WürtL Landtag

Stuttgart, 31. Juli. Die Zweite Kammer hat in ihrer heutigen Sitzung sich mit einem Nachtrag zum Finanzgesetz beschäftigt, in dem eine Reihe von Bau- sovderungen aufgestellt sind, die insgesamt einen, wenn auch nicht sofort, aufzuüringenden Bauaufwand von etwas über 5 Millionen erfordern. Zunächst befaßte sich das Haus mit einer Exigenz von 100 000 Mark als erste Rate zur Erbauung eines neuen Landgerichtsgebäudes in Rottweil, dessen Gesamtkosten von der Regierung auf 643 000 Mark veranschlagt sind. In der Zi/sstündigen Debatte, die sich hieran knüpfte, wurde die Unzulänglich­keit des jetzigen Landgerichtsgebäudes und die Unwürdig­keit, ja der himmelschreiende Zustand der derzeitigen Ver­hältnisse allerseits anerkannt, weshalb auch die Kommis­sion die Bewilligung dieser ersten Rate beantragte. An­dererseits wurde aber an dem Plan eine zu reichliche Bemessung der Räumlichkeiten ausgefetzt und deshalb ver­langt, daß der Gesamtaufwand die Summe von 600 000 Mark nicht übersteigenn dürfe. Dieses Verlangen wurde vom Justizminister, der sich im übrigen dagegen ver­wahrte, als ob das Raumprogramm zu leichtfertig oder zu üppig ausgestellt worden sei, als berechtigt anerkannt. Weitergehende Bedenken wurden nur von dem Abg. Storz erhoben, der die Forderung mit Rücksicht auf die kom­mende Reform der Zivilprozeßordnung für verfrüht er­klärte, und von den Abgg. Dr. Wolfs und Schrempf, die den 'häufig zu tage tretenden Luxus bei solchen Bauten kritisierten und beantragten, daß der Gesamtaufwand die Summe von 575 000 Mark nicht übersteigen dürfe. Die­sen Bedenken wurde vom Justizminister, aber auch von verschiedenen Seiten des Hauses, namentlich von dem Be­richterstatter Kraut, sowie den Abg. Gröber, Rembold- Aalen, Dr. v. Kiene und Dr. Hieber, entgegengetreten unter besonderem Hinweis darauf, daß gerade der vor­liegende Plan einen Luxus nicht aufweise. Schließlich wurde die geforderte erste Rate gegen die Stimmen der Mg. Betz und Storz angenommen und hierauf der Kom- missiousantrag (Gesamtaufwand 600 000 Mark) mit 43 gegen 34 Stimmen des Bauernbunds, der Sozialdemo­kratie und einiger Mitglieder der Deutschen Partei und der Volkspartei angenommen. Die übrigen Bauforder­ungen erledigten sich ziemlich rasch; es wurden genehmigt 181000 Mark für ein neues Amtsgerichtsgebäude und Gefängnis in Oberndorf, 123 000 Mark für ein neues Amtsgerichtsgebäude in Waiblingen, 131000 Mark für eine Erweiterung der Frauenklinik Tübingen, 150 000 Mark als erste Rate für die Errichtung eines Neubaus der Universitätsbibliothek, welche insgesamt rund 1 Million erfordert, wobei der Wunsch ausgesprochen wurde, daß zur Erlangung des auszuführenden Plans ein allgemeiner oder beschränkter Wettbewerb veranstaltet werde, 125 000 Mark für eine Erweiterung des physikalischen Instituts der Universität, 200 000 Mark als erste Rate für einen Neubau des physikalischen Instituts an der Technischen Hochschule in Stuttgart, der insgesamt 447 000 Mark er­fordert und Luf das Nillsche Anwesen zu stehen kommen wird und schließlich noch 95 000 Mark, 100 000 Mark und 80 000 Mark je für die Erbauung eines Kameral- amtsgebäudes in Biberach, Laupheim und Riedlingen. Morgen wird die Beratung des Eisenbahnbaukreditgesetzes fortgesetzt.

