Deshalb soll er es nicht der Regierung überlassen, ob sie das Material über seine Tätigkeit veröffentlichen will, sondern er muß es verlangen. Er muß diese Forderung mit größter Energie stellen und zugleich erklären, daß, wenn man seinem Ersuchen nicht unverzüglich stattgebe, er seine Arbeiten abbrechen und nach Deutschland zurückkehren werde. Sollte die Regierung sich etwa trotzdem weigern?
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In Casablanca. Der in Tanger eingetrofsene Kreuzer „Forbin" berichtet, daß er am Donnerstag abend Casablanca verlassen hat und bestätigt, daß 2000 Soldaten die vollständig geplünderte und in Brand gesetzte Stadt besetzt haben. Die Marinetruppen hatten zwei Tote und 15 Verwundete. Der spanische Kreuzer „Rio de la Plata" ist angekommen. Das Eintreffen des Panzerkreuzers „Jeanne d'Arc" ist gemeldet. Des Weiteren erfährt man durch die Mannschaft des Kreuzers, daß jetzt in Casablanca vollkommene Ruhe herrsche, daß alle Flüchtlinge von.den Dampfern wieder an Land gegangen und in ihre Wohnungen zurückgekehrt seien. Die Stadt liege allerdings in Trümmern. Durch Funkentelegramme hat der britische Konsul in Mazagan um Entsendung eines britischen Dampfers ersucht. Ein solcher ist zur Zeit dorthin unterwegs.
Auch die Spanier wollen nun mit Beschleunigung an die Organisierung der Polizei Herangehen. Der spanische Kreuzer „Rio de la Plata", der nach Casablanca gehen soll, erhielt den Befehl, in Tanger Instruktions- offiziere für die französisch-spanische Polizei in Casablanca an Bord zu nehmen und sie nach Casablanca zu bringen. — Amtliche Meldungen bestätigen, daß zwischen sämtlichen Staaten bezüglich der marokkanischen Angelegenheiten völliges Einvernehmen herrsche, und daß in Casablanca alles ruhig sei. Die Vertreter Spaniens überreichten den Mächten eine Note, die fast wörtlich mit der französischen Note betreffend Casablanca übereinstimmt. Spanien befindet sich im Einverständnis mit Frankreich bezüglich der Organisation der Polizei in Casablanca, wohin es, wie gesagt, zwei Jn- struktionsoffiziere sendet. Spanien schickt weiter ein Truppenkontingent zur Besetzung von Casablanca ab.
Ghjkas Sehnsucht nach einer Fnrstenkrone.
Der Albanenfürst Ghjka tragt, wie es scheint, Lust, eine Krone zin tragen. Darum hat er das Volk der Albanen veranlaßt, an die Friedenskonferenz im Haag ein Memorandum zu richten, worin die stolzen Albanen schreiben:
„Wir wenden uns nicht etwa als Bettler, sondern in vollem Bewußtsein unserer Macht und Rechte an die Konferenz. Ihr, die Ihr den Weltfrieden sichern wollet, paßt aus! Der Krieg droht in unseren Bergen, wir sind bewaffnet, zu allem bereit, um die Freiheit zu erzwingen. Im Balkan wird kein Friede sein, solange uns unsere Rechte nicht wiedergegeben werden. Wir wollen keinen Status gno, nicht mehr wollen wir uns für die vergeblichen Berechnungen der europäischen Diplomatie opfern. Ein fürchterlicher Krieg wird zum Ausbruch kommen, ohne Vergeben, wenn uns keine Gerechtigkeit wird. Unser Willen ist fest Und wir sagen Euch, was wir wollen. Was wir Albanen wollen, ist ungefähr folgendes: Albanische Schulen, in welchen unsere bisher unterdrückte Sprache gelehrt werden soll, die weitgehendsten administrativen Reformen, eine autonome Verwaltung, wert einer zivilisierten Nation, !da wir die Verfolgung und Unterdrückung unverantwortlicher, sittenloser Beamter nicht mehr ertragen können. Unsere Devise ist: „Einsicht oder Tod!" Nicht bittend kommen wir" — heißt es zum Schluß des Memorandums — „sondern wir sind entschlossen, alle vergeblichen Berechnungen der Diplomatie zu durchkreuzen und kommen, Euch kund zu tun, Euch', hie Ihr Frieden und Gerechtigkeit in die Welt pflanzen wollt, machet, daß uns Gerechtigkeit werde, ohne daß Euch die zivilisierte Welt verantwortlich machen kann für die schrecklichen Folgen eines unvermeidlichen Krieges, zur Erlangung unserer Einigkeit und zur Unabhängigkeit Albaniens."
