Rundschau.
Die Ausschreitungen in Tirol. Me „Norddeutsche Mlg. Ztg." schreibt: Wie wir Horen, drückte die öst erreichische Regierüng dem deutschen Geschäftsträgerin Wien wegen der irredentistischen Ausschreitungen, von denen deutsche Reichsangehörige in Süd- tirol betroffen wurden, ihr Bedauern aus und teilte mit, daß eine Untersuchung eingeleitet sei und die Bestrafung der Schuldigen erfolgen werde.
Inzwischen werden aus Südtirol neue Gewalttaten gemeldet. Ein Mann, der die nach Persen entlehnten Fahnen in österreichischen und tirolischen Farben zurückbringen sollte, wurde von einer Horde von Italienern überfallen und der Fahnen b eraubt. Ein anderer Deutscher, der nach Persen fuhr, wurde angehalten; man fiel dem Pferd in die Zügel und zwang den Wagen zur Umkehr. Der Reisende wurde insultiert, auch suchte man ihm das Volksbundzeichen und das Alpenvereinszeichen zu entreißen. Unter den Demonstranten befanden sich angesehene Bürger von Trient.
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Aus Marokko.. Zu den Gewalttaten in Casablanca behauptet Echo de Paris, daß die Zahl der Getöteten größer ist, als amtlich gemeldet wurde. Es seien 7 Franzosen, 3 Spanier und 2 Italiener erschlagen worden und außerdem noch ein Arbeiter, dessen Nationalität nicht festgestellt werden konnte. Alle sind im Dienste der Firma Schneider, welche die Ha- ienbauten für Rechnung der französischen Marokkogesellschaft ausführt. Drei der Getöteten find aus Marseille, alle verheiratet. Die spanische Regierung beschloß, den Kreuzer Infantin Jsabella nach Casablanca zu entsenden, und ebenso Dürfte die italienische Regierung ein Kriegsschiff dorthin schicken. Das französische Ministerium ist dahin schlüssig geworden, daß es sich empfiehlt, mit der spanischen Regierung bezüglich einer sofortigen Landung von Truppen in Casablanca, sowie bezüglich der zum Schutze der dortigen Europäer nötigen Maßnahmen sich ins Einvernehmen zu setzen. Die Minister sind entschlossen, sich an die Algecirasakte zu halten. Der Seepräfekt von Toulon rüstet im Auftrag des Ministerpräsidenten drei Transportschiffe, welche 2500 Soldaten und 300 Pferde nach Ma rokko befördernsollen. Einesbavon soll bereits morgen zur Abfahrt bereit sein.
Die Gewalttaten in Casablanca scheinen wesentlich antifranzösischen Charakter zu haben- Wenigstens wird gemeldet, daß die übrigen Europäer in Casablanca, darunter 50 Deutsche, bisher nicht gefährdet feien. Der französische Konsul erzwang die Abfahrt seiner Kolonie von 60 Personen nach dem englischen Transportdampfer, um die Ankunft des „Galilee" abzuwarteu. Dis übrigen Europäer werden aus Furcht vor einem Bombardement zurückgehalten. Der Führer der Mahalla, der Onkel des Sultans, Muley Amin, setzte den unfähigen Pascha ab und übernahm den Befehl über die Truppen. Er benachrichtigte die verschiedenen Regierungen, daß er sich bemühen werde, die Ordnung wieder herzustellen. Der Gouverneur warnte die internationalen Einwohner, ihre Wohnung nicht zu verlassen. Der französische Kreuzer „Galilee" traf in Casablanca ein und der französische Konsul rief die Kontrolleure zum Zollhause zurück.
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Tie Unruhen in Korea entstanden, wie bereits mitgeteilt, bei der Entwaffnung der koreanischen Soldaten. Von zuständiger Seite wird die Zahl an Toten und Verwundeten auf 60 Koreaner und 40 Japaner angegeben. Bei dreitausend Mann, denen je nach dem Rang 25 bis 80 Pen ausgezahlt wurden, vollzog sich die Entlassung ohne Störung. Als aber bekannt wurde, daß der Kommandeur des ersten Bataillons in der Kaserne Selbstmord verübt hatte, griffen Leute dieses Regiments japanische Offiziere an, in deren Begleitung sich nur wenige Soldaten befanden und ein Bataillon marschierte dann nach den Südtor-Kaserne- ments, wo dann ein riesiger Kampf entbrannte. Von den koreanischen Soldaten sind etwa hundert Mann mit Waffen
entkommen und haben sich in kleinere Gruppen aufgelöst, von denen aber vorläufig nichts zu befürchten ist, zumal ein starker Regen hemmend aus etwaige Unternehmungen einwirkt. In der Verfügung, durch welche die Entlassung der koreanischen Truppen angeordnet wird, heißt es im Eingang, die koreanische Armee bestehe aus Söldnern, die zur Verteidigung des Landes nicht als geeignet angesehen werden können.