Au; WüNteuwerg

Entschädigung für Kassenadmängel. Das Mi­nisterium des Auswärtigen hat eine Verfügung erlassen betr. die Gewährung von Entschädigungen auf Kassen- abmängel. Mit Wirkung vom 1. April 1907 an werden für die Führung von Amtskasfen und Hilfskassen bei grö­ßeren Eisenbahnstationen je nach der Jahreseinnahme (30 0001200000 Mark) 1260 Mark, für jede Güter­schalterkasse (10 000600 000 Mark) 12150 Mark, für jede Personen-, Gepäck- und Güterschalterkasse die oben­genannten Sätze mit einem Zuschlag von 50 vom Hun­dert, für die Führung von Amts- und Hilfskassen bei größeren Postämtern (30 0001200 000 Mark) 1260 Mark, für Schalterstellen ohne Postanweisungsverkehr (10 000600 000 Mark) 12150 Mark, für Schalter­ftellen mit Postanweisungsverkehr (30 000 Mark bis 25 Millionen) 12240 Mark gewährt. Unterbeamte und Landpostboten, die mit der Auszahlung von Postanweis­ungen, der Einziehung von Postaufträgen und Nach­nahmen, der Zahlung von Renten und der Einziehung von Fernsprechgebühren und Zeitungsgeldern betraut sind, erhalten bei einem jährlichen Barumsatz von mehr als 30 00060 000 Mark 6 Mark und für jede weiteren 30000 Mark oder einen Teil hiervon weitere 3 Mark bis zu 60 Mark.

Aufbesserungszulage der Geistlichen. Eine Bekanntmachung des Evangelischen Konsistoriums betref­fend die Aufbesserungszulage der Geistlichen besagt: Zu­folge der Verabschiedung des Hauptfiuanzetats für 1907 und 1908 erhalten auch die ständigen evangelischen Geist­lichen entsprechend der Verwilligung für Beamte und Lehrer vom 1. April 1907 ab eine jährliche nicht pen­sionsberechtigte Zulage von 70 Mark. Anweisung zu der Ausbezahlung ist ergangen. Ein gleicher Konsi- storialerlaß betreffend die Aufbesserungszulage der Volks- schullehrcr und -Lehrerinnen fügt der Mitteilung an: Die hienach verwilligten Zulagen sind bei den königlichen Ka- meralämtern zur Ausbezahlung angewiesen worden. Hie­von werden die gemeinschaftlichen Oberümter, Bezirks­und Ortsschulinspektorate mit dem Auftrag in Kenntnis gesetzt, den beteiligten Lehrern und Lehrerinnen, sowie den örtlichen Besoldungskassen entsprechende Eröffnung zu machen. _,

Stuttgart, 31. Juli. Die Morgenp. schreibt: Der BauplanfürdieUmvebungdesneuenHaupt- dahnhoss ist jetzt festgestellt. Nach demselben wird von dem Brauerschen Hause an die untere Köügsstraße auf 22,5 Metrr erbreiterl; sie erhält später, da es »ich bei d-r Uwerbauung des ÄarstallterrainS um sin weiteres Herein - rücken von 2,5 Meter Handel?, eine Breite von 25 Me'er. Die große neue Hauptstroß' zwischen Schloß« und Schiller­straße, der man wohl den Namen Kaiserstccße geben wird, tn der Breite zwischen 23 und 30 Me:er; wo sie in die

Schloßstraße etnmündet, bildet sie eine platzartige Erweiter­ung. Der Platz vor dem Bahnhof erhält eine Breite von 50 Meter und seine Länge wird etwa 250 Met-r sein.

Stuttgart, 31. Juli. Nachdem Professor Dr. Steinthal am 1. Juli d. Js. die Leitung der chirurgi­schen Abteilung des städtischen Katharinenhospitals Stutt­gart übernommen hat, ist nunmehr auch als Nachfolger des Herrn Obermedizinalrats Dr. von Landenberger, Dr. Sick, der bisher dem akademischen Lehrkörper Tübingen angehörte, 'als Leiter der innerlichen Abteilung eingetreten. Damit sind die beiden wichtigsten ärztl. Posten der Stadt Stuttgart wieder ausgefüllt.

Mm, 1 . Aug. Am letzten Sonntag hielt das Ko­mitee zur A l b ü b e r s ch i e n u n g von Oberlenningen nach Ulm hier eine Sitzung ab. Die Mehrheit der Teilnehmer entschied sich für die Linie Oberlenningen direkt nach Mm, während ein kleinerer Teil für die Führung der Bahn von Suppingen ab nach Blaubeuren war. Es wurde beschlossen, durch den Techniker Wallersteiner in Nürnberg ein Projekt mit Anschluß in Ulm ausarbeiten zu lassen.

Neckargartach, 1. Aug. Bei der gestern vorgenom­menen O r ts v or ste h erw a hl stimmten von 562 Wahl- berchtigte'n 532 ob. Stimmen erhielten Schultheiß B i n- der von Schlath 459, Schultheiß Knecht von Abstatt 73. Binder ist sonach glänzend gewählt.