Zum Schmerz der Albaner wird die Friedenskonferenz über diesen Punkt hinweg zur Tagesordnung übergehen.
Der „verbesserte" australische Zolltarif. Wie
aus Melbourne gemeldet wird, brachte der Bundesschatzmeister Jorrest im Abgeordnetenhaus^ den „verbesserten" Zolltarif ein, der nun in Kraft tritt. Den Artikeln britischer Herkunft und Fabrikation wird darin eine große Bevorzugung eingeräumt, die zwischen 5 und 10 Prozent schwankt. Der „verbesserte" Tarif sieht eine Erhöhung des Zolles für viele Artikel vor. So betragen die neuen Zölle auf Baumwolle und Leinen 10 Prozent des Wertes, die auf Putzartikel 25 Prozent Und die auf Kleidungsstücke 45 Prozent, ferner auf Zement 1 Schilling per hundrdweight, auf Handschuhe 30 Prozent, Tafelwasser 25, galvanisiertes und verzinktes Eisen 25, Messerschmiedwaren Und landwirtschaftliche Geräte 20, Maschinen für Fortbewegung und zum Bergbaubetrieb 25 bis 30, Töpferwaren 35 Und Munition 30 Prozent des Wertes. Ob der neue Wertzoll von 12Hs Prozent auf Rohesten bestehen bleibt, hängt davon ab, ob das Gesetz über die Eisenausfnhrvergütung angenommen wird. — Der „verbesserte" australische Zolltarif wird ohne Zweifel auch die deutsche Ausfuhr nach Australien empfindlich beeinträchtigen.
Tages-Kyronik.
Wilhelmshöhe, 9. Mug. Der König vonSiam ist heute Nachm. 4 Uhr 30 hier eingetrofftn und wurde vom Kaiser am Bahnhof empfangen. Beide begaben sich im Automobil, von zahlreichem Publikum lebhaft begrüßt, zum Schloß.
Wilhelmshöhe, 10. Aug. Gestern Abend fand bei den Majestäten ein Diner zu Ehren des Königs von Siam statt.
Trier, 9. Aug. Der päpstliche Legat Vanutel- li bezeichnete in einer Ansprache auf dem eucharistischen Kongreß die modernen religiösen Forschungen als eine falsche, stolz aufgeblähte Wissenschaft.
Bonn-orf, sSchwarzwald), 6. Aug. Zur Entla ss- üng des Pfarrers Gaisert aus dem Landesgefäng
nis Freibürg schreibt der klerikale „Badische Beobachter", Gaisert habe auf seine Pfarrei Gündelwangen Verzicht geleistet. Es kann dem beigefügt werden, daß die- ! ser Verzicht kein freiwilliger war sondern auf Drängen der Pfarrgemeinde geschah, die nach manchen bedenklichen Sympathiekundgebungen eingesehen hat, wie unmöglich eine fernere seelsorgerische Tätigkeit Gaiserts in Gündelwangen geworden ist.
Mailand, 10. Aug. In Pisa wurde der Generalstreik proklamiert. Es kam zu Unruhen.
Haag, 9 Aug. Die deutschen Kaufherrn und Reeder von Rotterdam haben durch Vermittlung des Konsuls Nels in Rotterdamm den Freiherr von Marschall sowie sämtliche Mitglieder der deutschenDelegatton für den Sonntag nach Rotterdam eingeladen. Dort wird der Delegation ein Frühstück gegeben, worauf eine Fahrt mit einem Spezial- dampser nach Dordrecht stattfindet.
Haag, 9. Aug. Laut amtlicher Meldung wurde bei Tomori an der Ostküste von Celebes eine Patrouile überfallen. Zwei Offiziere und 81 Mann, darunter 9 Europäer und 22 Eingeborene sind gefallen
Petersburg, 9. Aug Die allrussische sozialdemokratische Konferenz sprach sich für eine Beteiligung an den Wahlen aus.