Hages-Kyronik.
Breslau, 2. Aug. Wie der Schles. Ztg. aus Sos- nowice gemeldet wird, wurde dort auf einen Arbeiter der Katharinenhütte, der im Verdacht stand, Polizeispitzel zu sein und dem vor einigen Tagen das Todesurteil von der polnisch-sozialistischen Partei zugestellt worden war, gestern fünf Revolverschüsse abgegeben, die ihn schwer verletzten. In der letzten Nacht drangen verkleidete Leute in das Hüttenlazarett, in das die Verwaltung den Schwerverletzten hatte bringen lassen, überwältigten Heu Wärter und töteten ihr Opfer durch Revolverschüsse und Dolchstiche.
Mailand, 2. Aug. Die durch die geistlichen Sittlichkeits-Skandale genährte Antiklerikale Bewegung führte in Spezia zu schlimmen Ausschreitungen. Gestern Abend griff eine Volksmenge zwei Kirchen an, die von Truppen bewacht wurden, da bereits an den vorhergehenden Tagen gewalttätige Kundgebungen stattgefunden hatten. Die Truppen schossen zunächst blind, dann erwiderten sie die Steinwürfe der Menge mit scharfer Ladung, die einen Mann tötete und zwei verwundete — In Turin wurde ein Geistlicher von einem Kohlenfuhrmann erst beschimpft und dann durch Schläge mit Säckchen voll Eisenspäne brutal mißhandelt. — Infolge der gestrigen Vorgänge brach in Spezia der Generalstreik aus.
Paris, 2. Aug. Der „Matin" bestätigt, daß die Schießversuche, welche mit den schweren Geschützen bei den letzten Manövern des Mittelmeer-Geschwaders vorgenommen wurden, sehr schlecht ausgefallen seien. Bei den Schießversuchen mit den 305 Millimeter und 164Milli- meter Kanonen explodierte ein großer Teil der Geschosse vorzeitig, so z. B. auf dem Panzerschiff „St. Louis", wo von 12 Geschossen der 305 Millimeter-Kanonen nicht weniger als 11 in einer Entfernung von nur 50 Meter von Bord explodierten. Es ereignete sich glücklicherweise kein Unfall, doch würde es Wohl anders gewesen sein, wenn die Geschosse mit Melinit geladen gewesen wären; es muß jedoch bemerkt werden, daß es sich um alte Geschosse handelte, welche im Aufträge des Marineministeriums verwendet worden waren, um die alte Munition aufzubrauchen.
Paris, 3. Aug. Die Agence Havas meldet unter Vorbehalt aus O ra n, daß dort Gerüchte im Umlauf seien, wonach die Staatsbank in Tanger beraubt und der englische Konsul gefangen fortgeführt worden sei. (Na«ch einer weiteren Meldung ist das Gerücht unbegründet. In Tanger ist alles ruhig.)
Montpellier, 2. Aug. Me Freilassung der Gefangenen von Argelliers erfolgte um 4 Uhr nachm. Die Gefangenen begaben sich nach dem Theaterplatz wo sie von 400 Personen mit lebhaften Zurufen begrüßt wurden. Ferroul wurde aufgefordert, das Amt des Generalrats von Montpellier zu übernehmen, weigerte sich aber, da er in seinem Bezirke zu bleiben wünscht.
London, 3. Aug. Daily Mail meldet aus Tanger, daß die Stadt Sifron von Bergstämmen geplündert worden sei. Die Lage Macleans sei sehr kritisch, da sämtliche Bergstämme Raisuli günstig gesinnt seien, während die Streitkräfte des Sultans nicht ausreichend seien.
Washington, 2. Aug. Der amerikanische Gesandte in Peking ist davon in Kenntnis gesetzt worden, daß das chinesische auswärtige Amt dem internationalen Handel 7 Städte in der Mandschurei öffnete, die nun insgesamt 16 zählen, wie sie im chinesisch-japanischen Vertrag vorgesehen sind.