Der 60jährige Schneidergehilfe Kaden hat Dienstag abend im Gewerkschaftshaus in Stuttgart Selbstmord verübt. Kaven war seit 29 Wochen krank und hatte von dem Krankenunterstützungsdund der Schneider Unterstützung erhalten. Er mußte sich dann auf Veranlassung der Kran­kenkasse ärztlich untersuchen lassen und das vorgelegte Gut­achten des Arztes ging dahin, Kaden leide neben einigen Begleiterscheinungen keiner Berufstättgigketr an Neurastenie und es sei am zweckmäßigsten, ihn tn Bälde zur Wieder­aufnahme seiner Arbeit zu veranlassen. Nachdem tn einer Sitzung des Ausschusses der Kaffe, zu welcher Kaden er­schienen mar, dieses ärztliche Gutachten zur Kenntnis ge­bracht wurde, wandte sich K. der Türe zu und zog hier plötzlich einen Revolver aus der Tasche, mit dem er sich einen Schuß in die Herzgegend betbrachte. Der rasch her­beigerufene Arzt konnte nur den bereits eingetretenen Tod feststellen.

Mittwoch Abend entstand in der Zuckerfabrik Stutt­gart-Cannstatt durch eine Explosion tn der Zuckermühle, m demselben Raume, in dem das Großfeuer am 15. Au­gust 1906 ausbrach und die ganze Fabrik mit Ausnahme des Kesselhauses zerstörte, ein Brand. Die rasch herbei- geeilte Berussfeuerwache brauchte nicht mehr in Tätigkeit zu treten, da das Feuer durch Arbeiter des Werkes gelöscht werden konnte. Der Schaven ist nickt bedeutend.

In Feuer dach wurde ein frecher Betrüger festgenom­men. Er hatte versucht bei einer Wirtin einen Hundert­markschein gegen anderes Geld etnzutauschen. Nachdem er den Schein erhalten hatte, steckte er ihn in ein Couvert und gab dann vor, seinen Geldbeutel zu Hause gelassen zu haben. Hierauf gab er das Couvert mit dem Bemerken zurück, daß er sein Geld erst holen wolle und machte sich sodann eiligst davon. Nach etwa einer halben Stunde, als auch der vorher abwesend gewesene Wirt zurückgekommen war, öffneten die Wtrtsleuie das Couvert, in dem sie aber zu ihrem gro­ßen Schrecken nicht den Hundertmarkschein, sondern einen Fetzen Papier vorfanden.

In Schafhausen, O.-A. Böblingen gingen am Dienstag Nacht verschiedene schwere Gewitter mit Hagel nieder, der besonders in Korn- und Hopfenäckern viel Scha­den anrtchrete. Der Ernteverlust wird zu 80°/o angenommen.

In Rotfel den OA Nagold kam der Ziegeleibesitzer Christian Sauiter, Vater von 6 Kindern, ums Leben. Er beschäftigte sich an einem neuen Brennofen und scheint durch ausströmende Gase erstickt zu sein.

Ein jchrvererUnglücksfall ereignete sich Diens­tag nachmittag laut Neuer Albote auf der Straße von Bitz nach Ebingen. Tavnenwirt Letsch von Bitz, der in Ebingkn abrechnen wollte, saß auf dem Lastwagen eines bei ihm einkehrcnden Ebtnger FuhrknechtS. In der Nähe des Gasthauses begegnete dem Fuhrwerk zwei andere Ebtnger Wagen. Beim ausweichcn wurden Letsch und der Kutscher durch einen Baum, von dem mit großen, gefüllten Säcken ziemlich breit geladenen Wagen heruntergestreift. Letsch kam dabet unter den Wagen; das Rad ging ihm über die Br:st, er starb, als er kaum in seine Behausung verbracht war. Letsch ein fleißiger und tüchtiger Mann, steht im 46. Lebensjahr.

Infolge Blitzschlagsbrannte der Lenzenbauern- hof des Hermann Neugart in Unterkirnach, ferner das Anwesen des Bürgermeisters Limberger in Grü­ningen (OA. Schwenningen) und der Gasthos z. Hirsch in Oberschwarzach OA. Waldsee nieder.

KerichtssaaL.