Tanger, 10. Aug. Kabeltelegramm. Die deutsche Kolonie in Casablanca ist nach den hier vorliegenden Nachrichten wohlbehalten, doch ist das deutsche Postamt zerstört. 25 000 Pesetas sind geraubt. _
In der Klein'schen Bootevermiete-Anstalt in Mannheim mietete ein Unbekannter einen Nachen und fuhr flußaufwärts. Einige Stunden später wurde das Boot treibend gefunden. Der Insasse war verschwunden. Sein schwarzer weicher Filzhut lag noch darin. Ob ein Selbstmord oder ein Unglücksfall vorliegt, ist nicht aufgeklärt.
Unter auffallenden Umständen ist in einem kleineren Hotel in Wiesbaden ein Hotelbesitzer aus Schlangenbad in der Nacht gestorben. Er war mit einer Dame, die anscheinend der Halbwelt angehörte, in dem Hotel abgestiegen. Als man den Gast später tot anffand, war seine Begleiterin verschwunden. Die Untersuchung wird ergehen, ob es sich um einen bloßen Schlaganfall handelt.
Eine in Malstatt-Burbach zu Besuch weilende junge Dame aus Worms wurde auf dem Friedhofe von einem jungen Burschen überfallen, der sie zu vergewaltigen versuchte. Es gelang ihr jedoch, ihren kleinen Taschenrevolver zu ziehen und dem Wüstling einen Schuß in das Genick beizubringen. Er wurde schwer verletzt später aufgefunden.
Der Marokkaner Ben Assai, der seit zwei Jahren beim ersten Garderegiment in B erli n als Schellenbaumträger Dienste tut, ist zum Unteroffizierl befördert worden.
Die Leichen der nenn, in Königsberg i. Pr. ertrunkenen Pioniere sind durch Taucher ans Tageslicht gebracht worden.
Bei Bnblitz (Stettin), wurde die fünfzehnjährige Jda Kirchenwitz vergewaltigt find ermordet. Außerdem werden noch zwei Kinder vermißt.
In Metz ist der aus Anlaß des Eucharistischen Kongresses am Eingang der Stadt erstellte große Triumphbogen in Flammen aufgegangen. Die sonderbarsten und widersinnigsten Gerüchte von böswilligem Anzünden hUrch Feinde des Kongresses dnrch- schwirren die ganze Stadt. In Wirklichkeit ist der Brand durch Kurzschluß an .der elektrischen Leitung entstanden.
Aus Innsbruck wird gemeldet: Von der Bettelspitze ist der Tourist Kaiser aus Weinheim abgestürzt. Er starb sofort. In «der Langkofelgruppe stürzte der Wiener Tourist Keil ab. Er wurde schwer verletzt.
.Aus Pontresina wird gemeldet: Am Pizzo Biano sind zwei Kürgäste aus Sils Maria, ein Sechzigjähriger namens Kind aus Turin und der dreißigjährige Albert Weber ans Wien abgestürzt und als schrecklich verstümmelte Leichen auf dem Tschiervagletscher aufgefunden worden. Sie hatten am Montag ohne Führer die Besteigung des gefährlichen Berges versucht.
Der an historischen Reminiscenzen reiche Pi netta- wald bei Ravenna steht, nach einer Meldung aus Venedig in Flammen und ist teils zerstört.
Aus MürtternSerg.
Dieustnachrichteu. Verliehen: dem Oberamtmann Re- gierungsrat ttommer in Eßlingen die Dienststellung eines Kollegialrats.
Versetzt: den Oberamtmann Freiherr» von Sode« in WetnSberg seinem Ansuchen entsprechend auf das Oberamt Tübingen und ihm hiebei den Titel und Rang eines Rogierungsrat verliehen. _
Stuttgarts 9. Ang. Der 7. internationale Dabak- arbeiterkongreß findet nächste .Woche in Stuttgart statt. Die Verhandlungen beginnen am Sonntag, den 11. August Um 11 Uhr vormittags im Gewerffchastshaus. Außer Deutschland werden auf demselben vertreten sein: Milgien, England, Holland, Dänemark, Schweden, Amerika, Oesterreich.