Tanger, 2. Aug. (Reuter). Der Korrespondent des „Reuterschen Bureaus" erhielt von Raisuli einen Brief, in welchem es heißt, er wolle durch Vermittelung
Die Komödiantin.
Roman von Oswald Benkendorf 39
Er fragte nach der Schwester, von der er nichts mehr gehört haben wollte. Es war von Veras Seite kein Versuch gemacht worden, das Geld bei dem Notar in Breslau zu erheben, das galt Verdi als sicheres Zeichen, daß die Schwester tot sei. Der Graf befragte ihn lauge, mußte sich aber endlich davon überzeugen, daß er nichts Genaues über die Herkunft Konstan- zes wußte, deshalb fertigte er ihn mit einem größeren Geldgeschenke ab, und der Direktor zog mit der Gesellschaft und dem gelehrten Esel, die er irgendwo gelassen, weiter in der Welt umher.
Graf Erich hatte die letzten Enthüllungen Veras für sich behalten und nicht einmal der Schwester Mitteilung davon gemacht, sie trug ja ohnehin schwer genug an dem Heid um den einzigen Sohn, warum sie noch durch solche Eröffnungen erregen.
Kurt war nach dem Tode seiner Braut in langes Siechtum verfallen. Die Aerzte hätten sogar gewünscht, daß ein Gehirnfiebersich entwickelt hätte, das man mit den Waffen der Wissenschaft bekämpft haben würde. Viel schlimmer war eines jener hartnäckigen Nervenleiden, dem nur zu leicht geistige Umnachtung zu folgen pflegt. Dies war glücklicherweise hier nicht der Fall, doch andererseits vermochte man Kurt auch nicht völlig geistig gesund zu nennen.
Er war ein Mensch ohne Tatkraft und außerstande, sich durch moralischen Zwang zu tätigem Handeln aufzuraffen, der Wille zum Leben fehlte ihm, und ob der Mutter Schmerz ihn auch oft bewogen, mindestens den Versuch zu machen, jene düstere Schwermut abzufchütteln, die ihn in bleiernen Banden hielt, so währte es nicht lange und die dunklen Traumgestalten, die ihn hinabzuziehen schienen in das Reich der Nacht, bemächtigten sich seiner aufs neue. Ein unendliches Mitleid mit sich selbst machte ihn weich und das erfahrene Unglück erschien ihm riesengroß, erdrückend.
Sobald der Arzt eS gestattet, daß dem Kranken die Anstrengung einer Reise zugemutetwerdenkonnte, siedelte Gräfin Sido- me mit dem Sohne nach Bentheim über, so wenigstens war er nicht den peinlichen Eindrücken auSgesetzt, die in Schloß Wil- menau durch tausend kleine Dinge, welche Kurt an sein verlorenes Glück erinnerten, unausbleiblich gewesen wären.
Franziska blieb in Wilmenau zurück, um die Zügel deS Re
giments in die Hand zu nehmen. Sie tat es mit schwerem Herzen und Gräfin Sidonie verkannte sie sehr, als sie sich gegen Möllenhard äußerte: „Franziska ist eine durch und durch praktische, sogar etwas prosaisch angelegte Natur, sie findet sich am ersten wieder zurecht bei steter Arbeit, in Erfüllung von Pflichten, mit denen eine gewisse Verantwortlichkeit verbunden ist."
Das junge Mädchen war weit entfernt von solcher Resignation. Mit bitteren, heimlich geweinten Tränen bereute sie das Kurc getane Geständnis, das die Not ihr abgepreßt. Wenn sie ihm an jenem Abend nicht von ihrer Liebe gesprochen, hätte sie als eine Freundin, eine Schwester bei dem Gemütskranken weilen und einen wohltätigen Einfluß auf ihn ausüben können. So, wie die Sachen lagen, konnte davon keine Rede sein. Flüchtig, fast kühl war der Abschied der beiden gewesen, und nun hauste Franziska allein mit den Dienerinnen im Schlosse, Graf Erich war noch in Italien und blickte sehnsüchtig nach den Umrissen der Berge, die sich dunkelgrau abhoben vom klaren Horizont.
Dort weilte er, den sie liebte, um den ihr Herz bangte.
