahl der Provinz Hannover. Der Kaiser ergriff auch hier das Wort. Er gedachte der Königin Luise: „Sie ist Nationalheilige, zum Vorbild aller königlichen Frauen geworden. Die Königin Luise hat uns vor allen Dingen eins gelehrt: Sie hat ihrem Mann und ihren Söhnen Gottvertrauen gelehrt. Wir wollen es von ihr auch lernen. Gottvertrauen ist Selbstvertrauen und Selbstvertrauen gibt Entschlossenheit, die Ziele zu erreichen, die man sich gesetzt hat. Hier wird zielbewußt gearbeitet, und es ist schon viel erreicht. Daß die Provinz so fortfahren möge in allen Dingen, das ist mein Wunsch, und dazu wünsche ich Gottes Segen. Die Provinz Hannover Hurra!"
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Deutscher Weinbaukongretz in Mannheim.
Die Generalversammlung des deutschen Weinbauvereins, die am Montag in Mannheim stattgefunden hat, nahm Stellung zum neuen Weingesetz. Nach lebhafter und teilweise erregter Debatte erklärte sich die Versammlung übereinstimmend mit der Reichstagsresolution für Anstellung von Weinkontrolleuren im Hauptamt, für Einführung der B u ch ko ntr o lle, für zeitliche und räumliche Begrenzung des Zuckerzusatzes und für Deklarations zwang für den Verschnitt von W eiß- mit Rotwein. Der Antrag des Verlegers des „Weinmarkt", Zeimet-Trier, der Deklarationszwang für Naturwein und gezuckerten Wein forderte, wurde einstimmig abgelehnt. Weiter erklärte sich die Generalversammlung gegen eine Weinsteuer.
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Der Katholikentag in Würzburg wühlte in feiner ersten geschlossenen Versammlung zum Präsidenten den Rechtsanwalt Fehrend ach-Freiburg, zum ersten Vizepräsidenten den K. Kämmerer Regierungsassessor Frhrn. v. Fancken st ein-Regensburg, zum zweiten Vizepräsidenten Reichstagsabgeordneten Enge len- Osnabrück. Huldigungstelegramme wurden abgesandt an den Papst mit der Bitte um den apostolischen Segen, an den Kaiser und an den Prinzregenten von Bayern. Nach einem Referat des Justizrats Dr. Porsch - Breslan wurde eine Resolution angenommen, in der auf das bevorstehende 50jährige Priesterjubiläum des Papstes hingewiesen und zu einer kräftigen Unterstützung des Peterspfennigs aufgefordert wird.' In einer weiteren Resolution wird empfohlen, einen Pilgerzug nach Rom in der 1. Maiwoche 1908 zu veranstalten und zu diesem Zweck in Stadt und Land Sammlungen zu veranstalten. * * *
Die Lage in Südwest. Aus Windhuk ist folgende amtliche Meldung in Berlin eingetroffen: Morris ist am 20. August mit 2 Hottentotten und 37 Pferden auf Morenga gestoßen. Morenga ist angeblich vom Bakriver wieder in die Berge gezogen. Alle verfügbare britische Polizei ist nach dem Bakriver entsandt. Nach Mitteilungen des Generalkonsuls plündern Morengas Leute auf englischem Gebiet. Das Kapministerium hat der Entsendung eines deutschen Generalstabsoffiziers nach Kapstadt zugestimmt, um die Wünsche und Pläne des Truppenkommandeurs dem Ministerium und dem Polizeibefehlshaber mitzuteilen.
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Der Auarchistevkougreß tagt gegenwärtig in Amsterdam. Wie der Soriaüstenkongreß in Stuttgart, so wurde auch er durch ein Propaganda-Meeting unter freiem Himmel eiugcleitet. An dein Kongreß nehmen in der Hauptsache Holländer teil und es wird angenommen, daß es zu einem Zusammenstoß zwischen Kommunisten und sreien, d. h. antiparlamentarischen Sozialisten kommen wird. Die Teilnehmer befürchten, daß zahlreiche unerkannte Polizeispione in die Debatten eingretfen werden, um die Meinungen gegeneinander zu Hetzen. Nur neun oder zehn Ausländer lind anwesend, darunter Emma Goldmann (Verein. Stamms, Wohryzcck (Böhmen), Cornclissen (Paris), Siegfried Nacht (Oesterreich), ferner ein Servier, zwei Rußen etc. Tie meisten der Ausländer sprachen bet dem Propaganda-Meeting, das ohne Zwischenfall verlies. Dem Kongreß soll auf Wunsch des bekannten holländischen freien Sozialisten Domela Nteu- wenhuts ein Aniimilirartsten-Kongreß anzcglicdert werden.