Stuttgart, 10. Aug. Anläßlich des hier stattfindenden Internationalen Sozialistenkongresses werden Branchekongresse von den Bäckern, den Handlungsgehilfen, den Holzarbeitern, den Maurern, den Schuhmachern und den Tabakarbeitern abgehalten.
Zu der Meldung über den Tod eines Mädchens in S ü ß, bei Nentershausen wird mitgeteilt, daß der Vater als Mörder nicht in Betracht kommt.
In Göppingen wurde der Fuhrknecht Hänle von feinem eigenen Langholzwagen überfahren. Der schwer belastete Wagen ging dem Unglücklichen über beide Füße. Bewußtlos fanden ihn Passanten auf.
In den Marmorwerken des Herrn Friedr. Spind- ler jr. in Offenau ereignete sich Freitag Vormittag ein schwerer Unglücksfall. Der erst seit kurzer Zeit in der Fabrik angestellte Heizer und Mafchinenführer BaUer, wurde im Maschinenhaus von einem anderen Arbeiter ans dem Boden liegend angetroffen; nähere Untersuchung ergab, schwere Verletzung am Hinterkopf unvollständige Betäubung des Verunglückten. Wie der Unglücksfall entstanden, ist bis jetzt vollständig unaufgeklärt. Der Verunglückte hat Frau und Kinder.
HerichLsfaal.
Zum Fall Hau
liegen noch eine Reihe Meldungen vor. Die eine berichtet über das Resultat der Haussuchung bei dem verhafteten Herrn v. Lindenau und sagt, daß eine Mappe mit Schriftstücken und eine Zigarrenkiste mit Briefen beschlagnahmt wurden, die meistens Heiratsgesuche enthielten. Auch sieben bei Lindenau eingehende Briefe wurden geöffnet und beschlagnahmt. Das Strafverfahren gegen Lindenau wegen Erpressung und Beleidigung, begangen an Olga Molitor, ist bereits eingeleitet. Lindenau sieht angeblich der Verhandlung ruhig entgegen und bleibt bei feiner Erklärung.' Das Resultat der Konfrontation Olga Molitors mit Lindenau war ziemlich negativ. Lindenau blieb bei der Behauptung, Olga habe geschossen, was sie entschieden bestreitet; sie will den Mann überhaupt nicht gesehen haben. Die Staatsanwaltschaft hält sie für unschuldig und behauptet nach wie vor, Lindenau fei am 6. November gar nicht in Baden-Baden gewesen. Andererseits sollen mehrere Zeugen für Lindenaus Anwesenheit in Baden-Baden vorhanden fein. In der Tat wird der Voss. Ztg. aus Karlsruhe gemeldet, daß der Rechtsbeistand des Freiherrn v. Lindenau einen Diener, einen Chauffeur und einen Zeitungsträger ermittelt hat, .die v. Lindmau am Tage des Mordes an der Frau Molitor (6. Nov. 1906) in Baden-Baden gesehen haben.
Der Rechtsanwalt Dr. Gönner, der Rechtsbeistand des Barons v. Lindenau, hat, wie die „Neue Badische Landeszeitung" schreibt, feststellen können, daß Lindenau sich tatsächlich am 6. November in Baden-Baden befunden habe und sehr Wohl Zeuge der Vorgänge in der Lindenstaffelstraße gewesen sein könne. In dieser Hinsicht seien feine Angaben scheinbar richtig. Mit Vorsicht aber müsse folgendes ausgenommen werden: Im Laufe des Prozesses Hau will Lindenau klar geworden sein darüber, daß nur Olga Molitor den Brief geschrieben haben kann, der ihn zum Stelldichein gerufen hat. Er schließt das aus dem äußerst geistreichen Stil des Schreibens, der ganz ihrem Verhalten im Prozesse entspreche. Olga Molitor sei also — nach der Erklärung Lindenaus — die „Dame mit dem weißen Shawl".