Nach Monaten, die ihr ewig lang erschienen, und doch ganz so schnell vergangen waren, wie die übrigen, erhielt sie als Geburtstagsgeschenk von Kurt einen Strauß weißer Rosen in feuchtes Moos gebettet, dazu ein Buch, es war ein Album, wie sie sich eS stets gewünscht, zierlich in lichtblauen Sammet gebunden, mit silbernen Klammern geschlossen.
Zitternd vor Erregung öffnete Franziska das Buch, was hatte Kurt ihr wohl auf eins der vielen weißen Blätter geschrieben?
Verse waren eS, sie seien nicht von ihm, erklärte er in einer kurzen Vorrede, aber ihm aus dem Herzen geschrieben; er kenne den Autor nicht; daß dieser ein echter Dichter sei, dafür möchte er sich verbürgen.
Und dann die Verse: „Die Welle, kaum enteilt vor uns'rem Blick, kehrt nie zurück. Der Lufthauch tändelt mitsbetautem Grün und ist dahin. Die Blume, die in Sonnenglut verdarb, für immer starb. DaS Blatt, wie eS vom Baume niederschwebt, hat ausgelebt. Der Frühling gibt, der Winter nimmt es fort, da nützt kein Wort..Kein Seufzer führt zurück in uns're Brust, vergangene Lust."
Franziskas Augen hatten sich verdunkelt, sie konnte nicht weiterlesen, zu was auch? Eine schwere Träne rollte über das goldgeränderte Blatt, genug, sie hatte verstanden.
i des Korrespondenten in Verhandlungen mit der englischen k Gesandtschaft treten. Raisuli erwähnt, er habe Maclean gefangen genommen, weil er ihn nicht für aufrichtig halte.
Der Volksschullehrer Schneider in Saarbrücken erschoß sich in der Schule vor den Augen der Schüler. Er litt an nervöser Ueberreizung.
Bei Urmitz fiel heute der 16jährige Sohn des Schiffers Köhler aus Broich (Ruhr) von einem Anhängeschiffe eines Schleppzuges in den Rhein. Der Vater sprang ihm nach, erreichte ihn, jedoch ertranken beide, ehe Hilfe erschien.
Aus Hagen i. Wests, wird gemeldet: Donnerstag Abend erhielt, der „Rh.-Westf. Ztg." zufolge eine Telegraphengehilfin bei der Bedienung einer Leitung, wahrscheinlich infolge Blitzschlages, einen schweren elektrischen Schlag und fiel bewußtlos nieder. Der herbeigeeilte Telegraphendirektor geriet bei dem Anblick der bewußtlosen zuckenden Dame derart in Erregung, daß er einen Schlaganfall erlitt, der eine vollständige rechtsseitige Lähmung zur Folge hatte.
Bei einer Schießübung an Bord des Schulschiffes „Couronne" in Toulon wurde der Verschluß eines Geschützes hinten herausgeschlagen.. Hierdurch wurden 3 Mann getötet und 2 schwer verwundet.
ArSeiterSewegung
Breslau, 2. Aug. Die „Schles. Ztg." meldet aus Zabrze: Auf dem zum Westfelde der Königsgrube gehörigen Marienschachte sind laut Meldung der hiesigen Bergwerksdirektion gestern Morgen von 196 Mann 97 nicht eingefahren. Am Nachmittag haben sämtliche im Dienste eines Unternehmers stehenden 52 Arbeiter die Anfahrt verweigert. Von der Nachtschichtbelegschaft von 542 Mann haben 201 die Anfahrt verweigert. Die Arbeiter fordern eine allgemeine Lohnerhöhung. Heute früh ist auf dem Marienschacht von 196 Mann niemand angefahren; auf dem Bahnschacht sind von 525 Mann nur 72 angefahren.
Belfast, 2. Aug. Die Verhandlungen bezüglich des Fuhrmann st reiks sind gescheitert, da es dem Lordmajor nicht gelungen ist, eine Zusammenkunft aller Beteiligten zu erreichen. Für heute nacht wird die Aussperrung der Kohlentrimmer erwartet.
Au- WKMeMkerg-
Dieustrmchrichte«. Der König hat den Oberlandesgerichts- rat Th- Mayer zum Präsidenten des Landgertckt Ravensburg und den Vortragenden Rat im RerckSeisenbahnamr, Geh. Regterungsiat Glieler in Berlin mit seinem Einverständnis zum Vortragenden Rat und Ministerialrat im Ministerium de: auswärtigen Angelegenheiten, Vertehrsabteimng., ernannt; ferner die erste Stadtpfarrstelle in Möckmühl, Dekanats Nencnstadt dem Stadtpfarrer Schäfer in Oberriexingen, Dekanats Vachingm üacrtragen.