Zum Prozeß Han

wird der Fr. Ztg. von ihrem Korrespondenten aus Karls­ruhe geschrieben: Die aus Baden-Baden gemeldete Nach­richt, daß die Zeugin Eisele zum Prozeß Hau keine wichtigen Mitteilungen zu machen habe, erscheint durchaus unrichtig. Die Zeugin, mit der der Korrespondent und einige andere Journalisten, sowie die Verteidigung des 5)au die einzelnen. Punkte besprochen hat, gibt folgende Erklärung: Am Tage, an welchem Frau Molitor er­mordet wurde, war ich mit meinem kleinen Neffen von fünf Jahren zu Besuch bei Frau Steuerer in der Fre­mersbergstraße 40. Die Zeit, als ich bei derselben weg­ging, weiß ich nicht anzugeben, nur an das erinnere ich mich bestimmt, daß ich in der Nähe der Wohnung der Frau Steuerer mit Frl. Kunzmann Fremersbergstraße 97 zusammentraf, wobei ich ihr sagte, daß ich vorhatte, ihre Mutter zu besuchen. Gerade um diese Zeit fing es an zu läuten. Ich fragte Frl. Kunzmann, wo dies sei, worauf sie mir antwortete: Es ist die Betglocke im städti­schen Spital. Ich erwiderte, daß es mir nun doch zu spät sei, Besuche zu machen, und verabschiedete mich auch gleich von Frl. Kunzmann. Auf dem Wege nach der Stadt begegneten mir bis zur Wasserheilanstalt Malten drei Männer. In der Nähe der Friedrichstraße sah ich auf einmal einen Herrn, der direkt an der Mauer des

Parkhotelgartens entlang gelaufen sein inuß. Unwillkür­lich verlangsamte ich, als ich diesen Herrn sah, meine Schritte, um nicht in unmittelbare Nähe von ihm zu kommen. Beim Einmünden der Friedrich- in die Fre­mersbergstraße blieb er wie überlegend, welchen Weg er einschlagen sollte, stehen, drehte sich um und in diesem Augenblick sah ich im Scheine der Laterne sein Gesicht, das mir als ein blasses jetzt noch vor Augen ist. Er war groß und schlank und machte den Eindruck eines elegan­ten Herrn. Er war dunkel gekleidet. Die Situation ist mir aus dem Grunde noch so lebhaft in Erinnerung, weil der betreffende Ort ziemlich unheimlich ist und ich gerade vor diesem Herrn große Furcht empfand. Nun ging er schnelleren Schrittes die Fremersbergstraße hinunter. Ich hörte und sah darauf in der Nähe des Alleehauses einen Wagen, in den ich den erwähnten Herrn einsteigen sah. Meine Angst war nun beseitigt. Daß ich von dieser Angst vor diesem Herrn am Abend des Mordtages noch gesprochen habe, kann Herr Karl Seiferheld, Sophien­straße 19, bestätigen. Ich ging den Fußpfad, der von der Frcmersbergstraße in die Lichtenthaler Allee führt, hinunter und als ich Ungefähr in der Mitte des Fußweges war, hörte ich den Schuß fallen, in der Richtung des Tatortes. Ich ging hierauf nach Hause und um halb 8 Uhr erfuhr ich von dem Mord. Ich sagte gleich, daß der Schuß, den ich hörte, vielleicht der tödliche war.

Sehr bemerkenswert ist, mit welchen Schwierigkeiten die Entlastungszeugin zu kämpfen hatte, bis es ihr ge­lang, durch die Kriminalpolizei überhaupt vernommen zu werden. Am Mittwoch voriger Woche hat sich die Zeugin zuerst heim Kriminalgericht gemeldet. Aber am Samstag ist es ihr erst, nachdem sie vorher nur durch einige Schutzleute ausgehorcht worden ist, gelun­gen, mit dem Kriminalbeamten selber zu sprechen, und zwar dadurch, daß sie auf sein Bureau unvorgeladen ge­gangen ist. Die Aussagen der Zeugin sind ja bekannt. Ist Hau nun der Mann gewesen, den sie in eine Droschke hat steigen sehen, so kann Hau den Schuß nicht abgegeben haben. Es dürfte also immerhin ein sehr dringend^ amt­liches Interesse vorliegen, diese Zeugin genau zu ver­nehmen. Statt dessen aber wird die Zeugin von dem Kriminalbeamten Böhringer kurz gefragt: Was haben Sie eigentlich für Interesse daran, Hau zu verteidigen. Wol - len Sie ihn vielleicht heiraten? Und dann wird ihr bedeutet, daß ihre Aussagen kein Interesse haben, weil die von ihr beobachteten Vorgänge nichts mit der Hau-Asfäre zu tun hätten.