TaßeZ-ßhrsKiü.
Hamburg, 26 Aug. Ein Telegramm aus Sierra Leone meldet: Der Dampfer „Hedwtg Woermann" ist bet der Insel Sherdro gestrandet. Die Mannschaft ist gerettet. Der Dampfer gilt aiS verloren.
Karlsruhe, 26. August. Am 1. Oktober ds. Js. wird in Oberwetler bei Badenweiler die von der badischen EisendahnarbetterpensionSkaffe errichtete Lungenheilstätte „Friedrich-Htlva-Genesungsheim" eröffnet. Die Anstalt kann 80 Kranke ausmhmen. Es werden in erster Linie die Mitglieder der badischen Eisenbahnbelrtebskcaokenkaffe ausgenommen. Durch reichliche Zuschüsse der Elsenbahnoerwalmng ist es jedoch ermöglicht, zu eurem außerordentlich mäßigen, weit unter den Selbstkosten stehenden Verpflegungssatz auch Angehörige der Kassenmirglieder, sowie Eisenkahnbeamle und deren Angehörige auszuneymen. Die Krukosten können in monatlichen Teilbeträgen, welche nicht über 10 Mk. betragen sollen, nachbezahlt werden. Diese Lungenheilstätte wird eine segensreiche Einrichtung für die badischen Eisenbahner sein.
München, 26. August. Der Bildhauer und Illustrator Josef Engel, langjähriger Mitarbeiter des Sim- plizisstmus, ist gestern gestorben.
Paris» 27. Aug. Admiral Philibert telegraphiert unter dem 25 ds. Mts, daß Mulay Hasid ans Casa- « blanca marschiere, ohne baß man seine Absichten kenne,
Die Mau« Dame.
Krimmal-Roman von Augnste Groner.
16) (Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Mit diesen Worten geleitete er seinen Vetter hinunter. Als der Wagen weggefahren war, kehrte der Maler wieder in das 5zans zurück. In der Halle trat ihm eine verhärmt aussehende, dunkel gekleidete Person entgegen.
„Was wollen Sie denn?" fragte er freundlich, als er merkte, daß sie mit ihm zu sprechen wünsche.
„Meinen Lohn möchte ich, gnädiger Herr- Bitte sagen Sie das dem Herrn Baron, wenn er wieder zurückkommt."
„Er kommt nicht mehr zurück."
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„Aber Ihren Lohn kann ja ich Ihnen anszahlen. Ich nehme doch richtig an, daß Sie im Dienste der Verstorbenen standen?"
„Ich war ihr Kammermädchen."
„Wieviel Kronen bekommen Sie denn?"
„Dreißig."
„Sonst nichts?"
„Nein!"
„Doch wohl eine Vergütung für die Zeit, die Sie ohne Ihre Schuld verdienstlos waren."
„Das ist Ihre Sache, liebes Kind. Diejenige meines Vetters, den ich hier vertrete, ist es, Sie schadlos zu halten. Finden Sie, daß dies Mit weiteren 30 Kronen der Fall ist?"
„Reichlich, mein Herr. Ich kann ja schon nächster Tage eine neue Stellung antreten."
„Das zu hören ist mir lieb. Bleiben Sie in Salzburg?"
„Nein. Ich — ich gehe mit einer Dame auf Reisen."
Sie war rot geworden.
„Warum denn?" fragte sich Thorn. Er bedachte zuerst nicht, daß er sie recht interessiert angesehen hatte. Es kam ihm dies soeben jetzt zum Bewußtsein.
Sie war aber auch eine wunderhübsche Person. Ihre Schönheit hatte nichts Auffallendes.
Es war eine ganz ruhige, feine, solide Schönheit, die überdies mehr in der fast klassischen Form ihres Gerichtes Md in dessen Ausdruck, als in der Farbe bestand.
Jetzt wenigstens war dieses edel geformte Gesicht recht ungünstig von Farbe. Eine gelbliche Blässe bedeckte es, und unter den schönen, goldbraunen Augen zogen sich dunkle Ringe hin.
Ganz welk sah es derzeit aus, dieses in Wahrheit junge, kräftig geformte Gesicht, darin der Ansdruck des Stolzes und der seelischen Kraft vorherrschte, darin aber, auch ein Zug tiefen Leides bemerkbar war.