Bom Schillerverein. Der elfte Rechenschaftsbericht des Schwäbischen Schillervereins bringt eine kurze Uebersicht über die Auerbachfeier in Nordstetten am 8. Februar. Der berühmte Verfasser der „S chwarz- wäl der Dorfgeschichten" ist am 28. Februar 1812 zu Nordstetten geboren, gestorben in Cannes (Südfrankreich) am 8. Februar 1882, also kurz vor seinem 70. Geburtstag, begraben in Nordstetten, wobei Friedrich Theodor Bischer (der alte Schartenmaier) dem verblichenen Landsmann und Freunde herrliche Worte ins Grab ries. An Stelle des unscheinbaren Täfelchens, das seither das Geburtshaus des Dichters bezeichnet hatte, ist nun eine von Oberbaurat Jassoy in Stuttgart entworfene Gedenktafel angebracht, die das Bild des Dichters nach dem im Schillermuseum befindlichen Marmorrelief zeigt- Dieses Relief ist eine Stiftung des verstorbenen Herrn Kilian v. Steiner, dem das Schillermuseum auch den gesamten literarischen Nachlaß von Berthold Auerbach Pverdankt. Die Festrede bei der Enthüllung der Gedenktafel hielt Geh. Hofrat Professor Güntter, der Vorstand des Schillermuseums. — Unter den Förderern des Schillermuseums steht auch in diesem Jahre wieder in erster Linie S. M. der König, der 19 Briefe Schillers aus den Jahren 1784—1805, ein Stück aus Schillers
DieBlume, die in Sonueiiglut verdarb, für immer starb, daS
war die Blume seiner Liebe gewesen, des HerzenZ Erstlingsblüte, für immer war sie gestorben.
Seit dem Tage hegte Franziska keine Hoffixung'mehr auf Wiedergenesung des teuren Kranken.
Aehnlich erging es auch Möllenhard, obgleich er das Opfer brachte, sich für Monate in dem einsamen Bentheim zu begraben, um täglich mit Kurt beisammen zu sein und seinen ganzen Einfluß aufznbieten, den ehemaligen Schüler dem Leben wie- derzngeben, welchem er sich mehr und mehr entfremdete, in eigensinnigem Festhalten an seinem Gram
Wohl nahm Kurt zuweilen seine Studien wieder auf, sogar mit der früheren Lebhaftigkeit, wie es anfangs schien: nur zu bald erlahmte seine Kraft und in seiner stillen, müden Weise versank er aufs neue in unheilvolles Brüten.
Der Frühling zog ins Land, sein Hauch belebte ihn nicht, allerlei Gerüchte durchschwirrten die Luft, auf Raben-, auf Adlerflügeln. Alte Kriegsgesellen erzählten mit neubelebter Lust vom Zug nach Frankreich, vom Befreiungskriege. Kurt achtete dessen nicht. Die einsame Feste im hohen Gebirge war deS Lebensmüden liebgewordenes Asyl, hier störte ihn kein Laut aus der Außenwelt, hier wollte er seinem Schmerz und der Erinnerung leben.
Doch als das Korn schon hoch stand und der rote Mohn, die blauen Kornblumen darin blühten, da trafeines Tages ganz unerwartet, Graf Erich in Bentheim ein. Das sagenumsponnene Schloß war ihm stets verhaßt gewesen, zumal jetzt, wo er sehr gut wußte, daß die Leute ihre Glosse» machten über Kurts Gemütskrankheit und die Frau Basen hoch und teuer darauf schwuren, daß die Schwermut des letzten aus dem Hause der Bentheims selbstverständlich nach zurückgelegtem dreißigsten Jahre habe eintreten müssen, wie mit der Pünktlichkeit einer vorher berechneten Sonnenfinsternis.
In dem vollen Haar des Grafen schimmerten gar viele Silberfäden, auch die Stirn war gefurcht und um die Lippen hatte sich ein Zug der Härte, der ihm eigen, noch verschärft, aber die Gestalt des alten Soldaten war stramm und kraftvoll aufgerichtet, wie es sich für einen paßt, der seinem Könige und dem Vaterlande auss neue Gut und Blut zur Verfügung gestellt hat. Und der oberste Kriegsherr hatte die Dienste des schlesischen Edel- manneS gern angenommen. 139.W