Der Vertreter des Berl. Lok.-Anz. in Karlsruhe telegraphiert: „Der Büchsenmacher Andre gab mir eingehend über den nochmals aufgenommenen Befund Auskunft. Der tödliche Schuß muß aus unmittelbarer Nähe abgegeben worden sein und zwar so nahe, daß die Mündung des Revolvers zirka 6—8 Zentimet ervon dem Mantel der Ermordeten entfernt war. Auch dem Sachverständigen ist bei Untersuchung der Kleider der Ermordeten der Gedanke gekommen, der Schuß könne nur von einer unmittelbar neben Frau Molitor gehenden Person abgegeben worden sein. Mir wurde gestattet, in her Registratur des Staatsanwalts die Kleider der Ermordeten und deren in Spiritus aufbewahrtesHerzzu besichtigen. Der schwarzwollene Mantel ist links kreisrund durchlöchert, ebenso das wollene Hauskleid. Alle Kleidungsstücke zeigen zu der Einschußstelle Verkohlung. Dementspricht auch, daß. die Haut an der Einschußstelle nach dem Sektions- Protokoll verbrannt war. Ein nicht genügend gewürdigtes Moment, da es beweist, daß der Lauf des Revolvers mit der Mündung allerhöchstens 8 Zentimeter vom Körper der Ermordeten entfernt gewesen sein kann. Dies bedingt aber, daß der Mörder unmittelbar hinter den Frauen gestanden oder gegangen fein muß, sodaß die Kleider sich fast berührt haben müssen. Ist dies aber der Fall, dann ist nicht zu verstehen, daß Olga Molitor den Täter nicht erblickt hat. Die Einschußöffnung liegt erheblich weiter nach der rechten Seite zu und hat, da der Mantel nach rechts übereinandergeknöpft war, diesen zweimal durchbohrt. Bemerkenswert ist, daß ein Schuß hinten 6 Zentimeter tiefer liegt als vorn, sodaß also dev Schußkanal von unten nach oben und von links nach rechts, verläuft. Me rechte Herzkammer ist durch den Schuß auf- geschlitzt. Der Schußkanal verläuft auch hier von links hinten unten nach rechts vorn oben. Nach Inaugenscheinnahme dieser Objekte muß man zu dem Schluß kommet?, daß der tödliche Schuß aus unmittelbarer Nahe von einer auf der linken Seite der Frau Molitor befindlichen Person abgegeben wurde und zwar von unten nach oben. Dazu mußte der Verfolger, zumal die Damen einen abschüssigen Weg gingen, sich in die Knie gebeugt haben, bis zur Berührung hinter Olga getreten fein." — In der Verhandlung gegen Hau ist von feiten der Familie Molitor von nahestehenden Zeugen das herzliche Verhältnis der Familie bekundet worden. Nach Aussage einer Zeugin jedoch, einer Näherin, Men Frau Molitor und Tochter einmal handgemein geworden sein. Die Eifersucht der Frau Han auf Olga findet immer mehr ihre Bestätigung. — Eine neue, nicht uninteressante Version kursiert augenblicklich in juristischen Kreisen. Darnach habe Olga ihren gewohnheitsmäßig bei sich getragenen Revolver gezogen, um sich gegen den Unbekannten, der ihnen folgte — angeblich Linde na u — ünd vor demsichdieMuttersürchtete,zuwehren, dabei sei der Schuß losg egangen, und da sei die Mutter tödlich getroffen worden. — Daß man den Aussagen des Lindenau recht skeptisch gegenübersteht, ist bei dem Vorleben des Zeugen begreiflich. Me Verteidigung Haus möchte sie am liebsten gar nicht provozieren. Gestern tauchte hier vereinzelt das Gerücht auf, der Brief, welchen Lindenau auf seine Heiratsannonce erhielt, sei von Olga Molitor gewesen. Im allgemeinen steigert sich die Anteilnahme an dem weiteren Verlauf zusehends. Der Verteidiger Haus hat sich mit der Begründung des Revisionsantrags besaßt und hofft auf bestimmten Erfolg.
Stuttgart, 9. Aug. Die Verhandlung gegen Musikdirektor Steindel, welcher seit einigen Wochen unter der Anklage der Mißhandlung seiner Kinder verhaftet ist, findet vor «der hiesigen Strafllunmer vm 19. ds. Mts. statt.