Die Verteidigung im Prozeß Hau legt da­gegen der Aussage des Fräulein Eisele eine derartige Bedeutung bei, daß Herr Rechtsanwalt Dr. Dietz sich bereits nach Baden-Baden begeben hat, um einen Augen­schein vorzunehmen und festznstellen, an welcher Stelle Fräulein Eisele den von ihr gesehenen Mann in den Wa­gen steigen sah und ob es dieselbe Stelle ist, an welcher Hau eingestiegen sein will. Ferner fanden, wie das Ba­dener Tageblatt erfährt, mit 9 Mm.-kalibrigen Revolvern der Firma Nagel u. Menz Schießversuche statt, um zu konstatieren, ob Fräulein Eisele in der Nähe des Allee­hauses den Schuß gehört haben kann.

Die mit Frl. Eisele vovgenommenen Rundgänge be­stätigten im allgemeinen ihre Behauptungen, vor allem auch die Zeitangaben. Es divergieren nur die Aussagen des Kutschers und des Frl. Eisele betreffs der Abfahrts- stelle der Droschke, in welcher Hau zur Bahn ge­fahren war, um zirka 50 bis 60 Meter. Die angestellten Schußproben an der Mordstelle wurden an der Abfahrts-- stelle trotz Regen und Blätterrauschen und darüber hin­aus deutlich vernommen.

Inzwischen verbringt der Verurteilte seine Tage nach Entziehung von Schreibgelegenheit und Lektüre mit Dütenkleben.

Karlsruhe, 31. Juli. Wie die Männh. Volks­stimme zuverlässig erfahren haben will, sollen von den 12 Geschworenen, die in Karlsruhe über das Schick­sal Haus zu entscheiden hatten, zwei für die Freisprech­ung des Angeklagten eingetreten sein, 10 für die Verur­teilung.

Ulm, 31. Juli. Vor dem Kriegsgericht der 27. Di­vision hatten sich gestern die Kanoniere Gaißmaier, Heinkel und Schwarz des 49. Feldart.-Regiments unter der Anklage des militärischen Aufruhrs zu verantworten. Der Anklage lag ein Vorfall zu Grunde, der sich am Abend des Himmelfahrtstages im Personen­zug zwischen Laupheim und Ulm abspielte. Eine Anzahl Kanoniere hatten in angetrunkenem Zustande in Laup­heim den Zug bestiegen und alsbald zu singen und schreien angefangen. Darüber beschwerten sich Mitreisende im Nebenabteil beim Unteroffizier Greis vom selben Regi­ment. Dieser öffnete die Türe zum Abteil der Kanoniere und gebot einigemale Ruhe, fragte auch einen der Lärm­macher nach dem Namen und wollte nach Verweigerung der Namensangabe einem der Kanoniere den Säbel neh­men, um davon den Namen abzulesen. Das gelang ihm aber nicht, und der Unteroffizier wurde unter großem Lärm, an dem sich auch ein Zivilist hervorragend be­teiligte, zur Tür hinausgedrängt. Ein im Abteil der Kanoniere sitzender Vizefeldwebel, der als Zeuge anwe­send war, war nicht eingeschritten, weil er sah, daß die Leute angetrunken waren und er keinen Skandal veran­lassen wollte. Ueberdies waren bei den Kanonieren meh­rere Unteroffiziere der gleichen Batterie, die sich Passiv verhielten, einer sagte nach dem Auftritt zu den Leuten sogar, sie sollten nur wieder singen. Das Gericht ließ die Anklage auf militärischen Aufruhr fallen und ver­urteilte Gaißmaier wegen tätlichen Sichvergreifens an einem Vorgesetzten zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis, Heinkel wegen eines gleichen Verbrechens, erschwerten Un­gehorsams und Achtungsverletzung Zu 1 Jahr 4 Monaten Gefängnis und Schwarz wegen Achtungsverletzung zu 5 Wochen Mittelarrest. Ter Antrag des Anklagevertreters war einige Monate über die Mindcststrase für Ausruhr (5 Jahre Gefängnis) gegangen.

Nagold, 8'. Juli. Liegenschaf's Verkauf. Das im Besitz von Gottlob Wiedmaier refindiichc Gaühaus z. Lamm mit Bierbrauerei samt Felder ging durch Kauf an Jakob Nestle Bierbrauerei vou Pfalz­grafenweiler um den Pre»8 von 4ico>) Mk übe;.