„Auf Reiseu gehen Sie? Ja, sind Sie denn dazu gesund genug? Ich weiß von einigen Fällen her, daß die Damen Ms Reisen oft noth anspruchsvoller sind als daheim und dazu kommen noch die Strapazen der Fahrt."
So redete er M ihr, vielleicht zumeist mit dem Wunsche, noch rin wenig tänger dieses Gesicht studieren zu können.
Ihr Wünschen stimmte jedocb mit dem seinigen nicht überein.
„O ja. Ich bin gesund", entgegnete sie kurz Md zeigte eine solch steife Zurückhaltung, daß ihm sein unzeitig verratenes Interesse leid tat und er sich nun darauf beschränkte, ihr rasch die sechzig Kronen zu geben, für welche sie sich artig bedankte, um sich dann sofort zurückzuziehen.
„O, bitte, Fräulein!" ries er ihr nach. „Kommen Sie nachher hinaus! Einige Auskünfte möchte ich doch aus Ihrem Munde hören, ehe ich wieder zu meinem Vetter zurückkehre."
„Ich werde kommen, sobald Sie mir läuten. Die Klingel ist neben dem Kamin."
Sie ging.
Auch er entfernte sich. Kopfschüttelnd stieg er die Treppe hinaus.
„Mit der muß man ja sehr vorsichtig umgehen", dachte er, „sie hat vermutlich schon viele böse Erfahrungen mit Männern gemacht, und da will sie auch nnser- eines sernhalten. Nun, meine Ungnädige! Ich bin sehr leicht fernzuhalten. Ich hätte mich so und so nicht an Sie herangedrängt. Aber ein bißchen Teilnahme hätte Ihrem Feingefühl nicht weh zu tun gebraucht."
Dies dachte Walter Thorn, während er nach dem Sterbegemache Elise Lehmanns ging, um dort im Schreibtisch danach zu suchen, ob sie denn nicht ein paar, ihre
Tat aufklärende Worte für ihren Bräutigam hinterlassen habe.
Auf seinem Wege hielt er am Kamin an, griff langsam nach dem Dolche und betrachtete ihn nachdenklich.
Dann legte er ihn wieder hin. Er tat dabei einen tiefen Atemzug. Vor dem Schreibtische ließ er sich nieder.
Seine Augen wandelten langsam über das ziemlich voluminöse, altväterliche Möbel mit seinen vielen Laden Und Borden und Dingen, die sich auf letzteren und auf der Platte befanden. Ein rechter Damen-Krimskrams war es, noch dazu von einer hingestellt, die nicht einmal das wirklich Brauchbare davon verwendet hatte. Der Abreißkalender, der im niedlichen Format ans einer bronzenen Staffelet stand, wies noch das Datum vom 5. Mai auf und gleich daneben schaute ein großer, verdorrter Beilchen- strauß aus einem Binsenkorbe von der widersinnigen Form eines Segelschiffes.
Die armen Blumen taten dem Maler leid, denn jedenfalls war ihre Lebensdauer ob ihres ungeeigneten Aufbewahrungsortes auf diesem vasenreichen Tische ganz unnötigerweise verkürzt worden.
Solcher Geschmacks- und Sinnigkeitsfehler gab es hier noch mehrere, und Walter Thorn schloß daraus, daß dieser Elise Lehmann eben weder Geschmack, noch Sinnigkeit zu eigen gewesen waren. Nachdem er zu diesem Schluffe gekommen, zog er eine der beiden Laden, an denen Schlüssel staken, auf.
Er war an diejenige gekommen, in welcher Kommissär Sennfeld die der Toten'abgenommenen Gegenstände verwahrt hatte. Es fanden sich außer denselben auch einige Abschreibungen von Frauenhand darin vor. Natürlich nahm Thorn diese an sich.
Eine im Schreiben wenig geübte Hand hatte diese feinen, dicken Briesblätter 'beschrieben. Aber das waren keine eigenen Gedanken. Es waren Zitate.
Sie waren aus einer alphabetisch geordneten ZiH° tensammlung abgeschrieben und einige von ihnen waren durchstrichen, als ob sie schon benützt worden seien und man sich davor bewahren wolle, sie noch einmal zu benützen. Alle diese Zitate waren sentimentaler Natur und bezogen sich auf Liebe.
Walter Thorn mußte lächeln.
(Fortsetzung folgt.) , ^ „ ..